12.05.2015
ibi research
1. Teil: „„Ein Online-Shop ist wie ein Eisberg““
„Ein Online-Shop ist wie ein Eisberg“
Autor: Harald Töpfer
Shutterstock / Mikko Lemola
Kaufen, mieten, selber bauen? Wie Einsteiger am besten zu ihrem Online-Shop kommen, erläutert Stefan Weinfurtner von ibi research im Interview mit com! professional.
E-Commerce-Experte Stefan Weinfurtner von ibi research über Miet-Shops aus der Cloud, den Vertrauensvorteil von Amazon und versteckte Kosten.
com! professional: Was sind aktuell die größten Herausforderungen im E-Commerce?
Stefan Weinfurtner: Für Einsteiger ist es die Entscheidung, welches Shop-System sie einsetzen sollen, wo es gehostet wird und wie gut es sich erweitern oder skalieren lässt. Man will ja nicht nach einem halben Jahr das System wechseln müssen. Bei den Anwendern, die bereits online vertreiben, geht es vor allem um die bessere Integration von Prozessen wie Retouren-Management oder Themen wie Online-Marketing.
Weinfurtner: Zuerst ist zu klären, ob sie überhaupt einen eigenen Shop betreiben oder nicht lieber auf Marktplätze wie eBay, Amazon oder Rakuten setzen möchten. Wer sich für den eigenen Shop entscheidet, hat viele Möglichkeiten – vom kleinen Miet-Shop bei Hostern wie 1&1 oder Strato bis hin zum selbst entwickelten System. Dazwischen liegt die Option, sich von einer Agentur einen Shop auf Basis gängiger E-Commerce-Lösungen wie Oxid oder Magento erstellen zu lassen.
com! professional: Welche Fragen sollte man dem Anbieter stellen, um das richtige Angebot zu finden?
Weinfurtner: Bevor man überhaupt an den Anbieter herangeht, muss man sich überlegen, welche Ziele der Webauftritt hat. Geht es nur darum, online präsent zu sein, aber weiterhin ausschließlich offline zu verkaufen, oder will ich den kompletten Verkauf online abwickeln? Dann geht es um die Kundensegmente, die ich ansprechen will, und um die Art und die Anzahl der Waren und Dienstleistungen, die ich anbieten will. Will ich nur in Deutschland oder auch international verkaufen?
Wenn man sich über diese strategischen Eckpunkte klar geworden ist, sollte man einen Anforderungskatalog erstellen und dann erst die Shop-Systeme vergleichen.
com! professional: Welche Rolle spielen die verschiedenen Shop-Modelle im Markt?
Weinfurtner: Das Gros der Händler, die über das Internet verkaufen, nutzt einen eigenen Online-Shop und nicht eBay oder Amazon. In dieser Gruppe wiederum geht der Trend zum Miet-Shop aus der Cloud. Wir sehen sehr viele kleinere Händler, die sich eine Agentur gar nicht leisten können und mit solchen Miet-Shops anfangen. Oft wird dann innerhalb des Angebots ihres Hosters zu größeren Paketen gewechselt, wenn das Geschäft wächst, oder nach ein paar Jahren auf eine leistungsfähigere Lösung gesetzt, sei es aus der Cloud oder selbst gehostet.
Auf der anderen Seite betreiben immer mehr Händler gar keinen eigenen Shop mehr, sondern verkaufen ausschließlich über Amazon. Früher hat man das nebenher gemacht. Die Konzentration auf diese Plattform ist vor allem dann ein sinnvoller Weg, wenn man eigene Produkte hat und so nicht im direkten Preiswettbewerb mit Amazon selbst und den anderen Marktplatzteilnehmern steht.
com! professional: Begibt man sich damit nicht in eine große Gefahr? eBay und Amazon sind ja berüchtigt dafür, einfach so Provisionsmodelle und Geschäftsbedingungen zum Nachteil der Händler zu ändern.
Weinfurtner: Das stimmt natürlich, deshalb der Hinweis auf die Eigenmarken. Eigenständige Produkte kann man relativ schnell auch auf einer anderen Plattform anbieten, falls einem die Geschäftsbedingungen nicht mehr zusagen. Wer Standardprodukte verkauft, wird sich auf Marktplätzen ohnehin eher schwertun. Es existieren Händler, die ihre eigenen Produkte auch von Amazon versenden lassen, und die fahren ganz gut damit. Klar, man gibt ein großes Stück der Marge ab, aber dafür muss man sich eben auch nicht um Logistik, Retouren-Management und Online-Marketing kümmern – die Kundenbasis ist bei Amazon beispielsweise schon vorhanden.
2. Teil: „Siegel wie Trusted Shops schaffen Vertrauen“
Siegel wie Trusted Shops schaffen Vertrauen
com! professional: Wie groß schätzen Sie den Reputationsvorteil ein, wenn man über Amazon verkauft? Lässt sich mit Siegeln wie Trusted Shops ein ähnliches Vertrauen bei potenziellen Kunden erzielen?
Weinfurtner: Amazon hat bei den Endkunden einen großen Vertrauensvorteil – bei einem eigenen Shop muss man sich das Vertrauen beim Kunden erst einmal aufbauen. Dabei können Siegel helfen. Für ein gewisses Grundvertrauen sorgt auch das Angebot von Zahlungsarten, die der Kunde für sicher hält. Wenn ich nur Vorkasse offeriere, werden sicher viele Besucher wieder abspringen. Wenn ich Kauf auf Rechnung zur Verfügung stelle, gehe ich andererseits ein hohes Ausfallrisiko ein.
com! professional: Wenn mir Amazon zu mächtig, der eigene Webshop aber zu aufwendig ist, welche Alternativen habe ich?
com! professional: Gibt es einen Vergleich dieser Marktplätze?
Weinfurtner: Wir sind gerade dabei, uns die sechs größten Marktplätze genau anzuschauen. Dazu haben wir bereits eine Umfrage durchgeführt, welche Angebote die Händler bevorzugen und wie zufrieden sie damit sind. Wer ein gutes Warenwirtschaftssystem hat, kann aber ohne großes Risiko selbst testen. Die Marktplätze lassen sich in der Regel problemlos anbinden. Im Prinzip gilt aber: Je mehr Plattformen ich nutze, desto mehr Möglichkeiten habe ich. Wer international tätig sein will, muss sich ohnehin mit dem Thema befassen. In Frankreich zum Beispiel gibt es sehr viel mehr Marktplätze, da ist Amazon längst nicht so stark. Das Gleiche gilt im Übrigen für Suchmaschinen. Nicht überall hat Google eine derartige Monopolstellung wie in Deutschland, das muss man beim Suchmaschinen-Marketing beachten.
com! professional: Mit welchen Kosten muss ein Unternehmen für einen Online-Shop rechnen?
Weinfurtner: Diese Frage lässt sich genauso wenig pauschal beantworten wie die Frage „Was kostet ein Auto?“. Je nachdem ob Sie einen Polo oder einen Ferrari wollen, wird die Antwort sehr unterschiedlich ausfallen. Wie beim Auto kommt es beim Webshop auf die eigenen Ansprüche an.
Weinfurtner: Viele Händler glauben, das Shop-System sei der Hauptkostenblock im E-Commerce. Wenn dann die ersten Bestellungen reinkommen, stellen sie plötzlich fest, dass Einkauf, Lagerverwaltung, Versand, Buchhaltung und Retourenabwicklung weit mehr Zeit und Geld fressen. Wir vergleichen das gern mit einem Eisberg, bei dem ja auch nur ein kleiner Teil über der Wasseroberfläche sichtbar ist. Genauso stellen die sichtbaren Kosten des Shop-Systems nur einen Bruchteil der Gesamtaufwendungen im Online-Handel dar. Vor allem, wenn das Projekt schon weit fortgeschritten ist, wird eine Integration von Prozessen oft sehr viel schwieriger, zeitaufwendiger und teurer, als wenn man sie von Anfang an einplant.
com! professional: Wie entwickeln sich die Umsätze im E-Commerce insgesamt?
Weinfurtner: Der Einzelhandel im Internet wächst weiter rapide. Im E-Commerce mit Waren (ohne Dienstleistungen) werden aktuell pro Jahr circa 40 Milliarden Euro umgesetzt. Der Online-Handel macht derzeit ein Vierzehntel des gesamten Einzelhandels aus. Das hört sich zunächst nach wenig an, man muss aber bedenken, dass der Online-Handel weiter stark wächst, während der Gesamtumsatz im Einzelhandel stagniert.
com! professional: Das heißt, dass ein Einzelhändler eigentlich nicht mehr am Thema E-Commerce vorbeikommt?
Weinfurtner: Man muss zumindest online präsent sein. Ob ich dann auch online verkaufen muss, ist eine andere Frage, aber Online-Marketing sollte man auf jeden Fall machen. Das fängt beim Google-Maps-Eintrag an. Wenn ich dort nicht vertreten bin, verliere ich unter Umständen Laufkundschaft, die auf dem Smartphone nach dem nächsten Schuhhändler, Café oder Friseur sucht.
Der nächste Schritt wäre dann, sich die Marktplätze anzuschauen. Was vermehrt kommt, sind lokale Marktplätze, auf denen sich Händler zusammenschließen. So etwas gibt es zum Beispiel in Wuppertal.
com! professional: Sie haben die Smartphone-Nutzer erwähnt. Wie wichtig ist eine Mobilvariante des Shops beziehungsweise ein Responsive Design, das auf die Endgeräte reagiert?
Weinfurtner: Bei den mobilen Geräten muss man zwischen den verschiedenen Formfaktoren unterscheiden. Wir sind der Meinung, dass sehr viel mehr Online-Handel über Tablets stattfindet als über Smartphones. Smartphones werden eher zur Informationssuche genutzt als direkt zum Einkauf. Beides taucht dann in der Statistik unter „mobil“ auf, was zu falschen Schlüssen führen kann. Ein Online-Shop sollte auf jeden Fall auf einem Tablet gut bedienbar sein, das Einkaufserlebnis auf dem Smartphone ist eher zweitrangig. Durch gutes Responsive Design ist aber die komfortable Bedienung auf allen Geräten problemlos möglich.
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