Business-IT
12.11.2015
Technologie-Trends
1. Teil: „Die Tops und Flops des Gartner Hype Cycle“

Die Tops und Flops des Gartner Hype Cycle

Die Tops und Flops des Gartner Hype CycleDie Tops und Flops des Gartner Hype CycleDie Tops und Flops des Gartner Hype Cycle
Fotolia / kentoh
Hybrid Cloud Computing ist out, Software-defined Security in und Big Data etabliert. Die Analysten von Gartner sind in der IT-Branche so etwas wie Gurus. Was sie sagen, hat Gewicht.
Das Unternehmen für IT-Beratung und Marktforschung Gartner mit Sitz in Stamford, Connecticut, wirft seit 20 Jahren immer im August einen Blick in die Glaskugel: Das Analysten-Team nimmt mehr als 2000 Technologien unter die Lupe und pickt rund 70 davon heraus, die es für besonders relevant hält.
Diese Technologien werden entlang einer Kurve platziert, die die Phasen widerspiegelt, die jede Technologie auf dem Weg zur Marktreife durchschreitet. Dabei signalisieren die verwendeten Symbole, in welchem Zeitraum mit einer signifikanten Marktdurchdringung zu rechnen ist. In der Vergangenheit waren diese sogenannten Hype Cycles erstaunlich treffsicher.
Der „Hype Cycle for Emerging Technologies 2015“ zeigt auf, welche Technologien in den kommenden Jahren wegweisend sein könnten und welche ihre beste Zeit hinter sich haben.

Fünf Phasen

Der Hype Cycle ist in fünf Phasen eingeteilt: Die erste Phase ist der Innovation Trigger (manchmal auch Technology Trigger genannt). Sie markiert den Anfang der Kurve. Die hier platzierten Technologien befinden sich oft noch im Forschungs- und Entwicklungsstadium. Oder es liegen erste Proof-of-Concept-Produkte vor, die aber weder Marktreife haben noch eine verlässliche wirtschaftliche Perspektive. Die Prognose lautet dann in der Regel, dass es mehr als zehn Jahre dauert, bis etwas Sinnvolles daraus entsteht.
Es folgt der Peak of Inflated Expectations – die Phase des Überhypes und der überzogenen Erwartungen. Hier klaffen Erwartung und Realität am weitesten auseinander.
  • Jackie Fenn, Analystin bei Gartner und Hype-Cycle-Erfinderin: „Mach nicht mit, nur weil es in ist. Verpasse es nicht, nur weil es out ist.“
Danach kommt das Trough of Disillusionment. Die hier angesiedelten Technologien sind auf dem absteigenden Ast, der geradewegs in das Tal der Enttäuschungen führt.
Hier lässt das öffentliche Interesse stark nach, da keine marktreifen Produkte entstehen. Etliche Hersteller bleiben dabei auf der Strecke. Die verbleibenden verbessern ihre Produkte so weit, dass sie für Early Adopters attraktiv erscheinen.
Die nächste Phase ist der Slope of Enlightenment, der Pfad der Erleuchtung: Die entsprechende Technologie ist in der öffentlichen Wahrnehmung nicht mehr stark vertreten, aber es kristallisiert sich ein Verständnis für die Vorteile, die praktische Umsetzung und die Grenzen der Technologie heraus. Mehr Unternehmen haben investiert und es gibt eine zweite oder dritte Generation von Produkten.
Das Ganze führt schließlich auf das Plateau of Productivity und wird zum Mainstream. 30 Prozent der Zielgruppe haben dann entsprechende Produkte erworben.
Ein methodisches Problem liegt da­rin, dass die Hype Cycles den Verlauf der Hypes selbst beeinflussen. Würden alle CIOs den Hype Cycles folgen, dann würde sich der Hype wie prognostiziert entwickeln. Immerhin: Mit der Hype-Cycle-Kurve konnte deren Erfinderin Jackie Fenn das Platzen der Dotcom-Blase bereits ein halbes Jahr vorher absehen.
2. Teil: „Die Top-Hypes des Gartner Hype Cycle 2015“

Die Top-Hypes des Gartner Hype Cycle 2015

Vergleicht man den Hype Cycle for Emerging Technologies 2015 mit dem des Vorjahres, dann wird offenbar, was fehlt: Big Data, NFC, In-Memory-Computing und Cloud-Computing. Das kann zwei Gründe haben: Entweder hat sich die Technologie durchgesetzt und ist sozusagen rechts aus der Kurve gefallen oder der ehemalige Hype ist keiner mehr – was eine Aufnahme in den Hype Cycle ausschließt.
  • Hype Cycle for Emerging Technologies 2015: Die Top-Hypes kurz vor dem Absturz sind autonome Fahrzeuge und das Internet of Things.
    Quelle:
    Gartner
Beim Hype Cycle 2015 fallen einige interessante Technologien ins Auge. Ganz am Anfang der Kurve taucht der Begriff Smart Dust auf. Damit sind Schwärme von Nano-Sensoren gemeint, sogenannte mikroelektromechanische Systeme (MEMS), die etwa Licht, Temperatur, Vibration, Magnetismus oder bestimmte Chemikalien messen und die Daten auswerten können. Laut Gartner werden sie aber im nächsten Jahrzehnt nicht auf der Tagesordnung stehen.
Höher angesiedelt ist Citizen Data Science. Der Gedanke dahinter ist, dass Tools und Technologien inzwischen so weit fortgeschritten sind, dass jeder durchschnittlich begabte Mensch im Unternehmen damit Datenanalysen durchführen kann, die zuvor ein Heer von hochspezialisierten Data Scientists erfordert hätten. Ein solcher Übergang zu einem unternehmensweiten Fokus auf Daten kann laut Gartner für die Unternehmen nur positiv sein.
Ebenfalls in der Hoch-Hype-Phase befindet sich Software-defined Security. Dabei geht es um die Entkopplung und Abstraktion von Infrastruktur-Elementen in den Rechenzentren wie Server, Speicher und Netzwerke. Software-defined Security bedeutet nicht, dass dedizierte Sicherheits-Hardware nicht mehr benötigt wird. Allerdings liegt die Intelligenz von Software-defined Security eben in der Software.
  • Smart-Wearables: Laut Gartner bereits auf dem Weg ins Tal der Enttäuschungen.
    Quelle:
    Blu
Dem Hype-Höhepunkt nahe sind Micro Data Centers. Da durch das Internet of Things immer mehr Daten anfallen, werden geringe Latenzzeiten zunehmend wichtig. Das sollen Micro Data Center gewährleisten.
Genau am Wendepunkt, also bei maximalem Hype, aber kurz vor dem Absturz, befindet sich das selbstfahrende autonome Auto und das Internet of Things.
Das selbstfahrende Auto von Google hat es weltweit in die Medien geschafft. Fortschritte bei Sensoren, Bildverarbeitung und Kommunikationstechnologien verbunden mit fortgeschrittener Software und Cloud-Computing machen das autonome Auto laut Gartner wahrscheinlicher. Die Aufgaben, die ein solches Vehikel bewältigen muss, sind jedoch äußerst komplex und die Entwicklungskosten sehr hoch.
Auf dem Weg ins Tal der Enttäuschungen sind etwa Wearables, Cryptocurrencies wie Bitcoins sowie Hybrid Cloud Computing und Augmented Reality.
Das Plateau of Productivity fast erreicht und damit gute Chancen auf Massentauglichkeit hat Enterprise 3D Printing.
3. Teil: „Prognose und Wirklichkeit des Gartner Hype Cycle“

Prognose und Wirklichkeit des Gartner Hype Cycle

Wenn man die Hype Cycles der Jahre 2005 bis 2015 analysiert,  dann fällt auf, wie richtig die Analysten von Gartner in der schnelllebigen IT-Welt viele teils abwegig erscheinende Technologien bisweilen eingeordnet haben.
  • Hype Cycle for Emerging Technologies 2005: Der Vergleich mit oben zeigt, welche Technologien sich in den vergangenen zehn Jahren durchgesetzt haben – etwa der Tablet-PC.
    Quelle:
    Gartner
Ein Dauerbrenner ist zum Beispiel Augmented Reality. 2005 tauchte sie im ersten Abschnitt der Kurve auf, also unter Innovation Trigger. Die Vorhersage war, das Plateau of Productivity sei binnen zehn Jahren erreicht. 2015 ist es zwar noch nicht ganz so weit, das Tal der Enttäuschungen ist jedoch bereits erreicht: Erst wenige Produkte sind marktreif, über mögliche Geschäftsmodelle wird aber intensiv nachgedacht.
Der Tablet-PC war 2005 mitten im Trough of Disillusionment, allerdings mit einer günstigen Prognose in einem Zeitraum bis zu fünf Jahren. Tatsächlich kam 2010 Apples iPad auf den Markt, und der Tablet-PC war kein Hype mehr, sondern auf dem Weg zur Selbstverständlichkeit. Seitdem erscheint er im Hype Cycle nicht mehr.
2008 beginnt die Ära des Cloud-Computings – im Hype Cycle mit einer Prognose von fünf Jahren bis zum Plateau of Productivity. Das war 2014 fast erreicht. 2015 taucht die Technologie im Hype Cycle schon nicht mehr auf, weil sie inzwischen den Massenmarkt erreicht hat.
Es gibt auch Gegenbeispiele: Noch im Hype Cycle 2014 war Big Data auf dem Weg ins Tal der Enttäuschungen mit einer Prognose von fünf bis zehn Jahren. Cloud-Computing rangierte kurz vor der Talsohle mit prognostizierten zwei bis fünf Jahren bis zum Erreichen des Produktivität-Plateaus. Beide sind jedoch 2015 nicht mehr im Hype Cycle vertreten, weil sich die Technologien schneller als erwartet etabliert haben.

Hype Cycles for Everything

  • Hype Cycle for 3D Printing: Die Hoch-Zeit der Technologie steht noch bevor, wie die zahlreichen Einträge im Bereich Innovation Trigger zeigen.
    Quelle:
    Gartner
Der Hype Cycle for Emerging Technologies ist nicht der einzige Hype Cycle, den Gartner zu bieten hat.
Ein Beispiel ist der Hype Cycle for 3D Printing. Ihm zufolge sind 3D Scanner und Enterprise 3D Printing bereits auf dem Plateau angekommen. Consumer 3D Printing ist auf dem Weg ins Tal der Enttäuschungen und 3D Printing medizinischer Geräte ist groß im Kommen.
Ein weiteres Beispiel ist der Hype Cycle for Big Data. Er besagt, dass Hadoop, Data Warehouse Platform as a Service (dwPaaS) und Social Analytics out sind. Die nächsten Hypes in diesem Sektor könnten Data as a Service, Open Data und Big Data Analytics for Fraud and Security sein.
In Sachen Netzwerk bescheinigen die Marktforscher etwa WLAN 802.11ad und Software-defined WAN einen Höhenflug, während Software-defined Networking gerade abstürzt und Fibre Channel over Ethernet sogar als obsolet eingeschätzt wird.

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