Business-IT
07.09.2015
Datenanalysen in Echtzeit
1. Teil: „SAP S/4HANA und die Zukunft des ERP“

SAP S/4HANA und die Zukunft des ERP

In-Memory-Computing soll die nötige Performance für Big Data, Cloud & Co. bringen.In-Memory-Computing soll die nötige Performance für Big Data, Cloud & Co. bringen.In-Memory-Computing soll die nötige Performance für Big Data, Cloud & Co. bringen.
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In-Memory-Datenbanken sollen die nötige Performance für Big Data, Cloud & Co. bringen. Die damit einhergehenden ERP-Umstellungen zeigt das Beispiel der SAP-Appliance S/4HANA.
Das explodierende Wachstum der Datenmengen in den Unternehmen, die rasch zunehmende Verlagerung von Anwendungen in die Cloud, die wachsende Bedeutung von Big Data Analytics, die allgegenwärtige Nutzung mobiler Geräte und das Aufkommen vielfältiger Formen von Social Enterprise – solche Entwicklungen haben in den letzten Jahren die Business-IT an ihre Grenzen gebracht. Eine der vielversprechendsten Antworten der IT-Hersteller darauf heißt In-Memory.
Das revolutionär Neue daran lässt sich auf eine einfache Formel bringen: Klassische Datenbanken verwenden preisgünstige, aber langsame Festplatten als Datenspeicher, In-Memory-Datenbanken nutzen dafür den viel schnelleren, aber teureren Arbeitsspeicher.
Wirft man einen näheren Blick darauf, ist das nicht ganz so einfach, weder für die Hersteller noch für ihre Kunden. So verheißungsvoll In-Memory-Lösungen auch sind, in ihnen stecken komplexe technische Herausforderungen und sie verlangen den Unternehmen radikale Umstellungen ihres Enterprise Resource Plannings (ERP) ab. Das wird im Folgenden vor allem am Beispiel der SAP-Appliance S/4HANA gezeigt.
S/4HANA verspricht, superschnelle, In-Memory-gestützte Anwendungen für Inhouse- und Cloud-Umgebungen zu bringen. Bobby Vetter, Senior Vice President einer der wichtigen Global Partner Operations (GPO) von SAP, definiert den neuen Ansatz so: „Das S in S/4HANA steht für ,Suite‘ und für ,simple‘, und die 4 steht für ,for‘ und kennzeichnet unsere neue Architektur in Fortführung und Abgrenzung von R/3.“
2. Teil: „Die In-Memory-Technologie bei SAP“

Die In-Memory-Technologie bei SAP

Seit SAP 1972 von ehemaligen IBM-Mitarbeitern gegründet wurde, musste sich das Unternehmen mehrfach neu erfinden, insbesondere 1992 mit R/3, der Client-Server-Variante seiner ERP-Software. Mit HANA ist es derzeit gerade mal wieder so weit. Zur Bedeutung von HANA für das Überleben von SAP hat kein Geringerer als Mitgründer und Aufsichtsratschef Hasso Plattner kurz und knapp formuliert: „Wenn das nicht funktioniert, sind wir tot. Mausetot. So einfach ist das.“
  • Hasso Plattner, Aufsichtsratsvorsitzender SAP: „Wenn das nicht funktioniert, sind wir tot. Mausetot. So einfach ist das.“
Die Anfänge von S/4HANA reichen zurück ins Jahr 2012 mit SAP HANA Enterprise 1.0. Die auf In-Memory-Computing gestützte Appliance versprach, Datenbanken und Analytics-Lösungen schnellere Datenzugriffe zu ermöglichen. Sie kombinierte dazu SAP-Datenbank-Software mit voreingestellter Server-, Speicher- und Netzwerk-Hardware von verschiedenen SAP-Partnern.
Das Herzstück bildete die In-Memory-Datenbank 1.0, ein massiv-paralleler Datenspeicher zusammengesetzt aus verschiedenen Speichertechniken, darunter Object Storage. Als Betriebssystem wurde Linux Enterprise Server 11 SP1 genutzt. Der Datenspeicher war für den Vor-Ort-Einsatz in Rechenzentren gedacht und sollte anscheinend unter 300.000 Dollar kosten – offizielle Preisangaben dazu gab es nicht.
Oliver Rettig, Senior Technical Staff Member (STSM) beim SAP-Partner Lenovo, beschreibt die Motivation für die Entwicklung von HANA so: „Die technische Begründung für den Umbruch ist relativ einfach. Man muss nur an die bisherigen Zugriffszeiten und Abfragen denken, um den neuen Ansatz zu verstehen: Statt stundenlanger Wartezeiten bei Batch-Läufen, die oft über Nacht ausgeführt werden, verspricht SAP mit HANA Performance-Steigerungen um den Faktor von einer Million. Mit HANA kann man Datenanalysen innerhalb von zwei Sekunden oder in Realtime erhalten. Das wird in vielen Branchen zu einer Revolutionierung der Geschäftsprozesse führen."
Zum Beispiel könne der Bankensektor wesentlich schneller auf Kundenanforderungen reagieren, wenn er statt langwieriger Batch-Prozesse über schnelle Analysemöglichkeiten seines Datenmaterials verfüge und Kundenanfragen in Echtzeit beantworten könne.
Noch mehr in die technischen Details geht die Definition von HANA, die Analysten der IT-Profi-Community Wikibon.org liefern: „SAP HANA wurde entwickelt, um strukturierte Daten von SAP- und Nicht-SAP-relationalen Datenbanken, Applikationen und anderen Systemen schnell zu replizieren und aufzunehmen. Eine von drei Methoden zur Datenreplizierung – trigger-basiert, ETL-basiert oder log-basiert – kommt zum Einsatz, je nach Quellsystem und gewünschtem Anwendungsfall. Die replizierten Daten werden dann im RAM und nicht im traditionellen Plattenspeicher abgelegt. Weil die Daten In-Memory gespeichert werden, können sie fast in Echtzeit von analytischen und transaktionalen Applikationen verwendet werden, die sich oberhalb der HANA-Schicht befinden.“
3. Teil: „Applikation und Auswertung in Echtzeit koppeln“

Applikation und Auswertung in Echtzeit koppeln

In der Argumentation von SAP spielt eine wichtige Rolle, dass vor HANA die klassischen Applikationen losgelöst voneinander fungierten und nur über externe Prozesse miteinander verbunden werden konnten. Die Transaktionen liefen getrennt von Analytics und Business Intelligence. Die Daten mussten für Auswertungszwecke umständlich und zeitaufwendig in eigene Container oder Data Warehouses transportiert und hineingekippt werden, wo dann die Auswertungstechnologie das Sagen hatte, bevor die Ergebnisse zurückgegeben werden konnten.
  • Entwicklung der SAP-ERP Architektur: SAP versteht die Einführung der In-Memory-Technologie und die Einführung von S/4HANA als konsequente Fortführung seiner früheren Technologien.
Es gab keine Technologie, die beide Vorgänge in einem gemeinsamen Prozess verbinden konnte. Realtime-Systeme waren sehr teuer und nur für bestimmte Branchen und hauptsächlich für militärische Zwecke verfügbar. Eine der wesentlichen Voraussetzungen für das Aufkommen von HANA und vergleichbarer Ansätze, zum Beispiel in der Open-Source-Welt und bei Hadoop-Architekturen, war, dass die Chip-Preise besonders für RAM und andere In-Memory-Architekturen zuvor stark gesunken waren. Damit wurde es möglich, Applikationsdaten direkt mit ihrer Auswertung zu verbinden, selbst in Echtzeit. So konnte sogar die Komplexität der IT-Infrastruktur reduziert werden.
Der Unterschied zwischen dem neuen und dem alten Ansatz besteht nicht allein in der Schnelligkeit, mit der Resultate nach Abfragen zur Verfügung stehen. Realtime bedeutet vielmehr auch, dass Applikation und Auswertung direkt miteinander gekoppelt sind, in einem gleichzeitig ablaufenden Prozess. Man kann jetzt Analytics auf einer täglichen Basis durchführen, ohne Daten hin und her schaufeln und auf die Ergebnisse warten zu müssen. Realtime bringt also deutliche Verbesserungen in der Ausführung von Anwendungen, egal ob man sie in Sekunden oder Millisekunden bemisst.

Digitale Transformation

Gartner-Analyst und SAP-Experte Alexander Drobik stellt den neuen Ansatz von SAP in den allgemeineren Zusammenhang der digitalen Transformation: SAP, so Drobik, musste sich auf die neuen Anforderungen des digitalisierten Business einstellen, wenn es weiter am Markt bestehen wollte. Digitale Geschäftsprozesse bedingen ihm zufolge, dass Anwendungen immer schneller und beweglicher reagieren müssen.
Speed und Agility werden in der Tat immer wichtiger, da viele Geschäftsprozesse heute über das Internet abgeschlossen und durchgeführt werden – und mit den neuen Kommunikationsmöglichkeiten und Arbeitsteilungen quer über den Globus, etwa bei der Software-Entwicklung, traditionelle Arbeitsprozesse stark beschleunigt werden können. Drobik präzisiert und spricht davon, dass Unternehmen heute schnellere (und zutreffendere) Voraussagen über die Marktentwicklung ihrer Produkte treffen müssten, fast schon in einem vierteljährlichen Zy klus. Sie müssten den Erwartungen ihrer Aktionäre entsprechen und im Zeitalter globaler Konkurrenz ständig neue Geschäftsmöglichkeiten finden.
ERP jedoch steht bislang für die alte Welt der Effizienz von Datenprozessen und der Automatisierung der Datenverarbeitung. ERP- und HR-Anwendungen waren für das interne Personalwesen einschließlich der Lohnsysteme gedacht. Die meisten ERP-Anwendungen wurden zu einer Zeit entwickelt, als es viele der erwähnten Phänomene noch gar nicht gab – zum Beispiel den heute so verbreiteten Einsatz von mobilen Geräten im Arbeitsalltag, Recruiting auf sozialen Plattformen oder collaborative Geschäftsprozesse.
Die geschilderten Entwicklungen verändern die Arbeitsprozesse in den Unternehmen gravierend. Und die IT-Infrastruktur muss darauf in neuer Weise Rücksicht nehmen. Der Anfang ist gemacht, wenn man Gartner-Analyst Alexander Drobik glauben darf. Er spekuliert über ein Szenario, in dem viele Unternehmen heute schon des klassischen physikalisch geprägten ERP überdrüssig seien und überlegten, ihre IT oder Teile davon einem Outsourcing-Provider zu übergeben. Vielleicht, so Drobik, sagen sie sich schon „Wir sind nicht so gut, um eine eigene IT zu managen. Suchen wir jemanden, der uns das abnimmt“. Und wenn sie so denken würden, seien sie fast schon reif für die Cloud. Dass das keine Fantasie ist, leitet Drobik aus der Beobachtung ab, dass sich viele Investitionen schon in diese Richtung bewegen, auch wenn er noch eine Übergangszeit von fünf bis 15 Jahren vor uns liegen sieht.
4. Teil: „SAP expandiert aggressiv in Richtung Cloud“

SAP expandiert aggressiv in Richtung Cloud

Die IT-Landschaft ändert sich also massiv in Richtung Services, Cloud, Mobilität und Analytics. SAP und viele ähnliche Anbieter sind gezwungen, sich etwas einfallen zu lassen. SAP hat auf mehreren Ebenen auf die Entwicklung reagiert.
  • Larry Ellison, Gründer und CTO von Oracle: „Sprechen wir über SAP. Ich habe keine Ahnung, was auf HANA läuft, aber ihre Cloud ist es nicht. Die läuft auf Oracle. Das ist unhöflich, aber es ist die Wahrheit.“
Zunächst einmal expandiert SAP in jüngster Zeit aggressiv in Richtung Cloud, auch durch teure Akquisitionen wie zuletzt Concur, Ariba oder SuccessFactors. In der Folge sollen neue cloudtaugliche Applikationen herauskommen, zum Teil mit den Funktionalitäten von Concur und SuccessFactors. Bemerkenswert: In die On-Premise-Version von S/4HANA sollen Concur- und SuccesFactors-Komponenten nicht eingehen.
Über die Integration der kostspieligen Akquisitionen in S/4HANA hat SAP allerdings bisher wenig verlauten lassen. Klar ist mehr oder weniger nur, dass es drei Editionen von S/4HANA geben wird: eine On-Premise-Edition, eine Public-Cloud-Edition und eine Managed-Cloud-Edition.
Die Public-Cloud- und die Managed-Cloud-Edition von S/4HANA sind komplett neu entwickelte Lösungen, die vierteljährlich Updates erfahren sollen. Sobald sie allgemein verfügbar sind, sollen sie außerdem die volle Unterstützung durch die sogenannte Fiori User Experience genießen, eine App-Sammlung, die SAP zufolge ein völlig neues Bediendesign verkörpert.
Tabelle:

Wenn sich SAP-Bestandskunden fragen sollten, was denn der Unterschied zwischen der S/4HANA-Architektur und der existierenden Business Suite ist, dann lautet die Antwort schlicht: Es gibt keinen besonders großen. Die Business Suite für HANA ist im Moment die gleiche wie für S/4HANA, abgesehen von drei Punkten, wie Alexander Drobik ausführt: „Es gibt einige Funktionen, die für Finanzoperationen in S/4HANA hinzugefügt wurden, ferner einige Änderungen bei den User Interfaces und ein paar neue Module. Ein vierter Unterschied fällt vielleicht sogar mehr ins Gewicht: Man bekommt ein Stück Papier überreicht, um zu unterschreiben, dass es sich um ein neues Produkt handelt.“
Das dürfte auch damit zusammenhängen, dass das Pricing noch nicht geklärt ist. Die Unterschrift soll Vertrauen herstellen zu einem Zeitpunkt, da noch nicht alle technologischen und preislichen Fragen geklärt sind und man auch noch nicht die aktuellen mit den künftigen Preisen vergleichen kann.
5. Teil: „Viele Ankündigungen, verunsicherte Kunden“

Viele Ankündigungen, verunsicherte Kunden

Bislang besteht S/4HANA also noch zu einem guten Teil aus Ankündigungen. Und manches ist überhaupt noch nicht bekannt. Das hat bei den SAP-Kunden zu spürbaren Irritationen geführt. Gartner-Analyst Drobik bilanziert: „Der Launch von SAP S/4HANA schafft mehr Fragen für SAP-Kunden als Antworten. Dies führt zu einer Verunsicherung über die künftige Roadmap.“
  • SAP-HANA-Design: Hasso Plattner legte bereits 2011 einen Entwurf für eine In-Memory-gestützte Datenbank vor, um die verschiedenen SAP-Anwendungen radikal zu beschleunigen.
Auch vonseiten der Konkurrenz, vor allem von Oracle, kommen – wenig überraschend – sehr kritische Äußerungen zu HANA. So sagte Larry Ellison, Gründer, President und CTO von Oracle, auf der vergangenen Kundenveranstaltung OpenWorld in San Francisco: „Sprechen wir über SAP. Ich werde versuchen, nett zu sein. Aber das ist sehr hart! Ariba läuft auf Oracle. SuccessFactors läuft auf Oracle. Sie haben gerade Concur gekauft, und Concur wechselt zu Oracle. Ich habe keine Ahnung, was auf HANA läuft, aber ihre Cloud ist es nicht. Die läuft auf Oracle. Das ist unhöflich, aber es ist die Wahrheit.“
Das ist natürlich sehr parteiisch, dürfte aber angesichts der unklaren Informationslage bei manchen SAP-Kunden auf offene Ohren stoßen, auch wenn Larry Ellison ganz offenkundig nur Stimmung machen wollte für Exalyctics, seine eigene In-Memory-Appliance für Analytics.
Zu den Unterschieden zwischen Exalytics und SAP S/4HANA schreibt die Profi-Community Wikibon.org: „Unter anderen wichtigen Unterschieden ist vor allem erwähnenswert, dass Exalytics ausschließlich auf Sun-, also auf Oracle-Hardware läuft. Wir gehen davon aus, dass Oracle bei der Entwicklung von Exalytics seinen Ankündigungen stark hinterherhinkt. Wie mit allen Oracle-Technologien ist auch in diesem Fall das Risiko eines Vendor-Lockin groß, und die Kosten sind deutlich höher als bei vergleichbaren HANA-Installationen.“

Going to Market

Dass es für das Wohl und Wehe von S/4HANA und damit für die Zukunft von SAP entscheidend ist, möglichst viele seiner Kunden für einen Umstieg zu gewinnen, hat auch SAP erkannt.
Ein nicht unwesentlicher Teil der neuen SAP-Strategie besteht deshalb darin, deren Einstellungen zu ermitteln. Die Kunden sind das Objekt der Begierde, da es von ihnen abhängt, ob und wie SAP seine neuen Produkte am Markt absetzen kann. SAP lockt sie deshalb mit verschiedenen leichten Übergängen zu S/4HANA. Die Kundenbasis soll aber auch wachsen. Es ist deshalb kein Open-Software-Projekt geplant, auch wenn SAP sich stärker als früher dem Input von Partnern oder Kunden geöffnet hat.
Die Analystin Kelsey Mason von Technology Business Research (TBR) betont die Bedeutung der Partner ebenfalls: „Die Partner spielen eine kritische Rolle dabei, mehr Wachstum mit den SAP-Initiativen bei Business Suite 4 SAP HANA (S/4HANA), Internet of Things (IoT) und im KMU-Umfeld (kleine und mittlere Unternehmen) zu erzielen. SAP wurde in der Vergangenheit nicht gerade als partnerfreundliche Organisation angesehen. Inzwischen hat man sehr viel investiert, um ein solches Partner-Ökosystem zu schaffen, was sich vor allem in der Gründung der Global Partner Operations (GPO) im Mai 2014 manifestiert hat. Allein in den letzten zehn Jahren hat SAP die Anzahl der Partner von 2000 auf 13.000 erhöht.“
Wichtig zu wissen für die Kunden und die Partner von SAP: Alexander Drobik von Gartner glaubt nicht, dass alle Ankündigungen von SAP von heute auf morgen in die Praxis umgesetzt werden können. Selbst zehn Jahre würden dafür nicht ausreichen.
Genug Zeit also, um sich gründlich auf die Umwälzungen einzustellen und sich wichtige Fragen zu stellen. Vor einem Totalumbau müssen sich die Unternehmen vor allem klar darüber werden, was all diese tatsächlichen oder auch nur möglichen Veränderungen für sie bedeuten. Sie müssen sich fragen: Warum sollen wir mit unseren ERP-Lösungen in eine cloudaffine Umgebung wechseln, wie es SAP nun propagiert? Was spricht dafür, was dagegen? Das Interface? Die mächtigeren Funktionen? Lohnt sich der finanzielle Mehraufwand wirklich?
6. Teil: „Analysten raten Herstellern und Kunden zur Vorsicht“

Analysten raten Herstellern und Kunden zur Vorsicht

  • Alexander Drobik, Analyst bei Gartner Research: „Der Launch von SAP S/4HANA schafft mehr Fragen für SAP-Kunden als Antworten. Dies führt zu einer Verunsicherng über die künftige Roadmap.“
Ob der Feldzug von SAP fürs In-Memory-Computing erfolgreich sein wird, steht momentan noch in den Sternen. Gartner Research jedenfalls hat im Februar 2015 nach den S/4HANA-Ankündigungen eine ausführliche Untersuchung mit einem vielsagenden Titel veröffentlicht: „SAP S/4HANA Is a Transformational Shift for SAP and Its Users, but Hold on to Your Wallets for Now“.
Die Analysten skizzieren darin die allgemeine Umbruchsituation in der IT, an die sich Hersteller und Kunden anpassen sollten. Insofern äußern sie Verständnis für die grundsätzlichen Entscheidungen von SAP. Sie kritisieren aber vor allem, dass das Unternehmen bisher zu wenig Informationen über S/4HANA geliefert hat. Die Kunden sollten mehr Druck ausüben, damit der Konzern weitere Details über die geplanten Funktionalitäten, die Cloud-Ausrichtung, das Pricing und die Migration von den bestehenden Anwendungen preisgibt. Die Kunden müssten vor allem wissen, wie sie bisherige und neue Anwendungen integrieren können, um Insellösungen zu vermeiden. Deshalb sollte SAP nicht zuletzt über mögliche Bundles und Upgrades bei den Lizenzmodellen informieren, damit die Kunden erfahren, wie sie bestehende Installationen in die neue S/4HANA-Welt überführen können. Den Kunden würde auch entgegenkommen, wenn SAP die neuen Installationen im Form einer sogenannten Guided Configuration vereinfachen und standardisieren würde. Auch zur Migration von Business Suite, NetWeaver, SAP Fiori und verwandten Analytics-Programmen vermisst Gartner in seiner Analyse zusätzliche Informationen.
Tabelle:
Quelle: Gartner Research: Where is SAP Going? (Mai 2015)

Abschließend kommt die Untersuchung zu folgenden Empfehlungen: „Kein Unternehmen sollte sich in ein Commitment zu SAP S/4HANA stürzen (selbst Early Adopters sollten das nicht tun), bevor SAP nicht Antworten auf viele grundsätzliche Fragen nach Verfügbarkeit, Lizenzmodellen, Migration und Integration mit anderen SAP-Lösungen liefert. Bestehende und mögliche neue SAP-Kunden sollten für sich genau abklären, welche unmittelbaren und langfristigen Erwartungen und Nutzeffekte sie sich von einer In-Memory-Architektur mit S/4HANA für ihre Infrastruktur versprechen.“

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