E-Commerce
27.08.2015
Hybris Shop-Software
1. Teil: „„Die Analyse von Daten ist ein wichtiger Trend““

„Die Analyse von Daten ist ein wichtiger Trend“

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Hybris Software
Die E-Commerce-Plattform Hybris baut immer mehr Brücken zur Unternehmens-IT. com! sprach mit Hybris-Chef Ariel Luedi über das erste Jahr innerhalb der Konzernstruktur von SAP.
Etwa 70 Prozent der Firmenübernahmen, so eine oft belegte Beobachtung, gehen schief: Die Hoffnung, es werde ­Synergieeffekte geben und gemeinsam entwickelte Produkte, erfüllt sich häufig nicht – oder die Kultur in den beiden Organisationen passt nicht zusammen.
Anders ist dies beim Milliarden-Deal mit Hybris, den sich die Walldorfer SAP 2013 leistete. Der mittelständische Spezialist für E-Commerce-Systeme ist relativ reibungslos Teil des viertgrößten Softwareherstellers der Welt geworden. SAP hat Hy­bris Software die Verantwortung für alle Themen und die Technik rund um den Kundenkontakt und den Handel übertragen.
Tabelle:

Die Frage, was Hybris mache und wie stark das Unternehmen sei, stelle heute keiner mehr, so das Resümee von Hybris-Chef Ariel Luedi für das erste Jahr innerhalb der Konzernstruktur von SAP. Seit man zu SAP gehöre, sei es einfacher, Kontakt zu international agierenden Konzernen herzustellen.
Nun erscheint mit SAP Hybris Marketing das erste gemeinsame Produkt. Mit dem Tool können kontinuierlich Daten für Kunden- oder Besucherprofile gesammelt werden, um sie für Marketingzwecke zu verwenden. Damit positioniert sich SAP Hybris neben Firmen wie Adobe und Oracle ebenfalls als Marketing-Cloud-­Anbieter.
2. Teil: „„SAP & Hybris ermöglichen Bestellungen ohne Staus““

„SAP & Hybris ermöglichen Bestellungen ohne Staus“

  • Ariel Luedi, President Hybris Software
com! professional: Sie präsentieren mit SAP Hybris Marketing eine Software, mit der sich Kundendaten aus unterschiedlichsten Quellen eines Unternehmens zusammentragen lassen. Wie stark ist das Programm von der Übernahme durch SAP beeinflusst?
Ariel Luedi: Sehr stark. SAP Hybris Marketing ist eine Folge des Kaufs. SAP hat uns die Verantwortung für alle kunden­orientierten Prozesse übertragen. Wir sind zuständig für alle Produkte, mit denen Unternehmen Kundenbeziehungen verbessern und effizienter gestalten können. Durch unsere langjährige Beschäftigung mit E-Commerce-Systemen haben wir hier sehr viel Erfahrung, während SAP sich eher um firmeninterne Abläufe kümmert. In SAP Hybris Marketing haben wir ein SAP-Tool namens HANA, eine schnelle Datenbank für Produkt- und Vertriebsdaten, sowie Marketingfunktionalitäten aus der Hybris-Plattform zusammengeführt. Mit dem neuen Tool lassen sich Produkt- und Kundendaten, etwa aus einem Shop, aus Loyality-Programmen, Callcentern, aus der Produktion, zusammenfassen. Das hilft, Produktbeschreibungen und Angebote zu verbessern. Kunden kommen ja heute an verschiedenen Punkten in Kontakt mit Marken und Waren. Sie wollen mehr darüber wissen, was sie kaufen. Umgekehrt beeinflussen ihre Erfahrungen die Produktion und deren Darstellung.
com! professional: An wen richten Sie das Programm?
Luedi: An Händler und Marken gleichermaßen. 40 Prozent unseres Umsatzes entfallen auf das Geschäft mit Marken, die vertikalisieren, Flagshipstores eröffnen und in den E-Commerce investieren. Diese Unternehmen hatten bisher häufig keinen direkten Kundenkontakt, sie müssen sich ­also schnell und umfassend ein Bild von Käufern machen können. Die Analyse von Kundendaten wird für alle Unternehmen immer wichtiger: Ohne sie sind Cross- oder Upselling-Bemühungen nicht denkbar, und damit eignet sich SAP Hybris Marketing auch für B2B-Geschäfte.

com! professional: Die Unterschiede zwischen Wirtschaftsplanungssoftware à la SAP und Shop-Systemen bilden noch immer die größten Hürden beim E-Commerce. Gibt es weitere Beispiele, dass diese Welten bei Hybris und SAP nun zusammenwachsen?
Luedi: Enterprise-Resource-Planning-Systeme (ERP) sind dafür gemacht, die Orders von Filialen aufzunehmen, zu bündeln und zu verwalten, aber sie können keine Einzelbestellungen mit Rechnungsstellung managen, wie das im ­Online-Shop notwendig ist. SAP Billing and Revenue Innovation Management baut inzwischen eine Brücke zwischen beiden Welten. Das Programm konsolidiert alle Bestellungen eines Online-Shops und leitet sie gesammelt ans ERP weiter, sodass keine Staus und Verzögerungen entstehen.
3. Teil: „„Hybris kooperiert mit mehr als 800 Unternehmen““

„Hybris kooperiert mit mehr als 800 Unternehmen“

  • Eine Plattform für alle Kanäle: Hybris ist ein Baukastensystem für den Multi- oder Omnichannel.
com! professional: Wie hat sich Hybris nach der Übernahme entwickelt?
Luedi: Der Lizenzumsatz von Hybris hat sich im letzten Jahr mehr als verdoppelt. Wir wurden bisher mit rund 1000 Mitarbeitern als eher kleines Unternehmen wahrgenommen und mussten uns immer wieder fragen lassen, was wir machen und wie stark wir sind. Das fragt heute keiner mehr. Wir gehören jetzt zu SAP und kommen so leichter an international agierende Konzerne ­heran. Außerdem finden wir jetzt deutlich leichter neue Fachkräfte und Spezialisten.
com! professional: Sie werden viele SAP-Kunden von Ihrem Shop-System überzeugt haben, oder?
Luedi: Wir wollen keine direkten Abhängigkeiten schaffen. Kunden, die ein ERP-System brauchen oder haben, sollen nicht automatisch auch die Hybris-Plattform ­integrieren müssen und umgekehrt. Wir treten eigenständig auf, und diese Strategie geht auf. Etwa 30 Prozent unserer Neukunden haben wir 2014 unabhängig von SAP gewonnen.
  • Cockpit von SAP Hybris Marketing: Zahlen rund um den Werbe-Etat auf einen Blick.
com! professional: Wie viele Kunden hat Hybris denn – und wie lassen sie sich beschreiben?
Luedi: Wir haben im letzten Jahr 275 neue Kunden gewonnen und kooperieren jetzt mit mehr als 800 Unternehmen. Etwa die Hälfte davon arbeitet mit einem SAP-System, etwa 20 Prozent stammen aus dem Mittelstand und, wie gesagt, 30 Prozent kommen über uns zu SAP. Es ist Aufgabe von Hybris, der SAP-Vertriebsmannschaft die eigenen Angebote zu vermitteln. Der interne Wissenstransfer läuft gut.
com! professional: Würde er nicht noch besser laufen, wenn Hybris von München nach Walldorf umziehen würde?
Luedi: Ein Teil unserer Mitarbeiter, die, die sich um Kundenlösungen kümmern, arbeitet in Walldorf. Aber bei Hybris ist die Arbeit längst weltweit verteilt – wir ­haben Teams in Warschau, München, Montreal, Palo Alto. Das gehört zu uns und zu unserer Kultur, und SAP will, dass wir unsere Kultur erhalten. Also bleiben wir auch in Zukunft in München.
com! professional: Wie stark mischt sich SAP eigentlich ins ­Tagesgeschäft ein?
Luedi: Wir stehen in engem Kontakt und intensivem Austausch, das nenne ich nicht Einmischung. Carsten Thoma und ich ­berichten direkt an den Vorstand, wir ­informieren quartalsweise über unsere Geschäfte. Und wenn es um Fragen rund um Customer Engagement & Commerce geht, stehen wir laufend in Kontakt mit SAP-Teams und -Vorstand.
4. Teil: „„Die Optimierung von Prozessen reizt uns““

„Die Optimierung von Prozessen reizt uns“

com! professional: Nach einer Studie des EHI Retail Instituts nutzen von den 1000 größten Online-Shops in Deutschland rund 40 Prozent Shop-Systeme, die sie selbst entwickelt haben. Hybris Software erreicht einen Anteil von 6,69 Prozent. Das muss Sie doch ärgern.
  • SAP Hybris Marketing Segmentation: Das Segmentierungsmodul errechnet die Kaufneigungen. Dazu erlaubt es eine Auswahl etwa nach Kundenprofil und Einkommensgruppe.
Luedi: Das sehen wir sportlich – außerdem ist das die beste Werbung für uns. Denn irgendwann laufen diese Eigenentwicklungen an die Wand, wenn etwa das Sortiment, die Kundenzahlen oder die Anforderungen wachsen. Es ergibt heute einfach keinen Sinn mehr, ein Shop-System selbst zu bauen.
Wir kommen aus dem Mittelstand, ­decken mit unserem System aber auch die Ansprüche von Konzernen ab. Um auch weiterhin mittelständische Kunden zu befriedi­­gen, bieten wir unser System als Baukasten und in der Cloud an und haben dafür diverse Preismodelle entwickelt. Ein Revenue-Share-Modell kommt nicht ­infrage, das wirkt wie eine Steuer und Kunden lehnen das ab.
com! professional: Wie aufwendig ist die technische ­Integration der Hybris-Software?
Luedi: Das kommt auf die Anforderungen an. Einfache Shops sind in 10, 12 Wochen gebaut, komplexe Anwendungen können schon einmal 18 Monate brauchen.
com! professional: Hybris liefert jetzt auch Ideen zur Digita­lisierung von Läden. Interaktive Spiegel oder webbasierte Informationssysteme sind aber meistens Insellösungen und kaum integrierbar in die Unternehmens-IT – wie ist das bei Ihnen?
Luedi: Wir wollten bei unseren Vorschlägen bewusst nicht in die Technologiefalle laufen und haben auf offene Systeme ­gesetzt. So können wir die Ideen von Partnern in unsere Plattform integrieren und Innovationen schnell berücksichtigen.
com! professional: Welche Trends sehen Sie im E-Commerce, was finden Sie interessant?
Luedi: Die holografische Visualisierung von Produkten wird sicher nicht unser Ding werden, ist aber cool. Das Erfassen und Analysieren von Kundendaten ist jedoch ein wichtiger Trend, für den wir Lösungen bieten. Noch ein starker Trend ist sicher die Optimierung von Prozessen: Das Angebot, online drei T-Shirts zum Preis von zweien anzubieten, klingt simpel, macht aber im Backoffice viel Aufwand. Dieser wächst, wenn ein Shirt im Laden umgetauscht werden soll. Solche Aufgaben reizen uns, in solchen Infrastrukturen sind wir stark.

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