Business Cloud
21.06.2023
Datenverarbeitung
1. Teil: „Rechenzentren – geht der Boom weiter?“

Rechenzentren – geht der Boom weiter?

Die Cloudifizierung bleibt nach wie vor ein TrendDie Cloudifizierung bleibt nach wie vor ein TrendDie Cloudifizierung bleibt nach wie vor ein Trend
Shutterstock/JLStock
Immer mehr Unternehmen geben ihre eigenen Rechenzentren auf. Parallel werden immer mehr Rechenzentren gebaut und alles geht in die Cloud. Was sind die Ursachen dieser Trends und wie wirkt sich das auf die Umwelt aus?
Das Datenwachstum hat sich zuletzt beschleunigt und unter anderem in der Schweiz einen Rechenzentren-Boom ausgelöst. Die Cloudifizierung und die wachsenden Anforderungen an die lokale Datenhaltung lösten beispielsweise bei Digital Realty in der Schweiz zwischen 2019 und 2023 einen Anstieg von 4 auf ganze 45 Megawatt Leistungskapazität aus. Der Markt insgesamt wuchs im gleichen Zeitraum um über 100 Prozent. Grund genug, im Rahmen der Swiss-IT-Studie 2023 nachzufragen, wo Schweizer Unternehmen aktuell auf dem Weg in die Cloud stehen und welche Pläne sie für die Zukunft haben.
Gegenwärtig betreiben die befragten Firmen über die Hälfte ihrer Workloads im eigenen Rechenzentrum, sei es als monolithische Anwendung (29,6 %) oder auf ­Basis ­einer Private Cloud (21,9 %). 19,9 Prozent der Befragten geben an, dass sie die Private Cloud(s) in einem outgesourcten Data Center betreiben.
Diese Zahlen gehen stark zurück, denn im Jahr zuvor ­waren es noch fast zwei Drittel, die ihre Workloads im ­eigenen Rechenzentrum (45,11 % als monolithische ­An­wendungen und 14,72 % auf Basis einer Private Cloud) ­betrieben. Außerdem fällt auf, dass die Schweizer Un­ternehmen sich heute in mehr als der Hälfte aller Fälle (16,2 von total 28,6 %) für die Public Cloud eines globalen Anbieters wie AWS, Google oder Microsoft entscheiden und lokale Cloud-Anbieter nur 12,4 Prozent aller Anwendungen beherbergen.
  • Wo befinden sich die Workloads Ihrer Firma aktuell und wo in fünf Jahren?
    Quelle:
    IDC/ICT

Hyperscaler-Clouds werden beliebter

Für die Zukunft planen die Schweizer Firmen, vermehrt Anwendungen in Richtung Cloud zu verlagern, insbesondere auf die Plattformen der Hyperscaler (26,2 % beziehungsweise +61,7 %), aber auch der Anteil der lokalen ­Anbieter soll von 12,4 auf 13,7 Prozent wachsen (+10,5 %). Monolithische Anwendungen im eigenen Rechenzentrum gehen von 29,6 auf 21,5 Prozent weiter zurück, während Private Clouds im outgesourcten Rechenzentrum weiter wachsen (von 19,9 auf 20,1 %).
Es erstaunt, dass das Outsourcing in Colocation nur minimal steigt. Der Grund dafür ist, dass viele Unternehmen, die cloudifizieren, den digitalen Kern weiterhin außerhalb der Cloud betreiben wollen. Sie gehen damit oft in Colocation, weil das bisherige Rechenzentrum zu groß geworden ist.
Der Trend in die Cloud treibt auch das Datenwachstum weiter rasant an. Dies bestätigt die Studie "Global Data Insights Survey 2022", die zeigt: Datenwachstum ist ­allgegenwärtig. Unternehmen sind sich des ­Potenzials von Daten bewusst und fokussieren darauf, wie sie damit ihre Kundenbeziehungen verbessern können. Um die Wertschöpfung zu optimieren und in Zukunft optimal aufgestellt zu sein, sind aber die richtigen Strategien gefragt. Konnektivität, sicherer Austausch mit dem Ökosystem und weltweite Verfügbarkeit sind ein Muss. Die Swiss-IT-Studie zeigt also, dass Unternehmen planen, ihre Anwendungen in immer stärkerem Umfang in Orte außerhalb des eigenen Rechenzentrums zu verlagern. Dies treibt den Neubau von Rechenzentren, ebenso wie wachsende Data Repatriation, das Rückholen von im Ausland gespeicherten personenbezogenen Daten. Dabei kommt vermehrt das Thema Energieeffizienz auf, denn die stetig wachsenden Datenmengen und Infrastrukturlandschaften müssen so klimaneutral wie möglich gebaut und betrieben werden, um ­ihren Beitrag zu den Nachhaltigkeitszielen zu leisten.
Die führende Energie- und Wärmelieferantin EBL und Digital Realty Schweiz haben mit dem Versorger Energie Opfikon AG deshalb einen Wärmeverbund ins Leben gerufen und planen in Rümlang sowie Opfikon den großen "Energieverbund Airport City". Grund dafür ist das Bestreben, lokale Energie nachhaltiger zu nutzen sowie massiv weniger CO₂ auszustoßen, im konkreten Fall initial 15 000 Tonnen pro Jahr. Mit dem Energieverbund sollen Gebäude nahezu CO₂-emissionsfrei geheizt sowie nachhaltig gekühlt werden. Die Basis der Wärmeerzeugung beruht dabei auf der Abwärme der Digital-Realty-Rechenzentren – die Cloud heizt so am Ende die eigene Wohnung.

Was Unternehmen in die Cloud treibt

Einerseits sind heute die großen internationalen Anbieter wie AWS, Microsoft, Oracle und Google mit eigener Cloud-Infrastruktur auch in der Schweiz vor Ort präsent und bringen den Bedarf nach möglichst geringer Latenz beim Datenaustausch mit sich. Das bedeutet auch, dass Anwendungen, die nicht in die Cloud wandern, möglichst nahe an der Cloud installiert werden müssen, damit der Datenaustausch schnell, effizient und sicher stattfinden kann. Deshalb verlagern Unternehmen den selbst betriebenen Anteil ihrer Hybrid-Cloud-Infrastruktur möglichst nahe an die Cloud, idealerweise in das hochvernetzte ­Colocation-Rechenzentrum, das auch den Netzwerk­knoten der vom Unternehmen genutzten Haupt-Cloud ­beherbergt – dies garantiert minimale Latenzzeiten bei gleichzeitig höchster Sicherheit, da das öffentliche Internet komplett vermieden werden kann.
2. Teil: „Datenwachstum verändert Anforderungen“

Datenwachstum verändert Anforderungen

Laut IDC wird das globale Datenwachstum bis 2025 fast unvorstellbare 175 Zettabyte erreichen. Mit steigenden Datenmengen nimmt die Komplexität von IT-Infrastrukturen zu und die Verlagerungen hin zu Cloud-Diensten ­intensiviert die Herausforderungen an die Infrastruktur ­weiter. Auch entsteht ein wachsender Bedarf an Echtzeitdaten, die am besten in hochvernetzten Cloud-Rechenzentren aufgehoben sind, da eigene On-Premises-Data-Center meist nicht die notwendige Konnektivität bieten. Die Schweiz – und hier insbesondere Zürich – wird als ­eines der weltweiten Gravitationszentren für Finanz- und Ver­sicherungsdaten gehandelt. In diesen Industrien (und vor allem im Raum Zürich) werden die Datenmengen überdurchschnittlich wachsen und damit ganz neue Anforderungen an Datenhaltung und -verknüpfung stellen.

Wohin die Cloudifizierung führt

Der Trend zeigt deutlich, dass sich firmeneigene Rechenzentren zunehmend leeren. Das führt dazu, dass deren ­Betrieb immer unwirtschaftlicher wird. Die IT-Infrastruktur muss heute leistungsfähig und zu jeder Zeit verfügbar sein. Vielen Unternehmen fehlt allerdings das Fachpersonal, um die IT-Infrastruktur rund um die Uhr zu betreuen. Außerdem erhöht sich der Aufwand für Datenschutz, ­Sicherheit und Compliance mit der Menge an Daten und der Komplexität der Infrastruktur. Auch sind die Kosten für Betrieb, Wartung und Instandhaltung sehr hoch. Im Rechenzentrum werden diese Kosten auf alle Nutzer umgelegt, wodurch der eigene Anteil eines Unternehmens deutlich geringer ausfällt. Ebenso verschieben sich dadurch Investitions- und Betriebskosten, da Unternehmen die bestehende Rechenzentrumsinfrastruktur mieten.
Neben wirtschaftlichen Überlegungen motivieren ökologische Aspekte eine Verlagerung der eigenen Workloads in Colocation oder in die Cloud, da die großen Rechenzentren deutlich effizienter betrieben werden können – die Studie des Bundesamts für Energie (BFE) von 2021 geht von total 30 Prozent weniger Energieverbrauch aus – und auch die Abwärme ökologisch sinnvoll genutzt wird.
Cloudifizierung und Datenwachstum nehmen also deutlich an Fahrt auf. Dieser Trend ist ein sichtbares ­Zeichen dafür, dass sich die Datenverarbeitung weiter industrialisiert und standardisiert. In den kommenden Jahren werden tendenziell immer mehr Services und ­Rechenleistung aus der Cloud bezogen werden und ­Rechenzentren vielen Unternehmen ein neues Zuhause bieten – und das effizienter, günstiger und umweltfreundlicher als zuvor.

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