Business-IT
24.07.2019
B2B-E-Commerce
1. Teil: „B2B-Händler setzen auf eigene Online-Shops “

B2B-Händler setzen auf eigene Online-Shops

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Becris / shutterstock.com
Die Digitalisierung verändert auch den Handel zwischen Unternehmen. Produktions- und Verkaufsgüter werden zunehmend über Online-Shops vertrieben - auch im B2B.
  • Beispiel 1 - Jungheinrich Profishop: Der Online-Shop liefert Gewerbekunden per Mausklick sogar Gabelstapler – mit Online-Rabatt.
    Quelle:
    jh-profishop.de
Ob der Bauunternehmer, der Sicherheitsschuhe für seine Mitarbeiter sucht, der Küchenchef, der einen neuen Profi-Herd braucht, oder der Logistikleiter, der nach einem neuen Gabelstapler Ausschau hält - sie alle haben eines gemeinsam: sie benötigen die Ware mit wenig Aufwand, möglichst schnell und natürlich zum besten Preis.
Was man als Privatkunde von Amazon oder Otto.de gewohnt ist, wird auch in der B2B-Branche immer mehr zum Standard: Der Einkauf findet über einen Online-Shop statt. Im Geschäftskundenbereich haben immer mehr Unternehmen Erfolg mit dem E-Commerce.
So bietet zum Beispiel der Online-Shop von Layer Großhandel Gewerbekunden knapp 200.000 Produkte vom Dübel bis zum Arbeitsschuh an, die sich per Mausklick ordern lassen und binnen weniger Tage in den Betrieb ge­liefert werden. Eine Nummer größer geht es auch: Jungheinrich Profishop, der Online-Shop des gleichnamigen Branchenriesen bei Gabelstaplern, liefert selbige nach einer Online-Bestellung zeitnah direkt auf den Hof des Kunden.
Die beiden Beispiele zeigen, dass sich die Digitalisierung zunehmend auch auf den Einkaufsprozess in Unternehmen auswirkt. Vielfach läuft dieser allerdings noch ziemlich antiquiert ab: Einkäufer wälzen dicke Papierkataloge unterschiedlicher Anbieter, faxen Bestellungen und telefonieren mit Ansprechpartnern, um die besten Preise auszuhandeln - ganz abgesehen von den Papierbergen, die dabei anfallen und später umständlich abgeheftet werden müssen.
Beim Online-Einkauf fällt das alles weg. Der Online-Shop eines Lieferanten ist 24 Stunden am Tag verfügbar, auch an Sonn- und Feiertagen. Der Geschäftsführer des kleinen Mittelständlers, der Beschaffungen nebenbei abends oder am Wochenende erledigt, braucht nicht auf seine Ansprechpartner am folgenden Werktag zu warten. Die Preise und Konditionen der Lieferanten sind online zudem in kürzester Zeit vergleichbar und per Mausklick lässt sich zu jeder Zeit bestellen.
Ein B2B-Online-Shop bringt aber nicht nur seinen Gewerbekunden Vorteile. Vor allem den Unternehmen, die ihre Waren über einen solchen B2B-Shop verkaufen, bietet der E-Commerce zahlreiche Chancen. So lässt sich zum Beispiel über einen Online-Berater die eigene Produktkompetenz transportieren. Zum anderen spart E-Commerce Geld. Nach der Erfahrung von Matthias Thürling, Geschäftsführer der E-Commerce-Agentur intoCommerce, können bis zu 60 Prozent der Kundenanfragen über einen Online-Shop abgewickelt werden: „Unsere Kunden bekommen oft Anfragen im Bereich von wenigen Euro Umsatz. Diese machen viel Arbeit und bringen wenig Umsatz.“ Solche Anfragen ließen sich standardisiert über den Online-Shop verarbeiten, das entlaste den Vertrieb, der sich so vermehrt um lukrativere Kunden kümmern könne.
Ein Online-Auftritt ermöglicht auch das schnelle Erschließen neuer Märkte. Auf einen kosten- und zeitintensiven Aufbau einer Vertriebsstruktur kann man mit einem Online-Shop anfangs erst einmal weitgehend verzichten.­
Übrigens: Neu ist das Thema Online-Shopping im B2B-Bereich nicht. Schon seit Jahrzehnten vernetzen sich Industrieunternehmen miteinander, um zum Beispiel in der Produktion Rohmaterial je nach Bestand automatisiert nachzubestellen. Diese Art der elektronischen Beschaffung, auch als E-Procurement bezeichnet, eignet sich jedoch nur für große Firmen. Der Aufwand für die Vernetzung und das Aushandeln der Konditionen lohnt für die meisten Mittelständler nicht. Hinzu kommt die mangelnde Flexibilität, da man damit auf wenige Lieferanten beschränkt ist.
2. Teil: „E-Commerce liegt im Trend“

E-Commerce liegt im Trend

  • Beispiel 2 - Werkzeug Eylert: Der Großhändler für Industrie und Handwerk verkauft seine Produkte bereits seit den 90er-Jahren auch online.
    Quelle:
    werkzeug-eylert.de
Wer seine Güter an Gewerbekunden verkauft, kommt um einen eigenen B2B-Online-Shop folglich kaum mehr herum. Doch die Unternehmen zögern oft noch, ihre Produkte auch über eine E-Commerce-Plattform zu vertreiben. Vor allem der Mittelstand fängt gerade erst an, sich mit den Möglichkeiten des digitalen B2B-Vertriebs zu beschäftigen. „Unserer Erfahrung nach ist der deutsche Mittelstand in Sachen B2B-Commerce nicht gut aufgestellt, weil er sich vor dem Schritt ins Digitale fürchtet“, bestätigt Pascal Palm, Head of Business Development bei der Digitalagentur enno.digital. Viele B2B-Händler hätten auch Angst vor der schnellen Vergleichbarkeit der Angebote.
Da ist also durchaus noch Luft nach oben. Der eco, der Verband der Internetwirtschaft, und die Unternehmensberater von Arthur D. Little erwarten im B2B-E-Commerce immerhin eine jährliche Wachstumsrate von stolzen 15 Prozent. Und laut der Studie „B2B-E-Commerce 2019“ des IFH Köln betrug der E-Commerce-Umsatz im B2B-Bereich in Deutschland vergangenes Jahr 1,3 Billionen Euro.
Doch noch ist bei vielen Unternehmen der Druck nicht groß genug, ihren B2B-Umsatz über E-Commerce zu generieren. Insbesondere traditionelle Branchen, die über Jahre erfolgreiche Geschäftsprozesse etabliert haben, verfügen über gefüllte Kassen und machen noch gute Geschäfte. „Entsprechend gering ist der gefühlte Handlungsdruck. Man wartet ab und beobachtet“, erklärt André Roitzsch, CEO der Agentur Shopmacher. Das Business drehe sich aber derzeit so schnell, dass es in fünf Jahren schon zu spät sein könne, um das nachzuholen, was man heute verpasst habe. „Vielerorts wird B2B-E-Commerce noch als ‚nice to have’ und nicht als ‚must have’ angesehen“, ergänzt Björn Leonhardt, Director Software Engineering und Commerce Cloud beim Cloud-Spezialisten Salesforce.
Optimierung des B2B-E-Commerce
Die Mittelstand-4.0-Agentur Handel ist Teil der Initiative „Mittelstand 4.0 - Digitale Produktions- und Arbeitsprozesse“, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert wird. Sie empfiehlt folgende Checkliste für die Implementierung eines B2B-E-Commerce-Geschäftsmodells.
Autorisierungsstufen: Innerhalb der zu beliefernden Unternehmen sind häufig verschiedene Berechtigungsstufen erforderlich. So werden für unterschiedliche Abteilungen unterschiedliche Befugnisse hinsichtlich Produktsortiment oder Budget festgesetzt. Ein B2B-Online-Shop sollte diese Abstufungen anhand unterschiedlicher Logins mit entsprechender Bestellautorisierung abbilden können.
Benutzerfreundlichkeit: In Sachen Benutzerfreundlichkeit sollten B2B-Händler von den Erfahrungen aus dem Endkundengeschäft lernen. B2B-Kunden erwarten auch im betrieblichen Einkauf einen gewissen Komfort.
Bestellauslösung: Wird die vom Kunden getätigte Bestellung an das eigene Warenwirtschaftssystem oder an einen externen Lieferanten übertragen? Wenn der B2B-Shop zum Beispiel als Drop-Shipping-Modell betrieben wird, hält der Händler die Ware gar nicht selbst vor, sondern leitet die Bestellung direkt an den Lieferanten weiter. In diesem Fall sollte der Online-Shop direkt mit dem Lieferanten verbunden sein.
Flexibilität und Skalierbarkeit: Um den sich rasch verändernden Marktbedingungen begegnen zu können, ist eine anpassbare und skalierbare Plattform erforderlich.
Konsistentes Cross-Channel-Management: Sämtliche Kommunikations- und Vertriebskanäle sollten eng miteinander verzahnt werden, um sich Geschäftskunden auf kanalübergreifenden Customer Journeys einheitlich zu präsentieren.
Kundenservice: Auch und gerade bei kanalübergreifenden Aktivitäten ist es unumgänglich, dass alle Service- und Vertriebsmitarbeiter auf dieselben Informationen zurückgreifen, um dem Kunden einen nahtlosen Kanalwechsel zu ermöglichen und ihn auf diese Weise ideal beim Informations- und Bestellprozess zu unterstützen. Durch Selfservice-Funktionen lässt sich die Kundenzufriedenheit steigern und eine langfristige Kundenbindung realisieren.
Lagerbestandsabgleich: Der Abgleich von Lagerbestand, Bestellungen und Reservierungen ist eine besondere Herausforderung. Erst durch eine wechselseitige Synchronisierung der verschiedenen Kanäle in Echtzeit ist eine konsistente Informationsgrundlage gegeben.
Mobile Commerce: Zwar läuft bisher erst ein vergleichsweise geringer Teil des B2B-Geschäfts über mobile Endgeräte, allerdings nimmt die Zahl von Tablets und Smartphones rasant zu, sodass Mobile Commerce künftig zunehmend relevant werden wird.
Neue Medienkanäle: Durch die Integration zusätzlicher Angebote und Services wie Produktvideos, Webinare oder FAQs lassen sich B2B-Produkte, die häufig erhöhten Erklärungsbedarf aufweisen, informativ ergänzen.
Online-Shop-Zugang: Der Zugang zum B2B-Online-Shop unterscheidet sich erheblich vom Zugang zu einem Endkunden-Shop. Neben dem klassischen Login im Browser sind im Geschäftskundenumfeld auch direkte Anbindungen zum Beispiel an das SAP-System des Geschäftskunden möglich. Außerdem sind Anbindungen über ein spezielles Extranet gängig.
Personalisierung: Durch personalisierte Marketing-Aktivitäten können Kunden und Interessenten mit relevanten Informationen angesprochen werden. Reizüberflutung beim Kunden kann dadurch verhindert und eine höhere Empfänglichkeit gewährleistet werden.
Reporting und Analytics: Um verschiedenste Maßnahmen nachhaltig effizient steuern zu können, ist eine zielgerichtete Analyse und ein informatives Berichtswesen erforderlich. Sämtliche E-Commerce-Aktivitäten sollten analysiert und vorhandene Daten konsequent verwertet werden, um Optimierungsmöglichkeiten aufzudecken.
Preisgestaltung: Im B2B-Handel gibt es selten starre Preise. Preisdifferenzierung, Rabattierung und die Orientierung an aktuellen Marktpreisen sind häufig elementar für den Geschäftskundenhandel. Wie bildet der Online-Shop diese Komplexität ab? Verfügt die Plattform beispielsweise über Tools zur dynamischen Preissetzung (Dynamic Pricing)?
Social Media: B2B-Kunden beziehen die Meinung anderer Geschäftskunden in ihren Informationsprozess mit ein. Soziale Netzwerke wie Facebook, Xing oder Twitter sollten daher genutzt werden, um auf das eigene Unternehmen aufmerksam zu machen, Kommunikation mit Kunden zu betreiben und Feedback über Produkte und Prozesse zu gewinnen.
Zielgruppe: Gerade im B2B-Handel kommen ausgesprochen unterschiedliche Zielgruppen in Betracht. Richtet sich der Online-Shop an Wiederverkäufer oder an Unternehmen, die die Produkte selbst nutzen? Je klarer man sich über das Kundensegment wird, desto zielgerichteter kann der Kunde angesprochen werden.
3. Teil: „B2B versus B2C“

B2B versus B2C

  • Beispiel 3 - Normfest: Der Händler bietet seinen Kunden einen Bestell-Button an, mit dem zum Beispiel Schmierstoffe für Fahrzeuge per Druck nachbestellen lassen – ähnlich Amazons früherem Dash-Button.
    Quelle:
    normfest-shop.com
Online-Shopping von Gabelstaplern oder der Kauf von Socken - was unterscheidet eigentlich B2B- von B2C-Shops? Da sind zunächst einmal natürlich die Kunden. „Der entscheidende Unterschied ist, dass B2B-Kunden nicht wie im B2C-Bereich aus Spaß und für den privaten Konsum bestellen. Bei B2B-Kunden gehört die Bestellung zum Job und macht dem Besteller im Zweifel keine Freude“, weiß Matthias Thürling von intoCommerce.
Der B2B-Käufer nutzt den Shop also nicht zum Vergnügen, sondern um etwa notwendige Anschaffungen zu tätigen oder regelmäßig Verbrauchsmaterialien nachzuordern.
Die Unterschiede zwischen B2C- und B2B-E-Commerce zeigen sich auch im strukturellen Bereich. „Die Nutzer eines B2B-Portals unterliegen zumeist bestimmten Organisationsstrukturen, denen es gerecht zu werden gilt“, erklärt Alexander Damm, Senior Consultant bei der E-Commerce-Agentur mediawave internet solutions. Hier seien häufig individuelle Rollen und Befugnisse zu berücksichtigen. Außerdem nutzten oftmals mehrere Teams und Personen, die in die Einkaufsprozesse involviert sind, den Firmen-Account einer B2B-Plattform. Besonders signifikant ist laut Alexander Damm auch der Unterschied in der Komplexität der gesamten Plattform und des Einkaufsprozesses. Produktdaten im B2B-Umfeld seien erheblich differenzierter, außerdem müsse auf kundenindividuelle Besonderheiten wie Preismodelle oder das Sortiment geachtet werden - „die Prozesse und Workflows sind komplex und oftmals schwer abzubilden.“
Zudem handelt es sich bei B2B-Shops in der Regel um sogenannte Closed Shops - geschlossene Shops, die nur nach einer Anmeldung zugänglich sind. Diese Closed Shops sind in Bezug auf Portfolio, Preise und Erscheinungsbild oft an die Kunden angepasst. Auch sind in B2B-Shops ab bestimmten Bestellmengen Freigabe-Workflows integriert sowie eine Unterstützung für schnelles Re-Ordering in sehr hohen Stückzahlen. Die Bezahlmöglichkeiten sind ebenfalls auf die Bedürfnisse von B2B-Kunden zugeschnitten: So lassen sich Bestellungen beispielsweise mit Purchase-Order-Nummern verknüpfen, damit sie automatisch der richtigen Kostenstelle zugeordnet werden. Zudem ist idealerweise auch die Aufteilung einer einzigen Bestellung in mehrere Lieferungen an unterschiedliche Firmensitze, Lager oder Produktionsstätten möglich.
Dabei betont André Roitzsch von Shopmacher, dass die Gemeinsamkeiten von B2C und B2B viel spannender seien: „Menschen müssen sich schnell und intuitiv in der Anwendung zurechtfinden, brechen frustriert ab, wenn das nicht klappt, denn sie sind perfekt durchoptimierte Bedienoberflächen aus dem B2C gewohnt.“ Eines haben B2B und B2C daher gemeinsam: Am Ende beider Entscheidungs­ketten sitzen Menschen, deren Emotionen über Kauf oder Nicht-Kauf entscheiden. „Die passende Ansprache des Entscheiders mittels einer sehr guten User Experience führt zum Erfolg. Im B2B muss dieser Aufwand allerdings nicht nur für eine Zielperson, sondern für jeden betrieben werden, der Teil der Customer Journey ist“, resümiert Pascal Palm von enno.digital.
4. Teil: „Der eigene B2B-Shop“

Der eigene B2B-Shop

  • Quelle:
    eco / Arthur D. Little
Die Herausforderungen im E-Commerce liegen vor allem in den angesprochenen komplexen Organisations- und Vertriebsstrukturen, die man in vielen Betrieben vorfindet und die meist über viele Jahre gewachsen sind. Es gilt, die unternehmensinternen Prozesse in die häufig standardisierten Online-Architekturen zu integrieren. Björn Leonhardt von Salesforce wendet hier ein, die Komplexität der eigenen Prozesse werde von vielen Unternehmen überschätzt: „Jedes Unternehmen glaubt, die eigenen Prozesse wären aus individuellen Gründen nicht auf E-Commerce zu übertragen. Dies ist häufig aber nicht der Fall.“ In puncto Vorgehen würden sich B2B- und B2C-Projekte nicht wesentlich unterscheiden.
Wie bei allen Digitalisierungsthemen sind selbstverständlich in erster Linie die Mitarbeiter in den einzelnen Fachabteilungen mitzunehmen. So ist vor allem die Qualifizierung der Mitarbeiter eine große Herausforderung. Die bei vielen Mittelständlern „langjährigen IT-Verantwortlichen mit ihrer SAP-Kenne und die Marketingassistenz, die nebenbei für Social Media zuständig ist“, sind laut André Roitzsch von Shopmacher für Unternehmen durchaus wertvoll. Er hält diese Mitarbeiter allerdings „für eine eher unglückliche Konstellation“, wenn es darum geht, ein E-Commerce-Projekt umzusetzen. Ihnen fehle schlicht die erforderliche Nähe zur Wertschöpfungskette.
Im B2B-Bereich sind die konkreten Anforderungen zu Beginn eines E-Commerce-Projekts oft noch unklarer als im B2C-Umfeld, weil sie individueller sind und sich der Erfolg im Gegensatz zu B2C-Projekten schwerer messen lässt. „Das macht eine realistische Projektierung und Budgetierung schwieriger bis teils unmög­lich“, erläutert André Roitzsch. Zu Beginn sollten grobe Ziele und damit ein Rahmen gesteckt werden. „Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, möglichst engmaschige Meilensteine zu setzen.“ Der erste sei oft ein Proof of Concept (PoC), mit dem die grundsätzliche Machbarkeit des Vorhabens mit der technologischen Architektur nachgewiesen werde. Der sei in der Regel schon nach wenigen Wochen fertig und gebe allen Beteiligten das gute Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein, weil schnell ein fertiges, funktionierendes Stück Software vorliege, das auch die Firmenleitung einmal „durchklicken“ könne. Mit diesem ersten Schritt sammelten alle Beteiligten erste Erfahrungen und die unmittelbar nachfolgenden Schritte ergäben sich daraus automatisch.
Wie ein Projekt für den E-Commerce im B2B letztlich strukturiert ist, hängt entscheidend davon ab, wie sich der Händler positionieren will. Im Wesentlichen lässt sich der Start eines E-Commerce-Projekts nach Ansicht von Pascal Palm von enno.digital in verschiedene Entstehungsphasen aufteilen, in denen digitale Experten und der Händler Hand in Hand arbeiten, um den Online-Shop Wirklichkeit werden zu lassen. Dazu gehören Projektmanager, Entwickler, Designer und Marketer. Letztere würden den Shop später als Werkzeug nutzen und seien daher schon bei dessen Entstehung gefragt.
Laut Alexander Damm von mediawave internet solutions ist man im B2B-E-Commerce nur dann erfolgreich, wenn man neben den organisatorischen Voraussetzungen vor allem technisch in der Lage ist, digitale Innovationen umzusetzen. Er hält folgende fünf Punkte bei der Einführung eines B2B-Shops für besonders wichtig:
Agile Vorgehensweise: Per MVP-Modell (Minimum Viable Product) einen ersten Shop mit Kernfunktionen erstellen, mit dem man erste Erfahrungen sammelt und der nach und nach weiterentwickelt wird.
Seamless Customer Experience durch Multi-Touchpoint-Strategie: Die Customer Journey wird immer komplexer. Man muss sich der verschiedenen Touchpoints bewusst sein und diese bedienen können. Außerdem ist es wichtig, schnell und einfach neue Ideen testen zu können und die unterschiedlichen Kanäle intelligent zu verknüpfen.
Personalisierung: Das Erstellen von unterschiedlichen Personas ist unerlässlich. Man muss auf die Bedürfnisse der einzelnen Unternehmenskunden eingehen und sich fragen, welche Funktionalitäten den Kunden tatsächlich dienen.
Digitale Customer-Selfservices: Ein übersichtliches Portal, in dem Kunden ein hohes Maß an Selbstverwaltung vorfinden, verbessert die Effizienz - und die Kundenbindung kann beispielsweise durch Loyalitätsprogramme oder einem Online-Chat gesteigert werden.
Headless API-First-Architektur: Die Systemarchitektur ist ein echter Er­folgsfaktor. Unternehmen benötigen eine moderne E-Commerce-Plattform, die das Front- und das Back­end trennt und über eine intelligente API die Inte­gration von Drittsystemen erlaubt. Diese sogenannten Headless-Commerce-Lösungen ermöglichen auf schnelle und flexible Weise das Umsetzen neuer Funktionen.
5. Teil: „Alternative: Marktplätze“

Alternative: Marktplätze

  • Online-Trends auch im B2B: Über 70 Prozent der Unternehmen gehen davon aus, dass im Jahr 2025 die Hälfte der Unternehmenseinkäufe online erfolgt - über Online-Shops oder Marktplätze.
    Quelle:
    ibi research / Universität Regensburg "Online-Kaufverhalten im B2B-E-Commerce", 2018, n mehr als 102
Es muss nicht immer gleich der eigene Online-Shop sein. Im Internet gibt es auch zahlreiche Marktplätze für den Handel im B2B-Bereich, ähnlich Amazons Marketplace. „Vor allem für erste Gehversuche kann ein Marktplatz eine gute Alternative sein, weil die Initialkosten vergleichsweise gering sind“, sagt André Roitzsch. Das hänge aber auch immer von der Größe und der Marktposition des verkaufenden Unternehmens ab.
Es gilt auch zu bedenken, dass man sich auf einem Marktplatz in die Abhängigkeit von einem Drittanbieter begibt und die Möglichkeiten eher gering sind, die Services auf die speziellen Anforderungen der eigenen Kunden zuzuschneiden. Roitzsch rät dennoch nicht grundsätzlich von einem Marktplatz ab und empfiehlt: „Eventuell steigt man per Marktplatz ein, sammelt Erfahrungen, richtet seine Prozesse und sein Personal auf Digitalisierung aus, ergänzt dann eigene digitale Services und verlagert sukzessive das Business auf die eigene Plattform.“
Ähnlich sieht es Pascal Palm von enno.digital: Ob die eigenen Produkte besser auf einem B2B-Marktplatz oder im eigenen Shop aufgehoben sind, sei von der Art des Produkts abhängig. „Wer mit Nischenprodukten handelt, ist mit einem eigenen Shop gut beraten, während Händler mit vergleichbaren Produkten oftmals besser auf Marktplätzen aufgehoben sind.“

Fazit & Ausblick

Eines ist klar: Immer mehr Unternehmen werden über kurz oder lang ihre Güter anderen Firmen über Online-Plattformen anbieten. Die Digitalisierung wird auch vor den Einkaufsprozessen im B2B-Bereich nicht Halt machen. In wenigen Jahren wird es wahrscheinlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass Produktions- oder Verbrauchsmaterial vom Einkäufer mit wenigen Klicks online geordert wird.
Ob Unternehmen für den Vertrieb ihrer Produkte nun auf einen eigenen Online-Shop oder auf spezielle B2B-Marktplätze setzen, hängt vom Einzelfall ab. Die Digitalisierung hält für die Unternehmen in jedem Fall unzählige Möglichkeiten bereit. „Wer sie nutzt, wird Erfolg haben. Wer sie nicht nutzt, vom Markt verschwinden“, so das klare Statement von Shopmacher-CEO André Roitzsch.
Er sagt aber auch, dass B2B vom B2C lernen muss. Eine Ansicht, die auch Matthias Thürling von intoCommerce vertritt: „Im Design der Shops werden wir immer stärker eine Anlehnung an B2C-Shops sehen.“ Die Mechanismen und die Erwartungshaltungen der Nutzer seien in beiden Segmenten mehr oder weniger gleich. Im Hintergrund gebe es im B2B-Bereich jedoch weit mehr Komplexität, die so abgebildet werden müsse, dass es der Nutzer nicht spüre.
Der Geschäftsführer von intoCommerce sieht darüber hi­naus im B2B-Umfeld vor allem für moderne Techniken wie Virtual Reality noch deutliches Potenzial. Der Kunde müsse sicher sein, dass er genau das richtige Produkt bestellt. „Bei Ersatzteilen könnten zum Beispiel 3D-Visualisierung oder Virtual Reality dabei helfen, das passende Ersatzteil in einer Maschine zu identifizieren.“ Björn Leonhardt von Salesforce hingegen hält die Künstliche Intelligenz aktu­ell für den wichtigsten Trend, der auch B2B-Shops immer stärker beeinflussen werde.
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