Business-IT
28.01.2019
Kein Hokuspokus
1. Teil: „Design Thinking ist der Königsweg der Innovation“

Design Thinking ist der Königsweg der Innovation

Design ThinkingDesign ThinkingDesign Thinking
Anita Ponne / shutterstock.com
Innovationen in Unternehmen entstehen vor allem durch Hartnäckigkeit, Neugierde und eine produktive Fehlerkultur. Eine wirksame Methode dafür ist das Design Thinking.
Dieser Beitrag wurde erstellt von Martin Günter, Design Thinking Faciliator mit Erfahrung im Leadership-Development und Innovationsmanagement sowie Leiter der La Werkstadt von Swisscom.
Mit dem Wort Innovation assoziieren viele Menschen bestimmte Experten, die in ihrer Genialität zielstrebig etwas ganz Neues, noch nie Dagewesenes erschaffen. Doch die Innovationen, die uns im Business-Alltag weiterbringen, sind sehr oft weniger spektakulär. Das macht sie aber nicht weniger wichtig oder gewinnbringend.
Bereits ein eingesparter Schritt in einem (Bestell-)Prozess oder die Neuplatzierung eines Symbols auf einem Screen kann überraschend große Wirkung haben. Das Erarbeiten solcher Verbesserungen setzt kein Spezialwissen voraus, vielmehr werden sie gewonnen durch eine gute Beobachtungsgabe und den Willen zu lernen.

Fehlerkultur

Während im klassischen Sinn des Lernens Erfolg daran gemessen wird, möglichst allgemein anerkannte Inhalte zum Zeitpunkt einer „Prüfung“ abzurufen, funktioniert Design Thinking beinahe gegenläufig. Die aus Prototypen gewonnenen Erkenntnisse sollen in ein Produkt, in eine Lösung respektive in eine Innovation einfließen, die so noch nicht da gewesen ist.
Konkret bedeutet dies, dass die klassische Wissensaneignung bei dieser Methode in den Hintergrund rückt und durch ein Ausprobieren und Bessermachen ersetzt wird. Die Grundtugenden des Design Thinkings sind die Fähigkeit, Fehler zu begehen, sowie die Bereitschaft, zu scheitern und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Zum großen Verdienst von Design Thinking zählt, dass das Methoden-Set dabei geholfen hat, Innovation in Unternehmen zu demokratisieren. Innovation ist nicht mehr nur einem Team von Spezialisten in einer Forschungsabteilung vorbehalten. Innovation - im Sinn von Design Thinking - wird als Methode angewandt, ein existierendes Problem eines Kunden möglichst effizient zu lösen.
So trivial das klingt: Wie oft haben Spezialisten irgendwelche Produkte entwickelt, an die alle geglaubt haben und die dann doch niemand gekauft hat? Meistens gefolgt von Schuldzuweisungen an die unterschiedlichen Abteilungen, die es versäumt haben, die Produkte besser „zu bauen“, „zu vermarkten“ oder „zu verkaufen“.
2. Teil: „Prototyping als Königsweg“

Prototyping als Königsweg

  • Breit aufgestellt: La Werkstadt - das Haus der Möglichkeiten - im schweizerischen Biel fördert den Austausch und coacht Firmen und Einzelpersonen.
    Quelle:
    La Werkstadt
Design Thinking ist seit den Achtzigern bekannt. Die Methode gilt seit Anfang des Jahrtausends als der Königsweg zu innovativen und kundenzentrierten Produkten. Ganz bewusst wird versucht, eine Idee in Form eines Prototyps möglichst schnell konkret fassbar zu machen, nur um sie durch die dadurch gewonnenen Erkenntnisse im nächsten Schritt wieder anzupassen. Diese aus dem Silicon Valley stammende Innovationsmethode kann als neue akademische Disziplin betrachtet werden - oder einfach als strukturierter gesunder Menschenverstand.
Design Thinking geht konsequent vom Kundenbedürfnis aus, entwickelt in einem iterativen Prozess erste Lösungs­ansätze und prüft dann die technische Machbarkeit sowie die finanzielle Tragbarkeit. Alle drei Aspekte zusammen lassen nachhaltige Lösungen entstehen.
Je nach Schule ist der Innovationsprozess in unterschied­liche Schritte gegliedert und bringt andere Methoden zur Anwendung. Doch allen ist gemein, dass nicht in einem linearen, sicheren und im Voraus berechenbaren Prozess gearbeitet wird. Vielmehr setzt Design Thinking auf kleine Schritte vorwärts („no regret moves“) und regelmäßiges Austesten der erreichten Resultate mit dem Kunden.
Dieses Vorgehen ist im Grunde nichts anderes als ein strukturierter - meist gemeinschaftlicher - Lernprozess, an dessen Ende die nachhaltige Befriedigung des Kundenbedürfnisses steht. Wie bei einem natürlichen Lernprozess steht nicht die theo­retische Erkenntnis, wie das Bedürfnis befriedigt werden könnte, im Vordergrund, sondern der Weg, der über einen konkreten Lösungsansatz dazu führt.
10 Tipps zum Design Thinking
  • Ziel ist es, zu lernen und Annahmen zu überprüfen.
  • Prototyping ist kein Ergebnis, sondern eine Denk- und Arbeitshaltung.
  • Der Prototyp selbst ist nur das Mittel zum Zweck und nie das Ziel.
  • Nicht lange nachdenken, schnell entscheiden und Ge­danken sofort zu Papier bringen.
  • Keine Suche nach Perfektion, das bremst nur.
  • Eine Skizze sagt mehr als tausend Worte: Je konkreter das Bild, desto kleiner sind die Missverständnisse.
  • Probieren geht über Studieren: einen Gedanken testen. Bewertet wird später.
  • Feedback ist entscheidender als eigene Überzeugungen: genau zuhören.
  • Lange gedanklich flexibel bleiben und bereit sein, viele verschiedene Richtungen ­einzuschlagen.
  • Prototyping heißt experimentieren: Eine neue Idee braucht viele verschiedene Prototypen, bis sie Erfolg hat.
3. Teil: „Die Vorteile des Prototypings“

Die Vorteile des Prototypings

  • Interdisziplinär: Im Coworking Space von La Werkstadt arbeiten Manager, Querdenker und Selbstständige zusammen.
    Quelle:
    La Werkstadt
Ein erster Prototyp, der einem Kunden zur Beurteilung übergeben wird, kann schlicht und einfach aus Karton und Klebestreifen gefertigt sein. Wenn es um die Entwicklung einer Webpage oder einer App geht, genügen oftmals schon ein paar auf Papier gezeichnete Screens oder digitale Mock-ups.
Wichtig ist, dass das Testobjekt möglichst fassbar - im engsten Sinn des Wortes - ist. Der Prototyp hilft, Erfahrungen zu sammeln, weil er konkret ist. Etwas Handfestes zu bewerten, fällt einem Menschen leichter, als abs­trakte Gedanken zu diskutieren.
Eine weitere Stärke der Methode: Ein Prototyp benötigt kaum Aufwand und Ressourcen und erlaubt trotzdem die Beobachtung der Interaktion zwischen dem Kunden und dem „neuen Produkt“. Stößt der Prototyp beim Kunden nicht auf Gegenliebe, ist nicht viel verloren. Noch hat sich niemand „innenpolitisch“ aus dem Fenster gelehnt, noch sind keine Hunderte Zeilen Code geschrieben und noch sind keine „sunk costs“ entstanden, die einen Schritt zurück auf Start verunmöglichen.
Der eine Prototyp wandert in die Ecke und ein neuer wird gebaut, jener, der all das gewonnene Kunden-Feedback enthält und damit in die nächste Runde steigt. In kleinen Schritten bewegt sich eine Neuentwicklung so auch in einem unbekannten und/oder komplexen Umfeld sicher vorwärts. Die Basis bildet die Furchtlosigkeit einer Investitionswette, auf das falsche Pferd gesetzt zu haben.
Fakt ist: Auf dem Weg zur Innovation kann es zuweilen auch recht frustrierend sein, wenn ein Prototyp nach dem anderen verworfen wird, weil er den Anforderungen nicht genügt oder der Kunde noch immer nicht versteht, was die Logik hinter einer bestimmten Applikation ist. Doch der Aufwand lohnt sich: Lösungen sind durchdachter und schneller realisiert, Kundenwünsche besser integriert und die finanzielle Tragbarkeit ehrlicher beurteilt.
Die Methode des Design Thinkings feiert nicht ­ohne Grund große Erfolge im Bereich der Problemlösung und der Innovation.
Innovationen entstehen nämlich vor allem durch Hart­näckigkeit, Neugierde und eine produktive Fehlerkultur. Sie kommen zustande, indem ein divers zusammen­gesetztes Team gemeinsam verschiedene (Lern-)Phasen durchläuft. Wie der Lernprozess ist auch der Innovationsprozess nicht linear.

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