Business-IT
18.07.2014
Rechtstipp
1. Teil: „Spam-Ordner muss täglich überprüft werden“

Spam-Ordner muss täglich überprüft werden

Foto: istock - Paul Paladin
Wer seine Mailadresse auf seinem geschäftlichen Briefkopf führt, muss den Posteingang täglich kontrollieren. Das gilt auch für den Spam-Ordner.
Von Rebekka Stumpfrock
  • Experten-Tipp: Rechtsanwältin Rebekka Stumpfrock rät, den Spamordner geschäftlich genutzter E-Mail-Adressen täglich zu prüfen.
Unerbetene E-Mail-Werbung ist - wie schon mehrfach in unseren Rechtstipps behandelt - unzulässig, denn sie beeinträchtigt den Empfänger in seiner Lebensführung. Der Empfänger muss sich nämlich - so die Rechtsprechung - mit jeder Werbe-E-Mail und deren Inhalt auseinandersetzen und verliert damit Zeit.
Wer meint, dass diese Ansicht in Zeiten von guten "Spam"-Filtern, die dem Empfänger das Aussortieren der Werbe-E-Mails abnehmen, überholt ist, der irrt. Das Landgerichts Bonn hat nämlich entschieden, dass das "Spam“-Postfach einer geschäftlich genutzten E-Mail-Adresse täglich kontrolliert werden muss. So muss sich also doch wieder jeder mit den empfangenen Werbe-E-Mails selbst auseinandersetzen.
Der Entscheidung (LG Bonn, Urteil vom 10.01.2014, Az. 15 O 189/13) lag folgender Fall zu Grunde: Ein Rechtsanwalt hatte für seine Mandantin Vergleichsgespräche mit Geschäftspartnern der Mandantin geführt. Der Justiziar dieser Geschäftspartner sandte dem Rechtsanwalt eine E-Mail mit einem Vergleichsvorschlag zu. Aus den Regelungen des Vergleichs ergab sich, dass das Angebot nur innerhalb einer Woche angenommen werden konnte.
Diese E-Mail landete leider im Spam-Ordner des E-Mail-Kontos des Rechtsanwalts und der Rechtsanwalt erfuhr deshalb erst später von dieser E-Mail. Durch die verzögerte Weiterleitung der E-Mail konnte der Vergleichsvorschlag von der Mandantin nicht mehr angenommen werden. Sie machte deshalb den ihr daraus entstandenen Schaden bei ihrem Rechtsanwalt geltend.
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Das Landgericht Bonn gab ihr Recht: Es bestehe eine allgemeine Vertragspflicht des Rechtsanwalts, seinen Auftraggeber vor voraussehbaren und vermeidbaren Schäden zu bewahren. Daher gehöre es zu den Pflichten des Rechtsanwalts, wesentliche Korrespondenz mit der Gegenseite, die er per Mail erhält, unverzüglich an seine Mandantin weiterzuleiten.
Das Vergleichsangebot hätte also unverzüglich weitergeleitet werden müssen, jedenfalls aber noch so weit vor der Annahmefrist, dass die Mandantin in der Lage gewesen wäre, das Angebot anzunehmen und zu erfüllen. Diese Pflicht hat der Rechtsanwalt verletzt. Er könne sich nicht damit entlasten, dass die E-Mail nicht in seinem E-Mail-Postfach einging, sondern durch den Spam-Filter aussortiert wurde.
2. Teil: „Sorgfalt muss sein“

Sorgfalt muss sein

Der Rechtsanwalt habe die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet, weil er seinen Spam-Ordner nicht täglich kontrolliert habe. Die E-Mail-Adresse führe der Beklagte auf dem Briefkopf und stelle sie dadurch als Kontaktmöglichkeit zur Verfügung. Es liege daher im Verantwortungsbereich des Rechtsanwalts, wenn er eine E-Mail-Adresse zum Empfang von E-Mails zur Verfügung stelle, dass ihn die zugesandten E-Mails auch erreichten.
Bei der Unterhaltung eines geschäftlichen E-Mail-Kontos mit aktiviertem Spam-Filter müsse der E-Mail-Kontoinhaber seinen Spam-Ordner täglich durchsehen, um versehentlich als Werbung aussortierte E-Mails zurückzuholen.
Der Rechtsanwalt sei deshalb dazu verpflichtet, der Mandantin den Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden sei, dass der Rechtsanwalt den Vergleichsvorschlag nicht rechtzeitig weitergeleitet habe.

Unser Tipp:

Wer eine E-Mail-Adresse geschäftlich nutzt, darf sich nicht blind auf seinen Spam-Filter verlassen. Immer wieder passiert es, dass E-Mails - zum Beispiel bei großem Verteiler oder vielen verschiedenen Anhängen – vom Spam-Filter aussortiert werden. Diese Pflicht trifft wie im vorliegenden Fall zum Beispiel Rechtsanwälte, die Mitteilungen - auch über Fristen - für ihre Mandanten entgegennehmen.
Aber dieses Urteil könnte insoweit auch auf andere Bereiche übertragen werden: Erklärt ein Kunde zum Beispiel den Widerruf eines Onlinekaufs per E-Mail oder macht Mängelrechte per E-Mail geltend, die versehentlich im "Spam" laden, kann sich der Onlineshop-Betreiber wohl nicht darauf berufen, die Nachrichten seien ihm nicht rechtzeitig zugegangen.

Rebekka Stumpfrock
KLEINER Rechtsanwälte, Stuttgart
Partnergesellschaft
 

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