Business-IT
14.06.2019
Start-up Eventspine
1. Teil: „Digitale Lösung für eine smarte Wasserversorgung“

Digitale Lösung für eine smarte Wasserversorgung

WasserhahnWasserhahnWasserhahn
nikkytok / shutterstock.com
Mit IoT und Big Data will ein Schweizer Jungunternehmen die Wasserwirtschaft modernisieren. Ziel ist es, irgendwann allen Menschen auf der Welt Zugang zu Trinkwasser zu ermöglichen.
Laut der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) der Schweizerischen Eidgenossenschaft bleibt heute 844 Millionen Menschen der Zugang zu einer elementaren Trinkwasserversorgung verwehrt. Und die Situation wird in Zukunft nicht besser: Klima­wandel, Bevölkerungswachstum und neue Konsumgewohnheiten setzen die weltweiten Wasserreserven zunehmend unter Druck. Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass bis 2025 1,8 Milliarden Menschen unter Wasserknappheit leiden werden.
Ein noch junges Start-up will dabei helfen, die prekärer werdende Wassersituation zu verbessern: Eventspine wurde von Reza Shahabi erst im Dezember 2018 ins Leben gerufen. Obwohl er sich gemeinsam mit seinen Mitstreitern auch noch anderen Themen widmet, beschäftigt der Bereich Wasser das Eventspine-Team aktuell am meisten. „Es ist eine ex­trem spannende Thematik, die viele Leute berührt, uns als kleines Start-up aber auch sehr heraus­fordert“, erklärt Shahabi. Er mag Herausforderungen, wie der gebürtige Iraner erklärt, weshalb er mit seiner Firma ein großes Ziel verfolgt: „Wir wollen allen Menschen auf der Welt Zugang zu Trinkwasser ermöglichen.“ Viele Ideen stehen bei dem Start-up hierfür im Raum, auf drei Cases will sich Shahabi vorerst fokussieren.

Präventions-App

Mit einer Präventions-App will das Unternehmen beim Verhalten der Menschen ansetzen. Sie soll aufzeigen, wie viel Trinkwasser in ein Produkt oder Lebensmittel investiert wurde - von Forschung und Entwicklung über Logistik bis Konsum. Das lasse sich aufgrund der Inhaltsstoffe in einem sogenannten Water-Footprint abbilden, erläutert Shahabi. So will er eine nachhaltige Veränderung im Konsumverhalten bewirken oder zumindest dafür sorgen, dass bewusster konsumiert wird.
Verbesserungspotenzial, das Eventspine ausschöpfen könnte, sieht er auch bei der Sicherheit von Zugängen zur Wasserinfrastruktur. Dazu will Shahabi mittels Sensoren sowie einer „einfachen, schnell umsetzbaren und smarten Lösung“ Kanaldeckel besser absichern. Diese müssten dann etwa bei Staatsbesuchen oder wichtigen Anlässen nicht extra zugeschweißt werden.
Komplexer ist die dritte Idee. Eventspine will irgendwann eine Software-Lösung anbieten, die die Wasserversorgung einer Stadt digital und zen­tral abbildet. „Viele Städte verlassen sich hier noch auf das Wissen ihrer Mitarbeiter, statt auf eine digitale Lösung zu setzen“, begründet Shahabi diesen Ansatz. Seine Software soll mit historischen Daten der Stadt gefüttert werden, zu welcher Uhrzeit welches Viertel wie viel Wasser verbraucht. So will er seinen Kunden eine intelligentere Wasser­verteilung und Planungen ermöglichen. „Wir sind davon überzeugt, dass man dadurch auch künftig noch mit der gleichen Menge an Wasser auskommt, wie heute verbraucht wird - selbst bei einem Bevölkerungszuwachs.“
Die Visualisierung soll in ein Cockpit integriert werden, das Shahabi „Cyber Center of Urban Affairs“ nennt. Hier denkt der Gründer bereits weiter als nur bis zum Wasser: „Am Ende zielen wir darauf ab, die sensible Infrastruktur einer Stadt in allen Belangen auf einen Bildschirm zu bringen, um Planspiele anzustellen und sich auf Ereignisse geplanter sowie ungeplanter Natur vorzubereiten.“
2. Teil: „Work in Progress“

Work in Progress

Noch sind die Services, die das Start-up anbieten will, nicht marktreif. Die Präventions-App befinde sich etwa erst in der Design-Phase, erklärt CEO Shahabi. Die Nachfrage nach Lösungen im Wasserbereich sei aber definitiv vorhanden, versichert er. Der Hitze­sommer 2018 habe nicht nur die Schweiz, sondern die ganze Welt erleben lassen, was uns in Zukunft blühen könnte. „Die Kunden wollen deshalb von mir gleich wissen, was die Lösung kann und wann sie diese haben können.“ Doch will er mit seinen Produkten nichts überstürzen. „Wenn ich zu einer Stadt gehe und sage, dass ich ihre sensibelste Infrastruktur digitalisieren will, dann muss ich die Sicherheit der Lösung garantieren können. ,Fail fast, learn fast‘ funktioniert hier nicht.“ Dennoch geben sich die wenigsten Kunden ewig mit Konzepten zufrieden. Deshalb verspricht Shahabi: „Unser Produkt wird die Schweiz garantiert in den nächsten 24 Monaten zu sehen bekommen.“

Partnernetzwerk

Um dieses Ziel zu erreichen, stehen dem Gründer - nebst dem Management von Eventspine - noch vier Angestellte zur Seite. Hinzu kommen Partner in Consulting, Entwicklung und Marketing. Bei der Software-Entwicklung kann er zum Beispiel auf die Hilfe der Solothurner Software-Schmiede Intersys zählen. Dort war Shahabi zuvor als Head of Innovation und Head of Business Development tätig. Viele Ideen von Eventspine haben hier auch ihren Ursprung. „Wir waren jedoch der Meinung, dass wir, um diese weiterzuverfolgen, innerhalb einer gestandenen Firma wie Intersys nicht agil genug agie­ren können“, erklärt der Gründer. Immerhin ist Intersys-Geschäftsleiter Adrian Hutzli mit einem Aktienpaket am Start-up beteiligt.
Laut Shahabi bieten ihm die Partner Zugang zu einem weltweiten Provider-Netz, um Daten zu übertragen, sowie einem Geflecht aus Rechenzentren, um Daten zu speichern. In puncto Data-Center decke Eventspine bereits 199 Länder ab, damit Kunden später auswählen könnten, wo ihre Daten gespeichert werden. Die Kooperationen würden Eventspine zudem Zugang zu jenen Märkten ermög­lichen, die mit akuten Wasserproblemen kämpfen wie West- und Zentralafrika oder Asien. Dem Start-up helfen, auf dem globalen Parkett Kontakte zu Ansprechpartnern herzustellen, soll der Verwaltungsratspräsident Sam Asseer. Mit dem Chairman der niederländischen LCI Technology Group habe Eventspine eine Person mit internationalem Bekanntheitsgrad und „exzellenten Verbindungen“ im Rücken, erklärt Shahabi.

Große Pläne

Der Start-up-Gründer will bei all seinen Software-Lösungen darauf achten, dass der Kern gut durchdacht ist. Sprich, das Grundgerüst soll später mit kleinen Modifikationen als Grundlage für verschiedene weitere Cases dienen können. „Wir bei Eventspine verstehen uns als agile Firma, die - bildlich gesprochen - gleichzeitig verschiedene Speedboote zu Wasser lässt. Denn realistisch gesehen wird wohl nicht jedes sein Ziel erreichen. Deshalb müssen wir unser Risiko diversifizieren.“ Eines davon werde aber bestimmt ankommen, ist Shahabi zuversichtlich. So schmiedet sein Team bereits fleißig Pläne jenseits des Wassers, etwa für die Medienbranche und das Gesundheitswesen. Fortgeschrittener ist die Arbeit an einer Digitalisierungslösung für NGOs. Und in „bescheidenem Rahmen“ generiere diese bereits Umsatz. Denn eine „große Schweizer NGO“ habe sie ein­gekauft, freut sich Shahabi.

mehr zum Thema