Business-IT
16.06.2015
IT-Consulting
1. Teil: „So begleiten Berater den digitalen Wandel“

So begleiten Berater den digitalen Wandel

Tasse-Kaffee Los gehtsTasse-Kaffee Los gehtsTasse-Kaffee Los gehts
Fotolia / Marco2811
Zahlreiche Unternehmen sind bei der digitalen Transformation auf Ratschläge von externen Experten angewiesen. com! professional hat mit den großen deutschen Consulting-Firmen über den digitalen Wandel gesprochen.
  • Christian Till Roga, Leiter Digital Division, T-Systems: " Hier gewinnt der Schnellere, nicht der Gründlichere."
Business-IT auf dem Vormarsch: Vielen Unternehmen fehlen die Voraussetzungen für eine erfolgreiche digitale Transformation aus eigener Kraft. Die Ursachen sind vielgestaltig: keine Innovationsenergie, mangelndes Know-how, nicht vorhandene Markteinblicke oder schlicht knappe Budgets. Diese Unternehmen benötigen auf ihrem Weg externe Beratung und erfahrene Transformationshelfer.
com! professional hat mit den großen deutschen Consulting-Firmen über die digitale Transformation gesprochen. Warum sie in Deutschland zögerlich verläuft, welche Hürden es gibt und welche Fehler sich vermeiden lassen.

Deutschland hinkt hinterher

Das Gros der Studien zur Digitalisierung kommt zu einem eindeutigen Ergebnis: Deutschland hinkt der Spitze in Sachen Transformation hinterher, ist Mittelmaß, liegt hin und wieder sogar unter dem Durchschnitt im Vergleich mit anderen Ländern. Dabei weisen die Bürger in Deutschland eine hohe digitale Affinität auf. Drei Viertel von ihnen lesen ihre Nachrichten online, 80 Prozent kaufen im Internet ein, und auch die digitale Kompetenz der Deutschen ist hoch. Die Kunden sind also bereit für digitale Geschäftsmodelle. Allein die Wirtschaft reagiert offenbar träge.
Aus der Sicht von Matthias Mierisch von arvato ist ein Grund dafür der bestehende Handlungsbedarf bei der Infrastruktur in Form von Breitband- und mobilem Internet. Das sieht auch Clemens Oertel von Accenture Strategy so. Er führt als weitere Gründe an, dass deutsche Unternehmen zu wenig in digitalen Geschäftsmodellen denken und dass verlässliche Regelungen für die digitale Wirtschaft fehlen, etwa beim Thema Datenschutz. Für Paul Lokuciejewski von Capgemini Consulting wiederum kann die digitale Transformation nicht ohne klar definierte Digitalstrategie vorankommen.
  • Thomas Stöcker, Vice President Business Development, NTT DATA Deutschland: "Fail early, adapt quickly."
Hinderlich ist mitunter die deutsche Gründlichkeit. Sie ist eine Art Antithese zur digitalen Transformation. „Geschwindigkeit in der Adaption neuer Möglichkeiten ist eines der wichtigsten Kriterien, doch sie widerspricht vielleicht ein wenig der viel gerühmten deutschen Gründlichkeit“, formuliert es Dagmar Bleilebens von Atos Deutschland. Christian Till Roga, T-Systems, bringt es noch deutlicher auf den Punkt: „Hier gewinnt der Schnellere, nicht der Gründlichere.“
„Der Fokus liegt oft auf Problemen, nicht Lösungen“, stellt dazu Thomas Stöcker, NTT DATA Deutschland, fest. Seiner Meinung nach müssten Firmen häufiger nach dem Motto „Fail early, adopt quickly“ handeln. Dem pflichtet Jens Wassermann von msg systems bei. Die Neugestaltung der Prozesse erfordere ein hohes Maß an Kreativität und die optimale Lösung sei nur durch Trial and Error zu finden, so seine Begründung.
Stephan Osthues von der IBM Unternehmensberatung dagegen findet nicht, dass die Transformation schleppend vo­rangeht. Er sieht in Deutschland vielmehr vielfältige Initiativen gedeihen und das Schlagwort Industrie 4.0 trage dazu bei, dass sich der Business-to-Business-Bereich verstärkt mit dem Thema Digitalisierung auseinandersetze.
2. Teil: „Wettbewerbsfähigkeit ist bedroht“

Wettbewerbsfähigkeit ist bedroht

  • Chancenbewertung: Wie schätzen Sie die Fähigkeiten Ihres Unternehmens ein, die Chancen der digitalen Transformation zu nutzen beziehungsweise dem Digitalisierungsdruck zu begegnen?
    Quelle:
    Crisp Research AG, 2015
Unternehmen, die die digitale Transformation nicht vollziehen wollen oder können, verlieren ihre Wettbewerbsfähigkeit. Darin sind sich die Consulting-Firmen einig. „Wer nicht digitalisiert, stirbt“, heißt es bei T-Systems-Mann Christian Till Roga. Längst würden angestammte Geschäftsmodelle durch Start-ups infrage gestellt, so Thomas Stöcker (NTT).
Bestehende Unternehmen, die ihre Geschäftsmodelle nicht anpassen, können den Start-ups wenig entgegensetzen und deshalb im Preiswettbewerb nicht mehr bestehen, oder sie verlieren den Wettkampf einfach aufgrund fehlender Kundenbindung. „Kreative Zerstörer“ nennt Dagmar Bleilebens die Start-ups und bezieht sich auf Unternehmen wie Uber, die das Taxi-Gewerbe angreifen, oder Airbnb, die den Hoteliers Übernachtungsgäste abspenstig machen. Bleilebens prognostiziert eine Verringerung des Marktvolumens in diesen Branchen und geht davon aus, dass auch Unternehmen in vielen anderen Branchen dauerhaft mit neuen Wettbewerbern konfrontiert werden.
  • Stephan Osthues, Associate Partner, IBM Unternehmensberatung: "Alle müssen ran."
Möglichst große Stücke vom verbleibenden Kuchen bekomme nur ab, wer Produkte und Dienste schneller, flexibler und kostengünstiger bereitstellen könne, fasst Jens Wassermann (msg systems) die notwendige Strategie zusammen. In den Smart Services sieht Clemens Oertel (Accenture) die Zukunft. Hier befinde sich die deutsche Industrie in einer guten Ausgangslage, ihre weltweite Führungsposition zu verteidigen, vorausgesetzt, sie nutze die Chance der Digitalisierung entschlossen genug.
Wer die Vorteile der digitalen Transforma­tion ignoriere, bekomme mittel- und langfristig Probleme, nicht nur im Hinblick auf die eigene Leistungsfähigkeit, sondern auch hinsichtlich der Kundenbindung, der Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern und am Ende auch der Attraktivität als Arbeitgeber, merkt Stephan Osthues von IBM an.
3. Teil: „Zwei Drittel sind auf Consulting angewiesen“

Zwei Drittel sind auf Consulting angewiesen

Ohne Beratung durch externe Firmen ist die digitale Transformation für zwei Drittel der deutschen Firmen einer Umfrage von Crisp Research zufolge nicht zu schaffen. Laut Clemens Oertel liegt das daran, dass Entscheider in den Unternehmen das Thema zwar angehen wollen, aber nicht so recht wissen, wo sie anfangen sollen und was ihnen am meisten Mehrwert bringt.
  • Dagmar Bleilebens, Managing Partner, Atos Deutschland: "Heute kaufen Kunden vielleicht noch ein Auto, in Zukunft werden sie den Service ,Autofahren‘ kaufen."
Digitale Techniken seien kein Zusatz oder eine reine Erweiterung bestehender Prozesse und Produkte, führt Dagmar Bleilebens von Atos dazu aus. Unternehmen müssten lernen, digital zu denken und konsequent aus der Sicht des Kunden zu konzipieren. Bleilebens: „Heute kaufen Kunden vielleicht noch ein Auto, in Zukunft werden sie den Service ,Autofahren’ kaufen.“ Die Herausforderung bestehe darin, zu erkennen, was die Digitalisierung bringt und wo sich Firmen transformieren müssen, bestätigt Matthias Mierisch (arvato).
Die digitale Transformation müsse vom gesamten Unternehmen getragen und von der Geschäftsführung und den Mitarbeitern aktiv mitgestaltet werden, so Stephan Osthues von IBM. Er betont: „Hierfür ist auch Beratung im Sinne von Change Management gefragt, denn die digitale Transformation muss im gesamten Unternehmen akzeptiert und gelebt werden. Das ist nicht nur ein IT-Thema, sondern Business und IT müssen sich gleichermaßen verändern.“

Die Transformation stellt Unternehmen vor große Aufgaben

„Die Transformation und Ergänzung der bestehenden Geschäftsprozesse durch digitale Komponenten stellt Unternehmen vor große Veränderungsaufgaben in der IT, aber vor allem in der Unternehmenskultur“, erläutert Jens Wassermann von msg systems den Beratungsbedarf.
  • Matthias Mierisch, Vorsitzender der Geschäftsleitung DACH, arvato Systems GmbH: "Es stellt sich die Frage, welchen Reifegrad die Digitalisierung in verschiedenen Branchen bereits hat."
„Der Wandel hin zu einer stärkeren Öffnung der Unternehmensprozesse nach außen, einer starken Vernetzung und Verzahnung mit vor- und nachgelagerten Partnern ist die Grundlage für den zukünftigen Erfolg.“ Das bestätigt auch Christian Till Roga (T-Systems), der die Chance für deutsche Unternehmen in vernetzten Wertschöpfungsketten der Industrie sieht. Man müsse sich deshalb schnell und pragmatisch auf Standards einigen. Unternehmen müssten sich zunächst einmal davon verabschieden, dass die Digitalisierung nur ihnen, den transformierenden Unternehmen, Wettbewerbsvorteile bringen kann.
Unsicherheit besteht laut Paul Lokuciejewski (Capgemini) darüber hi­naus in Sicherheitsfragen, Stichwort Cybersecurity. Zudem griffen Unternehmen vermehrt auf externes Know-how zurück, wenn es um die Etablierung neuer Rollen wie die eines Chief Digital Officers und die Gestaltung eines effektiven Innovationsmanagements gehe.
4. Teil: „Digitaler Wandel betrifft alle Branchen“

Digitaler Wandel betrifft alle Branchen

Fragt man die Consulting-Unternehmen, in welchen Branchen und Geschäftsfeldern die digitale Transformation am drängendsten ist, dann will sich niemand so richtig festlegen. Über kurz oder lang sind alle Branchen von der digitalen Transformation betroffen. Priorisierungen vorzunehmen fällt daher nicht ganz leicht.
  • Rolle der IT: Welche Rolle spielt die interne IT bei der Umsetzung der digitalen Transformation?
„Alle müssen ran“, konstatiert folglich Stephan Osthues. (IBM) Dennoch hat er Favoriten. Für ihn gehört der Handel zu den Vorreitern, während die Finanzdienstleister traditionell und vergleichsweise zögerlich vorgingen. Im Sinne des Industrie- und Hightech-Standorts Deutschland ist seiner Meinung nach die Maschinen- und Automobilbranche ein wichtiger Transformationsbereich. Weil die Konkurrenz in den USA und China nicht schlafe, müsse hier ein möglichst rascher Konsens zwischen Industrie und Politik bezüglich allgemein verbindlicher Standards und Sicherheitsfragen gefunden werden.
Im Handel und bei den Konsumgütern vollziehe sich die digitale Transformation gerade, erklärt Paul Lokuciejewski, „aber auch in der produzierenden Industrie“. Diese These unterstützt Thomas Stöcker von NTT. Ihm zufolge sieht insbesondere die produzierende Industrie Bedarf, ihre IT-Infrastrukturen innerhalb der Cloud-Transformation und später für die Industrie 4.0 weiter aufzurüsten, während Banken bereits gut gerüstet seien. Sie hätten stattdessen Nachholbedarf in der prozessualen Vernetzung, bei Omnichannel und Customer Excellence. Gleiches gelte für Energieversorger.
Zu Beginn des Jahres liege der Fokus auf den Branchen Automotive, Health und Energy, legt sich Christian Till Roga fest. Hinzu kämen Retail und Manufacturing.

Digitaler Wandel benötigt Zeit

Eine Transformation ist aber nicht von heute auf morgen beendet. Für Jens Wassermann sind etwa die Telekommunikations- und Medienunternehmen bereits weit fortgeschritten, aber längst nicht am Ziel. „In diesen Branchen müssen Innovationen für den Endkunden und zwischen den Unternehmen beständig fortgeführt werden, um am Markt zu bestehen. Nur mit der entsprechenden IT bleiben sie wettbewerbsfähig“, so Wassermann (msg systems). Matthias Mierisch (arvato) spricht hier von „Reifegrad“ und sieht einen solchen in hoher Ausprägung in der Medienbranche und beim Handel, während er im Energiesektor eher gering ausfalle. Smart Grids und Smart Metering zeigten allerdings, dass sich dies bald ändern werde.
5. Teil: „Start-up-Denken ist gefordert“

Start-up-Denken ist gefordert

Aber wo soll man die digitale Transformation beginnen? Welche Ansatzpunkte gibt es? Zum Beispiel das Kundenerlebnis, wenn es nach Christian Till Roga von T-Systems geht. Dazu müssen Unternehmen laut Roga herausfinden, was ihre Kunden wirklich als Verbesserung wahrnehmen und als Service spüren wollen. Daraus könnten sie dann die Digitalstrategie ableiten. Technische Plattformen, Konnektivität und Security seien unerlässlich – „aber Technologieauswahl sollte nicht der erste Schritt sein“.
  • Clemens Oertel, Geschäftsführer, Accenture Strategy: "Die Unternehmensführung muss das Projekt konsequent vorantreiben."
Eine gehörige Portion Struktur empfiehlt Atos-Beraterin Dagmar Blei­lebens: „Zuallererst müssen die Abläufe und Systeme in den Unternehmen miteinander kommunizieren können.“ Das Ziel sei, alle relevanten Daten jederzeit verfügbar zu haben. Aus diesen verfügbaren Produkt- und Kundendaten ließen sich dann neue Services ableiten. „So kann beispielsweise ein Versicherungstarif für Autofahrer an das Fahrverhalten gekoppelt werden. Allerdings muss jedes Unternehmen prüfen, ob diese Services auch vom Kunden angenommen werden und Datenschutzvorgaben entsprechen“, relativiert Bleilebens die Idee des gläsernen Autofahrers.
Eine gute Basis stellt laut Clemens Oertel von Accenture ein Chancen-Risiko-Profil der Digitalisierung dar, das es zu erarbeiten gelte. Zu beantworten seien dabei verschiedene Fragen: Welche Verschlechterung meiner Wettbewerbsposition auf den einzelnen Stufen meiner Wertschöpfungskette riskiere ich im Fall von Nichtstun, mit welchem Risiko für meinen EBIT? Welche Wettbewerbsvorteile beziehungsweise EBIT-Poten­ziale kann ich mir erschließen, indem ich meine aktuellen Geschäftsmodelle digitalisiere? Welche Chancen bestehen, durch neue digitale Geschäftsmodelle Wachstum zu generieren? Die digitale Roadmap ließe sich im Anschluss daran vergleichsweise einfach festlegen.

Start-up-Mentalität ist hilfreich

Jens Wassermann und Matthias Mierisch sehen in der Start-up-Kultur einen Ansatz. „Es ist hilfreich für Unternehmen, sich eine gewisse Start-up-Mentalität zuzulegen, um Hemmnisse durch etablierte Strukturen zu überwinden“, findet Wassermann. „Mitarbeiter müssen zu eigenen Ideen, zu Innovationen ermutigt werden. Eine solche veränderte Projektkultur, ein gutes Stück Start-up-Denken – das hilft“, so Mierisch.
Die kreativen Zerstörer werden also nicht nur Ideengeber für neue Business-Modelle, sondern auch für die Unternehmens- und Projektkultur. Allerdings sollten sich die Unternehmen ihrer Stärken bewusst sein. Sie sollten prüfen, welche Kompetenzen sie selbst haben, und sich nach passenden Partnern für die Umsetzung umschauen, rät Jens Wassermann.
Dabei muss die Transformationsstrategie gar nicht haarklein ausgearbeitet und in einem Schwung umgesetzt werden. Anstatt einen Large-Scale-Ansatz zu fahren und groß zu denken, empfiehlt Stephan Osthues, kleinere Brötchen zu backen. Sein Rat: „Einfach anfangen. Es muss nicht gleich der ganz große Wurf sein.“
6. Teil: „Digitale Transformation ist unternehmensspezifisch“

Digitale Transformation ist unternehmensspezifisch

  • Jens Wassermann, Verantwortlich für Telecommunications & Media, msg systems AG
Die Reise durch die digitale Transformation verläuft für jedes Unternehmen anders und orientiert sich an branchenspezifischen Gegebenheiten, schildert Paul Lokuciejewski von Capgemini die Situation. Die Lösungen müssten passend und individuell auf das Unternehmen zugeschnitten sein. Ein Patentrezept für die Transformation gebe es nicht. Was bei dem einen Unternehmen funktioniere, könne bei dem anderen nach hinten losgehen.
Aber auch wenn individuelle Lösungen die einzige Möglichkeit sind, gibt es für den Weg dorthin bewährte Standards, erläutert Dagmar Bleilebens (Atos). Unternehmen sollten etwa mit einem Management-Workshop starten, „in dem das Potenzial einer digitalen Transformation den Beteiligten konkret vor Augen geführt wird“. Danach würden spezifische Lösungsvorschläge ausgearbeitet, Handlungskonzepte abgeleitet und konkrete nächste Schritte vereinbart. „Entscheidend für den Erfolg digitaler Transformationsprojekte ist, die Aufgabenstellung und das Ergebnis von Anfang an richtig zu definieren“, rät Clemens Oertel. „Und dann muss natürlich – wie bei allen Veränderungsprozessen – die Unternehmensführung das Projekt konsequent vorantreiben.“
Als grundsätzliches Ziel nennt Stephan Osthues (IBM) die „vertikale und horizontale Integration von Produktions- und Geschäftssystemen sowie die Integration innerhalb von Wertschöpfungsketten“. Das setze eine nahtlose Kommunikation aller beteiligten Systeme voraus und könne durchaus mit bewährten Standardkomponenten funktionieren, etwa mit SAP.

Patentrezepte gibt es nicht

Auch für Christian Till Roga gibt es kein Patentrezept „für das beste Kundenerlebnis“. In dieser Hinsicht müssten sich Unternehmen sogar unterscheiden. Bei den Technologien strebt laut Roga dafür aber alles nach Automatisierung und Standardisierung, weil es einfacher und effizienter sei, seinen Service auf vorhandenen Cloud-Plattformen aufzubauen.
Ohne verallgemeinern zu wollen, nennt Matthias Mierisch vier Themenfelder für die digitale Transformation: Unternehmen müssten sich strategisch mit der Auswirkung der Digitalisierung auf ihr Geschäftsfeld auseinandersetzen. Dann müssten sie die organisatorischen Voraussetzungen schaffen und Business und IT verschmelzen. Die Rolle der IT müsse generell gestärkt werden, weil sie ein kritischer Erfolgsfaktor sei. Last but not least gehöre der Unternehmenskultur viel Aufmerksamkeit geschenkt.
Nach Jens Wassermanns Dafürhalten ist letzten Endes die Auswahl eines geeigneten (Geschäfts-)Partners und ein ansprechendes Kundenerlebnis der entscheidende Aspekt: „Die Qualität der – sowohl physischen als auch virtuellen – Interaktion von Kunden mit einer Firma ist von kaum zu überschätzender Bedeutung.“
7. Teil: „Mögliche Stolpersteine bei der Transformation“

Mögliche Stolpersteine bei der Transformation

Unternehmen, die Wert auf eine erfolgreiche digitale Transformation legen, müssen mit aller Entschlossenheit vorgehen. „Halbherzig kann Digitalisierung nicht funktionieren“, warnt Matthias Mierisch. „Wer glaubt, die digitale Transformation im eigenen Unternehmen nebenbei umsetzen zu können, hat großes Potenzial zu scheitern.“ Ähnliche Töne schlägt Accenture-Geschäftsführer Clemens Oertel an. Er nennt „träge Entscheidungsprozesse, unzureichende Steuerung mangels Erfahrung im Unternehmen und immer wieder ungenügende finanzielle Ressourcenausstattung“ als weitere Stolpersteine.
  • Paul Lokuciejewski, Managing Consultant, Capgemini Consulting: „Es ist unerlässlich, eine integrierte Cybersecurity-Strategie für den sicheren Einsatz von neuen Technologien zu entwickeln.“
Eine träge und veränderungsresistente Organisation sei der größte Hemmschuh, legt sich Dagmar Bleilebens fest. „Eine Reihe von Handelsunternehmen beispielsweise haben den Einstieg in den Onlinehandel verzögert, um den stationären Handel nicht zu kannibalisieren. Der Effekt war, dass andere Unternehmen die Kunden im Internet übernommen haben und Läden der rein stationären Anbieter dann doch leer standen.“
Neben Halbherzigkeit führt womöglich auch mangelnde Sicherheit zum frühzeitigen Ende des Wandels. Stephan Osthues (IBM): „Die digitale Transformation kann nur gelingen, wenn nicht nur die Datennutzung eine neue Quantität und Qualität erreicht, sondern wenn auch bei den Themen Sicherheit und Datenschutz ein neues Kapitel aufgeschlagen wird.“ Dabei geht es nicht einmal nur um Kundendaten, sondern auch um die Unternehmensdaten. „In vielen Fällen stellen wir geradezu eine regelrechte Fahrlässigkeit und Leichtsinn im Umgang mit vertrauenswürdigen Daten fest. Dies gilt besonders für den wachsenden Einsatz mobiler, oft privater Smartphones und Tablets, die für den Zugriff auf betriebs­interne Datenbanken, Dokumente und Anwendungen genutzt werden und leider oft sehr leicht zu knacken sind.“
Ein typisch deutsches Phänomen seien die intensiven Diskussionen um Big Data und die Cloud, getrieben durch die „German Angst“, wie Christian Till Roga (T-Systems) analysiert. „Ein deutsches Unternehmen muss wahrscheinlich dreimal mehr für die Akzeptanz tun als ein amerikanisches“, führt er aus. Diese Stolpersteine müssten Wirtschaft, Politik und Gesellschaft wegräumen, damit Deutschland im internationalen Wettbewerb nicht zurückfällt, gleichzeitig aber die individuellen Schutzbedürfnisse der Bürger geachtet werden.
  • Wie gestalten Sie den Prozess der digitalen Transformation?
Obwohl für Thomas Stöcker (NTT) bereits das Erkennen von Stolpersteinen einen kritischen Erfolgsfaktor darstellt, wird auch er konkreter. Zum Meistern des Wandels sei ein Umdenken in vielen Unternehmensbereichen nötig, Silodenken müsse aufgelöst werden. Die IT – mit großem Einfluss auf den zukünftigen Geschäftserfolg – dürfe nicht zum Selbstläufer werden. Agilität, die Fähigkeit, schnell Optimierungsbedarf zu erkennen und iterativ zu optimieren, sei für den Erfolg der Digitalisierung unerlässlich. Die Optimierung von „Time to market“ und „Time to decision“ sei extrem wichtig.
Nach Jens Wassermanns Analyse spielt die IT-Abteilung bei der digitalen Transformation einen wichtigen Part als Ideengeber. „Sie darf nicht mehr nur die Rolle des reinen Umsetzers einnehmen“, warnt er. Und die Transformation müsse für Akzeptanz im Unternehmen geeignet kommuniziert werden.
Stolpern können Unternehmen nach Ansicht von Paul Lokuciejewski, wenn sie keinen integrierten Cybersecurity-Ansatz fahren, keinen direkten Kundenkontakt pflegen und nur zögerlich SMAC-Technologien, Social, Mobile, Analytics und Cloud, einsetzen.
8. Teil: „So hilft IT-Consulting“

So hilft IT-Consulting

Wie aber unterstützen die Beraterfirmen die Unternehmen bei ihrer individuellen digitalen Transformation? T-Systems hat für sich und seine Kunden eine Big Five der Digitalisierung definiert: Standards, Big Data, Sicherheit, Plattformen, Konnektivität. Zu jedem der fünf Punkte wurde auf der Cebit 2015 eine neue Entwicklung präsentiert, etwa das mit SAP gegründete Konsortium für Industrie 4.0 zum Thema Standards oder die „Cloud der Dinge“.
  • IT-Budget: Um wie viel müsste das IT-Budget steigen, um die Herausforderungen der digitalen Transformation optimal zu bewältigen?
arvato hilft dabei, die Ansätze für die digitale Transformation zu finden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, und setzt auf das eigene Know-how in den Themen Cloud, Mobility und Security. Diese seien das klassische Geschäft der IT, würden aber mit neuen Konzepten, Ideen und Trends angereichert, die ihre Anfänge oft im Silicon Valley hätten.
Accenture hat sich organisatorisch vor Kurzem neu aufgestellt, um den Bedarf im Markt besser adressieren zu können, und dazu die Managementberatungs- und die Technologieberatungskompetenz zusammengeführt: „Weil wir der Meinung sind, dass man Technologie nicht mehr ohne Strategie und Strategie nicht mehr ohne Technologie denken kann.“
Der Ansatz von msg systems für die digitale Transforma­tion ist es, die Endnutzer und Geschäftspartner in den Mittelpunkt zu rücken, damit sie optimal integriert werden können. Zusammen mit den Kunden wird der Fahrplan für die Automatisierung wichtiger Geschäftsprozesse erarbeitet und als Plattform umgesetzt.
Capgemini setzt auf die langjährige Erfahrung bei der Entwicklung und dem Alignment von digitalen Business- mit  IT-Strategien. „Wir bieten auch eine End-to-End-Cybersecurity-Beratung an, um alle Sicherheitsaspekte der digitalen Transformation abzusichern.“

Hierauf setzen die Consulting-Firmen

IBM hebt hervor, dass man angefangen bei der Beratung und Konzeption über die Umsetzung und Implementierung von einzelnen Komponenten und Software-Tools bis hin zum Design umfassender Systeme alles anbiete und nach eigenen Angaben Milliardenbeträge in die Weiterentwicklung neuer Lösungen investiere. Das Unternehmen setzt auf die Fokus­themen Big Data Analytics, Cloud und Mobile Computing sowie Security. Ziel sei es, Firmen auf allen Ebenen – in den Führungsetagen ebenso wie in den Werkshallen – fit zu machen für das digitale Zeitalter.
NTT betont, die technische Komponente spiele zwar eine wichtige Rolle, zur digitalen Transformation gehöre aber auch ein „hohes Maß an strategie- und fachbereichsspezifischer Kompetenz“. Man biete Spezialwissen und Erfahrung in der IT-Integration, Prozess- und Branchen-Know-how sowie tief gehende Kompetenzen im Betrieb geschäftskritischer Anwendungen und die notwendige Methodenkompetenz.
Atos hat bei sich eine Scientific Com­munity etabliert. Sie besteht aus Technologie-Experten aus den eigenen Reihen, die bei den Kollegen „als herausragende wissenschaftliche Köpfe“ gelten. Diese Gruppe hat den Trendbericht Ascent Journey 2018 erarbeitet, woraus Atos Handlungsempfehlungen ableitet. Zudem stellt Atos das Zero Email Projekt heraus, mit dem es die E-Mail für den internen Gebrauch abgeschafft hat. Auf diesen Erfahrungen könnten die Atos-Kunden aufbauen.

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