New Work
04.09.2020
Modernes Arbeiten
1. Teil: „Der Arbeitsplatz der Zukunft ist schon da“

Der Arbeitsplatz der Zukunft ist schon da

Modern WorkplaceModern WorkplaceModern Workplace
sdecoret / shutterstock.com
Die digitale Transformation der Unternehmen erfasst verstärkt auch die Arbeitsplätze. Sei es nun die freie Platzwahl im Office oder auch die Möglichkeit, vermehrt von Zuhause aus zu arbeiten.
  • Unified Collaboration and Collaborations Services: Die ISG-Analysten sehen bei den Anbietern in Deutschland ein halbes Dutzend „Leader“.
    Quelle:
    Information Services Group (ISG), 2019
Modern Workplace - auch Digital Workplace oder New Work - ist ein populäres Buzzword im Zeitalter der Digitalisierung. Neue Techniken eröffnen komplett neue Möglichkeiten: Daten und Dokumente liegen ganz selbstverständlich in der Cloud, digitale Signaturen sichern Urheberschaften zuverlässig ab und Videokonferenzen und Chat­rooms gewährleisten eine reibungslose Kommunikation über jede räumliche Distanz hinweg. Die gegenwärtige Corona-Krise zwingt Mitarbeiter ins Homeoffice und trennt sie vom Unternehmen. Wohl dem, den diese Situation nicht gänzlich unvorbereitet trifft. Das Konzept des Modern Workplace geht jedoch weit über das klassische Homeoffice hinaus.

Durchgängig digitalisiert

Um sich mit der Thematik zu befassen, ist erst einmal zu klären, worüber man überhaupt redet. Eine eindeutige Defini­tion, was ein Modern oder Digital Workplace ist, gibt es nämlich nicht, sodass womöglich jeder etwas anderes darunter versteht.
Brauchbar ist diese Beschreibung: Der Digital Workplace schöpft alle technischen Möglichkeiten aus, um die Beschäftigten bei ihrer Arbeit bestmöglich zu unterstützen. Oder etwas ausführlicher: Der Modern Workplace ist eine Arbeitsplattform, die durchgängig digitalisiert und mobil ist. Sie stellt über eine einzige Bedienoberfläche alle für die Arbeit notwendigen Funktionen und Anwendungen zur Verfügung und ermöglicht eine übergreifende Zusammenarbeit. Der Kulturwissenschaftler Christoph Herzog hat es prägnant so formuliert: „Der Arbeitsplatz ist nicht länger ein Ort. Er ist einfach da, wo wir produktiv sind.“

Vorzüge des Modern Workplace

Im Modern Workplace sind Unternehmensanwendungen wie ERP und CRM integriert. Zudem stehen Unified-Messaging-Services zur Verfügung. Die Mitarbeiter erhalten einen einfachen, zeit- und ortsunabhängigen Zugang zu den für ihre Arbeit benötigten Informationen. Dabei ist dieser Zugang gleichermaßen über PC, Notebook, Smartphone oder Tablet möglich.
Sobald eine zentrale Plattform zum Einsatz kommt, entfallen Insellösungen und siloartige Strukturen. Die Effizienz von Prozessen und Workflows lässt sich in der Regel steigern, wenn Daten wie Prozesse digitalisiert sind. Der digitalisierte Arbeitsplatz soll flexibles und mobiles Arbeiten ermöglichen, egal ob der Mitarbeiter im Homeoffice, im Büro, im Café, bei einem Kunden oder auf Geschäftsreise ist.
Der Modern Workplace stellt nicht nur eine zentrale Arbeitsplattform dar, sondern dient auch als Integrationsplattform für Unternehmensanwendungen. Durch eine einheitliche Bedienoberfläche und ein fixes Repertoire an Anwendungen lässt sich die Komplexität der IT-Landschaft wesentlich verringern. Das freut nicht zuletzt die IT-Abteilung. APIs und andere Schnittstellen ermöglichen, dass sich heterogene Systeme ohne Probleme an die Plattform anbinden lassen. Mit Hilfe von Unified-Communication-Services sind Kunden und Kollegen, Lieferanten und Geschäftspartner unmittelbar erreichbar, sei es per Telefonie, Videokonferenz, Chat oder Screensharing.
Die Studie „Chance und Challenge - Digitalisierung im Mittelstand“ von UP Research fasst es folgendermaßen zusammen: „Es geht nicht darum, den Arbeitsplatz zu digitalisieren. Es geht auch nicht darum, die Arbeit zu digitalisieren. Es geht vielmehr darum, Informationen besser verfügbar zu machen und bereitzustellen, Geschäftsprozesse qualitativ hochwertiger und schneller abzubilden und den Menschen in die Lage zu versetzen, bessere Entscheidungen zu treffen und sich hierfür mit Kollegen oder anderen Dritten auszutauschen.“
2. Teil: „Wege zum Modern Workplace“

Wege zum Modern Workplace

  • Quelle:
    Techconsult
Die Etablierung eines Modern Workplace kann nicht von heute auf morgen und gleich komplett erfolgen. Kleine Schritte führen auch zum Ziel. So genügt es anfangs, wenn Unternehmen einzelne Geschäftsprozesse digitalisieren. Nach einer Reihe von Maßnahmen kommt dann irgendwann der Punkt, an dem eine umfassende digitale Arbeitsumgebung vorhanden ist.
Wichtige Faktoren für die erfolgreiche Einführung des digitalen Arbeitsplatzes sind der Einsatz von Cloud-Lösungen, die enge Verzahnung von Geschäftsprozessen durch Automatisierung und die Nutzung von APIs. Darüber hinaus spielt Künstliche Intelligenz eine immer wichtigere Rolle. Sie führt zur Entlastung der Mitarbeiter von Routinearbeiten und hilft bei komplexen Aufgaben.
Ganz so neu ist das Konzept einer New Work übrigens nicht. Schon 1984 stellte der Philosoph Frithjof Bergmann in seinem Buch „Neue Arbeit, neue Kultur“ einen Gegenentwurf zur klassischen Lohnarbeit vor. Im Vordergrund seiner Überlegungen stand die Frage, „was wir wirklich wollen, wo Talente und Stärken liegen und wie wir diese mit der Arbeitswelt verknüpfen und dort umsetzen können“.
„Der Bereich der Arbeitgeberattraktivität stellt Unternehmen vor große Herausforderungen“, ist Mareike Theobald überzeugt, Consultant Strategy & Agile Organization bei der IT-Beratung BTC. „Zunächst sollte darauf geachtet werden, die Mitarbeiter nicht nur auf verschiedene Generationen zu reduzieren und daraus ihre Arbeitsanforderungen abzuleiten. Denn gerade diese sind sehr individuell und Faktoren wie die eigene Lebenserfahrung, Lebenssituation und Persönlichkeit bestimmen die Bedürfnisse maßgeblich.“
Fest stehe jedoch, dass die Generation Z, geboren nach 1995, noch einmal eine ganz andere Richtung einschlage als die Generation Y, also die zwischen 1985 und 1995 Geborenen. Die Generation Y sei diejenige Generation, die Wert auf hohe Flexibilität lege und hinter allem den Sinn erfrage. Sie scheine sich auf den ersten Blick eher mit dem Modern Workplace zu identifizieren. „Doch welche Generation, welche Mitarbeiter und welche Unternehmen den Modern Workplace letztendlich leben, bleibt zu beobachten.“
„Change-Management beginnt immer an der Unternehmensspitze“, weiß Sven Klindworth, Head of IT & UCC Solutions beim britischen Telekommunikationsunternehmen BT. „Will das Top-Management seine Mitarbeiter im Großraumbüro im Blick haben oder iPads als Statussymbol nur für sich selbst anschaffen, dann wird kein Modern Workplace entstehen.“
3. Teil: „Wichtige Faktoren“

Wichtige Faktoren

Beim Modern Workplace steht der Teamgedanke im Vordergrund. Ralph Onasch, Senior Manager Collaboration beim Technologie- und Service-Provider NTT, stellt dazu fest: „Der Modern oder Digital Workplace zielt mehr auf die effektive Zusammenarbeit ab und weniger auf den Ort des Arbeitsplatzes. Der digitale Arbeitsplatz unterstützt eine verstärkte Teamarbeit, indem er den Mitarbeitern eine außergewöhnliche Arbeitsumgebung schafft. Sie können von jedem Ort aus und zu jeder Zeit dank einer dauerhaften, hochperformanten Internetverbindung die bestmögliche Leistung abrufen. Der digitale Arbeitsplatz führt damit unweigerlich zu einem hohen Zufriedenheitsfaktor.“
Die Corona-Pandemie hat dem ortsunabhängigen Arbeiten massiv Schub verliehen - und Sicherheitsfragen aufgeworfen: „Unternehmen, die das Arbeiten außerhalb des Büros schon länger unterstützt hatten, waren zu Beginn der Krise natürlich besser darauf vorbereitet, sicheren Zugriff auf Netzwerk und Infrastruktur zu gewähren“, so Bogdan Botezatu, Director of Threat Research and Reporting beim Sicherheitsspezialisten Bitdefender. „Sie hatten bereits die passenden Richtlinien und Prozesse parat. Unternehmen, die ihre Prozesse für Arbeiten von außerhalb der physischen Grenzen des Büros verbessern wollen, müssen jetzt zahlreiche Faktoren beachten.“ So müssten alle für den Zugriff genutzten Geräte den aktuellen Sicherheits- und Rechtsrichtlinien entsprechen, seien es vom Unternehmen ausgegebene oder eigene BYOD-Geräte der Mitarbeiter. Idealerweise sei für den Zugriff mit diesen sicheren Geräten ein VPN eingerichtet und Mitarbeiter könnten sich per Single Sign-On und einem zweiten Authentifizierungsfaktor anmelden. „Sehr wichtig ist es auch, sicherzustellen, dass Kundeninformationen und andere sensible Daten entsprechend den gesetzlichen Vorgaben übertragen und gespeichert werden. Dies bedeutet etwa, dass sensible Unternehmensdaten nicht auf einem gemeinsam genutzten Familiencomputer oder Smartphone genutzt werden dürfen.“
Auch die WLAN-Netzwerke, über die Mitarbeiter außerhalb des Unternehmens auf die Unternehmens-IT zugreifen, gilt es zu sichern. Heimische Router haben oft ungepatchte Schwachstellen oder sind falsch konfiguriert.
„Der moderne digitale Arbeitsplatz vernetzt alle Mitarbeiter, fokussiert auf deren Rollen und Zugriffsberechtigungen und schafft kreativen Freiraum“, erklärt Wieland Volkert, Country Manager bei PeopleDoc, einem Spezialisten für Personalmanagement und HR. „Entscheidend dabei ist, dass Unternehmen sichere digitale Technologien bis hin zu KI einsetzen, auch um administrative Prozesse zu automatisieren. So schaffen sie es, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und dessen Bedürfnisse abzudecken. Denn beim Modern Workplace geht es nicht nur darum, die Arbeit digitaler zu gestalten. Viel wichtiger ist es, individuelle Entfaltung, Empathie, Zusammenarbeit und Kreativität zu fördern. Wenn Menschen die Freiheit haben, ihr eigenes Potenzial zu verwirklichen, werden Teams erfolgreicher und zufriedener.“
Welche konkreten Faktoren den digitalen Arbeitsplatz ausmachen, ist jedoch auch immer vom Unternehmen selbst abhängig. Für Mareike Theobald von BTC lauten die Leitfragen: „Was führt im Unternehmen dazu, die Wertschöpfung zu steigern? Was hilft dabei, ein Problem zu lösen?  Welche Bedürfnisse haben die Mitarbeiter?“
Wichtige Elemente, die einen digitalen Arbeitsplatz prägen, sind etwa virtuelle Meeting-Tools für die elektronische Zusammenarbeit, eine ortsunabhängige Kommunikation und gegenseitiges Vertrauen. „Für eine gute Zusammenarbeit braucht es Meeting-Formate, die die Zusammenarbeit und den Austausch fördern“, so Theobald. „Hier bieten sich Dailys, Weeklys oder ähnliche Termine an.“
Zu den Werkzeugen für die elektronische Zusammenarbeit gehören Collaboration-Tools wie Microsoft Teams mit Videotelefonie, Tools für die kreative Zusammenarbeit wie ein virtuelles Whiteboard sowie gemeinsame Dateiablageorte und Anwendungen, in denen man gleichzeitig gemeinsam arbeiten kann. „Notwendig sind schnelle und kurze Kommunikations- und Entscheidungswege zu allen Beteiligten im Unternehmen, egal von wo aus sie arbeiten. Auch das Socializing sollte unbedingt ermöglicht werden“, fährt Theobald fort. Gegenseitiges Vertrauen ist essenziell: „Es braucht Vertrauen, damit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre eigenen Tagesabläufe gestalten können. Dafür kann es hilfreich sein, fest definierte Erreichbarkeiten zu erarbeiten, aber auch Freiraum zu gewähren und nicht misstrauisch zu werden, wenn eine Kollegin oder ein Kollege einmal nicht sofort erreichbar zu sein scheint.“
Und Sven Klindworth von BT fügt hinzu: „Mitarbeiter müssen dazu ermutigt werden, die neuen Technologien anzunehmen und effizient einzusetzen. HR, IT und Fachabteilung sollten hier an einem Strang ziehen - und auch an der Ausstattung der Mitarbeiterarbeitsplätze zu Hause darf nicht gespart werden.“ Dazu zählen Software, ein Breitbandanschluss, ausreichend mobiles Datenvolumen, hochwertige Endgeräte, aber auch ein ergonomischer Stuhl und die passende Beleuchtung.
4. Teil: „Wandel der Infrastruktur“

Wandel der Infrastruktur

Oft ist die vorherrschende Infrastruktur in Unternehmen nicht dafür ausgelegt, dass die Mitarbeiter auch von außerhalb Zugriff auf ihre Daten haben. Um die Infrastruktur auf ortsunabhängiges Arbeiten umzustellen, müssen Fragen des Datenschutzes, der Datensicherheit und der Governance der unternehmens­eigenen Daten geklärt sein. „Eine Infrastruktur im Einklang mit einer ganzheitlichen IT-Sicherheitsstrategie ist dafür zwingend nötig. Daneben sollten Unternehmen aber die eigenen Mitarbeiter nicht aus dem Fokus verlieren“, sagt Mareike Theobald.
Ein Modern Workplace entlastet die Infrastruktur aber auch: „Durch moderne Cloud-Lösungen sind keine pflegebedürftigen Applikationen mehr nötig“, konstatiert PeopleDoc-Manager Wieland Volkert. „Es reicht ein internetfähiges Endgerät mit einem Standard-Browser, um die anfallenden Aufgaben zu bewältigen.“ „IT-Sicherheit spielt dabei eine zentrale Rolle, da sie den Datenzugriff im gesamten Unternehmen regelt. Das gilt auch, wenn Mitarbeiter extern verwaltete Netzwerke für den Zugriff benutzen“, ergänzt Bogdan Botezatu. „Damit dies sicher geschieht, müssen die Verantwortlichen moderne Lösungen bieten, um eine sichere Verbindung mit der Infrastruktur des Unternehmens zu ermöglichen. Dazu gehören neben der Bereitstellung der richtigen Technologien auch Anleitungen und Sicherheitstrainings sowie neue Richtlinien zur Standardisierung von Telearbeit.“
Dezentralisierte Arbeitsplätze sind allerdings womöglich leichter angreifbar als zentralisierte Konfigurationen. „Während des Lockdowns stellten wir fest, dass die Zahl der Cyber­angriffe auf Remote-Arbeitsplätze im Vergleich zur Ausgangssituation um das bis zu Fünffache zugenommen hat“, so Botezatu weiter. „Hacker haben Heim-Router ins Visier genommen, um sich Zugang zu Computern oder zum Netzwerk zu verschaffen. Wir konnten auch eine Zunahme von Phishing-Mails feststellen, die vorgeben, aus der Rechts-, IT-Sicherheits- oder Personalabteilung des Unternehmens zu stammen.“
Die IT-Security-Konzepte der Vergangenheit zielen oftmals darauf ab, dass bereits am Perimeter der Schutz vor Angriffen etabliert wird - etwa mit Hilfe von Firewalls am Übergang zwischen einem Unternehmensnetz und dem Internet. Dieser Ansatz ist überholt, wenn es um dezentrale mobile Arbeitsplätze geht. Aber: „Mit Konzepten wie Zero Trust oder Secure Access Service Edge (SASE) kann man auch für moderne Arbeitsplatzumgebungen das richtige Level an IT-Security garantieren“, ist NTT-Manager Ralph Onasch überzeugt.
Dabei spielen Identitäten eine große Rolle. „Benutzer und Geräte werden über eine starke Authentifizierung identifiziert. Zusätzlich können Risikobewertungen bei der Anmeldung mit einbezogen werden, um dem Benutzer Zugriff auf wichtige Ressourcen zu gewähren. Zu guter Letzt spielt auch die Überwachung der Zugriffe eine große Rolle.“ Hierzu empfehle es sich für die Unternehmen, einen erfahrenen Managed Security Service Provider dazuzuholen.
„Da der Unternehmens-Perimeter wegfällt, muss ohnehin in sichere Identity-and-Access-Management-Lösungen, Verschlüsselung und Endpoint Security investiert werden; als Faustregel gelten 10 Prozent der gesamten IT-Ausgaben“, fügt BT-Manager Sven Klindworth hinzu. „Zuallererst sollte ein komplettes Umdenken in Richtung Zero Trust auf den Weg gebracht werden. Diese Neuausrichtung ist sowohl organisatorischer, prozessualer wie auch technischer Natur.“
5. Teil: „Microsoft 365 als Einstiegspunkt“

Microsoft 365 als Einstiegspunkt

  • Wichtige Business-Themen: Der Arbeitsplatz der Zukunft rangiert hinter IT-Sicherheit auf Platz zwei.
    Quelle:
    IDG/Statista, n = 630 (je kleiner der Wert, desto wichtiger)
Die Wahl der richtigen Lösungen für den Digital Workplace kann zur Glaubensfrage werden. Ist man besser aufgehoben bei einem großen Konzern wie Microsoft, der sämtliche Aspekte abdeckt, oder sind nicht vielmehr Open-Source-Produkte die bessere Wahl, um die Abhängigkeit von einem Anbieter, also einen Vendor-Lock-in, zu vermeiden?
BTC-Consultant Mareike Theobald steht Microsoft offen gegenüber: „Microsoft 365 in Kombination mit einem Sharepoint sowie mit One Drive und Microsoft Teams könnten das solide Fundament eines Modern Workplace bilden.“ Sharepoint diene dabei für das gesamte Unternehmen als Ablageort der Daten und Dokumente. „One Drive ist der cloud­basierte Ablageort für jeden Einzelnen. Durch Microsoft 365 bekommen Mitarbeiter die Möglichkeit, flexibel und von überall aus zu arbeiten. Allein die Verfügbarkeit der Welt von Microsoft 365 macht aber noch keinen Modern Workplace.“ BT-Manager Sven Klindworth sieht das ähnlich: „Die Bedeutung von Microsoft 365 ist natürlich enorm. Der Einsatz von Microsoft Teams, das unter anderem als Frontend für Sharepoint dient, steigt in Corona-Zeiten noch rasanter an.“
Andrea Wörrlein, Geschäftsführerin von VNC, Anbieter von Produkten für die Kommunikation und Zusammenarbeit in Unternehmen, hält dagegen das Szenario eines Vendor-Lock-ins für real. „Das zeigt unter anderem das Beispiel Bayern, wo ganze Schülergenerationen beim Lernen von zu Hause zur Abhängigkeit von einem einzigen Hersteller zwangsverpflichtet werden.“ Aber auch wenn es diese direkte Einflussnahme nicht gebe, entstünden indirekte Abhängigkeiten. „Denn bei der Nutzung einer bestimmten Anwendung oder Plattform fallen große Datenmengen an, die dort abgelegt oder in direktem Zugriff sind.“ Je mehr Daten in einer Anwendung anfielen, desto schwieriger werde es zu wechseln. „Häufig erschweren Anbieter auch bewusst den Datenexport oder verwenden proprietäre Formate, die nach dem Export quasi nutzlos sind, da elementare Daten oder Metadaten fehlen.“ Die Folge: Nutzer sind praktisch gezwungen, bei dem einmal gewählten Anbieter zu bleiben.
„Proprietäre Produkte schalten zumindest partiell den Wettbewerb aus“, so Andrea Wörrlein weiter. Damit sinke der Innovationsdruck und in der Konsequenz die Innovationsgeschwindigkeit. „Im Gegensatz zu offenen Open-Source-Lösungen ist der Quellcode ein eifersüchtig gehütetes Geheimnis und damit weder einsehbar noch auditierbar und meist auch miserabel dokumentiert.“ Durch den Blackbox-Charakter würden Sicherheitslücken oft sehr spät oder gar nicht erkannt. „Offene Schnittstellen sowie gemeinsam definierte und weiterentwickelte Standards sichern die Inter­operabilität, die weltweite Entwickler-Community treibt die Innovationen voran und ein transparenter Source Code erhöht Sicherheit und Auditierbarkeit.“
6. Teil: „Workplace as a Service“

Workplace as a Service

Der Modern Workplace kann inzwischen auch als Service bezogen werden: Workplace as a Service (WaaS) ist die vorübergehende Bereitstellung von Software und - je nach Modell - auch von Hardware. Die Dauer des Mietverhältnisses legen die beteiligten Parteien untereinander fest, ebenso den Umfang der Leistungen. So lassen sich bei Workplace as a Service vollständige IT-Arbeitsplätze für Mitarbeiter mieten, ohne für Updates und Aktualisierungen zuständig zu sein. Im schnelllebigen IT-Bereich sind viele Produkte schon nach wenigen Monaten wieder veraltet. Das braucht die Entscheider in den Unternehmen nicht mehr zu kümmern, denn der WaaS-Provider sorgt stets für aktuelle Soft- und Hardware.
Bei reinen Cloud-Arbeitsplätzen stellt der Provider eine komplette virtuelle Arbeitsumgebung bereit, die sich zentral einrichten und verwalten lässt. Die Mitarbeiter erhalten einen browserbasierten Zugriff auf die für sie relevante Software. WaaS wird aus einer Public Cloud angeboten und nutzungsabhängig abgerechnet. Bei einer zweiten Variante stellt der Provider nicht nur Betriebsumgebung, Anwendungen und Verwaltungswerkzeuge zur Verfügung, sondern auch die Hardware. Das Unternehmen mietet PCs, Notebooks, Smartphones und Tablets, statt sie zu kaufen. Der Anbieter übernimmt alle Wartungsaufgaben, tauscht defekte Geräte aus oder repariert sie und stellt nach Ablauf der Miet­zeit eine rechtskonforme Löschung der Daten sicher.

Fazit & Ausblick

Der IT-Arbeitsplatz wird sich weiter entwickeln. Denkbar ist etwa der zunehmende Einsatz von Wearables und IoT. Nach einem Eintrag im Kalender bucht dann das Smart Building einen passenden Raum, regelt dort die Temperatur und bereitet eine Videokonferenz vor. 
Wieland Volkert von PeopleDoc erwartet, dass es in den nächsten zehn Jahren weiterhin um Effizienzsteigerung, Kosteneinsparung und Prozessverbesserung gehen wird. Dabei werde die Produktivität der Mitarbeiter mit der Zielsetzung gefördert, sich als Arbeitgeber attraktiver zu machen - durch flexible Arbeitszeiten, Desk-Sharing oder moderne, ansprechende Büroumgebungen. Das verschaffe einen entscheidenden Vorteil im immer intensiver werdenden „War for talents“. „Firmen werden durch Social-Media-Feedback und Bewertungen seitens der Mitarbeiter sowie Arbeitgeber-Rankings immer transparenter. Maßgeblich werden auch ein kooperativer Führungsstil und eine offene Unternehmenskultur sein - Hierarchien werden durch gemeinsam definierte Ziele und Ergebnisse weitgehend abgelöst“, prognostiziert Volkert.
Mareike Theobald wiederum sieht es als durchaus möglich an, „dass die Veränderung, die sich heute aufgrund der Corona-Krise herausgebildet hat, in zehn Jahren als Mischform aus Homeoffice und teilweise genutzten Büroarbeitsplätzen akzeptiert ist“. Die hybride Arbeitswelt werde sich weiterentwickeln und voranschreiten. Die neuen Technologien, die Ansprüche der Arbeitnehmer in Zeiten des demografischen Wandels, die Generation Z und viele weitere Faktoren sorgten dabei für eine volatile und schnelllebige Arbeitswelt.
„In welchen Ausprägungen welche Arbeitsweisen zukünftig vorliegen, ist dabei stark abhängig von den Unternehmen, der Branche und vor allem von den Menschen, die dahinterstehen“, so Mareike Theobald. Sichtbar sei jedoch bereits, dass das Büro als zentraler Kommunikationsort nicht an Bedeutung verlieren werde, da der direkte, persönliche Austausch vor Ort dem sozialen Bedürfnis der Menschen entgegenkomme.
Sven Klindworths Einschätzung sieht so aus: „Teure Mietflächen werden gerade in beliebten Großstädten radikal verkleinert, einige Unternehmen werden gar kein Office mehr haben. Mitarbeiter mit begehrten Skills können von überall rekrutiert werden, sofern HR und die Fachbereiche schlüssige Konzepte zur Einarbeitung der neuen Mitarbeiter erarbeiten.“
Fasst man die Experten-Statements zusammen, bleibt als Fazit: Niemand erwartet, dass die Unternehmen zu den alten, ineffizienten Prozessen zurückkehren wollen. Vielmehr sind sie sich sicher, dass Remote Working kein temporäres durch die Corona-Krise beschleunigtes Phänomen ist, sondern die Workplace-Transformation zu einer strategischen Business-Priorität wird.
7. Teil: „Im Gespräch mit Holger Dyroff von OwnCloud“

Im Gespräch mit Holger Dyroff von OwnCloud

  • Holger Dyroff: CDO und Managing Director bei OwnCloud
    Quelle:
    OwnCloud
Im Interview erklärt Holger Dyroff, COO und Managing Director bei OwnCloud, einer Plattform für die Datenspeicherung, auf was es bei der Etablierung eines Modern Workplace ankommt.
com! professional: Der moderne, digitale Workplace ist weit mehr als das klassische Homeoffice. Welche Faktoren prägen ihn?
Holger Dyroff: Er ist sicher, produktiv und bietet weitgehende Orts- und Zeitsouveränität. Ein solcher „Sovereign Workspace“ schränkt Mitarbeiter nicht durch isolierte Tools ein, sondern ermöglicht durch offene, dezentrale und digital souveräne Cloud-Technologien, produktiver und sicherer zu arbeiten als je zuvor.
com! professional: Welche Anforderungen stellt der Modern Workspace an die Infrastruktur?
Dyroff: Eine große Herausforderung für die IT-Abteilung: Sie muss den Mitarbeitern unabhängig vom Standort einen bequemen und gleichzeitig sicheren Zugang zu den Unternehmensressourcen verschaffen. Während Groupware-Funktionen wie E-Mail oder Kalender in der Regel kein größeres Problem darstellen, da sie ohnehin bereits meist via Web-Clients und mobile Apps verfügbar sind, sieht die Sache beim Austausch von Dokumenten ganz anders aus. Abhilfe schaffen Content-Collaboration-Lösungen, mit deren Hilfe Dateien schnell, einfach und Endgeräte-unabhängig abgerufen und ausgetauscht werden können. Da der Zugriff jederzeit verschlüsselt, kontextbezogen und regelgesteuert ist, wird neben der Datensicherheit auch die Rechtskonformität gewährleistet.
com! professional: Sind dezentrale Arbeitsplätze leichter angreifbar?
Dyroff: Nein, die Verbindungs- und Transfersicherheit muss am Büro-Arbeitsplatz vor Ort denselben hohen Anforderungen genügen wie beim dezentralen Arbeiten. Entsprechende Sicherheitsmaßnahmen sind Grundvoraussetzung für jedes Unternehmen. Ein Beharren auf reiner Präsenzarbeit ist spätestens mit der Corona-Krise nicht mehr vermittelbar.
com! professional: Welche Sicherheitsmaßnahmen sollten Unternehmen ergreifen?
Dyroff: Um Dateien umfassend zu schützen, ist eine durchgängige Verschlüsselung obligatorisch, bei besonders sensiblen Daten auch Ende-zu-Ende. Ein weiteres Thema sind Authentifizierung und der Schutz sensibler Daten durch Klassifizierung. Unternehmen sollten zudem auf einen zertifizierten Hosting-Anbieter setzen oder die Daten im eigenen Rechenzentrum vorhalten, um Sicherheit und die Einhaltung der DSGVO-Richtlinien zu gewährleisten.
com! professional: Sind Microsoft 365 und Sharepoint sinnvolle Einstiegspunkte in Richtung Modern Workspace?
Dyroff: Technisch gesehen ja, vom Sicherheitsaspekt her kann die Antwort nur ein klares Nein sein. Solange in den USA CLOUD Act und FISA (Foreign Intelligence Surveillance) gelten, ist kein Unternehmen vor dem Zugriff durch amerikanische Regierungsstellen geschützt. Gerade in forschungsintensiven Branchen bedeutet das ein hohes Risiko für die eigene Wettbewerbsfähigkeit - gleichzeitig stellt der Abfluss personenbezogener Daten grundsätzlich eine Verletzung der DSGVO dar und kann empfindliche Strafgelder nach sich ziehen.
com! professional: Ist New Work auch für KMUs interessant?
Dyroff: Mittelständler haben einen großen Vorteil: Sie sind per se agiler, Veränderungsprozesse werden automatisch zur Chefsache und bekommen damit den nötigen Stellenwert. Wer seinen Mitarbeitern einen Sovereign Workspace bietet und Arbeitsprozesse durch Digitalisierung attraktiver gestaltet, kann auch als kleiner Player problemlos gegen die Großen der Branche punkten. Im Gegenteil: Große Konzerne werden meist durch starre Organisationsstrukturen ausgebremst.
com! professional: Wie viel Schub verleiht Corona dem Workplace-Thema?
Dyroff: Die Corona-Krise hat Deutschland in Sachen Digitalisierung um mehrere Jahre nach vorne katapultiert. Wer einmal die Vorzüge von orts- und zeitsouveränem Arbeiten kennengelernt hat, wird nicht mehr darauf verzichten wollen - ein Zurück in Prä-Corona-Zeiten wird es nicht geben.

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