10.02.2022
Kommentar
Europa ohne Facebook? Wohl eher nicht.
Autor: Frank Kemper
Shutterstock/DesignRage
Der Meta-Konzern schockt die Öffentlichkeit mit der Nachricht, dass man Facebook und Instagram in Deutschland dicht machen müsse, wenn die Datenschutzregeln so blieben wie sie sind. Angst davor muss man wohl kaum haben - aber einige Player werden sich bewegen müssen.
Es lief schon mal besser für Mark Zuckerberg. Vor wenigen Tagen musste er sein Libra-Cyberwährungsprogramm beerdigen, dann verlor Meta, der Konzern, dessen Großaktionär er ist, an der Börse über Nacht mehr als 300 Milliarden US-Dollar an Aktienwert. Jetzt schockt Meta mit der Ansage, dass man Facebook, WhatsApp und Instagram in Europa künftig nicht mehr anbieten könne, wenn sich an den Datenschutzregeln auf dem Alten Kontinent nicht bald etwas ändere.
Nicht im Einklang mit der DSGVO
Diese Ansage ist keine Drohung, sie ist zunächst einmal eine Pflichtmitteilung an die US-Börsenaufsicht SEC: Jedes börsennotierte Unternehmen muss in seinen Quartalsberichten auf Umstände hinweisen, die ihm bekannt sind und die den Geschäftsverlauf des Unternehmens stören könnten. Schließlich wollen Investoren wissen, was auf sie zukommt, bevor sie Kauforders für Wertpapiere abgeben.
Und mit seiner jetzigen Einschätzung macht Meta erst einmal eins klar: Offensichtlich operieren die Unternehmungen des Meta-Konzerns derzeit nicht im Einklang mit den europäischen Datenschutzgesetzen. Diese untersagen unter anderem, dass personenbezogene Daten von EU-Bürgern auf Servern in Ländern außerhalb der Europäischen Gemeinschaft gespeichert und verarbeitet werden, in denen kein Datenschutzniveau gewährleistet werden kann, das mit der DSGVO vereinbar ist.
Dass Facebook, Google, Apple, aber auch Salesforce, Shopify und andere US-Konzerne dieses Problem mit der DSGVO haben, ist bekannt. Seit geraumer Zeit sucht die EU nach Lösungen für dieses Problem, und immer wieder erreicht der Datenschutzaktivist Max Schrems mit Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof, dass die zwischen der EU und den USA getroffenen Vereinbarungen als ungenügend erklärt werden.
Ein Ende wäre theoretisch denkbar
Es erscheint unvorstellbar, dass sich alle relevanten US-Internet-Konzerne aus Europa zurückziehen, weil sie ihre Dienste nicht DSGVO-kompatibel auf die Reihe kriegen. Dazu ist der EU-Wirtschaftsraum einfach zu attraktiv. Theoretisch denkbar wäre es schon: In China zum Beispiel, nach den USA die größte Volkswirtschaft der Erde, bekommt Facebook kein Bein an Deck, Google ist außen vor, Amazon ebenso.
Doch ein Internet - und wirtschaftliche Rahmenbedingungen - nach chinesischem Muster, das kann nicht im Interesse der EU sein. Es ist möglich, sich weit auf das Terrain der DSGVO zu begeben. Microsoft hat es vorgemacht. Der Softwarekonzern betreibt für seine Azure Cloud eine europäische Infrastruktur, die von der im Heimatland getrennt operiert. Ein solcher Schritt wäre auch für Meta möglich. Ob er praktikabel ist, steht auf einem anderen Blatt, denn vor allem Facebook lebt natürlich auch von dem grenzenlosen Austausch, und die Welt ist eben größer als Europa.
Eher kurz- als langfristig braucht Europa ein Safe-Harbor-Abkommen mit der US-Internetwirtschaft, dass ihr ein rechtssicheres Operieren in der EU erlaubt. Dafür werden sich beide Seiten deutlich bewegen müssen. Meta kann ja schon mal den ersten Schritt tun.
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