Fintech
18.02.2019
Fallende Aktienkurse

Bafin verbietet Wirecard-Spekulationen

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Ab sofort sind keine neuen Spekulationen auf fallende Aktienkurse für den Zahlungsdienstleister Wirecard mehr möglich. Die Bafin untersagt diese Geschäfte für die kommenden zwei Monate.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat neue Spekulationen auf fallende Aktienkurse beim Payment-Spezialisten Wirecard untersagt. Ab sofort sei es für zwei Monate verboten, neue Netto-Leerverkaufspositionen in Aktien der Wirecard AG zu begründen oder bestehende Netto-Leerverkaufspositionen zu erhöhen, teilte die Behörde am Montag in Bonn mit. Leerverkäufer sind Spekulanten, die mit fallenden Kursen Geld verdienen wollen. Es bestehe das Risiko, dass die Verunsicherung des Marktes hinsichtlich einer angemessenen Preisbildung bei Wirecard-Aktien zunehme und sich zu einer generellen Marktverunsicherung ausweite, hieß es von der Bafin.

Die "Financial Times" hatte jüngst in mehreren Berichten von internen Untersuchungen bei einer Wirecard-Tochter in Singapur berichtet. Ein interner Hinweisgeber hatte den Verdacht geäußert, dass ein ranghoher Mitarbeiter Bilanzen gefälscht haben soll - Wirecard bestreitet ein Fehlverhalten seiner Angestellten und stellt die Angelegenheit als persönliche Fehde dar.

Die Wirecard-Aktie hatte mit der Veröffentlichung deutlich an Wert eingebüßt, zuvor hatte das Dax-Papier rund 168 Euro gekostet, Ende vergangener Woche waren es noch 99,90 Euro. Derart große Kursschwankungen sind bei Dax-Konzernen sehr ungewöhnlich. Wirecard war nach Jahren starken Wachstums im vergangenen September in den deutschen Leitindex eingezogen und hatte dort die Commerzbank verdrängt. Am Montag lag die Wirecard-Aktie vorbörslich auf der Handelsplattform Tradegate 5,5 Prozent im Plus.

Leerverkäufer - im Börsenjargon auch englisch "Short-Seller" genannt - leihen sich bei Aktionären gegen Gebühr Aktienpakete und verkaufen sie am Markt. Sinkt der Aktienkurs, können sie die Papiere günstiger zurückkaufen, um sie dem Eigentümer zum festgelegten Zeitpunkt zurückzugeben.

Short-Attacken zielen auf Wirecard ab

Auch Wirecard war nach Angaben der Bafin in den Jahren 2008 und 2016 Ziel von sogenannten "Short"-Attacken, bei denen Leerverkäufer durch das Eingehen entsprechender Positionen profitiert haben - diese hätten auch zu Kursrückgängen geführt.

Seit Ende Januar seien verschiedene negative Presseberichte zu beobachten, diese seien mit dem verstärkten Aufbau von Leerverkaufspositionen zusammengefallen, so die Finanzaufsicht. Insbesondere ab dem 1. Februar sei ein Anstieg von Leerverkäufen zu beobachten, die sich auch in den vergangenen Tagen weiterhin deutlich erhöht hätten. Am 30. Januar war der erste kritische Bericht in der "FT" erschienen.

Laut Angaben einer Bafin-Sprecherin gilt das Verbot neuer Leerverkäufe sowohl im In- als auch im Ausland. Die Aufseher greifen zum ersten Mal zu einer solchen Maßnahme bei einem einzelnen Titel. In der Finanzkrise im September 2008 hatte die Behörde Verbote für Leerverkäufe bei mehreren Finanzwerten ausgesprochen. Bei der Bafin müssen Leerverkäufer ihre Positionen melden, sofern diese 0,2 Prozent des ausgegebenen Aktienkapitals überschreiten. Eine Veröffentlichungspflicht im Bundesanzeiger besteht ab 0,5 Prozent.

Die europäische Wertpapieraufsicht Esma stützte das Leerverkaufsverbot für Wirecard-Aktien am Montag mit einer positiven Einschätzung. Die gegenwärtigen Ereignisse und Entwicklungen rund um Wirecard seien eine ernste Bedrohung des Marktvertrauens in Deutschland. Die ergriffene Maßnahme sei angemessen und verhältnismäßig.

Die Münchner Staatsanwaltschaft hatte sich ebenfalls in den Fall eingeschaltet und ermittelt wegen des Verdachts der Marktmanipulation gegen unbekannt. In den USA laufen sich schon Anwaltskanzleien mit ersten Sammelklagen warm, sie beschuldigen das Unternehmen und das Management der angeblichen Fehlinformation von Anlegern.

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