Business-IT
08.01.2019
Analyse
1. Teil: „Content Collaboration - Box vs. Dropbox

Content Collaboration - Box vs. Dropbox

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Visual Generation / shutterstock.com
Die Cloud verändert den Markt für das Content Management. Auch die Zusammenarbeit im Team ist einem Wandel unterworfen. Dienste wie der von Dropbox und Box sollen dabei helfen.
  • Marktführer: Gartner positioniert Dropbox und Box im „Magic Quadrant für Content Collaboration Platforms“ unter den „Leaders“.
    Quelle:
    Gartner
Unter der Datenflut stöhnen alle IT-Anwender, vor allem aber die Mitarbeiter von Firmen und Organisationen. Besonders kritisch wird es, wenn man große Dateien gemeinsam bearbeiten, teilen oder per Internet verschicken will. Als Lösung für dieses Problem haben sich Unternehmen ent­wickelt, die ganz auf die Cloud setzen. Allen voran gehören Dropbox und Box zu den Tools, die sich auf diesem Feld großer Beliebtheit erfreuen.
Dropbox konnte von seiner starken Stellung bei Konsumenten profitieren und hat sich auch deshalb langsam in Unternehmen durchgesetzt, weil viele Mitarbeiter schon aus ihrem Privatleben mit dem Programm vertraut waren.
Box hat es inzwischen geschafft, sich nach einem Kurswechsel breiter im Sinn eines allgemeinen Digitalisierungswerkzeugs aufzustellen und vor allem in der Geschäftswelt zu punkten.
com! professional hat sich beide Hersteller und ihr Konzept etwas genauer angesehen. Im Anschluss thematisieren wir die Auswirkungen der Cloud-Orientierung auf den klassischen Markt von Enterprise File Synchronization and Sharing (EFSS) und Enterprise Content Management (ECM).
Tabelle:
Quelle: Gartner 2018, Magic Quadrant for Content Collaboration Platforms

2. Teil: „Dropbox: von Privat zu Business“

Dropbox: von Privat zu Business

Die Idee war so einfach wie genial und fand deshalb schnell großen Anklang bei den Internetnutzern - zu Anfang im privaten Umfeld, später nach und nach auch bei Unternehmen: Im Jahr 2007 stellten die beiden Studenten Drew Houston und Arash Ferdowsi ein Cloud-Postfach für den gemeinsamen, nicht von der Dateigröße begrenzten Informationsaustausch ins Internet. Vorläufiger Höhepunkt der sich daran anschließenden Erfolgsgeschichte war der Börsengang im März 2018. Der Aktienkurs übertraf zu Beginn die Erwartungen und lag bei etwa 30 Dollar, erreichte dann kurzzeitig einen Peak von 40 Dollar und pendelt seitdem um 25 Dollar. Die Anzahl der Mitarbeiter liegt bei über 1500. Dropbox-CEO Houston wird denn auch vom US-Wirtschaftsmagazin „Fortune“ zu den „jungen Milliardären“ der IT-Szene gerechnet.
Dropbox begann mit dem Up- und Download von Dateien, die für einen direkten Versand via Internet zu groß waren, hat sich aber nach und nach ein breiteres Portfolio zugelegt. Dazu gehören Tools und Fähigkeiten wie „Store“, „Share“ und „Access“ zwischen den Geräten Computer, Notebook, Smartphone oder Tablet, die automatische Synchronisierung zwischen den Speicherorten, „Dropbox Paper“, „Dropbox Showcase“ oder „Team Management“.
Dropbox will auch zur besseren Verbindung zwischen verschiedenen „Favourite Apps“ beitragen und für einen sicheren Datenspeicher sorgen. Während der Privatzugang kostenlos ist und einen Speicherplatz von 2 GByte mit einschließt, bieten die Bezahldienste (ab 10 Euro pro Monat) viele zusätzliche Funktionen wie Speicherplatz ab 1 TByte pro Person, erhöhte Sicherheit etwa durch Passwortschutz, Log-Features oder die Wahl des Speicherstandorts in der EU.
Das Erfolgsrezept seines Unternehmens umschrieb Drew Houston bei der Vorstellung der Wachstumszahlen aus Q3 so: „Die Features und Updates unserer Produkte basieren auf einem tiefen Verständnis unserer Kunden und der Tools, die sie benötigen, um ihre Arbeit bestmöglich zu erledigen.“ Und er folgert daraus: „In Kombination mit unserem Ökosystem von Best-in-Class-Partnern wird Dropbox zu einem noch zentraleren Bestandteil der Arbeits­abläufe unserer Kunden.“
Dropbox wird ausschließlich als Public-Cloud-Service angeboten. Das hat für die Kunden den Vorteil, dass sie sich nicht mehr auch noch mit einem On-Premise- oder Private-Cloud-Dienst beschäftigen müssen, wie es bei den traditionellen ECM-Angeboten üblich war.
Die Aktivitäten von Dropbox rubrizieren die Analysten von Gartner Research unter „Content Collaboration Platforms“ (CCP) und „Content Services Platforms“ (CSP). Laut Gartner haben Content Collaboration Platforms das Potenzial, die Arbeit von Einzelnen und von Teams zu verändern. Besonders wenn es um unstrukturierte Daten geht, böten die Plattformen Strukturen und Erkenntnisse, die einzelne Personen nur selten in dieser Weise erreichen könnten.
Gartner hebt besonders die Funktionen Storage, File-Integration und zentrales IT-Management hervor, die über einfaches Synchronisieren und Austauschen von Dateien hinausgingen. Endanwender wiederum schätzten die einfache Bedienung und die Verarbeitung unterschiedlicher Dateiformate.
Mit dem im Januar 2017 gelaunchten Dropbox Paper könnten Anwender nicht nur Inhalte gemeinsam bearbeiten, sondern auch auf einfache Weise Hintergrundinformationen, Kommentare, Videos und Dateien hinzufügen. So entsteht laut Garnter ein „collaborative workspace“ – ähnlich wie bei einer intensiven direkten Zusammenarbeit an einem Standort oder in einem gemeinsamen Büro.
Dropbox, so urteilen die Gartner-Analysten Monica Basso, Karen Hobert und Michael Woodbridge, hat auch einiges für den Schutz und das Management der Dropbox-Inhalte getan. Es gibt Dashboards für die bildliche Darstellung von Inhalten und spezielle Tools gewährleisten die Verwaltung von privaten und geschäftlichen Daten in getrennten Accounts. Es ist zudem möglich, aus der Ferne Daten auf den privaten Geräten der Nutzer zu löschen.
Anlässe, sich um die Sicherheit zu kümmern, gab es für die Dropbox-Führung genug. 2012 etwa wurde Dropbox Opfer eines Datenklaus, in dessen Folge 2016 rund 60 Millionen Zugangsdaten veröffentlich wurden.
Die traditionell breite Akzeptanz von Dropbox im privaten Umfeld wird laut Gartner zu einer fortschreitenden Ausdehnung der Technologie in die Welt der Unternehmen hinein führen. Dies sei ein klarer Vorteil für Dropbox gegenüber der wachsenden Anzahl von Konkurrenzprodukten, die sich bisher häufig nur in Nischenbereichen behaupten konnten. Oft komme es auch vor, dass sich Unternehmen für die Übernahme der privaten Dropbox-Lizenzen ihrer Mitarbeiter in Dropbox Business entscheiden würden. Auch wenn dafür von den Unternehmen natürlich besondere Sicherheitsvorkehrungen einzuhalten sind, profitieren IT-Abteilungen in jedem Fall davon, dass sich die Mitarbeiter an ihren Arbeitsplätzen bereits mit der Anwendung auskennen – was auch ein klarer Kostenvorteil ist, da man sich Schulungen sparen kann und die Support-Instanzen weniger in Anspruch genommen werden.
Bei seiner Technologie setzt Dropbox inzwischen auf Machine Learning und Automatisierung, um Inhalte zu klassifizieren und zu erzeugen. Gartner vermisst allerdings klare Aussagen zur geplanten Roadmap, was zur Verwirrung bei Kunden beigetragen habe. Ähnliches gilt für vorgesehene Preisänderungen im Enterprise-Bereich.
Fazit: Dropbox verfügt über eine große installierte Basis und damit – neben dem Börsengang und der Unterstützung durch Investoren – über gute Voraussetzungen für weitere Expansion.
3. Teil: „Box: Fokus auf Synchronisation“

Box: Fokus auf Synchronisation

Nach eigenen Angaben hat Box, bereits 2005 von den Studenten Aaron Levie und Dylan Smith gegründet, heute mehr als 87.000 Business-Kunden. Selbst auf Nachfrage werden diese aber nicht genauer aufgeschlüsselt, es wird lediglich mitgeteilt, dass man bei 69 Prozent der Fortune-500-Kunden vertreten sei. Bei der Vorstellung der Umsatzzahlen für das erste Quartal 2018 nannte CEO und Mitgründer Aaron Levie immerhin einige Schwergewichte, die Box in jüngster Zeit als Kunden gewinnen konnte: „Mit Kunden wie Mitsubishi Motors Corporation, Dignity Health und der Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA), die sich für Box entschieden haben, um ihren digitalen Arbeitsplatz mit Power zu versorgen, findet unser Fokus auf Sicherheit und Zusammenarbeit sowie unsere Vision von Künstlicher Intelligenz immer wieder eine positive Resonanz.“
Die Anzahl persönlicher Accounts gibt Box mit 10 Millionen an, die Anzahl der Mitarbeiter mit über 1500. Die positive Entwicklung zeigt sich auch in zwei Ereignissen aus der jüngeren Zeit: Anfang 2016 bezog Box imposante Bürogebäude in Redwood City, Kalifornien, im Januar vergangenen Jahres ging das Unternehmen an die Börse. Der Anfangskurs von 14 Dollar stieg zwischenzeitlich auf mehr als 20 Dollar.
Box sieht sich als Vorreiter der Digitalisierung und will Unternehmen auf ihrer Reise ins „digitale Zeitalter“ unterstützen. Zwar habe es im Lauf der Jahre viele Innovationen bei der Arbeit mit Dateien und dem Management unterschiedlicher Applikationen gegeben, doch letztlich seien die Anwender noch immer gezwungen, mit diversen Silos zurechtzukommen. Gerade für Unternehmenskunden möchte Box eine einzige Plattform für alle bisher getrennt voneinander existierenden Inhalte, Dateien und Prozesse sein. Diese Plattform soll Folgendes leisten:
  • Nahtlose, sichere Collaboration nach innen und außen
  • „Single Source of Truth“ bei Inhalten für „Best of breed“-Applikationen
  • Fortgeschrittene ML- und AI-Technologien (Machine Learning und Artificial Intelligence) aller größeren Hersteller
  • Security und Compliance für alle Industriezweige und Regionen, ohne die einfache Bedienung der Anwendungen zu opfern
Der ursprüngliche Kurs in Richtung Filesharing wurde ab 2009 in ein breiteres Angebot von cloudbasierten Dienstleistungen überführt. Eine übergeordnete Software-as-a-Service-Plattform stellt den Mitarbeitern, Kunden und Partnern Applikationen und Tools zur Verfügung. Über 1800 Programme sind über APIs bereits in die Box-Lösung integriert. Alle Box-Daten befinden sich in einer Cloud, was die Zusammenarbeit, aber auch die Beherrschung der Sicherheitsproblematik erleichtert, erklärte CEO Levie vergangenen Sommer auf einer Kundenveranstaltung in San Francisco.
Unter dem Label Cloud Content Management bietet die Box-Plattform ein zentrales Repository für jegliche Inhalte eines Unternehmens. Dazu stellt sie Tools und Funktionen für Collaboration und Dokumentenmanagement, Workflow-Automatisierung und die Unterstützung von Geschäftsprozessen bereit. Auch APIs zum Anpassen von Anwendungen, Formaten und Daten kommen von Box. Und natürlich hat auch Box inzwischen KI in sein Produkt integriert: Das Machine-Learning-Framework Box Skills soll „Inhalte intelligent machen“.
Laut Jeetu Patel, Chief Product und Chief Strategy Officer bei Box, sind Mitarbeiter und Partner eines Unternehmens so in der Lage, „nahtlos zwischen allen Anwendungen zu wechseln und einheitliche Quellen für Informationen und Dokumente zu benutzen“. Das Cloud Content Management von Box sei eine übergreifende Plattform für den Austausch, die gemeinsame Bearbeitung, die Verwaltung und die Sicherheit von Inhalten und Dokumenten.
Die Services von Box sind in den USA in eigenen Rechenzentren implementiert, ergänzt um regionalen Storage bei AWS und lokale Rechenzentren von IBM und Microsoft. Box arbeitet zudem mit Microsoft Office 365 und der Google G Suite zusammen. Auf Verwaltungsebene bietet Box Cloud Data Protection, Encryption Key Management auf Kundenseite und regionale Speicherzonen. Für Compliance-Anforderungen gibt es GxP-Richtlinien (Good Practices) für die DSGVO und für Bio-Wissenschaften. In Deutschland wurde Box attestiert, dass es die Anforderungen des Cloud Computing Compliance Controls Catalogue, kurz C5, sowie des Prüfstandards Trusted Cloud Data Protection Profile (TCDP) erfüllt.
Die klare Haltung von Box in Sachen Gleichstellung von Frauen und Minoritäten sowie in Umweltfragen schlägt sich in der Unterstützung vieler gesellschaftlicher Initiativen nieder.
Fazit: Box hat den Sprung von einer Dateiaustausch- und Dateisynchronisierungs-Initiative für Privatpersonen in die Business-Welt geschafft. Doch die Vielzahl neuer Share-Angebote für Teams und Unternehmen stiftet auch Verwirrung – eine einheitliche Linie ist nur schwer festzustellen.
4. Teil: „Ausblick: CCP contra CSP“

Ausblick: CCP contra CSP

  • Dropbox-Headquarter: Die neue Zentrale in San Francisco steht für den Aufstieg des Start-ups und seine ambitionierten Ziele.
    Quelle:
    Dropbox
Gartner geht davon aus, dass sich in den reiferen Märkten von Nordamerika und Europa bis 2022 an die 50 Prozent der mittleren und großen Unternehmen für eine Content Collaboration Platform (CCP) entscheiden werden, um Dokumenten-Workflows sowie Collaboration und Produktivität zu verbessern. Die Datenmengen werden weiter drastisch zunehmen, zugleich müssen die Mitarbeiter mit immer mehr Applikationen und deren Besonderheiten zurechtkommen. Tools, um andere Tools zu handhaben, stehen deshalb glänzende Zeiten bevor, nachdem es um klassisches Filesharing und Dokumentenmanagement eher still geworden ist.
Mit der Verbreitung von CCP gerät der Markt für Enter­prise File Synchronization and Sharing (EFSS) und Enterprise Content Management (ECM) unter Druck. Gartner geht sogar so weit, ihn in CSP (Content Services Platform) umzutaufen. Die Analysten glauben, dass schon bis 2020 etwa 20 Prozent der größeren EFSS- und ECM-Hersteller ihre Produkte in Content-Service-Plattformen (CSPs) umwandeln werden - und 15 Prozent der Firmen werden ihren traditionellen ECM-Lieferanten zugunsten eines CSP-Herstellers fallen lassen.
Die Veränderungen im Markt lassen sich auch am Schicksal einiger Konzerntöchter ablesen. Die EMC-Tochter Documentum wurde nach dem Verkauf von EMC an Dell zunächst in die neue Enterprise Content Division (ECD) integriert, im Januar 2017 dann zusammen mit den Produktlinien InfoAr­chive und Leap an OpenText verkauft. Lexmark (heute Kofax) trennte sich im Juli 2017 von seiner Tochter Perceptive CSP, im selben Jahr gliederte Xerox seine Abteilung DocuShare aus. Die weitere Durchsetzung von Public-Cloud-Angeboten dürfte zu weiteren Veränderungen in diesem Marktsegment führen.
Tabelle:
Quelle: Gartner 2017, Magic Quadrant for Content Services Platforms


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