25.09.2019
Transformation der Staatengemeinschaft
Digitalisierung als europäische Aufgabe
Autor: Gastautor
GarryKillian / Shutterstock.com
Die Digitalisierung gehört auf die Agenda der EU. Denn nur auf europäischer Ebene lassen sich die Standards für den digitalen und wirtschaftlichen Erfolg der Staatengemeinschaft definieren.
Dieser Beitrag wurde verfasst von Matthias Wahl, Präsident Bundesverband Digitale Wirtschaft e. V. (BVDW).
Mitte Juli wurde Ursula von der Leyen (CDU) als erste Deutsche überhaupt zur Präsidentin der EU-Kommission gewählt. Für die digitale Wirtschaft in Deutschland kann das eine Chance sein, und zwar mitnichten, weil die ehemalige Verteidigungsministerin dort nationale Interessen vertreten soll – im Gegenteil: Sie muss auf EU-Ebene Lösungsansätze für Herausforderungen finden, mit denen sie hierzulande als Politikerin direkt konfrontiert war.
Digitalisierung: Im Bereich Breitbandausbau liegen im europäischen Vergleich zehn Länder vor Deutschland. Bei der Umsetzung der digitalen Verwaltung hat die Bundesrepublik den Anschluss gänzlich aus den Augen verloren – der Index sieht Deutschland abgeschlagen auf dem drittletzten Platz. Während in Schweden, Finnland, Estland und Dänemark jeweils mehr als 90 Prozent der Bevölkerung Behördengänge digital erledigen, tun das derzeit nur gut 40 Prozent der Deutschen.
So zeichnete der vor wenigen Wochen durch die EU-Kommission veröffentlichte „Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft“ aus deutscher Sicht kein gutes Bild und attestiert Europas größter Volkswirtschaft deutlichen Nachholbedarf in der Vor dem Hintergrund der Staatensouveränität lassen sich einige Herausforderungen nur bedingt auf EU-Ebene lösen. Zweifelsohne braucht der Breitbandausbau dringend Impulse vonseiten der nationalen Politik. Doch gerade solche Infrastrukturthemen müssen wie auch das Thema Digitalisierung verstärkt europäisch gedacht werden. Schließlich ist eine flächendeckende, belastbare Breitbandinfrastruktur essenziell für die globale Wettbewerbsfähigkeit des Digitalstandorts Europa. Wenn die Europäische Union Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur fördert, warum nicht verstärkt in die digitale Infrastruktur? Hiermit gießen wir das Fundament für ein erfolgreiches Europa.
Erfahrungen mit der DSGVO müssen in E-Privacy einfließen
Die größte Herausforderung für die europäische Politik liegt in dem Bestreben, möglichst viele nationale Interessen unter einen Hut zu bekommen. Wie das nicht funktioniert, zeigt die DSGVO mit erschreckender Deutlichkeit: Mit ihrem Inkrafttreten hat sie nicht nur der Digitalbranche, sondern der gesamten Wirtschaft in Deutschland und Europa einen heftigen Dämpfer verpasst. Nicht primär wegen zu strenger Datenschutzregelungen, sondern wegen widersprüchlicher und unklarer Formulierungen. Dabei war die Motivation, europaweit einheitliche Datenschutzregeln zu schaffen, richtig und notwendig – leider hat der europäische Gesetzgeber dieses Ziel deutlich verfehlt. Auslegung und Anwendung der DSGVO-Regelungen durch die nationalen Datenschutzaufsichtsbehörden unterscheiden sich mitunter deutlich.
Das wird bei den anstehenden Verhandlungen zur E-Privacy-Verordnung dringend hinterfragt werden müssen. Die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit von Daten werden zunehmend essenziell für den wirtschaftlichen Erfolg Europas – zumal Themen wie Künstliche Intelligenz und Blockchain das Anforderungsmuster für die Verfügbarkeit von Daten deutlich erweitern. Diese Erkenntnis den künftigen Entscheidungen der Europapolitik zugrunde zu legen, dürfte eine der wichtigsten Herausforderungen für die erste deutsche EU-Kommissionspräsidentin sein.
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