Digitalisierung
30.09.2019
Digitaler Arbeitsplatz
1. Teil: „Der Digital Workplace erobert Deutschland“

Der Digital Workplace erobert Deutschland

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KimSongsak / shutterstock,com
Die Arbeitswelt wird zunehmend digitaler. Auch Arbeitsplätze außerhalb von Büros unterliegen einem enormen Wandel hin zum Digital Workplace.
  • Digitalisierung: Die allermeisten Unternehmen haben die Chancen der Digitalisierung erkannt. Was sich aber auch zeigt: je größer die Firma, desto höher die Aufgeschlossenheit für das Thema.
    Quelle:
    Bitkom Research (Befragung von Unternehmen ab 20 Mitarbeitern (2016: n = 1.108; 2018: n = 1.106), rundungsbedingt nicht immer 100 Prozent)
Viel ist von der Digitalisierung die Rede - der Arbeitsplatz ist davon selbstverständlich nicht ausgenommen. Neue Technologien erweitern die Möglichkeiten: Texte und Tabellen werden in der Cloud verwaltet, die digitale Signatur ersetzt das Fax und Chats und Videokonferenzen ermöglichen jederzeit Gespräche unter Geschäftspartnern und Kollegen - trotz großer Distanzen. Doch wie weit ist die Digitalisierung des Arbeitsplatzes inzwischen gediehen? Und wie sieht der Digital Workplace eigentlich aus?
Sehen wir uns zunächst den Stand der Dinge an. Der Digitalverband Bitkom hat im vergangenen Jahr über 1100 Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern befragt, wie weit sie den digitalen Arbeitsplatz bereits umgesetzt haben. Zwei von drei Unternehmen (67 Prozent) sind demnach up to date, jedes dritte Unternehmen hat noch Nachholbedarf.
Im Zuge der Umfrage hat Bitkom zudem einen Digital Office Index (DOI) erstellt, der die Digitalisierung von Büro- und Verwaltungsprozessen sowie deren Fortschritt und Effekte zeigt. Auf einer Skala von 0 („überhaupt nicht“) bis 100 („vollständig digitalisiert“) erreicht der DOI insgesamt einen Wert von 54 Punkten und hat sich damit im Vergleich zur Vorgängerstudie leicht verbessert. 2016 lag der Digital Office
Index bei 50 Punkten.
Allerdings hat sich die Schere zwischen großen und kleinen Unternehmen weiter geöffnet. Große Firmen mit mehr als 500 Mitarbeitern erzielen einen Indexwert von 63 Punkten (2016: 58 Punkte). Im Mittelstand mit 100 bis 499 Mit­arbeitern liegt der Wert bei 58 (2016: 53) und bei kleineren Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern sind es 53 Punkte (2016: 49).
Auch das Digitalisierungsverständnis bei den Unternehmen variiert laut Bitkom mit der Unternehmensgröße. Die größeren Firmen verbinden Digitalisierung mit der Automatisierung von betrieblichen Geschäftsprozessen, der Erweiterung des Portfolios um virtuelle oder digitale Leistungen und zum Teil mit einer Veränderung der kompletten Unternehmenskultur. Kleinere Unternehmen sind in diesem Bereich eher bodenständig und denken dabei an Dinge wie elektronische Buchführung und Rechnungsstellung oder die Digitalisierung von Papierakten.
Die Studie zeigt aber auch, dass viele Unternehmen bei der Kommunikation immer noch auf traditionelle Mittel zurückgreifen. Die große Mehrheit nutzt das Festnetztelefon häufig oder sehr häufig und auch das Fax kommt bei 62 Prozent immer noch zum Einsatz, wenn auch deutlich seltener als 2016 (79 Prozent). Zugenommen haben wiederum Online-Meetings und Videokonferenzen, diese finden inzwischen bei 48 Prozent der Firmen Anwendung, in der Studie von 2016 waren es erst 40 Prozent. Chatbots werden immerhin von 13 Prozent der Unternehmen genutzt, Unternehmens-Blogs und Mikroblogging-Dienste nur von einem Prozent der Firmen sehr häufig und von 4 Prozent häufig.
2. Teil: „Bedürfnisse der Mitarbeiter“

Bedürfnisse der Mitarbeiter

Ein oft vorgebrachtes Argument für den digitalen Arbeitsplatz ist, er sei notwendig, um junge Talente für das Unternehmen zu gewinnen, denn diese forderten ihn schlichtweg ein. Eine Studie des Beratungshauses PricewaterhouseCoopers (PwC) zeigt allerdings, dass es eine zum Teil deutliche Diskrepanz in der
  • Telefon und E-Mail: Alle befragten Unternehmen nutzen das Festnetztelefon und die elektronische Post für ihre Kommunikation.
    Quelle:
    Bitkom Research (Befragung von Unternehmen ab 20 Mitarbeitern (n = 1.106))
Wahrnehmung zwischen den Entscheidern im Unternehmen hinsichtlich der Qualität der ITK-Ausstattung und den Mitarbeitern gibt. Für die Studie wurden 12.000 Erwerbstätige in acht Ländern befragt.
Demnach nehmen 90 Prozent der C-Level-Manager für sich in Anspruch, den Einsatz neuer Technologien an den Bedürfnissen der Mitarbeiter auszurichten. Aber nur 53 Prozent der Angestellten bestätigen diese Aussage. Und immerhin 73 Prozent der Mitarbeiter erklären, sie wüssten von Tools, die ihre Arbeit erleichtern, die aber nicht eingesetzt werden. Gleichermaßen geben 92 Prozent der C-Level-Manager an, die Arbeitsplatz-Technologie in ihrem Unternehmen sei fortschrittlich, wohingegen nur 68 Prozent der Mitarbeiter diese Aussage bestätigen.

Vereinzelte Zweifel

Insgesamt gibt es bei den Befragten aber auch Zweifel am Nutzen digitaler Technologien am Arbeitsplatz. Mehr als jeder Zweite (56 Prozent) sorgt sich demnach um den „Human Touch“ im Arbeitsleben; 45 Prozent bevorzugen die Kommunikation mit den Kollegen von Angesicht zu Angesicht. Doch es gibt auch Fälle, in denen Mitarbeiter lieber digital kommunizieren. Das gilt zum Beispiel für das Updaten persönlicher Informationen, die die Personalabteilung benötigt (55 Prozent), und für die Jobsuche (50 Prozent). Bei IT-Problemen kommunizieren 43 Prozent der Befragten lieber digital und 31 Prozent lieber Face to Face.
Auch beim Thema Künstliche Intelligenz (KI) gibt es unterschiedliche Ansichten bei Mitarbeitern und Vorgesetzten: 88 Prozent der C-Level-Manager sehen KI als Mittel zur Verbesserung der Welt, aber nur 48 Prozent der Angestellten teilen diese Meinung - in Deutschland sind es sogar nur 36 Prozent. PwC rät deshalb Entscheidern in den Unternehmen, ihre Mitarbeiter bei der Planung, der Auswahl und dem Design der Tools für den digitalen Arbeitsplatz stärker einzubeziehen - und zwar aus allen Bereichen und Ebenen. Nur so könnten sie sicherstellen, dass auch in die richtigen Tools investiert werde.

Blick in die Praxis

Doch was für Lösungen gehören nun zu einem digitalen Arbeitsplatz? „Ein Digital Workplace stellt als digitale Arbeitsplattform Informationen, Tools und Services ortsungebunden zur Verfügung“, so die Definition von Florian Buzin, Geschäftsführer des Telefonanlagenanbieters Starface.
Marcos Valassas, Channel Manager DACH beim TK-Spezialisten 3CX, ergänzt: „Die Digitalisierung ermöglicht hochflexible Arbeitswelten, die Mobilität und Konnektivität in Echtzeit unterstützen.“ Mitarbeiter können dabei die gleichen Kommunikations- und Collaboration-Tools benutzen, egal ob sie im Büro, im Homeoffice oder auf Dienstreise sind. Dabei sind die Bedienoberflächen im optimalen Fall bei allen eingesetzten Endgeräten weitgehend identisch und ein Wechsel zwischen den verschiedenen Tools ist unterbrechungsfrei möglich.
Mehrere Hersteller betonen zudem, dass die Nachfrage von Partnern und auch Kunden bei diesem Thema kontinuierlich steigt. „Dies belegt auch, dass die Digital Natives längst in den Führungspositionen der Unternehmen angekommen sind und der digitale Arbeitsplatz kein Fremdwort mehr ist, sondern erwartet wird“, erklärt beispielsweise Alexandra Biebel, Marketingleiterin beim Telekommunikations- und Netzwerkausrüster Alcatel-Lucent Enterprise.
Und Dagmar Geer, Vorstandsvorsitzende bei Innovaphone, Hersteller von IP-Telefonen, fügt hinzu: „Die Akzeptanz wird stetig größer werden, da es immer mehr ortsunabhängige Projektteams und Homeoffice-Arbeiter zu integrieren gilt.“ Und die wollen weder bei der Zusammenarbeit noch bei den notwendigen Informationen und Prozessen Abstriche machen.
Den digitalen Arbeitsplatz für alle gibt es allerdings nicht. „Welche Aspekte und Funktionalitäten im Vordergrund stehen, ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich“, betont Harald Bender, Marketingleiter beim UCC-Spezialisten Swyx. Kunden schätzten demnach auch, wenn bewährte Kanäle wie etwa das Fax in die Systeme integriert werden könnten. Vor allem im Mittelstand werde dies häufig nach­gefragt.
3. Teil: „Chance und Herausforderung“

Chance und Herausforderung

Allein moderne Kommunikation macht laut Stefan Duschek, Partner Marketing Manager & Audience Expert Collaboration Solutions bei Cisco Systems, aber noch keinen Digital Workplace aus. „Die moderne Arbeitswelt arbeitet mit Daten, sie sind das wichtigste Gut“, betont er. Nach dem Verständnis von Cisco ist der Digital Workplace deshalb auch in der Lage, die Fülle an Daten und Informationen durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz sinnvoll zu verarbeiten und in die Arbeitsabläufe zu integrieren. Cisco nennt das „Cognitive Collaboration“. Zwar ist es derzeit noch relativ selten, dass Künstliche Intelligenz auch in Telefonanlagen integriert ist - ausgenommen bei modernen Contact-Centern -, Duschek ist aber davon überzeugt, dass die Bedeutung und auch die Nachfrage sich in den kommenden Jahren stark verändern werden.

Digitale Zusammenarbeit

Der Trend geht eindeutig hin zu Collaboration. Häufig wird Collaboration mit dem Zusatz „Social“ verbunden: Statt einen Kollegen anzurufen oder eine E-Mail zu schreiben, suchen Mitarbeiter im Unternehmensnetzwerk nach den Informationen, die sie gerade benötigen. Die Daten können beispielsweise in einem Blog-Beitrag enthalten sein, den ein Mitarbeiter geschrieben hat, sie können aber auch im Unternehmens-Wiki hinterlegt sein.
Ob mit oder ohne den Zusatz „Social“: Alles deutet darauf hin, dass Collaboration der nächste große Schritt in der Unternehmenskommunikation ist. Die Analysten von Gartner beispielsweise prognostizieren, dass der Markt für Collaboration-Tools bis zum Jahr 2021 weltweit 4,9 Milliarden Dollar erreichen wird. Research and Markets geht davon aus, dass der Markt für Collaboration-Software bis 2025 16,6 Milliarden Dollar umsetzen wird. Statista wiederum hat eine Studie veröffentlicht, nach der 2021 allein in Deutschland der Collaboration-Software-Markt 458,62 Millionen Dollar stark sein wird.

Information und Firstline Worker

Das Gros der Nutzer von Collaboration-Tools sitzt übrigens im Büro vor einem Rechner. Neben diesen sogenannten Information Workern gibt es die Firstline Worker - Mitarbeiter im direkten Kundenkontakt oder in der Produktion, die unmittelbar zur Wertschöpfung eines Unternehmens beitragen. Sie bilden weltweit mit über 60 Prozent den größten Teil der Belegschaft.
Der aktuellen „Social Collaboration Studie“ von Campa­na & Schott und der TU Darmstadt zufolge liegt bei der Nutzung digitaler Technologien der Reifegrad der Firstline Worker rund 20 Prozent hinter dem der Kollegen in den Büros zurück. Dabei könnten auch die Firstline Worker in vielen Fällen deutlich effizienter und produktiver arbeiten, stünden ihnen nur die richtigen Werk­zeuge zur Verfügung. Mitarbeiter im Verkauf könnten beispielsweise über Tablets für ihre Kunden jederzeit Zusatz­informationen zu Produkten abrufen. Und Schichtarbeiter - etwa in der Produktion - könnten bereits am Abend zuvor von zu Hause aus ihre Aufgaben für den kommenden Tag abrufen, aber auch mit Kollegen Schichten tauschen.
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