Business-IT
23.11.2016
Alarmierende Studie
1. Teil: „Mobile Device Management: Risiko für Unternehmen“

Mobile Device Management: Risiko für Unternehmen

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Sfio Cracho, shutterstock
Laut einer Ovum-Studie gibt es noch großen Nachholbedarf beim Thema Mobile Device Management. Nur die Hälfte aller Unternehmen hat eine MDM-Lösung im Einsatz.
Europa ist laut einer neuen Studie von Ovum noch immer Entwicklungsland beim Management mobiler Endgeräte in Unternehmen: Nur die Hälfte aller befragten Unternehmen hat eine MDM-Lösung (Mobile Device Management) im Einsatz.
Die andere Hälfte hat demnach keinerlei Kontrolle über die Smartphones und Tablets, die im Unternehmen genutzt werden. Das sind alarmierende Zahlen, denn sie zeigen: Es mangelt bei 50 Prozent der Firmen schon an den Grundlagen, um eine Mobility-Strategie zu entwickeln – geschweige denn, diese umzusetzen. Ein fataler Fehler, denn Mobile Device Management sorgt nicht nur für Sicherheit und Schutz der Unternehmensdaten, es kann auch die Effizienz bei den Prozessen mobiler Arbeiter deutlich verbessern.

Mobile Device Management ist nur ein Baustein von EMM

Denn MDM ist lediglich der erste Baustein einer umfassenden EMM-Lösung (Enterprise Mobility Management): MDM ermöglicht letztlich nur, mobile Endgeräte in das Unternehmensnetzwerk ein­zubinden und zu verwalten. Eine echte Mobility-Strategie – Enterprise Mobility Management – umfasst allerdings weit mehr: EMM bietet neben der Verwaltung der Endgeräte auch Lösungen zu den Themen Mobile App, Mobile Content und Mobile Information Management.
Bei Ersterem wird geregelt, welche Apps im Unternehmen angeboten werden und welche Anwender welche Applikationen nutzen dürfen. Mobile Content Management hat das Ziel, Inhalte auf mobilen Endgeräten verfügbar zu machen. Diese sollten dabei gesichert beziehungsweise verschlüsselt übertragen und vorgehalten werden, auch die Synchronisation von Daten mit internen Servern ist hier verankert (Mobile­ Information Management). Doch von EMM, so scheint es, sind die meisten Unternehmen noch weit entfernt.
Dass noch viel Unkenntnis über den Sinn und Nutzen von EMM-Strategien herrscht, zeigt denn auch ein weiteres Ergebnis der Erhebung: Ovum hatte die Unternehmen nach den Gründen für ihre Mobility-­Zurückhaltung befragt – darauf nannten erstaunliche 47 Prozent der IT- und Business-Manager Sicherheit und Datenschutz. Dabei ist es ja gerade die Aufgabe von MDM- oder EMM-Lösungen, ­mobile Endgeräte sicher in das Unternehmensnetz einzubinden und zu verwalten. Weitere 21 Prozent der Unternehmen haben laut eigenen Angaben aus Budget-Gründen keine Mobility-Lösung im Einsatz, als weitere Hindernisse wurden die Unternehmenskultur mit elf Prozent genannt sowie der fehlende technische Support (zehn Prozent).
2. Teil: „Große Kluft zwischen Theorie und Praxis“

Große Kluft zwischen Theorie und Praxis

Die Studie offenbart zudem, wie leichtfertig Unternehmen beim Thema Mobiles im Unternehmenseinsatz sind: 49 Prozent der Firmen erlauben beispielsweise Mitarbeitern die geschäftliche Nutzung privater Smartphones, bei privaten Tablets sind es 34 Prozent; gleichzeitig haben 58 Prozent der Unternehmen keine klaren Regeln für den Umgang mit mobilen Endgeräten – egal ob privat oder von der Firma gestellt – festgelegt. Im Umkehrschluss heißt das, dass Unternehmen keine Kon­trolle darüber haben, wie ihre Mitarbeiter mobile Endgeräte nutzen.
Die Autoren der Studie sehen aber auch Potenzial: Denn immerhin glauben 52 Prozent der Befragten, die derzeit noch keine EMM-Lösungen im Einsatz haben, sie würden von Produktivitäts-Tools profitieren, die auch in EMM-Lösungen enthalten sind. Es scheint demnach vor allem Unwissenheit beziehungsweise mangelnde Aufklärung zu sein, die Unternehmen zur Zurückhaltung beim Thema EMM treibt. Und Besserung ist derzeit nicht in Sicht, denn laut der Studie machen überwältigende 61 Prozent der europäischen Unternehmen nur einen geringen oder gar keinen Fortschritt dabei, sich an der digitalen Revolution zu beteiligen.
Doch Mitarbeiter, vor allem die jüngeren, fordern innovative Möglichkeiten zum Arbeiten – und Mobilität spielt hier eine zentrale Rolle. Auch bei Entwicklungen wie dem Internet der Dinge (IoT) steht Mobilität im Zentrum der meisten Lösungen. Das betont auch Carl Rodrigues, President und CEO des EMM-Experten Soti und Auftraggeber der Studie: „Das Internet der Dinge wird die Mobility-Management-Herausforderungen exponentiell vergrößern, da Experten bis 2020 von mindestens 50 Milliarden Dingen im Einsatz ausgehen.“ Die Unternehmen müssten sich deshalb Mobilität zu eigen machen, um den Weg für das Internet der Dinge zu ebnen.

Nächster Schritt: Unified Endpoint Management

Für besseren Schutz mobiler Endgeräte könnte indes Unified Endpoint Management (UEM) die nächste Entwicklungsstufe bei EMM-Lösungen darstellen. Dabei wird die Verwaltung von Desktops und Mobiles in einem System zusammengefasst. Der UEM-Ansatz klingt auf Anhieb sehr attraktiv: Denn bislang standen für die Lösungsanbieter immer die Endgeräte im Mittelpunkt, nicht aber die Anwender. Bei UEM ist genau das Gegenteil der Fall: Der Endanwender steht im Fokus.
Im optimalen Fall vereint die UEM-Lösung dabei die Einfachheit von MDM- oder EMM-Lösungen mit der Verlässlichkeit bewährter CLM-Software (Client Lifecycle Management). Dies ermöglicht IT-Abteilungen, die Bereitstellung und Verwaltung des sicheren Zugangs zu Unternehmensnetzwerken und -daten zu managen, unabhängig vom Gerät, Betriebssystem, Applikations-/Service-Set oder dem Nutzer. Ein Ansatz, der laut Cosynus-Geschäftsführer Michael Reibold die sichere Einbindung von Mobiles deutlich forcieren wird.
3. Teil: „Interview mit Michael Reibold, Geschäftsführer Cosynus“

Interview mit Michael Reibold, Geschäftsführer Cosynus

  • Michael Reibold, Geschäftsführer des Mobility-Spezialisten Cosynus, sieht immer noch großen Nachholbedarf bei deutschen Unternehmen.
com! professional: Herr Reibold, die jüngste Ovum-Studie klingt alarmierend, nur die Hälfte der in Europa befragten Unternehmen haben ein MDM-System im Einsatz. Spiegelt dieses Ergebnis auch Ihre Erfahrungen wider?
Michael Reibold: Leider ja, die Akzeptanz der Unternehmen ist immer noch gering. Das gilt vor allem für den Mittelstand, den wir vorwiegend betreuen. Und die Fortschritte sind eher bescheiden, wir haben vor drei Jahren ebenfalls eine Studie zu diesem Thema durchführen lassen, deren Ergebnisse sich weitgehend mit der Ovum-Studie decken. Wir haben zwar Projekte umgesetzt, doch die Entwicklung ist stockend.

com! professional: Woran liegt das? Fehlt einfach das Bewusstsein für die Sicherheitsrisiken, oder sind knappe Budgets der Grund?
Reibold: Beides, fürchte ich. Viele Unternehmen sehen einfach keine Notwendigkeit, da sie noch nie einen konkreten Schaden, der beispielsweise durch den Verlust von Daten oder Wirtschaftsspionage entstanden ist, bemerkt haben – und auch selten davon gehört haben. Schließlich sprechen die geschädigten Unternehmen ja in der Regel nicht über solche Angriffe. Es fehlt schlicht der Druck, deshalb werden die Budgets auch nicht dafür bereitgestellt. Viele fürchten aber auch den Aufwand und die Komplexität dieser Projekte. Denn einfach eine MDM-Lösung aufzusetzen, reicht in den meisten Fällen nicht aus.

com! professional: Unternehmen bräuchten eine übergreifende Mobility-Strategie …
Reibold: Genau, und zwar eine, die auch weiterentwickelt wird. Denn die mobilen Endgeräte und deren Anwendungen wandeln sich, denken Sie nur an Smartwatches oder Wearables. Diese werden früher oder später auch in den Unternehmen zum Einsatz kommen, das gilt vor allem für die Smartwatches. Unsere Erfahrung ist, dass selbst die Unternehmen, die eine MDM-Lösung im Einsatz haben, deren Potenzial häufig nicht nutzen. Das ist sicher besser als nichts, doch ausreichend ist es bei Weitem nicht.

com! professional: Nun wird die Anzahl der Endgeräte ja künftig rasant ansteigen, vor allem durch die Verbreitung des Internet der Dinge. Wird dies den EMM-Markt dann auch vorantreiben?
Reibold: Ich glaube nicht, das Internet der Dinge spielt im Mittelstand bislang häufig nur eine untergeordnete Rolle, deshalb wird es auch den MDM- oder EMM-Markt nicht beleben.

com! professional: Seit einiger Zeit wird viel über Unified Endpoint Management diskutiert, eine ganzheitliche Verwaltung von Desktops und mobilen Endgeräten. Ist das der richtige Ansatz?
Reibold: Den Ansatz gibt es in der Tat schon länger, nur hat er jetzt einen neuen Namen bekommen. Denn bislang gab es zwei Welten, die Desktops, die schon seit langer Zeit zentral gemanagt werden, und die Mobiles. Wenn diese Welten miteinander verbunden werden, dann wird dies eine große Erleichterung für die Unternehmen bringen und auch MDM – als einen Aspekt – sicherlich forcieren. Mit UEM wird ein bestehendes, etabliertes Konzept erweitert, das wird sicherlich viele Unternehmen überzeugen und für ein stärkeres Sicherheitsbewusstsein in den Unternehmen sorgen.

com! professional: Häufig wird die Verbreitung von Windows 10 als ein Treiber von UEM genannt. Doch auf dem Mobile-Markt ist Windows ja kaum vertreten …
Reibold: Das stimmt, aber Windows 10 ist bei vielen Convertibles im Einsatz, und die werden immer beliebter. Zudem dürfte die Einbindung unterschiedlicher Betriebssysteme in eine ganzheitliche Lösung nicht die größte Herausforderung sein. Schließlich praktizieren die MDM-Anbieter dies schon längst und unterstützen verschiedene Plattformen.

com! professional: Wann erwarten Sie denn die ersten UEM-Lösungen?
Reibold: Die Hersteller entwickeln schon länger Konzepte in diese Richtung. Ich denke, dass wir hier im kommenden Jahr etliche Lösungen sehen werden.

com! professional: Wird dies auch die Akzeptanz bei den Systemhäusern verstärken, denn diese sind beim Thema EMM ja auch recht zurückhaltend …
Reibold: Ich denke schon, denn viele Partner scheuen ebenso wie ihre Kunden die Komplexität dieser Projekte. Wenn das Management von Mobiles eine Erweiterung des bestehenden Desktop-Managements wird – und das ist ja auch bei den Partnern sehr etabliert –, dann wird das auch die Verbreitung bei den Systemhäusern vorantreiben.

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