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27.03.2020
E-Commerce
1. Teil: „B2B-Marktplätze werden immer beliebter“

B2B-Marktplätze werden immer beliebter

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Veres Production / shutterstock.com
Nach Conrad startet nun auch Metro einen eigenen B2B-Marktplatz.
  • "Wie schätzen Sie das Potenzial von Marktplätzen in den nächsten fünf Jahren ein?"
    Quelle:
    Ibi Research 2019 "Marktplätze im B2B-E-Commerce in Deutschland 2018" (n = 59)
Der vor zwei Jahren gestartete B2B-­Online-Marktplatz Conrad.de hat sich für die Elektronikhandelskette zu ­einer echten Erfolgsgeschichte entwickelt: Mit einem B2B-Angebot von mehr als fünf Millionen Produkten zieht Conrad Elec­tronic heute rund 2,3 Millionen Geschäftskunden an. Der B2B-Marktplatz ist deshalb ein wichtiger Teil der Digitali­sierungsstrategie des Unternehmens, wie Ralf Bühler, Chief Sales Officer von Conrad, erklärt: „Nachdem wir für die Schaffung unseres B2B-Marktplatzes beträchtliche Investi­tionen getätigt haben, ergeben sich dadurch immer spürbarere Mehrumsätze.“
Der Elektronikhändler ist damit das beste Beispiel dafür, dass auch im B2B-Geschäft Online-Marktplätze eine immer größere Rolle spielen. Das eröffnet Chancen auch für Händler, die sich bisher auf das Geschäft mit privaten Endkunden fokussiert haben.
Für die Umsetzung des B2B-Marktplatzes hat sich Conrad für den Technologiepartner Mirakl entschieden. Das Unternehmen bietet Marktplatzlösungen sowohl für den B2C- als auch den B2B-Bereich an. Für Conrad deckt Mirakl alle relevanten B2B-Anforderungen ab, wie den für den deutschen Markt typischen Kauf auf Rechnung. „Mirakl hat uns bei allen geschäftsrelevanten Themen im Marketplace-Umfeld unterstützt, so zum Beispiel bei der Auswahl eines geeigneten Payment-Providers“, berichtet Aleš Drábek, Chief Disruption & Digital Officer (CDDO) von Conrad. 
Der Erfolg von Conrad.de hat auch die strategische Ausrichtung des Elektronikhändlers stark beeinflusst. „B2B first“ heißt die neue Marschroute. Mit Filialen, die auf die Anforderungen von Geschäftskunden ausgerichtet sind, hält diese Strategie jetzt auch im stationären Geschäft Einzug. Wichtigster ­Impulsgeber bleibt aber die digitale Online-Plattform.

Plattformeffekte

Mit der Metro AG steigt nun ein weiteres Schwergewicht in das B2B-Marktplatzgeschäft ein. Philipp Blome, CEO der für den Betrieb der Online-Plattform verantwortlichen Metro Markets GmbH, fungierte zuvor neben Gerald Schönbucher als ­Co-Geschäftsführer des B2C-Marktplatzes von Real. „Ein Ausgangspunkt für den Metro-Marktplatz sind die guten Erfahrungen, die wir im B2C-Bereich mit dem Real- Marktplatz gemacht haben“, erklärt Blome. „Die strategische Idee hinter ­Metro Markets ist es, vom Händler zum Lösungsanbieter zu werden und unseren Kunden ein viel breiteres Portfolio zu bieten. Aufgrund der schnellen E-Commerce-Entwicklung ist ein Marktplatzmodell besonders geeignet, um die Bedürfnisse unserer Kunden abzudecken.“
Während der Schwerpunkt der Metro AG im Großhandelsgeschäft klassisch auf dem Food-­Bereich liegt, sollen mit dem Marktplatz ergänzende Sortimentsbereiche abgedeckt werden. Der Zielgruppe im Bereich ­Hotels, Restaurants und Catering werden Großküchenausstattungen, Gastronomiezubehör, aber auch Reinigungsutensilien und ­Arbeitskleidung angeboten. Der Metro-Marktplatz ist als offene Plattform konzipiert, auf der die Verkaufsabwicklung zwischen Händlern und Kunden stattfindet, die Zahlungsabwicklung aber über den Marktplatzbetreiber läuft. Für die technische Umsetzung ist Metro Markets eine Entwicklungspartnerschaft mit dem Software-Spezialisten Ciklum eingegangen.
Zum Start bieten mehr als 70 Partner auf der Plattform bereits über 65.000 Artikel an. Auch die Metro ist mit ihrem Non-Food-Sortiment als Marktplatzanbieter vertreten. Me­tro-Markets-CEO Blome sieht die Erfolgschancen der Plattform ­optimistisch: „Wir stellen fest, dass es in dem Bereich eine Nachfrage gibt, die bisher nur von Nischen-Playern abgedeckt wird. Was es bisher nicht gab, ist eine Plattform, die das Angebot konso­lidiert und mit der nötigen B2B-Conve­nience zum Beispiel bei der Rechnungsstellung kombiniert.“
Die Metro könne den Marktplatzpartnern zudem einen sehr guten Kundenzugang bieten. „Die Herausforderung ist es jetzt, unsere Marke ins D­igitale zu heben. Ich denke, dass wir dafür genau den richtigen Zeitpunkt gewählt ­haben.“ Blome verhehlt aber auch nicht, dass die Metro mit dem Marktplatz einen ganz konkreten Kundenkreis ansprechen will. „Unsere Kernzielgruppe sind Independent Business Owners, also unabhängige Gastronomen. Eine große Hotelkette wird dagegen vermutlich weiterhin die Eins-zu-eins-Beziehung bevorzugen, die sie bereits mit Händlern oder anderen Partnern aufgebaut hat.“
2. Teil: „Große B2B-Kunden “

Große B2B-Kunden

  • Metro-B2B-Marktplatz: Neben dem klassischen Food-Sortiment bietet er Produkte für Hotels, Restaurants und Catering.
    Quelle:
    com! professional / Screenshot
Die unmittelbaren Beziehungen im B2B-Geschäft sind auch eines der Lieblings­themen von Lars Schade, Geschäftsführer der Beschaffungsplattform Mercateo. Gegründet im Jahr 1999 ist das Unternehmen der Vorreiter unter den B2B-Plattformen. „Wir sind zunächst mit einem einfachen Marktplatzmodell an den Start gegangen und sind erst auf Wunsch einzelner Kunden dazu übergegangen, auch Eins-zu-eins-Beziehungen zu hosten.“
Mit seiner Beschaffungsplattform und der 2017 gestarteten Vernetzungsplattform Unite - einer Art Linkedin für Unternehmen - setzt Mercateo heute schwerpunktmäßig auf die ­digitale Abbildung traditioneller B2B-Handelsbeziehungen. „Durch E-Procurement-Netzwerke ist der Plattformgedanke deutschen Unternehmen schon lange vertraut. Indem wir unsere Plattform Unternehmen für deren E-Procurement zur Verfügung stellen, erzielen wir den Effekt, dass B2B-Anbieter ihre Kunden aktiv zu Mercateo mitbringen. Oft sind es aber auch die Kunden, die ihre Lieferanten zu Mercateo einladen.“
Als einen großen Vorteil gegenüber Neueinsteigern bei den B2B-Marktplätzen sieht Schade an, dass Mercateo in dem Bereich über umfassende Erfahrungen verfügt. Vor allem für kleinere Lieferanten seien Prozesse wie die Bezahlung im B2B-Bereich oder ein Genehmigungs-Workflow recht kompliziert digital umzusetzen. „Mit unserem Know-how als Plattform managen wir das für diese Kunden.“
Auf diese Weise habe man viele kleinere B2B-Händler gewinnen können, die erst über Mercateo den Einstieg in den Online-Handel geschafft hätten. Ebenso ermög­liche man kleineren B2B-Kunden den Einkauf bei großen Lieferanten, die diese auf direktem Weg gar nicht beliefern würden. Schwerpunktmäßig sei Mercateo ­allerdings vor allem bei den professionellen Einkaufsorganisationen angesiedelt. Deshalb sehe man auch keine ernsthafte Wettbewerbssituation zu neuen B2B-Marktplätzen wie Conrad.de oder dem Metro-Marktplatz - und auch nicht zu den lautstark angemeldeten Ambitionen von Amazon Business.
3. Teil: „Amazon und Ebay“

Amazon und Ebay

  • "Welche der aufgelisteten B2B-Marktplätze kennen Sie und welche nutzen Sie im Vertrieb oder Einkauf?"
    Quelle:
    Ibi Research 2019 "Marktplätze im B2B-E-Commerce in Deutschland 2018" (n = 38)
Amazon versucht seit dem Deutschlandstart von Amazon Business vor drei Jahren den B2B-Markt auch hierzulande aufzumischen. Das schlagkräftigste Argument sind dabei das riesige Warensortiment und die hohe Logistikkompetenz: B2B-Kunden haben bei Amazon Zugriff auf 250 Millionen Produkte, von denen Millionen innerhalb von 24 Stunden und Hunderttausende noch am selben Tag geliefert werden können. Nach eigenen Angaben beliefert Amazon Business bereits 75 Prozent der Dax-30-Konzerne und über 50 Prozent der FTSE-100-Unternehmen. 
Doch klagen Kunden auch noch über die ungenügende technische Umsetzung des B2B-Angebots, unter anderem bei der Fakturierung, der steuerlichen Abwicklung oder der Integra­tion via elektronischen Daten­austausch.
„Amazon kann viele Dinge parallel mit hoher Intensität machen und man sollte Amazon
daher nie unterschätzen. Spannend bleibt zu sehen, wie sich die ­Beziehung zu den Händlern entwickelt“, erklärt Mercateo-Chef Schade. Im Vergleich mit dem etablierten B2B-Marktplätzen sieht er Amazon im Geschäftskundenbereich eher als Spätstarter, der noch viel lernen müsse. Eine deutlich längere Erfahrung im B2B-Handel könne dagegen Ebay vorweisen, auch wenn über diesen Geschäftsbereich des Online-Marktplatzes in der Öffentlichkeit nur ­wenig bekannt sei.
„Auch wenn wir darüber nicht so viel sprechen, ist das B2B-Geschäft für Ebay ein sehr relevantes Geschäftsfeld“, bestätigt Ebay-Manager Andreas Wielgoss. Vor allem in den Kategorien Business & Industrie, Auto- und Motorradteile, Elek­tronik und Heimwerker mache der Verkauf an Geschäftskunden einen substanziellen Teil aus. Einen speziellen Business-Bereich gebe es bisher bei Ebay nicht. Wer sich auf dem Online-Marktplatz als ­gewerblicher Nutzer anmelde, trete gleichzeitig als gewerblicher Käufer in Erscheinung.
„In einigen B2B-relevanten Kategorien bilden wir aber zusätzlich ­Nettopreise ab, um mit dem Wettbewerb vergleichbar zu sein. Außerdem gibt es Produkte, die aufgrund gewisser Zulassungen oder Beschränkungen nur für B2B-Kunden kaufbar sind.“ Die Stärke von Ebay sei auch im B2B-Geschäft das riesige Inventar. „Wir haben in einzelnen Verticals unser Inventar mit Großhändlern abgeglichen und dabei festgestellt, dass es alles auch bei uns gibt und das oft zu attraktiveren Preisen“, berichtet Wielgoss.
Der Director Business & Industrie bei Ebay Deutschland räumt jedoch ein, dass die Kundenerfahrung im B2B-Bereich durchaus noch verbesserungswürdig sei, zum Beispiel wenn es um den bislang fehlenden Kauf auf Rechnung gehe oder um die Möglichkeit, dass mehrere Business-Anwender gemeinsam einen Account nutzten.
„Perspektivisch wollen wir im B2B-Bereich größer werden und wissen, dass wir dazu weitere Produktfunktionalitäten optimieren müssen. Momentan haben wir dazu noch keine konkreten Schritte ­ge­plant. Grundsätzlich schließen wir das aber nicht aus.“

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