Hardware
27.09.2024
Das beste aus zwei Welten
1. Teil: „Air Pods 4 ausprobiert“

Air Pods 4 ausprobiert

Apple Inc.
Der Preis ist nicht der Grund, den AirPods 4 den Vorzug zu geben. Vielmehr muss man sie wollen – und dann leisten sie Außergewöhnliches.
Für alle, die neu im Thema sind, werfen wir vorab einen Blick auf die aktuelle AirPods-Reihe. Ganz unten in der Hackordnung stehen die neuen AirPods 4. Der wichtigste Neuzugang sind jedoch die neuen AirPods 4 mit aktiver Geräuschunterdrückung – und um die geht es hier. Bei beiden Modellen handelt es sich um Earbuds mit einer offenen Bauform: Die Stöpsel liegen also locker in den Ohren.
Flankiert werden sie von den AirPods Pro 2. Die haben zwar schon zwei Jahre auf dem Tacho, doch sie erfreuen sich einer ungebrochenen Beliebtheit und sind mit dem aktuellen H2-Chip ausgestattet. Als «In-Ear» mit einer geschlossenen Bauform und Silikon-Aufsätzen dichten sie den Gehörgang so gut ab, wie es einem Gummistöpsel überhaupt möglich ist.
Am oberen Ende warten die AirPods Max. Sie umschließen das gesamte Ohr (Over-Ear) und bieten mit größeren Treibern einen besonders kräftigen Klang. Allerdings sieht man sie in der freien Wildbahn eher selten, weil sie unpraktisch zu transportieren sind. Selbst Apple schenkt ihnen nur minimale Aufmerksamkeit, im Inneren arbeitet der veraltete H1-Chip.
  • Von links nach rechts: AirPods 4, AirPods 4 mit aktiver Geräusch­unter­drückung, AirPods Pro 2 und AirPods Max
    Quelle:
    Apple Inc.
Die größte Rivalität unter Geschwistern erleben die AirPods Pro 2 und die AirPods 4 mit aktiver Geräuschunterdrückung. Dabei stellt sich zwangsläufig die Frage, was die AirPods Pro besser können und wo die AirPods 4 punkten. Doch das ist nicht der springende Punkt. Die AirPods 4 sind keine Konkurrenz zu den AirPods Pro 2, sondern ein eigenständiges Produkt mit Vorzügen, die man bei den AirPods Pro 2 nicht findet – und umgekehrt.

Ruhe vor der Umwelt

Der offensichtliche Unterschied betrifft die Bauform. Die AirPods Pro 2 werden mit austauschbaren Silikon-Tips geliefert, um eine optimale Passform zu gewährleisten und den Gehörgang abzudichten. Das Umfeld wird also gedämpft, ohne dass die AirPods Pro überhaupt eingeschaltet sind. Das kommt wiederum der aktiven Geräuschunterdrückung entgegen (kurz ANC genannt, für Active Noise Cancellation). ANC gehört im hektischen Alltag zu den wichtigsten Eigenschaften überhaupt, wie unzählige Pendler und andere Lärmgeplagte gerne bestätigen werden.
Nur: Für viele Interessierte erweisen sich die AirPods Pro 2 als suboptimal. Es ist nicht jedermanns Sache, sich die Silikon-Tips in den Gehörgang zu stecken. Manchmal wird in den Foren auch über Juckreiz oder sogar Entzündungen geklagt – auch wenn das nicht direkt an den Stöpseln liegt, sondern am persönlichen Empfinden, einer Allergie und manchmal wohl auch an einer mangelnden Reinigung.

Offene Verhältnisse

Die AirPods 4 sind hingegen offen. Ohne die austauschbaren Silikon-Tipps sind keine individuellen Anpassungen möglich. Und obwohl Apple unzählige Ohrmuscheln vermessen und den besten Kompromiss gesucht hat, besteht ein kleines Restrisiko, dass sie bei einigen Leuten nicht ins Ohr passen.
  • Die AirPods 4 nähern sich im Design und der Bedienung den AirPods Pro an
    Quelle:
    Apple Inc.
Passform. Doch wenn sie passen, bieten sie einen enormen Komfort. Sie liegen kaum auf und stören selbst nach Stunden nicht. Dabei zählt einzig die Ohrmuschel, da die AirPods 4 nicht bis zum Gehörgang vordringen.
ANC. Trotz ihrer offenen Form bietet die größere Ausführung der AirPods 4 ebenfalls ANC – und die erweist sich als verblüffend effizient. Mein persönlicher Benchmark ist unsere Altglas-Sammelstelle, bei der die Behälter eine Armlänge entfernt in einen offenen Container gekippt werden. Hier brillieren weiterhin die geschlossen AirPods Pro, bei denen die Silikon-Tips das Klirren zu großen Teilen aussperren. Doch bei normalem Straßenlärm, Stimmen oder geschäftigem Treiben überzeugen die offenen AirPods 4 mit einer hervorragenden Dämpfung. Sie funktioniert so gut, dass sie im Alltag zu einer ernsthaften Konkurrenz zu den AirPods Pro werden. Im Flieger oder extremen Situationen würde ich jedoch weiterhin den AirPods Pro den Vorzug geben.
Steuerung. Bei der Steuerung wurde kräftig bei den AirPods Pro abgekupfert. Die neuen, verkürzten Stile reagieren jetzt ebenfalls auf Drücken und auf Streichgesten, um Anrufe anzunehmen, Songs zu überspringen oder die Lautstärke zu regeln.
Neu ist die Möglichkeit, Anrufe anzunehmen oder abzulehnen, indem einfach genickt oder der Kopf leicht geschüttelt wird. Dieselbe Funktion kennen neuerdings auch die AirPods Pro, da sie über ein kostenloses Firmware-Update nachgereicht wurde.
  • Das wortwörtliche Abnicken der Anrufe wird bei der Inbetriebnahme aktiviert
    Quelle:
    PCtipp
2. Teil: „Wenn günstig zu wenig ist“

Wenn günstig zu wenig ist

Wie eingangs erwähnt, bietet Apple die Wahl zwischen den AirPods 4 für 149 Euro und den AirPods 4 mit aktiver Geräuschunterdrückung für 199 Euro. 50 Euro klingen nach einem beachtlichen Unterschied; aber was beim kleinen Modell an Funktionen gestrichen wurde, schmälert den Spaß deutlich.
Keine ANC. Am schwersten wiegt die fehlende ANC. Die günstigen AirPods filtern praktisch keine Geräusche – womit die Wahl für viele Interessenten bereits entschieden ist.
Kein Transparenzmodus. Der Transparenzmodus nimmt die Geräusche der Umgebung über die Mikrofone auf und mischt sie mit der Musik, sodass man weniger häufig vom Bus angefahren wird.
Kein adaptives Audio. Diese Funktion passt die Geräuschunterdrückung automatisch an die Umgebung an. Wenn es übermäßig laut wird, etwa durch Sirenen oder Baumaschinen, wird die Geräuschunterdrückung verstärkt. Beruhigt sich das Umfeld, wechseln die AirPods zurück in den Transparenzmodus.
Keine Konversationserkennung. Die Konversationserkennung registriert, wenn der Träger der AirPods spricht. Die Medienlautstärke wird deutlich reduziert und die Stimmen des Gegenübers verstärkt. Ideale Bedingungen also, um ein Gespräch zu führen – auch wenn es vielleicht ein wenig grenzwertig wirkt, weil es aussieht, als wolle man sich abkapseln.
Ladeschale. Auch die Ladeschale unterscheidet sich deutlich. Das günstigere Modell lädt gerade einmal über USB-C; das teurere lässt sich hingegen kabellos über Qi laden. Außerdem ist in der Schale ein Lautsprecher verbaut, damit sie über die «Wo ist?»-Funktion einfacher gefunden wird. Möglich ist auch ein Laden über den Ladepuck der Apple Watch.
Die Freude wird nur durch die fehlende MagSafe-Halterung getrübt: An einem vertikalen Ladegerät im Auto oder auf dem Tisch halten die AirPods 4 nicht, im Gegensatz zu den AirPods Pro.
  • Im Gegensatz zu den AirPods Pro (oben) profitieren die AirPods 4 nicht durch eine MagSafe-Halterung
    Quelle:
    PCtipp
Noch ein Wort zum Lieferumfang: In der niedlichen Schachtel befinden sich neben den AirPods 4 und der Ladeschalte gerade einmal eine gefaltete Starthilfe und Garantiehinweise. Hingegen sind weder ein USB-C-Kabel noch ein Netzteil dabei. Das ist eventuell gut zu wissen, wenn die AirPods verschenkt werden sollen.

Hörhilfe: der Elefant im Raum

Doch in einem Punkt werden sich die AirPods Pro in Kürze von den AirPods 4 abheben, und zwar ganz erheblich. Später in diesem Jahr werden die AirPods-Pro-Modelle – und nur die – durch ein kostenloses Update zu zertifizierten Hörhilfen. Sie agieren dann nicht nur als Hörgeräte, sondern ermöglichen ein Ausmessen der eigenen Hörfähigkeit. Darüber hinaus bieten sie spezialisierte Hilfen, um eine übertriebene Lärmbelastung zu entschärfen. Wer also in diesem Bereich Unterstützung benötigt oder einfach zu seinem Gehör etwas mehr Sorge tragen will, wird allein deshalb zu den Pro-Modellen greifen.

Das eine tun und das andere nicht lassen

Bleibt die Frage nach den besten AirPods, und der Fall ist klar: Es gibt keinen Sieger – sondern nur Gewinner.
AirPods 4. Die günstigsten AirPods 4 sind etwas arg abgespeckt. Sie sind preislich sehr attraktiv und eignen sich für einfache Aufgaben, wie etwa die Telefonie. Sie sind außerdem eine gute Wahl, wenn die Stöpsel regelmäßig verloren gehen, von Kindern verlegt oder von Haustieren gefressen werden. Aber wenn die Ansprüche nur leicht steigen, sollten Sie zu den AirPods 4 mit aktiver Geräuschunterdrückung greifen.
AirPods 4 mit ANC. Hier stimmt außer der fehlenden MagSafe-Kompatibilität alles. Sie bieten zwar nicht dasselbe hochwertige ANC das Pro-Modell; trotzdem ist es erstaunlich leistungsfähig. Die neue Steuerung und der komfortable Sitz könnten außerdem dazu führen, dass den übermächtig scheinenden AirPods Pro schon bald eine steife Brise entgegenschlägt.
AirPods Pro 2. Technisch gesehen das beste Modell: mehr ANC, individuelle Tips und vor allem das anstehende Upgrade zur zertifizierten Hörhilfe machen diese Stöpsel zu einer naheliegenden Wahl. Allerdings bieten sie nicht denselben Tragekomfort, wie die AirPods 4.

Fazit

Es gibt Gelegenheitsnutzer und solche, die sich die AirPods nicht mehr aus dem Leben denken können – und dazwischen treibt eine riesige Masse, die mit den Kopfhörern einfach zufrieden ist.
Doch die Frage nach dem besten Modell ist kaum zu beantworten. Deshalb liegt die Lösung auf der Hand: Kaufen Sie beide. Bei Apple kosten die AirPods 4 mit ANC + die AirPods Pro 2 zusammen 478 Euro. Mit ein wenig Geduld und der Beobachtung von Aktionen wird sich die Anschaffung jedoch in Kürze bei etwa 320 Euro einpendeln. Damit liegen sie innerhalb dessen, was andere Hersteller von Kopfhörern für ihre Spitzenmodelle aufrufen – nur eben, dass das Apple-Duo wirklich nichts mehr zu wünschen übriglässt.

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