19.09.2019
Verarbeitung von Daten
1. Teil: „Daten-Start-ups sind gefragt wie nie“
Daten-Start-ups sind gefragt wie nie
Autor: Matthias Hell
shutterstock.com/NicoElNino
Eine Reihe von Übernahmen zeigt, welchen Stellenwert bei internationalen Händlern und Brands Datenexpertise hat. In Deutschland fehlt oft noch das Verständnis dafür.
Daten-Start-ups haben derzeit auf dem Übernahmemarkt die besten Chancen: Gerade erst hat Nike den Predictive-Analytics-Spezialisten Celect übernommen, zuvor kaufte McDonald’s das Big-Data-Start-up Dynamic Yield und Walmart schlug im Frühjahr sogar mit zwei Übernahmen zu - dem Adtech-Unternehmen Polymorph Labs und dem Sprachverarbeitungsanbieter Aspectiva. Das Verbindende an diesen Übernahmen ist, dass es sich hier jeweils um Top-Brands bzw. -Händler handelt, die sich Start-ups für die Verarbeitung von Daten einverleiben.
"Diese großen Unternehmen haben in den letzten Jahren massiv in Marketing-, Kundenpflege- und E-Commerce-Systeme investiert. Nun benötigen sie die entsprechenden Daten-Tools, um diese Systeme zu befeuern", erklärt Nils Seebach, der im Expertennetzwerk Etribes für Datenthemen zuständig ist. "Daten-Start-ups zu übernehmen ist für diese großen Brands und Händler logisch - denn nur durch die bessere Auswertung der Daten lässt sich in dieser Liga heute noch ein Wettbewerbsvorteil erzielen." Im internationalen Geschäft ist der Trend, von dem Seebach spricht, inzwischen in vollem Gange. Doch in Deutschland ist es in dieser Hinsicht auffallend still. Fehlt es hierzulande an Verständnis für die Bedeutung von Daten für das Handelsgeschäft?
About You präsentiert sich als rühmliche Ausnahme
Eine Ausnahme stellte in dieser Hinsicht die Übernahme des Adtech-Spezialisten Adference durch About You im Mai dar. Der Begriff Daten-Start-up ist für Adference-CEO Florian Nottorf positiv besetzt: "Meine Mitgründer und ich haben uns an der Uni Lüneburg kennengelernt. Wir haben alle etwas mit dem Schwerpunkt Statistik studiert und uns damit beschäftigt, Modelle für die präzise Vorhersage von Kaufwahrscheinlichkeiten zu entwickeln."
Erst bewegte man sich damit noch im wissenschaftlichen Elfenbeinturm, habe dann aber Lust bekommen, selbst ein Unternehmer zu gründen. Mit einem Tool-Set für die Automatisierung von Google- und Amazon-Ads ging Adference schließlich an den Markt und bekam recht bald Kontakt mit About You. "Dort hat man uns zunächst gesagt, dass wir uns auf eine begrenzte Kooperation einstellen sollten, da About You das Ziel verfolge, möglichst viel inhouse abzudecken. Aber offensichtlich hat man mit der Zeit festgestellt, dass das, was wir machen, so strategisch ist und so schwer mit eigenen Leuten abzubilden ist, dass es schließlich zu dem Übernahmeangebot kam", erzählt Nottorf. Obwohl Adference nun zum Hamburger Modeversender gehört, bleibt das Start-up eigenständig und kann weiterhin auch für andere Kunden arbeiten.
"Dass Adference die eigenen Kunden weiter behalten kann, ist ein sehr smarter Move von About You", findet Etribes-Berater Seebach. "So behält das Start-up weiterhin sein Gefühl für den Markt. Gleichzeitig folgt About You seiner Maxime, alles selbst besitzen zu wollen, was sie vom Wettbewerb differenziert." Auch Adference-CEO Nottorf ist von About You beeindruckt: "Die Weitsicht und das Verständnis ist in dem Unternehmen - und speziell bei Tarek Müller - extrem gut. Es ist fraglich, ob sich mit einem anderen Händler in Deutschland eine ähnliche Kombination ergeben hätte."
2. Teil: „Start-up-Programme sind keine Alternative“
Start-up-Programme sind keine Alternative
Während Alibaba, Walmart und Co. Millionen für Übernahmen auf den Tisch legen, reicht es bei den großen deutschen Handelsgruppen meist nur für ein obligatorisches Start-up-Förderprogramm. Ein Beispiel dafür ist der 2015 gestartete Accelerator der Metro AG. Zu den Unternehmen, die 2016 in das Förderprogramm aufgenommen wurden, gehörte auch das auf die Auswertung von Monitoring-Daten spezialisierte Stuttgarter Start-up Tsenso. Aus der Zusammenarbeit zwischen dem Konzern und dem Jungunternehmen entstand das Projekt "Fresh Index". Während Großhändler wie Metro Cash & Carry die Überwachung der Kühlkette bisher nur an bestimmten Punkten vornahmen, wurde durch die Technologie von Tsenso eine lückenlose Kontrolle möglich.
Indem diese Daten mit Informationen über die biologischen Eigenschaften des jeweiligen Produkts zusammengeführt werden, kann die Metro ihren B2B-Kunden nun Empfehlungen geben, wie viel länger als auf dem aufgedruckten Mindersthaltbarkeitsdatum ein Lebensmittel haltbar ist. "Logistikdaten über die Einhaltung der Kühlkette hatten wir zuvor auch schon, aber erst durch die Kooperation mit Tsenso und die dadurch zur Verfügung stehenden zusätzlichen Informationen konnten wir daraus ein neuartiges, dynamisches Haltbarkeitsdatum entwickeln", beschreibt Oliver Teschl, Product Owner Traceability bei Metronom, der Tech-Unit der Metro AG. "Fresh Index" diene nicht nur der Nachhaltigkeit, sondern mache für den Handelskonzern auch Szenarien wie eine dynamische Bepreisung von Lebensmitteln je nach Frische möglich. Trotz des vielversprechenden Projekts steht eine Übernahme von Tsenso für die Metro nicht auf der Tagesordnung. "'Fresh Index' ist eine Branchenlösung, deshalb soll auch Tsenso weiter für andere Händler offen bleiben."
Aus Sicht von Etribes-Analyst Seebach ist das für das Start-up keine besonders attraktive Perspektive: "Gründer, die die Aussicht haben, mit Kapital überschüttet zu werden, verspüren kein Bedürfnis, in den Accelerator eines sterbenden Händlers aufgenommen zu werden." Etwas diplomatischer formuliert das Adference-CEO Nottorf. "Verglichen mit der Übernahme durch About You wäre die Teilnahme an einem Accelerator für uns deutlich unattraktiver gewesen - auch wegen der großen Unterschiede in der Unternehmenskultur."
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