Digitalisierung
07.09.2018
Daten fit machen für die Digitalisierung
1. Teil: „Daten-Tuning für neue Geschäftsmodelle“

Daten-Tuning für neue Geschäftsmodelle

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Andrey VP / Shutterstock.com
In Unternehmen zeichnet sich ein Wandel ab hin zum intelligenten Informations-Management. Dank der Digitalisierung sind nun viele neue Geschäftsmodelle möglich.
  • Forrester Research: Die Analysten stufen IBM, Microsoft und OpenText als die derzeit führenden Anbieter von ECM ein.
    Quelle:
    Forrester Research
Daten sind die Basis für neue Geschäftsmodelle und Angebote, die Unternehmen, aber auch öffentliche Einrichtungen im Rahmen ihrer Digitalisierungsstrategien entwickeln. Doch diese Informationsbestände müssen erfasst, gespeichert und aufbereitet werden, damit sie Mitarbeitern und Partnern zugänglich sind. Das ist keine einfache Aufgabe.
Da ist zunächst die schiere Menge der Datenbestände. So werden laut einer Studie von IDC und Seagate im Jahr 2025 weltweit rund 163 Zettabyte an Daten generiert, rund 10-mal mehr als 2016. Gut 60 Prozent dieses Datenbergs sind Informationen, die in Unternehmen anfallen. Ein zweiter Faktor: Bislang dominieren Datentypen wie Dokumente, E-Mails, Videos und Bilder. Nun kommen weitere Typen hinzu, etwa Daten von Sensoren und Aktoren, von „smarten“ Gebäuden, Autos und Verkaufsautomaten. Auch Content dieser Art muss in den Informationskreislauf von Unternehmen eingespeist werden. Dies übernehmen Enterprise-Content-Management-Systeme (ECM). Sie traten ab etwa 2005 an die Stelle von Dokumentenmanagement-Lösungen (DMS), die in den 1990er-Jahren in Unternehmen Einzug gehalten hatten.
Während sich ein DMS darauf beschränkt, Word- und Excel-Dateien, Fax-Dokumente, eingescannte Papierunterlagen und E-Mails zu verwalten, gehen ECM-Lösungen einen Schritt weiter. Sie verarbeiten auch unstrukturierte Daten. Dazu gehören Audio- und Video-Informationen, Multimedia-Files und Rohdaten aus weiteren Quellen, etwa Informationen, die IoT-Komponenten (Internet of Things) liefern.

ECM ist nicht ohne Tücken

Viele Unternehmen haben jedoch Probleme mit ihren DMS- und ECM-Systemen. So hat die Herstellervereinigung AIIM (Association for Information and Image Management) ermittelt, dass in jeder Firma im Schnitt vier unterschiedliche Content-Management-Lösungen im Einsatz sind. „In der Praxis finden wir in einem Unternehmen oft mehrere DMS- beziehungsweise ECM-Lösungen vor, die dann noch mit Netzwerkordnern, Microsoft SharePoint, Mail-Systemen oder CRM- und ERP-Lösungen als isolierte Ablagen konkurrieren“, unterstreicht auch Dirk Treue, Channel Marketing Manager beim ECM-Anbieter M-Files. „Diese Informationssilos verhindern Transparenz, Effizienz und Compliance.“
Obwohl offenkundig in Unternehmen an DMS- und ECM-Systemen kein Mangel herrscht, wird dennoch mehr als die Hälfte der unstrukturierten Daten „irgendwo“ abgelegt. Damit sind solche Informationen für viele Mitarbeiter nicht zugänglich. Zudem räumten laut AIIM rund 45 Prozent der befragten Fachleute ein, dass speziell die Verwaltung von E-Mails und Office-Dokumenten „chaotisch“ oder ohne zentralen Ansatz verlaufe. Gleiches gelte für eingescannte Dokumente (35 Prozent).

Ältere ECM als Hemmklotz

Nach Einschätzung von Ulrich Kampffmeyer von der Unternehmensberatung Project Consult sind speziell Legacy-ECM-Systeme, die seit Jahren im Einsatz sind, für die Nutzer ein Klotz am Bein. Er kritisiert in einem Beitrag in seinem Blog, dass Anbieter von ECM-Lösungen zu lange in der Dimension von Systemen gedacht hätten und „ECM nicht als Vision, Strategie, Konzept, Prozess et cetera begriffen, sondern immer größere, abgeschottete Boliden geschaffen haben“. Die Folge: Der hohe Aufwand für die Pflege solcher Systeme in Verbindung mit dem Einsatz proprietärer Techniken hat Enterprise Content Management in Verruf gebracht.
Das bestätigt die Studie der AIIM: An die 70 Prozent der Unternehmen wollen ihre ECM-Boliden loswerden. Fast die Hälfte der Befragten ist der Überzeugung, dass die Anbieter von ECM-Systemen ihr Geschäftsmodell maßgeblich darauf gründen, die Nutzer auf Gedeih und Verderb an sich zu binden.
2. Teil: „Content Services statt ECM“

Content Services statt ECM

  • Für welche Aufgaben setzten Unternehmen digitale Lösungen zur Verwaltung von Daten ein? Hauptsächlich ist das die Dokumentendigitalisierung.
    Quelle:
    Bitkom Research
Mittlerweile haben Marktforscher wie Gartner und Hersteller die nächste Evolutionsstufe der Informations- und Wissensverarbeitung ausgerufen. Gartner führte Anfang 2017 den Begriff Content Services Platform (CSP) ein. Solche Plattformen stellen Dienste beziehungsweise Mikroservices bereit, die entweder separat oder über eine integrierte CSP-Lösung zur Verfügung gestellt werden. Die eigentliche Plattform verfügt über Repositories sowie Funktionen für das Dokumentenmanagement, das Indizieren und Kategorisieren von Inhalten und eine Versionskontrolle. Auch Suchfunktionen sind integriert.
Hinzu kommen Content-Services-Anwendungen. Dazu zählen beispielsweise ein Vertragsmanagement und die Verwaltung der Unterlagen von neuen Mitarbeitern beim sogenannten Onboarding. Das dritte Element sind Service-Komponenten. Nach Einschätzung von Hyland, einem der laut Gartner führenden CSP-Anbieter, sind das zum Beispiel Übersetzungsprogramme und Anwendungen, die automatisch Inhalte analysieren und mit Tags versehen.
„Heute werden traditionelle ECM-Systeme durch deutlich flexiblere Plattformen für Content Services abgelöst, die übergreifend über viele Datenquellen einheitliche Dienste anbieten“, erklärt Bernd Hoeck, IT-Analyst und seit 20 Jahren Fachmann im Bereich ECM. Der Trend in Richtung CSP komme dem Wunsch von Nutzern entgegen, die Zahl der ECM-Systeme zu reduzieren und flexiblere Lösungen einzusetzen. Dazu zählen auch Content-Dienste, die über die Cloud zugänglich sind  – im Rahmen von SaaS-Angeboten oder über eine Hybrid Cloud.

Kombination mit Collaboration

Zu den Faktoren, die die plattformübergreifende Bereitstellung von Dokumenten und Informationen immer wichtiger machen, zählt der Einsatz digitaler Arbeitsplätze, sogenannter Digital Workplaces. Mitarbeiter müssen unterwegs oder vom Homeoffice aus mit unterschiedlichen Endgeräten wie Notebook, Tablet und Arbeitsplatzrechner auf diese –Workplaces zugreifen, und damit auch auf Dokumente und Dateien. „Ein weiteres hilfreiches Element ist Whiteboarding, bei dem Teilnehmer einer Telefon- oder Videokonferenz gemeinsam an einem virtuellen Reißbrett Konzepte ausarbeiten, besprechen und Veränderungen ausprobieren können, ohne das Original verändern zu müssen“, erläutert Kai Kielhorn, Head of Digital Workplace beim französischen IT-Service-Anbieter Atos. „Insbesondere hier sehen wir noch ein erhebliches Potenzial für Firmen, solche innovativen Technologien und kreativen Techniken einzusetzen.“
Ebenso wie Microsoft mit Office, SharePoint, OneDrive und Yammer kombiniert Atos bei seiner Collaboration-Lösung Circuit Elemente aus diversen Bereichen zu einem Ganzen: das gemeinsame Bearbeiten von Dokumenten, Chat-Funk­tionen, Whiteboards sowie Video- und Audiokommunikationskanäle. „Bei der gemeinsamen Bearbeitung von Dokumenten nutzen Kunden in der Regel Formate der Microsoft-Office-Suites oder die entsprechenden Google-Formate“, so Kielhorn. Eine umfassende Versionsverwaltung von Dokumenten kommt durch die Anbindung an eine Dokumentenmanagement-Lösung hinzu. „Ein Nutzer kann einzelne Abschnitte eines Dokuments herauslösen und später wieder zusammenfügen“, betont Kielhorn.
Lösungen für ECM und den Dokumentenaustausch (Auswahl)
3. Teil: „Trend: Informationsmanagement “

Trend: Informationsmanagement

Im Zusammenhang mit Digital Workplaces und Digitalisierungsprojekten sind Ansätze und Begriffe aufgetaucht, die von Organisationen wie der AIIM als Nachfolger von Enterprise Content Management betrachtet werden. Dazu zählen Enterprise Information Management (EIM) und Intelligent Information Management (IIM). Auch Unternehmen wie M-Files und SER sehen sich verstärkt als Anbieter von Lösungen für das Erfassen, Klassifizieren und Verteilen von Informationen, nicht von Content oder Dokumenten.
Die Differenzierung zwischen ECM auf der einen Seite und EIM beziehungsweise IIM auf der anderen mag auf den ersten Blick etwas kleinkariert wirken. Sie hat jedoch einen Hintergrund, denn das Management von Informationen ist weiter gefasst. Es hat das Ziel, Daten in Informationen und Wissen zu transformieren. Daraus sollen sich letztlich Handlungsempfehlungen für die Führungskräfte von Unternehmen oder öffentlichen Einrichtungen ableiten lassen. Somit hat Informationsmanagement einen strategischen Charakter.
ECM ist dagegen stärker darauf ausgelegt, das Zusammenspiel von Inhalten (Content) und Geschäftsprozessen zu optimieren. Dies bezieht sich auf technische Fragen, etwa wie sich Dokumente und unstrukturierte Daten am besten erfassen und speichern lassen. Ein weiterer Punkt ist, auf welche Weise solche Informationen bereitgestellt und präsentiert werden sollen. Hinzu kommt ein Lifecycle-Management (Lebenszy­klus-Verwaltung), vor allem von unstrukturierten Daten.

Druck auf klassisches ECM

Die AIIM hat in einer Präsentation diverse Punkte aufgelistet, die für den Schwenk hin zu einem intelligenten Informationsmanagement sprechen und den Druck auf herkömmliche ECM-Lösungen erhöhen. Dazu zählt die „Konsumerisierung“ im Bereich Enterprise Content Management. Entsprechende Software muss möglichst einfach zu bedienen sein, etwa mittels Spracheingabe, und zudem mobile Mitarbeiter besser unterstützen. Weitere Punkte sind der Trend in Richtung Cloud sowie die wachsende Bedeutung von Low-Code- und No-Code-Anwendungen, die mit einem Minimum an Programmieraufwand auskommen. Solche Applikationen müssen sich an EMC- beziehungsweise IIM-Systeme andocken lassen.
Zu den Entwicklungen mit disruptivem Charakter, die den Umbau oder eine Ablösung traditioneller ECM-Lösungen forcieren, gehört der Wunsch von Nutzern nach intelligenten Erfassungsverfahren. Sie wollen Tools, mit denen sich ankommende Datenströme standardisieren und direkt an Geschäftsprozesse anbinden lassen. Das spielt beispielsweise beim Internet der Dinge eine wichtige Rolle. Die Anforderung, aus allen vorhandenen Datenbeständen Nutzen zu ziehen, macht wiederum spezielle Klassifizierungs- und Analysetechniken notwendig. Sie müssen autonom arbeiten und es ermöglichen, Meta-Daten einzuspeisen.
Wann diese Anforderungen von Herstellern erfüllt werden, bleibt abzuwarten. Es ist jedoch abzusehen, dass ECM-Systeme und auch Content-Services-Plattformen vor einem drastischen Wandel stehen.
Dazu tragen allein Technologien bei wie maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz. IBM nutzt beispielsweise bei der Software Datacap kognitive Techniken und seine Watson-Plattform. Diese übernehmen das Erfassen und Klassifizieren von Content aller Art. Es ist davon auszugehen, dass solche intelligenten Content-Plattformen keine Datenspeicher mehr sein werden. Sie entwickeln sich vielmehr zu wichtigen Analyse- und Beratungssystemen für die – menschlichen – Entscheider in Unternehmen.
Der neue Standard NGDX
Das deutsche Unternehmen Ferrari electronic hat mit Next Generation Document Exchange (NGDX) einen neuen Standard für den einfachen und rechtssicheren Dokumentenaustausch zwischen Unternehmen entwickelt.
NGDX basiert auf Standards der International Telecommunication Union (ITU) und der Fax-Technologie. Hintergrund: „Elektronische Dokumente müssen von Menschen und Maschinen gelesen werden können. Die Fax-Technologie ist heute das einzige elektronische, interdisziplinäre, universelle Verfahren zum Austausch von Dokumenten“, so Stephan Leschke, Vorstandsvorsitzender von Ferrari electronic.
NGDX erlaubt den rechtssicheren Dokumentenaustausch über IP-Telefonanschlüsse. Der Standard akzeptiert hybride Rechnungsformate und PDF/A-Dokumente. Der Transfer des Dokuments startet erst, wenn sichergestellt ist, dass die Gegenstelle für den Empfang bereit ist. NGDX arbeitet auch mit Lösungen wie SAP, Microsoft Exchange, Office 365, diversen ERP- und CRM-Systemen sowie BPM-Lösungen zusammen.
Um Dokumente zu schützen, die mit NGDX übermittelt werden, lässt sich auch die Blockchain-Technik einsetzen. Die entsprechende Software steuert das kalifornische Unternehmen Cryptowerk bei. „Alle Datentransaktionen, auch der Austausch von Dokumenten, können anhand von eineindeutigen Hash-Werten belegt und nachvollzogen werden“, erläutert Leschke. „Setzt man die Blockchain-Technologie zusammen mit NGDX ein, lässt sich die Echtheit von übermittelten Dokumenten beweisen.“
4. Teil: „Plattformen im Überblick“

Plattformen im Überblick

Das Marktforschungsunternehmen Gartner hat 19 Firmen als führende Anbieter von Content-Services-Plattformen identifiziert. Die Spitzenposition nehmen Microsoft, OpenText und Hyland ein. Alle sind in den USA angesiedelt. Das Verfolgerfeld besteht unter anderem aus IBM, Alfresco und Oracle. Zu den Anbietern, die sich durch besonders innovative Ansätze auszeichnen, zählen laut Gartner M-Files, Box und mit der SER Group auch ein deutsches Unternehmen. Weitgehend dieselben Namen, wenn auch in leicht veränderten Positionierung auf dem Markt, führt das Beratungshaus Forrester Research auf.
Microsoft: Bereits auf den Zug Content Services aufgesprungen ist Microsoft. Das Unternehmen vermarktet SharePoint und OneDrive for Business als Content-Services-Plattform, die über die Microsoft-Cloud Azure bereitgestellt wird. Als Ergänzung stehen ebenfalls cloudbasierte Anwendungen wie Microsoft Graph zur Verfügung. Graph ermöglicht beispielsweise das Aufsetzen von Arbeitsabläufen für das Bearbeiten und „Sharing“ von Informationen, außerdem das Konvertieren und Synchronisieren von Daten.
  • Ortsunabhängiger Zugriff auf Dokumente: Bei M-Files zum Beispiel durchsuchen Anwender Dokumente und Daten auch von mobilen Endgeräten wie dem iPad aus.
    Quelle:
    M-Files
Den Begriff Content Services interpretiert Microsoft im konkreten Wortsinn: Funktionen wie Workflow, Compliance und Capture sowie Beratungsdienste werden von Partnern beigesteuert. Das Unternehmen hat im Juli dieses Jahres ein entsprechendes Programm für Anbieter aufgelegt, die ihre Dienste zusammen mit Microsoft vermarkten möchten. Dadurch baut Microsoft sein Ökosystem im Bereich Content Services aus und stärkt gleichzeitig das strategisch wichtige Cloud-Geschäft.
Alfresco:  Auf einem Kern aus Open-Source-Software basieren Alfrescos Content Services. Die Anbindung an Geschäftsanwendungen und Erweiterungen erfolgt über offene Standardschnittstellen (APIs). Derzeit konzentriert sich das Unternehmen auf Anwender in Branchen, die strikten Compliance-Regelungen und rechtlichen Vorgaben unterliegen, zum Beispiel den Finanzsektor oder das Gesundheitswesen. Einen Schwerpunkt bilden bei Alfresco das Optimieren von Geschäftsprozessen (Business Process Management) und das Verwalten von sogenannten Records, also Datensätzen und Dokumenten, die längere Zeit lang aufbewahrt werden müssen.
Forrester Research stellt in einer Analyse von ECM-Lösungen fest, dass sich die Plattform auch für Nutzer eignet, die mehr als eine Milliarde Dokumente verwalten wollen. Kunden haben sich nach Angaben von Forrester zufrieden über die Integrationsmöglichkeiten, die Verarbeitung von Meta-Daten und die Interoperabilität der Plattform geäußert. Dies macht es einfacher, Systeme von Drittanbietern anzubinden. Ein Vendor-Lock-in wie bei etlichen anderen Systemen ist somit nicht im selben Maß gegeben. Allerdings besteht laut Forrester Nachholbedarf bei den Funktionen für das Aufsetzen und Automatisieren von Workflows.
DocuWare: Neben SER zählt DocuWare aus Germering bei München zu den deutschen Vertretern in der Riege der führenden Anbieter von ECM- und Content-Services-Plattformen. Der Schwerpunkt von DocuWare Cloud liegt auf den Bereichen Dokumentenmanagement und Workflow-Automatisierung. Wie der Name bereits andeutet, werden die Dienste über die Cloud bereitgestellt, in diesem Fall über Microsofts Azure-Plattform. Mit DocuWare Kinetic Solution hat das Unternehmen zudem Mitte des Jahres vorkonfigurierte Workflows für gängige, auf Dokumenten basierende Geschäftsprozesse vorgestellt. Auch diese Services sind über die Cloud verfügbar. Im ersten Schritt umfasst Kinetic Solution Module für das Rechnungswesen und das Personalmanagement. Ergänzungen sind in Planung.
DocuWares Lösungen werden durch Funktionen für die Verwaltung von Meta-Daten, die Archivierung von Informationen und das Indizieren von Content abgerundet. Damit, so Gartner, orientiert sich das Unternehmen am klassischen Portfolio eines Anbieters von ECM- beziehungsweise Content-Services-Plattformen. Zu den Schwachpunkten zählen die Gartner-Analysten die relativ späte Integration von neuen Technologien und erweiterten Funktionen. Dazu gehören Content Analytics und die Unterstützung von Umgebungen mit mehreren Daten-Repositories.
Hyland: Auch das amerikanische Unternehmen Hyland bietet mit OnBase und ShareBase zwei Lösungen an, die auf die Bereitstellung und den Austausch von Informationen zielen. ShareBase ist für den sicheren Austausch („Sharing“) von Dateien vorgesehen, fällt also in die Kategorie EFSS (Enterprise File Sync & Share). Allerdings hat Gartner auch dieser Sparte ein neues Etikett verpasst: Content Collaboration Platforms (CCPs).
Relevanter unter dem Aspekt ECM und CSP ist OnBase. Die Plattform steht in der Cloud sowie als Version bereit, die im Unternehmensrechenzentrum betrieben wird (On-Pre­mise). Sie bietet eine breite Palette von Funktionen, vom klassischen Content-Management über die Verwaltung von Geschäftsprozessen bis hin zur Analyse von Inhalten. Alle Informationen werden in einer zentralen Datenbank mit der­selben Code-Basis gespeichert. Zu den weiteren Stärken der Plattform zählt, dass sie sich mit überschaubarem Aufwand an Geschäftsanwendungen sowie CRM- und ERP-Systeme anbinden lässt. Das gilt auch für Lösungen, die nur in speziellen Branchen anzutreffen sind, etwa in Krankenhäusern und Universitäten.
Allerdings konzentriert sich das Unternehmen stark auf den nordamerikanischen Markt. Zwar ist Hyland auch in Deutschland (Berlin) mit einer Niederlassung vertreten, das Unternehmen muss sich aber den europäischen Markt noch besser als bislang erschließen. Dies umso mehr, als die Entscheidung für eine ECM- beziehungsweise Content-Services-Plattform für den Nutzer strategischen Charakter hat.
M-Files:  Unter dem Begriff Intelligentes Informationsmanagement vermarktet das finnische Unternehmen M-Files seine Software. Die Lösung setzt auf der Ebene oberhalb von Datenquellen an, bei den Meta-Daten. Damit Nutzer die gesuchten und für sie relevanten Informationen erhalten, werden die Daten klassifiziert. Frameworks stellen sicher, dass diese Informationen auf unterschiedlichen Systemen, Endgeräten und Applikationsplattformen zugänglich sind.
„So entsteht nicht nur ein einheitlicher Zugriff, sondern die Inhalte in den Silos werden auch für moderne Services wie automatische Klassifizierung oder die feingranulare Steuerung der Zugriffsrechte erschlossen“, sagt M-Files-Manager Dirk Treue. Dadurch sei es für die Nutzer zweitrangig, in welchem Informationssilo ein Dokument gespeichert ist. „Man findet und nutzt es einfach. Die Silos können dabei zunächst unverändert weitergenutzt oder später auch abgelöst werden“, so Treue weiter.
M-Files bietet seine Lösung für die Installation im eigenen Rechenzentrum und als Cloud-Service an. Mit von der Partie sind Funktionen für den Austausch von Dateien (Enterprise File Sync & Share).
Nach Einschätzung von Gartner und Forrester ist die Software einfach zu implementieren. Das macht sie auch für kleine und mittelständische Unternehmen interessant, die eine pflegeleichte Content-Services-Plattform suchen. Allerdings gebe es Limitierungen bezüglich der Zahl der Objekte, die gespeichert werden können.
OpenText: Durch die Übernahme von Documentum hat der kanadische Anbieter OpenText 2017 seine Marktposition ausgebaut. Daher verfügt er über zwei Content-Services-Lösungen: Documentum und die OpenText Content Suite. Beide Angebote stehen auch als Managed-Hosted-Service und als SaaS über die Cloud-Plattformen von Amazon Web Services und Microsoft zur Verfügung. Der Funktionsumfang ist reichhaltig. Nutzer können beispielsweise auf ein Dokumenten- und Records-Management zurückgreifen, außerdem auf eine Workflow-Engine.
Zu den Stärken zählen Schnittstellen zu Geschäftsanwendungen führender Anbieter, etwa SAP SuccessFactors und Salesforce.com. Durch die Anbindung an Box stehen zudem Enterprise-Filesharing-Funktionen bereit. Allerdings, so Gartner, kann die Implementierung von OpenText-Lösungen aufwendig sein. Dies schlägt sich bei komplexeren Projekten möglicherweise in einer längeren Vorlaufzeit als bei anderen Anbietern nieder.
SER:  Die SER Group mit Hauptsitz in Bonn stellt Forrester zufolge mit Doxis4 eine solide Lösung für das Erfassen, Verwalten und Archivieren von Inhalten bereit. Aus einem Baukasten von Modulen können Nutzer die gewünschten Funktionen auswählen. Zu den Vorteilen zählt der hohe Integrationsgrad dieser Komponenten.
Gartner wiederum erwähnt als weitere positive Faktoren die Collaboration-Funktionen und die Federated Search. Sie ermöglicht es, verteilte und heterogene Datensätze zu durchsuchen und die Ergebnisse in einer einheitlichen Ergebnisliste zusammenzufassen.
SER setzt Technologien wie Machine Learning ein, um Content und die entsprechenden Meta-Daten zu analysieren und nach Klassen zu sortieren. Bewertungen von Doxis4-Nutzern in Online-Foren und auf Bewertungsportalen zufolge weisen die Funktionen eine hohe Qualität auf. Gleiches gilt für die Suche und die Verwaltung von Dokumenten. Als Unternehmen mit Sitz in der Europäischen Union berücksichtigt SER, ebenso wie DocuWare und M-Files, in besonderem Maß die Vorgaben der neuen EU-Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSVGO). Das ist für Unternehmen wichtig, die im EU-Rechtsraum aktiv sind.
Nach Informationen von Gartner können Anpassungen und die Integration von vorhandenen Anwendungen und Plattformen bei Doxis4 einen höheren Aufwand nach sich ziehen. In solchen Fällen ist es hilfreich, wenn ein Anwender­unternehmen in einer Region angesiedelt ist, in der Service-Teams von SER verfügbar sind und Hilfestellung geben können.  
5. Teil: „Im Gespräch mit Franz Kögl von der IntraFind Software AG“

Im Gespräch mit Franz Kögl von der IntraFind Software AG

  • Franz Kögl: Gründer und Vorstand der IntraFind Software AG
    Quelle:
    IntraFind
Es reicht nicht aus, Informationen zu erfassen und zu digitalisieren. Vielmehr kommt es da­rauf an, dem Nutzer exakt diejenigen Daten an die Hand zu geben, die er benötigt. Dies leisten Content-Search-Anwendungen. Sie sind unverzichtbar, um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, so Franz Kögl, Gründer und Vorstand der IntraFind Software AG, die Lösungen für das Durchsuchen und die Analyse von Datenbeständen entwickelt.
com! professional: Herr Kögl, welche Rolle spielt derzeit Content Search?
Franz Kögl: Content Search ist in meinen Augen eine zentrale IT-Infrastruktur-Komponente. Sie hat sich in den letzten Jahren zum absoluten Must-have entwickelt, das in geschäftskritischen Prozessen eine immer zentralere Rolle einnimmt. Kein IT-Leiter sollte das Einsparpotenzial dieser Technologie unterschätzen. Sie liefert eben nicht nur ein Sucheingabefeld mit Trefferliste, sondern mit ihr lässt sich eine große Zahl an Business-Cases umsetzen.
com! professional: Welchen Nutzen haben Suchfunktionen, die in Applikationen wie Microsoft Exchange oder CRM-Systemen integriert sind?
Kögl: Die applikationseigenen Suchfunktionen werden von den Software-Herstellern oft stiefmütterlich behandelt. Es werden Open-Source-Lösungen integriert, die nichts kosten, aber dafür auch nur das Niveau einer Volltextsuche bieten – und das oft nicht durchdacht und mit schlechter Usability.
com! professional: Hat Enterprise Content Management aus­gedient und wird es durch Content Services abgelöst – in Verbindung mit Content-Search-Funktionen?
Kögl: Man könnte Suche als natürlichen Gegner von Enterprise Content Management verstehen, da sie den Ansatz „Search, not Sort“ widerspiegelt. Ich sehe aber beides als komplementäre Ergänzung. Wir als Anbieter werden keine umfassenden ECM-Funktionalitäten in unser Cognitive-Search-Produkt einbauen. Suche ist kein Content Management – und umgekehrt. Wir integrieren unsere umfassende Suche beispielsweise in eine ECM-Oberfläche und ermöglichen es damit nicht nur, ECM-Daten vernetzt zu finden, sondern beispielsweise auch E-Mails oder Dokumente in einem File-System, einem Wiki oder einem System für das Product Lifecycle Management.
com! professional: IntraFind bietet auch Content-Analyse-Lösungen an, bei denen Künstliche Intelligenz (KI) zum Zuge kommt …
Kögl: Content-Analyse, oder auch Text-Analyse oder Text-Mining, lässt sich durch KI-basierte Verfahren einfach und sinnvoll erweitern. Das Spektrum an Use-Cases, das durch Content-Analyse abgedeckt werden kann, wächst dadurch dramatisch an.
com! professional: Wo wird KI-gestützte Content-Analyse eingesetzt?
Kögl: Die Einsatzfelder von KI-gestützter Content-Analyse sind vielfältig: Durch Natural Language Processing ermöglicht sie es, Informationen mit smarten Assistenten proaktiv an den User zu liefern, und erlaubt neue Interfaces und neue Arten der Informationsnutzung. Weitere Einsatzfelder sind die teilautomatisierte Verarbeitung von Ausschreibungen, die intelligente Vertragsanalyse, die Klassifika­tion, also beispielsweise die Sortierung des digitalen Posteingangs, und natürlich Chatbots. Semantische Firewalls, die im Hintergrund prüfen, ob geheimhaltungsrelevante Informationen die Firma verlassen, werden durch KI viel besser. Dasselbe gilt für Technologie-Scouting- und Web-Intelligence-Lösungen.
com! professional: Wie hoch ist die Akzeptanz von KI-gestützter Content-Analyse?
Kögl: Unsere Kunden haben keinerlei Berührungsängste mit KI-gestützter Content-Analyse. Wir entwickeln schon seit über zehn Jahren KI-Verfahren und nutzen sie in unseren Produkten. Dabei ist es uns wichtig, seriös und faktenorientiert mit dem Thema KI umzugehen. Nur so werden realistische Erwartungen geschaffen, die sich dann auch wirklich erfüllen lassen.
com! professional: Welche Branchen können davon profitieren?
Kögl: Die prädestinierte Zielgruppe für KI-gestützte Content-Analyse sind Anwaltskanzleien, da sich bereits heute 15 bis 20 Prozent der anwaltlichen Arbeit durch intelligente Vertragsanalyse automatisieren lassen. Dieser Wert wird aber noch deutlich nach oben gehen, wodurch KI-gestützte Content-Analyse ein „disruptives“ Potenzial für die Digitalisierung der Rechtsbranche hat.
Ihr Nutzen ist aber grundsätzlich branchenübergreifend. Gutes Suchen und Finden, das Erzeugen von Meta-Daten, die Vernetzung von Informationen sowie die bessere Wissensaufbereitung und Entscheidungsfindung sind überall essenziell.
Immerhin gibt es in den meisten Anwendungen mittlerweile einfache Volltextsuchen. Man findet aber auch immer noch SQL-basierte Suchfunktionen, die den Benutzer mehr frustrieren als unterstützen weil sie sich besser vernetzen lassen, exakter arbeiten und damit für den Benutzer relevanter werden.

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