Business-IT
06.07.2018
Schnelligkeit als Überlebensvorteil
1. Teil: „Agile Methoden als Treiber für Innovationen“

Agile Methoden als Treiber für Innovationen

Agile DevelopmentAgile DevelopmentAgile Development
Panchenko Vladimir / shutterstock.com
Projektsteuerungsmethoden wie Scrum erleichtern es, schnell Produkte zu entwickeln. Agile Ansätze sind wichtig, um schnell auf neue Nutzerbedürfnisse einzugehen.
Ohne Software läuft in den meisten Branchen nichts mehr, selbst in vergleichsweise eher bodenständigen Wirtschaftssektoren wie Handel, Banken, Maschinenbau oder Autobranche. „Ein wachsender Teil der Wertschöpfung von Unternehmen aus der Automobil-, der Fertigungs- und der chemischen Industrie basiert auf softwaregestützten Diensten“, bestätigt Wolfram Richter, Principal Solution Architect – Chief Architect Manufacturing Vertical Germany beim amerikanischen Software-Hersteller Red Hat.
Die Folge: „Die Erstellung der Software als solcher, aber auch die Time-to-Market werden immer wichtiger.“ Für Unternehmen, aber auch für öffentliche Einrichtungen heißt dies, dass sie immer mehr Software fabrizieren müssen – und dass sie diese Apps, Online-Shops und Anwendungen immer schneller an veränderte Anforderungen anpassen müssen.
Für Entwicklungsteams und Projektmanager bedeutet das jede Menge Stress. Das ergab eine Studie von Dynatrace, einem Anbieter von Lösungen, mit denen Nutzer die Performance von Software und der IT-Infrastruktur überwachen können.
Der international angelegten Untersuchung zufolge veröffentlichen Unternehmen in Industrieländern mittlerweile drei Software-Updates pro Arbeitsstunde. Das gilt nicht nur für Software-Häuser, sondern auch für Firmen aus ganz anderen Branchen.
Und nach Einschätzung von 89 Prozent der befragten 800 Chief Information Officers (CIOs) wird sich die Schlagzahl sogar noch weiter erhöhen. „Marktführer wie Amazon veröffentlichen jede Sekunde zahlreiche Software-Updates“, berichtet Andreas Grabner, DevOps Activist bei Dynatrace.
„Daher basiert der moderne Ansatz zur Bereitstellung von Software auf agilen Entwicklungszyklen und dynamischen Multi-Cloud-Umgebungen“, bringt Grabner die Lage auf den Punkt.

Neue Anforderungen

Die hohe Zahl von neuen Releases und Apps ist aus Sicht von Unternehmen und ihrer IT-Abteilungen kein Selbstzweck: „Einer der größten ‚Treiber‘ ist der User und seine sich ständig wandelnden Bedürfnisse“, stellt Martin Preiss fest, Senior Principal Consultant bei der Full-Service-Digitalagentur Namics. „Diese Anforderungen über Monate hinweg an einem Stück umzusetzen, ist nicht zielführend. Unternehmen müssen flexibler auf die Wünsche von Usern eingehen.“
Fast alle Unternehmen beschäftigen sich daher mit Methoden für die agile Entwicklung und Projektsteuerung. Nur wenige vertrauen dabei ausschließlich einem Ansatz. Das belegt eine Studie der Scrum Alliance von 2017. Demnach verwendeten 78 Prozent der Unternehmen, die agile Ansätze nutzen, Scrum zusammen mit anderen Verfahren. Zu diesen alternativen Methoden zählen Kanban, DevOps (Development und Operations) und Continuous Delivery (CD). Ebenfalls eingesetzt werden Continuous Integration (CI) und Extreme Programming (XP).
Ein weiterer Ansatz, der nicht nur im Bereich Software zum Zuge kommt, ist Design Thinking. Vor allem SAP verwendet diese Methode. „Je früher man Software an die Bedürfnisse der Anwender anpasst, umso effektiver und zielgerichteter kann eine Lösung gebaut werden“, weiß Michael Wintergerst, Development Executive und Head of SAP Cloud Platform Core bei SAP. „Design Thinking ist hierfür ein gutes Werkzeug. Von Anfang an steht der Anwender mit seinen Problemen und Bedürfnissen im Fokus. Der Ansatz als solcher hilft darüber hinaus auch, unkonventionelle Lösungs­ansätze zu finden.“
Welche Ansätze in welcher Kombination Verwendung finden, hängt von den Zielen der Entwicklungsabteilung ab und davon, wann diese erreicht werden sollen. Generell gilt: „Alle Methoden, ohne Ausnahme, sind gleich wichtig. Eventuell fängt man erst mit Scrum und DevOps an“, rät Maik Hähnel, Chief Technology Officer von Axians, einem Netzwerk von ICT- und Software-Häusern. „Methoden wie DataOps und DevSecOps folgen schnell, wenn Projekte Zugriffe von außen miteinschließen, etwa von Kunden, oder wenn sensible, kundenspezifische Daten gespeichert werden“, so Hähnel weiter.
2. Teil: „Schrittweise zum Erfolg“

Schrittweise zum Erfolg

Zu den führenden Projektmanagement-Frameworks im Software- und IT-Bereich zählt Scrum. Diese Methode ist für kleine Teams von bis zu 10 oder 15 Mitgliedern ausgelegt. Scrum unterstützt Entwickler dabei, ihre Arbeit besser zu planen, diese Planung anzupassen und den Projektfortschritt zu analysieren. Ausgangspunkt eines Scrum-Projekts ist eine User-Story. In ihr ist festgelegt, welche Funktionen ein Nutzer von einem IT-System oder -Service erwartet und welche Vorteile er sich davon erhofft.
  • Mehr Druck auf Entwicklungs- und Testabteilungen: Unternehmen veröffentlichen in immer kürzeren Zyklen neue Software oder Updates.
    Quelle:
    Dynatrace
Ein Beispiel: Ein Einzelhändler möchte eine App einführen, mit der Kunden per Smart­phone ihre Einkäufe bezahlen können und gleichzeitig Treuepunkte gutgeschrieben bekommen. Der Nutzen für den Händler: Er bietet seinen Kunden einen komfortablen Zusatzdienst, Stichwort Kundenbindung. Zugleich beschleunigt der Service den Bezahlvorgang und entlastet das Kassenpersonal.
Im Zentrum des Konzepts von Scrum steht ein iterativer Prozess. Einzelne Arbeitspakete (Increments) werden aus dem Pool mit allen Anforderungen des Kunden (Product Backlog) entnommen und fertiggestellt. In dieser Phase darf der spätere Nutzer oder sein Repräsentant im Scrum-Prozess (der Product Owner) keine neuen Anforderungen einbringen, also kein
Increment verändern. Ein solcher Iterationsvorgang heißt Sprint und dauert zwischen wenigen Tagen und mehreren Wochen. Der Trend geht derzeit hin zu Sprints im Tages- oder Wochenrhythmus. Nach Abschluss eines Sprints diskutieren Entwickler und Vertreter des späteren Nutzers das Ergebnis und definieren Änderungswünsche.
Eine Schlüsselposition hat bei Scrum der Scrum Master. Seine Aufgabe ist es, den gesamten Entwicklungsprozess zu beaufsichtigen und dafür zu sorgen, dass alle Teammitglieder die Regeln einhalten. Außerdem stellt er auf „Burn-down Charts“ dar, wie weit ein Projekt ist. In täglichen Kurz-Meetings stimmen sich die Mitglieder eines Scrum-Teams ab, etwa zum Stand einzelner Arbeiten oder zu Problempunkten.

Steuerung durch Backlog

„Als zentrales Steuerungselement empfiehlt sich nach den Erfahrungen von Payback im Rahmen von Scrum ein priorisiertes Product Backlog“, erklärt Stephan Klocke, Scrum Master bei der Payback GmbH in München. „Es dient als abteilungsübergreifende Basis für Diskussionen darüber, welche Eigenschaften ein Produkt haben sollte und in welcher Reihenfolge beziehungsweise mit welcher Priorität diese umgesetzt werden.“ Payback dürfte vielen durch sein Bonusprogramm ein Begriff sein. Zudem betreibt das Unternehmen eine Online-Marketing-Plattform.
Scrum ist Klocke zufolge in Kombination mit Methoden wie Kanban und Google Sprint ein Mittel, um möglichst schnell und effizient neue Software zu entwickeln und kundenspezifische Lösungen auf den Markt zu bringen.

Scrum: Vor- und Nachteile

Doch auch Scrum ist kein Allheilmittel, wenn es um Projektmanagement im Software-Bereich geht.
Zu den größten Vorteilen der Methode zählt nach Angaben von Quickstart, einem US-Anbieter von IT-Trainingskursen, dass sich Anpassungen in jeder Phase des Entwicklungsprozesses vornehmen lassen. Das gilt beispielsweise für kurzfristige Änderungswünsche von Kunden. Zudem kann das Feedback von Nutzern auf einfache Weise eingebunden werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass nach Erfahrungswerten von Quickstart Produkte häufiger im vorgegebenen Zeitrahmen ausgeliefert werden, wenn Scrum zum Zuge kommt. Ein Pluspunkt, der Finanzverantwortliche freuen dürfte: Die Methode erfordert keine aufwendigen Vorbereitungen und Maßnahmen, lässt sich also budgetfreundlich umsetzen.
Diesen Vorzügen stehen jedoch potenzielle Schwachpunkte gegenüber. So eignet sich Scrum vor allem für kleinere Teams, weniger für Entwicklungsabteilungen mit Dutzenden von Mitarbeitern. Zudem müssen alle Mitarbeiter in Scrum-Teams „mitziehen“, also stets auf demselben Wissensstand wie ihre Kollegen sein und ein ausgeprägtes Gefühl für Teamarbeit mitbringen.
Hinzu kommt, dass etliche Scrum-Projekte ohne konkrete Zeit- und Budget-Vorgaben gestartet werden. Das kann dazu führen, dass zusätzliche Sprints erforderlich werden.
3. Teil: „Kanban: Wurzeln in Japan“

Kanban: Wurzeln in Japan

  • Das Scrum-Framework: Ausgangspunkt ist das Product Backlog. In iterativen Schritten wird eine Lösung Zug um Zug entwickelt und optimiert.
    Quelle:
    Scrum.org
Zu den Oldtimern im Bereich Projektmanagement zählt Kanban. Die Methode kam erstmals Ende der 1940er-Jahre bei Toyota in Japan zum Einsatz – also in der Industrie. Das Ziel: Fertigungsprozesse so zu optimieren, dass nur die zu einem bestimmten Zeitpunkt erforderlichen Arbeitsmittel und Materialien vorgehalten werden mussten. Dieses Just-in-Time-Prinzip wird noch heute von Industrieunternehmen eingesetzt, auch in der Automobilbranche.
Im Software-Bereich lässt sich Kanban dazu nutzen, um die Projektplanung zu perfektionieren und die Transparenz eines Entwicklungszyklus zu erhöhen. Die Entwickler sollen so ausgelastet werden, dass sie weder zu viele Aufgaben erhalten noch unterbeschäftigt sind. Ähnlich wie Scrum erfordert Kanban keine hohen Investitionen. Die Hilfsmittel sind eine Tafel (Board) und Karten, auf denen Arbeitsschritte und Verantwortliche aufgelistet sind. Jedes Aufgabenelement wird auf einer separaten Karte aufgeführt. Unterschiedliche Farben helfen dabei, Aufgaben, Zuständigkeiten und den Fortschritt von Arbeiten deutlich zu machen.

Virtuelle Kanban-Boards

Da die Mitglieder von Software-Teams sehr häufig an unterschiedlichen Standorten angesiedelt sind, bietet sich der Einsatz von virtuellen Kanban-Boards an. Diese stehen entweder als Service über hauseigene Rechenzentren oder als Cloud-Dienst zur Verfügung. Beispiele für solche cloudbasierten Boards sind etwa Jira von Atlassian, Planview Leankit, RealtimeBoard und Smartsheet. Diese Lösungen erlauben es zudem, technische Details in Kanban-Karten zu integrieren, die für den Bearbeiter wichtig sind. Das können beispielsweise Screenshots sein oder eine Liste von Funktionen.
Zu den Pluspunkten von Kanban in der Software-Entwicklung zählt dessen hohe Flexibilität. Neue Anforderungen oder Änderungen eines Projektverlaufs lassen sich relativ einfach integrieren. Hinzu kommen die einfache Struktur der Methode und der geringe Einarbeitungsaufwand. User beziehungsweise Kunden profitieren davon, dass Produkte kontinuierlich und in einem festen Zeitrahmen ausgeliefert werden.
Ein möglicher Schwachpunkt ist, dass keine festen Zeitvorgaben für einzelne Spalten auf dem Kanban-Board existieren, sondern nur Phasen definiert sind: „Zu tun“, „In Arbeit“, „Abgeschlossen“. Das kann zu Missverständnissen führen. Zudem tendieren manche Entwicklungsteams dazu, Kanban-Boards mit zu vielen Detailaufgaben gewissermaßen zuzumüllen. Das widerspricht dem Ansatz einer möglichst klaren, einfach gehaltenen Planungshilfe. Wichtig ist außerdem, die Boards ständig zu aktualisieren. Das gilt allerdings auch für die Informationen, die Scrum-Tools bereitstellen.
DataOps: Mit „richtigen“ Daten arbeiten
Damit Applikationen reibungslos funktionieren, sollten Entwickler und Software-Testspezialisten die Option haben, mit „richtigen“ Daten (Produktivdaten) zu arbeiten. Das sind beispielsweise Adressdaten und Zahlungsinformationen von Kunden eines Web-Shops.
Hier kommt DataOps ins Spiel (Data Operations). Dies sind agile Methoden und Prozesse, die das Management und die Verarbeitung von Daten effizienter machen. „Im Grunde geht es darum, die Bereitstellung von Daten zu beschleunigen, um die Arbeit von Entwicklern, Testern und Analysten zu erleichtern“, sagt
Minas Botzoglou, Regional Director DACH beim Software-Unternehmen Delphix. „Gleichzeitig sollen Administratoren einen Überblick erhalten, um das Datenmanagement effizient und datenschutzgerecht zu gestalten.“
Das lässt sich mit Hilfe von DataOps-Plattformen bewerkstelligen. Sie ermöglichen es Entwicklern, eine aktuelle Version der Produktivdaten bei der DataOps-Plattform abzurufen. Die benötigten Daten-Container, sogenannte Data Pods, werden innerhalb von Minuten in beliebiger Menge bereitgestellt. „Jeder Entwickler kann seine eigene Umgebung erstellen. So können mehrere Tests parallel laufen. Kleinere Anpassungen werden direkt auf Bugs überprüft“, so Botzoglou weiter. Zudem benötigen die virtuellen Datenkopien nur einen Bruchteil des Speicherplatzes der physischen Version. Deutlich aufwendiger ist es, Terabyte von Daten von einem Produktivsystem in eine Entwicklungs- oder Test-Umgebung zu transferieren.
Zu den größten Vorteilen von DataOps zählt, dass Entwicklung und Test gleichzeitig und koordiniert ablaufen. Tester können auftretende Fehler im Entwicklungsprojekt markieren und den Daten-Container an die Entwickler zurückspielen. Diese greifen dann mit Bookmarks auf einen früheren Entwicklungsstand der Applikation zu und können das Problem beheben.
Um Datenschutzvorgaben einzuhalten, werden personenbezogene Daten durch DataOps-Systeme automatisch maskiert, also pseudonymisiert. Entwickler verarbeiten dann aktuelle Datensätze, die aber keinen Personen zugeordnet werden können. Dennoch bleiben wichtige Korrelationen für Entwicklung und Test erhalten. Weil das Maskieren aufwendig ist, setzt laut Delphix derzeit nur rund ein Viertel der Unternehmen dieses Verfahren ein.
4. Teil: „Design Thinking“

Design Thinking

Ein Ansatz, den insbesondere Unternehmen wie SAP und IBM im Rahmen von Software-Entwicklungsprojekten nutzen, ist Design Thinking. Die Methode für Entwicklungsarbeiten lässt sich in ganz unterschiedlichen Bereichen verwenden – von der Werkzeugmaschine bis zum Cloud-Service. Laut Design-Thinking-Konzept sind die Anforderungen von Kunden der Ausgangspunkt von Innovationen, also eine Problemstellung. Das Ziel ist, praxistaug­liche und nutzbringende Lösungen zu entwickeln. Weitere Vorgaben sind: Die Innovationen müssen sich technisch umsetzen lassen und dem Nutzer, sprich Kunden, einen Vorteil bringen.
  • Taskboard von Scrum: Es enthält alle Elemente des Backlogs, an dem die Entwickler gerade arbeiten.
    Quelle:
    Microsoft
Wesentliche Elemente von Design Thinking sind ein auf den Menschen bezogener Ansatz (Human Centric) und eine enge Zusammenarbeit von Teams mit Mitarbeitern aus unterschiedlichen Sparten – Entwicklern, Fachleuten aus Vertrieb, Marketing und Produktion sowie Führungskräften. Hinzu kommen Kunden und Fachleute von Partnerunternehmen.
Ein weiteres Element von Design Thinking ist – wie bei Scrum – eine iterative Vorgehensweise. Das heißt, Problemanalysen, Entwicklungsschritte und Optimierungen erfolgen schrittweise. Das bedeutet jedoch nicht, dass kein Raum für „verrückte“ Ideen vorhanden sein sollte. Vielmehr ist es wichtig, auch solche Vorschläge zu sammeln und zu prüfen. Eine Schere im Kopf, die beispielsweise die Entwicklung einer App oder eines Online-Services für ein Einsatzfeld sofort ausschließt, sollte es nicht geben.
Scrum und Design Thinking weisen einige Gemeinsamkeiten auf, so Michael Wintergerst von SAP: „Sowohl bei Design Thinking als auch bei Scrum wird mit kurzen Zyklen gearbeitet. Das Credo heißt hier ‚Fail fast, fail often‘.“ Fehler werden bewusst in Kauf genommen. Idealerweise sollten diese aber eher zu Beginn eines Entwicklungszyklus auftreten, weil sie sich da noch relativ schnell beheben lassen. Doch eine solche Vorgehensweise bedarf Wintergerst zufolge einer entsprechenden Grundeinstellung bei den Entwicklern und einer Firmenkultur, die diese Arbeitsweise unterstützt. „Eine solche Kultur fällt nicht von Himmel, sondern muss durch das Management vorgelebt werden. Auch müssen entsprechende Strukturen geschaffen werden“, so der SAP-Manager.
Vorteil Container-Technologien
Die schnelle Bereitstellung neuer Applikationen hängt nicht nur von Steuerungskonzepten wie Scrum ab. Auch Technologien wie Software-Container spielen eine Rolle.
„Containerisierung bietet einerseits ein Standardformat zum Austausch von Software zwischen Entwicklungsumgebungen, andererseits Standardmethoden zum Betrieb von Applikationen – unabhängig davon, welcher Technologie-Stack im Container verwendet wird“, erläutert Wolfram Richter, Principal Solution Architect – Chief Architect Manufacturing Vertical Germany bei Red Hat. „Für Entwickler bedeutet dies: Sie können die am besten geeignete Technologie wählen, um eine Aufgabe zu bewältigen.“
Speziell bei Microservices, bei denen eine komplexe Applikation in separate fachliche Einzelanwendungen zerlegt wird, ist eine solche Wahlmöglichkeit von Vorteil. Außerdem sind Container verhältnismäßig schlank und ermöglichen eine hohe Packungsdichte. „Damit sind sie ein geeignetes Werkzeug, um eine Applikation, einschließlich ihrer Abhängigkeiten und Konfigurationseinstellungen, von einer Entwicklungsumgebung über Test- und Integrationsstufen in die Produktion zu überführen“, ergänzt Richter. Dieser Vorgang lässt sich mit Hilfe von Continuous Integration und Continuous Delivery (CI/CD) automatisieren.
5. Teil: „Zukunftsträchtige Erweiterung“

Zukunftsträchtige Erweiterung

Design Thinking bietet vergleichbare Vorteile wie Scrum, allerdings mit mehr Fokus auf der Entwicklung neuartiger, „innovativer“ Produkte und Services. Doch sieht das schweizerische Software- und Beratungshaus Enigma auch Defizite. So sei der Ansatz zu stark auf die Gegenwart fixiert, also auf aktuelle Anforderungen von Nutzern. Das laufe der Vorgabe zuwider, zukunftsorientierte Lösungen und Software-Produkte zu entwickeln.
  • Zentrales Kanban-Tool: In solch einem Board werden die Aufgaben und deren Status im Rahmen von Software-Projekten festgehalten.
    Quelle:
    Planview
Der Vorschlag von Enigma: Design Thinking um die Komponente „strategische Voraussicht“ (Strategic Foresight) zu ergänzen. Dabei werden aufkommende Trends und Technologien analysiert und in den Design-Thinking-Prozess integriert. Ein Unternehmen kann dadurch beispielsweise ermitteln, um welche digitalen Services und Apps es seine „analoge“ Angebotspalette ergänzen muss.

Tipps für die Praxis

Damit Verfahren wie Scrum, Kanban und Design Thinking den erhofften Nutzen bringen, gilt es, Fallstricke zu vermeiden. Yannick Scherer von der Software-Design-Agentur Futurice plädiert dafür, erste Erfahrungen in kleinem Maße zu sammeln. „Besondere Vorsicht ist bei der Projektauswahl geboten. Hochpolitische und brisante Themen sollten am Anfang vermieden werden“, so Scherer. „Zudem können existierende Infrastruktur­lösungen und Tools, sei es Hosted oder in der Cloud, einen schnellen Einstieg bieten, unnötigen Aufwand reduzieren und die Flexibilität erhöhen.“ Wichtig ist ihm zudem, dass im Rahmen von Entwicklungsprojekten sämtliche relevanten Abteilungen miteinbezogen werden.
Das gilt zum Beispiel für die Mitarbeiter im Einkauf: „Sie verlangen oft eine Festpreis-Beauftragung, die nicht zum agilen Vorgehen passt. Nötigenfalls muss das Management aktiv werden und entsprechende Vereinbarungen mit Dienstleistern zulassen“, erläutert Martin Preiss von Namics. Zudem sei die Integration der unterschiedlichen Teams essenziell. „Die Basis für eine langfristige Zusammenarbeit von Entwicklungs- und Operations-Team muss von Beginn an gegeben sein.“
Axians-CTO Maik Hähnel wiederum plädiert dafür, von Anfang an eine agile Leitung und Management-Stakeholder zu etablieren, die das Thema agile Methoden quasi leben. „Außerdem sind Änderungen im Plan an der Tagesordnung. Verantwortliche sollten nicht daran zweifeln.“ Wichtig sei, dass auch Misserfolge und holprige Starts in Kauf genommen würden.
Problematisch für den Erfolg einer Entwicklung ist zudem, wenn Scrum-Teams nur als eine andere Form von Projektgruppen gesehen werden. Die Konsequenz: Nach Abschluss eines Projekts löst sich das Team wieder auf. Steht später eine Weiterentwicklung eines Produkts an, müssen sich – eventuell ganz neue –Scrum Master und Product Owner erneut in die Materie einarbeiten.
Besser ist, weniger in Projekten als vielmehr in Produkten zu denken und interdisziplinäre Teams aufzubauen, die längere Zeit Bestand haben.
6. Teil: „Firmenkultur entscheidet“

Firmenkultur entscheidet

Doch mit dem Einsatz agiler Entwicklungsmethoden und entsprechender Tools ist es nicht getan: „Es ist viel wichtiger, eine agile Firmenkultur zu etablieren, als jeder neuen Methode hinterherzurennen, die als der einzig richtige Weg angepriesen wird“, betont Michael Winter­gerst von SAP.
„Die Methoden sind letztlich wie die verschiedenen Werkzeuge in einem großen Werkzeugkasten zu sehen. Wenn eine Methode nicht mehr funktioniert, passt man diese an oder kombiniert verschiedene Methoden zu einem neuen Werkzeug für die Digitalisierung im Unternehmen“, empfiehlt Wintergerst.
Ebenfalls eine Frage der Unternehmenskultur ist der Führungsstil. Ein klassisches Top-down-Modell, bei dem ein Chef alles regelt, ist für agile Ansätze Gift. Vielmehr ist ein kooperativer Führungsstil gefordert. Dies dürfte etliche Führungskräfte und Chief Information Officers vor Probleme stellen.
Ebenfalls in Richtung Firmenkultur zielt ein Hinweis von Yannick Scherer von Futurice. Seiner Einschätzung nach installieren Unternehmen im Rahmen von Digitalisierungsvorhaben zwar verstärkt entsprechende Verantwortliche – Heads of Digital Transformation –, doch agiler werden viele Firmen dadurch nicht: „Die digitale Transformation wird monate- oder jahrelang geplant. Diese Zeit könnte bereits dafür genutzt werden, um in kleinen Projekten Erfahrungen zu sammeln.“
Kurzum: Ihm zufolge reicht es nicht aus, das Etikett „agil“ allein den Mitgliedern der Entwicklungsabteilung auf die
Bürotüren zu kleben. Diese Denkweise muss auch auf das Umfeld übertragen werden, also auf Führungskräfte und Leiter anderer Abteilungen.

Fazit & Ausblick

Auch wenn Anbieter von IT-Lösungen und deren Branchenverbände den Begriff derzeit arg strapazieren: Digitalisierung ist keine Modeerscheinung, sondern sie wird viele Branchen in Deutschland nachhaltig verändern. Daher ist es angebracht, herkömmliche Entwicklungs- und Bereitstellungs-Verfahren auf den Prüfstand zu stellen, speziell bei der Entwicklung neuer digitaler Angebote. Letztlich wird die große Mehrzahl der Unternehmen nicht auf Scrum und Design Thinking verzichten können.
Allerdings darf der Einsatz agiler Methoden nicht dazu führen, dass der User die Suppe auslöffeln muss, etwa in Form fehlerhafter, mit Bugs gespickter Applikationen: „Nutzer erwarten, dass die neuen Funktionen und Updates perfekt funktionieren“, betont Andreas Grabner von Dynatrace.
Dieser Ansprüche ist sich ein Großteil der CIOs offenbar auch bewusst. In der eingangs erwähnten Dynatrace-Umfrage gaben fast zwei Drittel an, dass sie es als ihre Aufgabe ansehen, einen Kompromiss zwischen der schnellen Innovation und einer exzellenten Software Experience aus Sicht der Anwender finden zu müssen.
Um diesen Qualitätsansprüchen gerecht zu werden, müssen neben Scrum weitere Ansätze genutzt werden. Dazu gehören vor allem DevOps, also die enge Abstimmung zwischen Entwicklungs- und IT-Betriebsexperten, sowie DevSecOps, sprich die Verknüpfung mit IT-Security-Fachleuten.
Weniger gut für Firmen, die auf agile Methoden setzen wollen, ist etwas anderes: der Mangel an IT-Fachleuten mit entsprechendem Wissen. Doch daran wird sich so schnell wohl nichts ändern.
Scrum und Kanban im Vergleich
7. Teil: „Im Gespräch mit Stephan Klocke, Scrum Master bei der Payback GmbH“

Im Gespräch mit Stephan Klocke, Scrum Master bei der Payback GmbH

  • Stephan Klocke: Scrum Master bei der Payback GmbH
    Quelle:
    Payback
Scrum, DevOps oder Kanban einführen, und schon ist die Digitalisierung von Geschäftsmodellen und Angeboten ein Kinderspiel? Ganz so einfach läuft es in der Praxis nicht, wie Stephan Klocke erläutert. Er ist als Scrum Master der Payback GmbH in München tätig. Payback setzt bereits seit rund sechs Jahren agile Verfahren ein.
com! professional: Warum nutzt Payback agile Methoden wie Scrum und Kanban?
Stephan Klocke: Unsere Entwickler müssen schnell neue Anforderungen von Kunden oder neue Projekte umsetzen. Das lässt sich nur erreichen, wenn agile Entwicklungs- und Projektmanagement-Methoden verwendet werden. Zu den Vorteilen, die solche Methoden ermöglichen, zählen zudem die hohe Flexibilität, die schnellen Reaktionszeiten und die kurze Time-to-Market.
com! professional: Welche Methoden und Tools setzt Payback ein?
Klocke: Wir verwenden eine Scrum-Version, die wir an unsere Anforderungen angepasst haben. Diese Vorgehensweise ist empfehlenswert, weil jedes Unternehmen andere Anforderungen und Rahmenbedingungen hat. Wichtig ist, agile Methoden wie Scrum und die dazugehörigen Tools regelmäßig zu überprüfen und nötigenfalls Anpassungen vorzunehmen. Außerdem zieht Payback je nach Aufgabenstellung weitere Verfahren he­ran. Dazu zählen Kanban, DevOps, Continuous Delivery und seit Kurzem auch Google Design Sprint. Scrum ist beispielsweise dann von Vorteil, wenn ein Entwicklungsprojekt in iterativen Schritten durchgeführt wird.
com! professional: Worauf sollten Unter­nehmen achten, die auf Scrum, DevOps und vergleichbare Verfahren umstellen wollen?
Klocke: Solche Methoden können nur dann ihren Nutzen entfalten, wenn eine abteilungsübergreifende Arbeitsweise einführt wird. Alle Beteiligten müssen mitziehen: Kunden, Partner, das Management, die Entwickler und die Vertriebsmitarbeiter. Hilfreich ist, wenn ein Unternehmen flache Hie­rarchien und wenige Abteilungsgrenzen aufweist. Eine Option besteht zudem darin, sich selbst organisierende Teams zu etablieren.
com! professional: Sind somit auch Faktoren wichtig, die nicht im technischen Bereich angesiedelt sind?
Klocke: Letztlich spielt die Frage der Unternehmenskultur eine zentrale Rolle, wenn ein Unternehmen Scrum oder vergleichbare Methoden erfolgreich einsetzen möchte. Gefragt sind Offenheit und Flexibilität, nicht starre Hierarchien und Abteilungen, die wie Silos voneinander abgeschottet sind.
com! professional: Wie wirkt sich der Trend hin zu agilen Ver­fahren auf die Suche nach IT-Fachkräften aus? Unternehmen beklagen ja insbesondere einen Mangel an Software-Spezialisten.
Klocke: Gute Software-Entwickler sind es heutzutage gewohnt, mit neuen, agilen Methoden zu arbeiten. Unternehmen, die solche Verfahren einsetzen, sind daher auch dann im Vorteil, wenn es darum geht, neue Mitarbeiter zu finden.

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