13.11.2012
Mobile Geräte
1. Teil: „Android-Smartphones rooten“
Android-Smartphones rooten
Autor: Stefan Kuhn
Auf Windows-PCs sind Sie es gewohnt, im Bedarfsfall mit Administratorrechten zu arbeiten. Auf Android-Smartphones steht Ihnen diese Option erst dann zur Verfügung, wenn Sie das Gerät rooten.
Das Rooten eines Android-Smartphones gilt als kompliziert und gefährlich. Versierte Android-Nutzer entfesseln ihre Geräte aber in wenigen Minuten.
Dieser Artikel hilft Ihnen beim Einstieg in die Welt des Rootens und klärt alle Fragen zu potenziellen Gefahren.
Was bedeutet Rooten?
Das Smartphone-Betriebssystem Android OS basiert auf Linux und verwendet ein ähnliches Benutzer- und Berechtigungskonzept. Dabei ist nur der Benutzer root — er wird auch als Superuser bezeichnet — mit allen Rechten zur Verwaltung des Systems ausgestattet. Android gewährt dem Benutzer von Haus aus allerdings keine root-Rechte.
Die komplette Kontrolle über das Android-Betriebssystem erhält der Benutzer erst durch das Rooten des Geräts. Dabei werden Sicherheitslücken ausgenutzt, um die beiden aus der Unix-Welt bekannten Anwendungen Busybox und su zu installieren.
Busybox stellt Ihnen diverse System-Utilities zur Verfügung und mit dem su-Befehl (substitute user identity) haben Sie die Möglichkeit, Programme unter einer anderen Benutzer-ID auszuführen, also beispielsweise auch als root.
2. Teil: „Welche Vorteile bringt das Rooten?“
Welche Vorteile bringt das Rooten?
Das Rooten entsperrt Ihr Smartphone und gibt Ihnen im Bedarfsfall die volle Kontrolle über das Betriebssystem. Sie haben dann die Möglichkeit, Apps zu nutzen, die sich nur mit root-Rechten ausführen lassen. Dazu zählen zum Beispiel Apps, die Ihr Smartphone per VPN (Virtual Private Network) mit Ihrem Heimnetz verbinden, Screenshots erstellen oder die Systemuhr mit einem Zeitserver im Internet abgleichen.
Zudem haben Sie auf einem gerooteten Smartphone die Möglichkeit, Systemdateien zu modifizieren. Dadurch lassen sich vorinstallierte Apps entfernen, Werbegrafiken unterbinden oder Backups des kompletten Systems erstellen. Sogar Firmware-Patches oder frei entwickelte Android-Varianten lassen sich einspielen, um das Gerät zu beschleunigen, die Akkulaufzeit zu optimieren oder ein Update auf eine neuere Android-Version durchzuführen, die vom Hersteller des Smartphones nicht angeboten wird.
Gibt es auch Nachteile?
Als root-Nutzer dürfen Sie auf einem Android-System praktisch alles tun, was technisch möglich ist. Ähnlich wie bei einem Windows-PC, auf dem Sie Administratorrechte haben, birgt dies aber auch die Gefahr, dass Sie das Betriebssystem beschädigen. Zudem haben Apps, die root-Rechte erfordern, ebenfalls vollen Zugriff auf das Betriebssystem. Auch derartige Apps stellen damit ein erhöhtes Risiko dar.
Auf Firmware-Updates des Herstellers hat das Rooten keine Auswirkung. Over-the-Air-Updates per WLAN oder Mobilfunk sind bei gerooteten Geräten aber meist nicht mehr möglich. Wer aber eine neue Firmware manuell einspielt, der erhält zunächst wieder ein ungerootetes Smartphone. Auch lässt sich die neue Firmware oft nicht mehr auf die gleiche Weise rooten wie die Vorversion.
Kann das Smartphone dabei beschädigt werden?
Ja, obwohl beim Rooten nur Veränderungen in der Software vorgenommen werden, ist durchaus ein Totalschaden möglich. Solch ein Brick (englisch für Backstein) ist aber äußerst selten.
Wenn beim Rooten wirklich etwas schiefläuft, dann lässt sich das Gerät meist durch einen Hardware-Reset und ein Neueinspielen der Hersteller-Firmware reanimieren. Sie sollten sich deshalb vor dem Rooten alle benötigten Dateien für das Zurücksetzen des Geräts besorgen.
Wirkt sich das Rooten auf die Garantie aus?
Ja, denn der Hersteller muss das Gerät nur dann reparieren, wenn die firmeneigene Software installiert ist. Das Rooten eines Android-Smartphones führt damit grundsätzlich zum Verlust des Garantieanspruchs. Der Hersteller muss den Eingriff in die Software des Geräts allerdings nachweisen. Lässt sich das Gerät vor dem Einsenden komplett auf die Werkseinstellungen zurücksetzen, dann wird der Hersteller es auch reparieren müssen.
Ist das Rooten illegal?
Im Gegensatz zum Entfernen von Sperren, die das Smartphone auf den Einsatz in bestimmten Mobilfunknetzen beschränken, gilt das Rooten nicht als illegal. Eine abschließende rechtliche Beurteilung liegt in Deutschland allerdings noch nicht vor.
In den USA hat das US Copyright Office hingegen schon 2010 Rechtssicherheit geschaffen. Damals erklärte die US-Behörde den vergleichbaren Jailbreak von Apples iPhones für legal, da die Sperren des Herstellers bei der Software-Auswahl einen Eingriff in die Selbstbestimmung des Nutzers darstellen.
3. Teil: „Ist das Rooten schwierig?“
Ist das Rooten schwierig?
Wo finde ich Anleitungen zum Rooten eines Smartphones?
Root-Anleitungen zu fast jedem Gerät finden Sie in Foren wie www.android-hilfe.de oder http://forum.xda-developers.com/. Wer sein Smartphone rooten möchte, der sollte sich vorab allerdings erst einmal über die Firmware- und Android-Version seines Geräts sowie über die Versionsnummer der Hardware-Firmware, des sogenannten Baseband oder Radio-ROM, informieren. Die entsprechenden Informationen finden Sie in den „Einstellungen“ des Smartphones unter „Telefoninfo“.
Die root-Tools und -Techniken müssen dann genau auf die Versionsnummern des Geräts abgestimmt sein. Machen Sie sich zunächst mit den passenden root-Anleitungen vertraut und lesen Sie auf jeden Fall die Erfahrungen anderer Anwender. Den root-Vorgang sollten Sie nur dann starten, wenn die Vorgehensweise bereits erfolgreich getestet wurde und Sie alle Arbeitsschritte verstanden haben.
Wie erkenne ich gerootete Geräte?
Got Root? . Nach dem Start tippen Sie auf „Check now“. Wenig später müsste sich dann die App Superuser mit einer Anfrage melden, ob Sie der Anwendung Got Root? root-Rechte gewähren möchten. Wenn Sie die Anfrage mit „Erlauben“ bestätigen, sollte Got Root? die Hinweise „Successfully located ‚su‘“ und „Successfully obtained root privileges through ‚su‘“ ausgeben.
Ob Ihr Smartphone erfolgreich gerootet wurde, testen Sie mit der kostenlosen App Was macht die Superuser-App?
Die kostenlose App Superuser verwaltet alle Apps, die auf Ihrem Smartphone installiert sind und root-Rechte erfordern. Sobald Sie eine App starten, die root-Rechte benötigt, erscheint eine Freigabeanfrage der Anwendung Superuser. Sie haben dann die Möglichkeit, die angeforderten root-Rechte zu gewähren oder zu verweigern.
Wenn Sie einer App die root-Rechte wieder entziehen möchten, dann starten Sie Superuser über den App Drawer Ihres Smartphones. Im Reiter „apps“ erhalten Sie dann eine Übersicht aller Anwendungen, denen Sie root-Rechte gewährt haben. Nach einem Tipp auf eine der Apps haben Sie mit dem Papierkorbsymbol am unteren Bildschirmrand die Möglichkeit, der App die root-Rechte wieder zu entziehen.
Was kommt nach dem Rooten?
Nach dem Rooten des Smartphones gibt es viel mehr Möglichkeiten, Anwendungen und Daten zu sichern. Dazu eignet sich beispielsweise das kostenlose Titanium Backup. Das Tool sichert Ihre Daten, alle Systemanwendungen und die nachträglich installierten Apps.
Für derartige Backups starten Sie Titanium Backup 5.1.1 und gewähren der Anwendung root-Rechte. Im Reiter „Sichern/Wiederherstellen“ erhalten Sie dann eine Übersicht aller Apps. Tippen Sie den Eintrag der gewünschten App kurz an und wählen Sie „Sicherung!“, um die Anwendung auf der SD-Karte des Smartphones zu sichern.
Mit der Menütaste erreichen Sie zudem Optionen für eine „Stapel-Verarbeitung“, um mehrere Apps in einem Arbeitsschritt zu sichern. Auch finden Sie hier Optionen, um die Sicherungskopien in Cloud-Speichern wie Dropbox oder Google Drive abzulegen.
Welche root-Apps sind nützlich?
Sehr beliebt sind Werbeblocker wie AdAway. Nützlich sind auch die Firewall DroidWall, mit der Sie den Internetzugriff Ihrer Apps reglementieren, und Root Dim, das die Display-Helligkeit des Smartphones feiner reguliert. Und Samba Filesharing erlaubt über eine Windows-Freigabe Netzwerkzugriffe auf die Speicherkarte des Smartphones.
Darüber hinaus bieten nach dem Rooten auch bereits installierte Apps erweiterte Optionen. So ermöglicht es der beliebte Dateimanager ES Datei Explorer, auch die Systemdateien des Smartphones zu bearbeiten.
4. Teil: „Was ist eine Recovery Console?“
Was ist eine Recovery Console?
Custom ROMs einspielen und der Cache des Betriebssystems löschen.
Wer sich mit gerooteten Smartphones beschäftigt, der stößt schnell auf den Begriff Recovery Console. Dahinter verbirgt sich ein Rettungs- und Wartungssystem, das Sie mit einer speziellen Tastenkombination — meist [Power Lautstärke nach unten] — auf dem Smartphone booten. Mit einer Recovery Console lassen sich Komplett-Backups erstellen, Firmware-Patches oder Datenretter: Recovery Console
Eine Recovery Console startet auf dem Smartphone ein Rettungs- und Wartungssystem, das sich mit dem Windows Rescue Environment vergleichen lässt.
Eine Recovery Console lässt sich nur auf gerooteten Android-Smartphones installieren. Das Notfallsystem, das Sie durch eine bestimmte Tastenkombination beim Einschalten des Geräts aufrufen, bietet Ihnen im Bereich „Backup & Restore“ die Möglichkeit eines Komplett-Backups. Weit verbreitet sind zwei dieser Rettungssysteme: Clockwork Mod Recovery und Team Win Recovery Project. Tipps zur Installation einer Recovery Console sowie Informationen darüber, welches der beiden Systeme für Ihr Smartphone-Modell besser geeignet ist, finden Sie im Internet in den Foren www.android-hilfe.de und http://forum.xda-developers.com.
Was ist eine Bootloader-Sperre?
Smartphones sind wie ein PC mit einem Bootloader ausgestattet, der nach dem Gerätestart weitere Teile des Betriebssystems lädt. Viele Hersteller sperren den Bootloader, um Systemveränderungen zu verhindern.
Wenn der Bootloader gesperrt ist, lassen sich eine Recovery Console oder ein Custom ROM nicht installieren. Wer solche Software einsetzen will, muss zunächst den Bootloader entsperren. Geeignete Tools und Anleitungen für Ihr Gerät finden Sie in den in den Foren www.android-hilfe.de und http://forum.xda-developers.com.
5. Teil: „Was ist ein Custom ROM?“
Was ist ein Custom ROM?
Custom ROMs sind von Anwendern modifizierte Android-Versionen. Im Gegensatz zu der offiziellen Firmware des Smartphone-Herstellers lassen sich Custom ROMs nur mit root-Rechten installieren. Die modifizierte Android-Version wird dabei meist über eine Recovery Console eingespielt.
Custom ROMs: Das Projekt Cyanogen Mod
Cyanogen Mod ist das bekannteste Custom ROM für Android-Smartphones.
Die Firmware-Alternative Cyanogen Mod basiert auf Googles Betriebssystem Android, wird aber von freiwilligen Entwicklern der Android-Gemeinde gepflegt. Das Custom ROM zeichnet sich durch viele Detailverbesserungen und eine sehr hohe Akkulaufzeit aus. Die Firmware unterstützt einen Inkognito-Modus für Websitzungen, verschlüsselte Netzwerkverbindungen per OpenVPN sowie Gesten auf dem Lockscreen und Themes zur Anpassung der Darstellung.
Cyanogen Mod läuft in den Versionen 7.1 und 7.2, die auf Android 2.3.7 basieren, auf vielen Geräten bereits sehr stabil. Die neue Cyanogen-Mod-Version 9 basiert hingegen auf Android 4 und ist für den Alltagseinsatz meist noch nicht geeignet. Eine Übersicht aller unterstützten Smartphones finden Sie unter www.cyanogenmod.org/devices.
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