Business-IT
10.03.2015
Human Resource Management
1. Teil: „Die Digitalisierung der Mitarbeiter per HCM“

Die Digitalisierung der Mitarbeiter per HCM

HR-Software auf dem TabletHR-Software auf dem TabletHR-Software auf dem Tablet
Die Verwaltung der Mitarbeiter mit HR-Software verlagert sich in die Cloud. Sie umfasst Bereiche wie Arbeitszeitmanagement, Lohn- und Gehaltsabrechnung aber auch Re­cruiting und Weiter­bildung.
  • Joachim Skura, Business Development Manager DACH bei Oracle HCM: „Die Bedeutung von HR steigt mit dem viel beschworenen Fachkräftemangel.“
Ohne HR-Software (Human Resources) kommt kaum noch ein Unternehmen aus. Laut einer Studie, die im Auftrag von Sage Software erstellt wurde, setzen 90 Prozent der befragten Firmen bereits HR-Software ein. Sie verwalten damit Bereiche wie Arbeitszeitmanagement, Zeit- und Zutrittserfassung, Lohn- und Gehaltsabrechnung, Bewerbermanagement, aber auch Re­cruiting, Personalauswahl und -entwicklung sowie Weiter­bildung.
Darüber hinaus sind die Anforderungen an HR-Lösungen in den vergangenen Jahren gestiegen: So nehmen immer häufiger Führungskräfte und Abteilungsleiter Personalaufgaben wahr. Sie müssen deshalb in die Nutzung der HR-Software mit einbezogen werden, schreiben die Autoren der Sage-Studie.
HR oder auch HCM (Human Capital Management) ist also in den Unternehmen etabliert und unverzichtbar. Im deutschsprachigen Raum wird HR von den Personalabteilungen und Personalleitern getragen. In der Regel sind diese direkt neben der Geschäftsleitung angesiedelt.
Im Unterschied zu anderen Programmen aus dem Gebiet des Enterprise Resource Planing (ERP) geht es bei HR um Aufgaben, die fast identisch in jedem Unternehmen anfallen. Mit anderen Worten: HR ist ein riesiger Markt. Nun drängen neue Wettbewerber in diesen Markt, deren Lösungen in der Cloud laufen und nicht mehr auf lokalen Servern im Unternehmen installiert werden müssen.
2. Teil: „Die Digitalisierung des Human Capital Management“

Die Digitalisierung des Human Capital Management

In dem von Sage Software unterstützten „HR-Software-Report 2013“ heißt es: „Es gibt kaum ein Unternehmen, das keine HR-Software im Einsatz hat. Personalprozesse ohne IT-Unterstützung sind für die meisten Personalisten schlichtweg undenkbar. Zu vielfältig und strategisch sind ihre Aufgaben, als dass sie – wie früher – mit Excel oder gar mit Papier und Kugelschreiber gelöst werden könnten.“
  • Sven Semet, Senior Manager Smarter Workforce Solutions: „Für Unternehmen ist es schwieriger geworden, geeignete Kandidaten zu finden und dann im Unternehmen zu halten.“
Laut den Erfahrungen von Sven Semet, Senior Manager Smarter Workforce Solutions bei IBM, hat HR an Bedeutung gewonnen: „Ein Fokus der Geschäftsführung und einzelner Funktionen (Vertrieb, Development, Produktion etc.) liegt zunehmend auf HR“. Hintergrund sind die wachsenden Schwierigkeiten, die richtigen Personen für bestimmte Aufgaben zu finden – Stichwort Fachkräftemangel. Dieser Faktor spielt sowohl extern bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter als auch intern eine Rolle: „Intern steigt die Abwanderung von Top-Performern, und die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit in den Unternehmen sinkt.“
Sogenannte Gen-Y-Top-Performer verbleiben nur noch maximal drei bis fünf Jahre an einem Arbeitsplatz und suchen kontinuierlich intern oder im schlechtesten Fall extern nach neuen Herausforderungen. Deswegen sei es für Unternehmen immer schwieriger, geeignete Kandidaten zu finden, sie für eine Anstellung zu gewinnen und anschließend im Unternehmen zu halten, so Semet.
Auch für Joachim Skura, Business Development Manager DACH bei Oracle HCM, steht der Fachkräftemangel ganz oben auf der Personalagenda der Unternehmen: „Die Bedeutung von HR steigt mit dem viel beschworenen Fachkräftemangel. Infolgedessen muss die Unternehmensleitung dem Gewinnen und dem Halten von Talenten mehr Aufmerksamkeit schenken. Das ist noch nicht überall angekommen, aber die Wahrnehmung von HR als ‚geschäftsunterstützender Faktor‘ befindet sich gerade im Wandel.“
  • Moderne Mitarbeiterplanung: Die HR-Software, hier Oracle HCM Cloud auf einem iPad, schlägt mehrere Nachfolger für einen wichtigen Posten im Unternehmen vor.
Übereinstimmend ist denn auch von den Herstellern zu hören, dass der Markt für ihre HR-Produkte und -Dienstleistungen boomt, einschließlich der neuen Softwaredisziplin Talent-Management. Haufe hat hierfür Umantis im Programm, und SAP hat erst kürzlich mit Success Factors den Anbieter einer cloudbasierten HR-Lösung übernommen, um auf diesem Gebiet konkurrenzfähig zu werden. Mit Oracle Human Capital Management (HCM) verfügt man laut Skura über „die einzige End-to-End-Lösung für den kompletten Mitarbeiterlebenszyklus“. Keine andere HR-Suite habe eine solche „Detailtiefe und Flexibilität im Zusammenspiel mit anderen Systemen“. Man könne umfassende Lösungen für global ausgerichtete Großunternehmen ebenso darstellen wie Lösungen für den Mittelstand − und sei zudem „für die Cloud programmiert“.
Den Einsatz von Cloud-Lösungen als Alleinstellungsmerkmal reklamiert allerdings auch SAP Success Factors für sich. Darüber hi­naus gibt es praktisch keinen Anbieter von Hard- oder Software mehr, der nicht von sich behaupten würde, seine Produkte seien „cloud-ready“. Vor ein paar Jahren noch waren nahezu alle IT-Produkte „green“ gelabelt – eine Mode löst die andere ab.
Interessenten sollten sich alle Details auf den Tisch legen lassen und klären, welche Vorteile ihr Unternehmen hätte, würden HR-Lösungen in einer Cloud-Variante laufen. Neben den vermuteten Kosteneinsparungen durch weniger hauseigene Hardware, andere Lizenzstrukturen oder geringere Support- und Management-Anforderungen sind in jedem Fall Faktoren wie eventuelles Lock-in bei einem Service-Pro­vider, also eine Bindung auf Jahre an einen Anbieter, oder weniger Wahlmöglichkeiten bei der Softwaresteuerung zu bedenken. Ein Unternehmen, das sich für diesen Weg entscheidet, gibt grundsätzlich sehr viel an Kontrolle ab – auch im Bezug auf Security und Privacy.
Bei SAP geht man ebenfalls davon aus, dass HR heute insgesamt einen höheren Stellenwert in den Unternehmen einnimmt. Mike Ettling, SAP President of HR Line of Business, berichtet: „HR Professionals rücken auf den C-Level vor und erhalten ähnliche Titel wie CEOs, CIOs oder CFOs. Der Chief Talent Officer (CTO) ist heute keine Seltenheit mehr. Doch diese größere Macht an der Unternehmensspitze impliziert auch mehr Verantwortung.“ Das stelle insgesamt einen günstigen Nährboden für digitale Hilfsmittel wie Workforce Analytics oder einen ganzheitlicheren Ansatz der HR-Aufgaben dar.
3. Teil: „Digitales Talent-Management per HR-Software“

Digitales Talent-Management per HR-Software

Internet und Digitalisierung bestimmen schon seit Jahren die technologischen Strategien der Unternehmen. Doch noch hat nicht alle die Kernbotschaft erreicht: Wer sein Unternehmen nicht nach seinen Ge­gebenheiten digital transformiert, könnte schon bald auf der Verliererseite der ökonomischen Konkurrenz stehen.
  • Mike Ettling, President of HR Line of Business bei SAP: „HR-Professionals rücken auf den C-Level vor und erhalten ähnliche Titel wie CEOs, CIOs oder CFOs.“
Bei IBM geht man Sven Semet zufolge davon aus, dass heute die Anforderungen an HR-Software fast überall die gleichen sind – es gehe in den Unternehmen, egal aus welcher Branche sie stammen und wie groß sie sind, um Themen wie Talent-Management, Leadership Development, Learning, Partizipation der Mitarbeiter und HR Analytics. Unterschiede gebe es eher im Hinblick auf den Umfang und die Komplexität der Projekte sowie bei den Entscheidungswegen und den Investitionsvolumen.
Bei Oracle pocht man dagegen auf die Unterschiedlichkeit der HR-Projekte. Je größer das Unternehmen sei, desto mehr Schnittstellen müsse man berücksichtigen. Der Business Development Manager Skura führt aus: „Am Ende ist der Sinn eines Prozesses oftmals kaum noch zu erkennen. In großen Unternehmen gilt es daher oft wieder, Authentizität, Nähe und Glaubwürdigkeit herzustellen.“ Kleinere Unternehmen hätten dagegen den klaren Vorteil, in einem realen Dialog mit ihren Leuten zu stehen. So könne zum Beispiel die Mitarbeitergewinnung bei kleineren Unternehmen „durch Social Recruiting Tools (also durch digitalisierte Mund-zu-Mund-Propaganda) exzellent unterstützt werden“.
  • 20 Jahre HR: Die klassische Personalverwaltung hat in den vergangenen Jahren an Bedeutung verloren. Deutlich wichtiger ist heute ein erfolgreiches Management der Mitarbeiter.
    Quelle:
    Sage
Generell gilt, dass die Bedeutung von HR-Spezialisten und der von ihnen eingesetzten Tools in dem Maß wichtiger wird, in dem ihre Unternehmen wachsen. Das Wissen um die Mitarbeiter auf allen Ebenen wird in großen Organisationen fast von allein entpersonalisiert und an „objektive“ Informationsträger übermittelt, die HR-Software nutzen. Einstellungsprozesse, Mitarbeiterbewertungen, Kooperation, Schulungen oder Bezahlung sind dagegen bei kleineren Unternehmen ein Mix an Tätigkeiten, die oft von den gleichen Leuten ausgeübt werden. Bei ihnen sammeln sich viele Informationen. In größeren Firmen sind sie auf besonders ausgebildete Spezialisten verteilt und voneinander getrennt. Die Koordination zwischen ihnen und den verschiedenen Teams wird damit zu einer eigenen Aufgabe.
Talent-Management ist in solchen Umgebungen eine He­rausforderung, die über die bisherige Leistung der Suche und Anstellung geeigneter Personen hinausgeht: Talente werden verstärkt auch innerhalb der jeweiligen Firma gesucht, gezielt ausgebildet und in geeigneten Teams untergebracht, um sie so langfristig „on board“ zu halten. HR-Software trägt laut Skura mit der Erledigung solcher Aufgaben unmittelbar zur Wertschöpfung und Zukunft eines Unternehmens bei.
4. Teil: „HR-Lösungen und -Dienste aus der Cloud“

HR-Lösungen und -Dienste aus der Cloud

IBM hat auf diese Entwicklung reagiert und 2014 IBM Talent Insights herausgebracht – etwas verwirrend zunächst unter dem Namen HR Analytics Workforce. HR-Lösungen finden sich bei IBM auch in der Produktgruppe IBM Smarter Workforce. Zu den wichtigsten Akquisitionen in diesem Umfeld gehören Kenexa und Varicent. Doch spielen auch SPSS und Cognos im Rahmen von HR Analytics eine große Rolle, berichtet Semet: „Alle Firmen wurden in IBM integriert und deren Lösungen weiterentwickelt. Sie bilden heute wichtige Funktionen im Produktportfolio von Smarter Workforce ab.“
  • Larry Ellison, Ex-CEO und Chief Technology Officer von Oracle: „Es kommt darauf an, die Kunden mit CRM und die Mitarbeiter mit HCM optimal in der Cloud zu organisieren.“
Wie generell bei IBM angesagt, sollen Cloud und Mobility auch der HR-Strategie eine neue Ausrichtung geben. SAP und Oracle behaupten das Gleiche.
In Analystenkreisen gibt es zumindest einige Fragezeichen, was die Cloud-Ausrichtung der Konzerne hinsichtlich HR angeht. So forderte Ende November der Analyst Brian Nichols auf der Website Seekingalpha.com, Oracle solle den noch jungen Konkurrenten Workday übernehmen, um sich bezüglich Cloud und HR fit zu machen. Oracle selbst habe zu wenig in Sachen Cloud und besonders in Sachen SaaS (Software as a Service) zu bieten – eine Übernahme sei deshalb sinnvoll.
Workday ist die derzeit am schnellsten wachsende Firma am Markt für HR. Der aktuelle Marktanteil beträgt zwar erst 3,5 Prozent, ist aber andererseits für ein Unternehmen, das erst 2005 auf den Plan getreten und 2013 an die Börse gegangen ist, bereits relativ hoch. In der Vergangenheit hat Workday hauptsächlich Cloud-Services für Angestellten- und Lohnlisten angeboten, aber inzwischen umfasst das Spektrum Big-Data-basierte Dienstleistungen für Rekrutierung, Talent-Management oder HR-Arbeitsprozesse. Workday gilt inzwischen als One-Stop-Shop für HR, der alles aus einer Hand anbietet und besonders durch seine Cloud-Aktivitäten interessant ist. Der Newcomer hat 2013 eine strategische Partnerschaft mit Salesforce.com vereinbart und führt seine Expansion in Europa fort. Auch für Deutschland werden zum Beispiel Entwickler gesucht.
SAP hat bereits eine größere HR-Investition hinter sich und verweist heute bei HR vor allem auf Success Factors. Mit der selbstständig weitergeführten Sparte verfüge man nun über eine breit angelegte Palette von cloudbasierten HR-Services. Success Factors bietet neben der Kernapplikation Employee Central Programme für Recruiting, Onboarding, Compensation, Learning, Succession Planning & Development sowie Performance & Goals. Außerdem gibt es eine Komponente für So­cial Collaboration unter SAP Jam.
Tabelle:

Laut SAP-Manager Mike Ettling hat SAP seit der Übernahme von Success Factors sein Hauptprodukt Employee Central auf der Basis von Talent-Management weiterentwickelt: „Hier sind wir sehr schnell von null auf 450 Kunden gewachsen.“ Man habe so führende Positionen in Marktanalysen wie der „Core HR SaaS Wave“ von Forrester und im „Talent Management Magic Quadrant“ von Gartner erreicht. Zu der Erweiterungsstrategie gehört ferner die Übernahme von KMS aus dem Jahr 2013. KMS ist ein cloudbasiertes Tool für neue Angestellte, das sich speziell darum kümmert, wie man diese längerfristig in der Firma behalten kann („Onboarding“).
Inzwischen sind mehrere Studien herausgekommen, die dem HR-Markt ein stetiges Wachstum bescheinigen, wenn man den Weg in Richtung Talent- und Lohnlistenmanagement sowie die Cloud- oder Online-Orientierung fortsetze. Das amerikanische Wirtschaftsmagazin „Forbes“ ist schon 2012 zu dem Urteil gelangt, dass der „vor sich hin dämmernde kleine Markt für HR-Software vor einem unerwarteten Höhenflug steht“. Dies belegen übereinstimmend Untersuchungen renommierter Marktforschungsinstitute wie Gartner, Forrester oder Ventana Research.
Dabei müssen gerade die großen Hersteller besonders darauf achten, wie ihre Suiten den gesetzlichen Bedingungen in den unterschiedlichen Märkten gerecht werden. Eine Vereinheitlichung von Arbeitsvorschriften, Einstellungs- oder Kündigungsregelungen kommt auch den großen HR-Playern entgegen, da das ihren Entwicklungsaufwand mindert.
Davon profitieren auch die kleineren Anbieter wie Haufe oder Sage, die sich auf internationales Territorium gewagt haben. Dennoch bleibt fraglich, wie sie dem Vormarsch der großen Konzerne auf Dauer standhalten wollen. Sachkunde und landesspezifische Erfahrungen, wie sie zum Beispiel Markus Reithwiesner, CEO der Haufe Gruppe, ins Feld führt (siehe Interview mit Markus Reithwiesner, CEO der Haufe Gruppe), dürften der Ka­pital- und Marketingmacht von SAP, Oracle oder IBM nur schwerlich gewachsen sein.

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