28.05.2014
HAMR, SMR & Helium
1. Teil: „Neue Festplatten-Techniken im Check“
Neue Festplatten-Techniken im Check
Autor: Mark Lubkowitz
4 TByte passen derzeit auf eine Festplatte. Mit HAMR, SMR und Helium wollen die Hersteller die Kapazität auf 60 TByte erhöhen. Schon in diesem Jahr kommen Geräte mit den neuen Techniken auf den Markt.
HAMR
Die Technik klingt zwar nach Hammer, sie wirkt aber nicht mechanisch, sondern mit Lasern auf die Festplatten ein. Das vervielfacht die Datendichte.
Perpendicular Recording
Bis vor einigen Jahren wurden die Daten auf der Magnetoberfläche einer Festplatte waagerecht gespeichert. Die Magnetisierung folgte in ihrer Orientierung dabei der Rotation der Plattenoberfläche. Diese Art der Speicherung wird auch longitudinale Aufzeichnung genannt.
Hohe Feldstärken
Perpendicular Recording verringert den Platzbedarf und erhöht die Speicherdichte drastisch. 2013 war die Technik aber maximal ausgereizt. Die Datendichte ließ sich nicht mehr weiter erhöhen. Das Problem ist die hohe Feldstärke, mit der die Speichereinheiten magnetisiert werden. Denn die Magnetisierung der Plattenoberfläche geht bei Perpendicular Recording nicht mehr in die Breite, sondern in die Tiefe. Damit die Speichereinheit in die Tiefe vollständig magnetisiert wird, muss die Magnetfeldstärke entsprechend angehoben werden.
Ab einer bestimmten Datendichte ist die Magnetfeldstärke aber so groß, dass sie nicht mehr nur die einzelnen, sondern stets auch die angrenzenden Speichereinheiten beschreibt. Mit Hitze lässt sich die benötigte Magnetfeldstärke jedoch erheblich verringern.
2. Teil: „HAMR - das Heat-assisted Magnetic Recording“
HAMR - das Heat-assisted Magnetic Recording
Um die Datendichte der Festplatten weiter zu erhöhen, greifen die Hersteller auf die HAMR genannte Technik zurück. HAMR steht für Heat-assisted Magnetic Recording, zu Deutsch: wärmeunterstützte Magnetaufzeichnung.
Wendet man diesen Trick bei Festplatten an, dann lässt sich die Magnetfeldstärke stark reduzieren und die magnetisierbaren Speichereinheiten der Festplatten können noch enger zusammenrutschen.
Weil sich aber nicht einfach die gesamte Festplatte auf die benötigte Temperatur von mehreren Hundert Grad bringen lässt, müssen einzelne Bereiche der Festplatte gezielt erhitzt werden.
Dazu verwendet HAMR einen Laser, der in den Schreib-/Lesekopf der Festplatte integriert ist. Der Laser erhitzt punktuell die Plattenoberfläche und der Schreib-/Lesekopf kann anschließend die Speichereinheit magnetisieren.
Bis 60 TByte Kapazität
Dank der HAMR-Technik lässt sich die Speicherkapazität einer Desktop-Festplatte den Schätzungen nach auf 60 TByte erhöhen. Das entspräche dem 15-Fachen der momentanen Kapazität. Bei Notebook-Festplatten liegt die Grenze hingegen schon bei 20 TByte.
Verdampfendes Schmiermittel
HAMR ist wegen der großen Hitzeentwicklung nicht unproblematisch. Die Plattenoberfläche wird normalerweise durch ein Schmiermittel geschützt. Durch die Hitze des Lasers verdampft das Schmiermittel aber und lässt die Plattenoberfläche ungeschützt zurück.
Seagate plant deshalb, zusätzliches Schmiermittel in Kohlenstoff-Nanoröhrchen zu speichern und die Plattenoberfläche bei Bedarf nachzuschmieren. Irgendwann wäre das Ersatzschmiermittel aber ebenfalls aufgebraucht.
HAMR-Festplatten ab 2014
Seagate hat vor, noch in diesem Jahr eine erste Festplatte mit HAMR-Technik auf den Markt zu bringen. Die Kapazität soll bei 6,4 TByte liegen. Das entspräche einem Zuwachs von 60 Prozent bei der Speicherkapazität gegenüber derzeit erhältlichen Festplatten. Festplatten mit 20 TByte Kapazität sollen erst 2020 erhältlich sein.
3. Teil: „Helium statt Luft im Festplatten-Gehäuse“
Helium statt Luft im Festplatten-Gehäuse
Turbulenzen im Inneren
Im Inneren einer Festplatte herrscht kein Vakuum. Der Raum zwischen den Schreib-/Leseköpfen und den Magnetscheiben ist vielmehr mit Luft gefüllt. In dieser Umgebung rotieren die Magnetscheiben 7200-mal pro Minute und erzeugen dabei Strömungseffekte.
Einer dieser Effekte, der Bodeneffekt, bildet zum Beispiel ein Luftkissen, das für einen Abstand von 3 Nanometern sorgt und so verhindert, dass die Schreib-/Leseköpfe auf die Plattenoberfläche schlagen. Diese Strömungseffekte haben aber auch noch ganz andere Auswirkungen. Sie bilden einen mechanischen Widerstand, der den Motor der Festplatte bremst, verstärken die Vibrationen der Magnetplatten und der Schreib-/Leseköpfe, die Reibung der Luft produziert Wärme. Die Magnetscheiben müssen deshalb eine Mindesthöhe haben, um stabil genug zu rotieren.
Helium statt Luft
Damit das Helium nicht entweicht und keine Luft ins Innere strömt, müssen Festplatten mit Heliumfüllung hermetisch versiegelt werden. Die Festplatten müssen daher so konstruiert sein, dass trotz Erwärmung des Heliums ein Druckausgleich stattfinden kann, ohne dass das Festplattengehäuse platzt.
Kühler, dünner, energieeffizienter
Dank der Heliumfüllung können die Magnetscheiben kleiner ausfallen, sodass statt fünf nun sieben Magnetplatten in eine 3,5-Zoll-Festplatte passen. Außerdem sinken durch die geringe Dichte von Helium die Turbulenzen, es entsteht weniger Abwärme, die Festplatte bleibt kühler, der Motor hat mit weniger Widerstand zu kämpfen, wodurch eine Heliumfestplatte weniger Energie benötigt.
Helium ab 2014
Als erster Hersteller wird HGST Festplatten mit Heliumfüllung auf den Markt bringen. Wie es HGST gelungen ist, die Festplatten hermetisch zu versiegeln, ohne dass sie während des Betriebs platzen, will der Hersteller nicht verraten.
Fest steht: Noch 2014 sollen Festplatten mit Heliumfüllung und 6 TByte Kapazität erhältlich sein. Einige Händler listen die HGST-Festplatte bereits – zu einem Preis von 700 Euro.
4. Teil: „SMR - Shingle Magnetic Recording“
SMR - Shingle Magnetic Recording
Festplattenstruktur
Die Magnetscheiben einer Festplatte sind in Spuren unterteilt, die zudem konzentrisch angeordnet sind. Jede einzelne Spur ist wiederum in Tausende Blöcke unterteilt, in denen die Daten gespeichert sind.
Zwischen jeder Spur gibt es einen sogenannten Guard Space, zu Deutsch: Sicherheitsabstand. Die Spuren sind exakt so breit wie der Schreibkopf der Festplatte. Der Schreibkopf fällt im Vergleich zum Lesekopf aber deutlich größer aus. Der Lesekopf liest somit nur einen viel schmaleren Teil der Datenspuren, als der Schreibkopf eigentlich magnetisiert und beschreibt.
Zwischen jeder Spur gibt es einen sogenannten Guard Space, zu Deutsch: Sicherheitsabstand. Die Spuren sind exakt so breit wie der Schreibkopf der Festplatte. Der Schreibkopf fällt im Vergleich zum Lesekopf aber deutlich größer aus. Der Lesekopf liest somit nur einen viel schmaleren Teil der Datenspuren, als der Schreibkopf eigentlich magnetisiert und beschreibt.
Shingle Magnetic Recording
Der Sicherheitsabstand und die breiten Spuren stellen sicher, dass beim Magnetisieren der Plattenoberfläche keine Daten versehentlich durch andere überschrieben werden. Seagate kam aber auf die Idee, genau dieses Risiko absichtlich einzugehen.
Das bedeutet aber auch, dass bei jedem Schreibvorgang die daneben liegende Spur überschrieben wird, und somit die Daten verloren gehen, falls man keine Gegenmaßnahmen ergreift.
Zwischenspeichern und neu schreiben
Um den Datenverlust abzuwenden, muss die Festplatte vor jedem Schreibvorgang die Daten der angrenzenden Spur auslesen und zwischenspeichern. Anschließend wird die eigentliche Spur beschrieben und die überlappende Spur überschrieben.
Nun müssen die Daten der überlappenden Spur wiederhergestellt werden – mit einem weiteren Schreibvorgang, der aber wiederum die nächste überlappende Spur überschreibt. Diese Kettenreaktion würde sich bis zur letzten Spur fortsetzen.
Mehrere Spuren sind ein Band
Dem wirkt Seagate entgegen, indem mehrere Spuren zu Bändern zusammengefasst werden. Die letzte Spur eines Bandes wird dabei nicht von einer anderen Spur überlappt. Somit müssen beim Speichern von Daten nur die Spuren eines spezifischen Bandes neu beschrieben werden. Das reduziert den Schreibaufwand erheblich und spart Zeit.
SMR ab 2014
Noch für dieses Jahr rechnet Seagate mit Festplatten, die die SMR-Technik nutzen. Der Vorteil ist, dass die Technik in bereits vorhandenen Festplatten eingesetzt werden kann und sich die Kapazität damit um derzeit 25 Prozent steigern lässt. Aus 4 würden also 5 TByte fassende Festplatten.
5. Teil: „4K-Sektoren sorgen seit 2011 für mehr Raum“
4K-Sektoren sorgen seit 2011 für mehr Raum
Fast unbemerkt haben die Hersteller seit 2011 Festplatten auf 4K-Sektoren umgestellt. Diese Technik ist also bereits im Einsatz.
Sektorengröße
Die Spuren einer Festplatte sind in Sektoren unterteilt und diese Sektoren waren lange Zeit 512 Byte groß. Jeder dieser Sektoren erhält eine eigene Adresse, anhand derer der Sektor identifiziert und gefunden werden kann. Für jeden Sektor wird zudem eine Prüfziffer gespeichert. Je mehr Kapazität die Festplatte hat, desto mehr Sektoren hat sie, desto mehr Prüfziffern werden gespeichert und desto aufwendiger ist die
Adressierung der Sektoren.
Adressierung der Sektoren.
Deshalb wurde vor einigen Jahren die Sektorengröße von 512 Byte auf 4 KByte angehoben. Somit gibt es insgesamt weniger Sektoren auf einer Festplatte und es müssen weniger Prüfziffern gespeichert werden. Weniger Prüfziffern bedeutet wiederum mehr Platz für die eigentlichen Daten.
Sektorgröße passt zum Dateisystem
Jede Datei wird vor dem Speichern in Fragmente zerlegt. Jedes Fragment hat eine bestimmte Mindestgröße. Unter Windows beträgt die Fragmentgröße normalerweise 4 KByte. Verwendet die Festplatte 512 Byte kleine Sektoren, dann muss jedes 4-KByte-Fragment vor dem Schreibvorgang in acht kleinere Teile zerlegt werden und wird über die Festplatte verteilt.
Verwendet die Festplatte dagegen 4 KByte große Sektoren, dann ist jeder Sektor so groß wie ein Dateifragment. Das Fragment kann in einem Stück in einen 4K-Sektor geschrieben werden. Das kommt dem Betriebssystem entgegen.
4 KByte lesen, 512 Byte ändern
Der Nachteil der Emulation ist der hohe Schreibaufwand. Soll ein logischer Sektor mit neuen Daten beschrieben werden, dann muss die Festplatte den kompletten 4 KByte großen Sektor lesen, den logischen Sektor ersetzen und wieder den kompletten 4 KByte großen physischen Sektor schreiben.
Misalignment
4K bereits verfügbar
Bereits seit einigen Jahren werden Festplatten mit 4K-Sektoren gefertigt. Ob es sich bei einer Festplatte um eine 4K-Festplatte handelt oder nicht, lässt sich nur anhand der Modellbezeichnung und einer Recherche auf der Webseite des Festplattenherstellers herausfinden.
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