Virtualisierung
14.08.2017
Hologramme simulieren physische Präsenz
1. Teil: „Virtuelle Anwesenheit dank moderner Technik“

Virtuelle Anwesenheit dank moderner Technik

Hologramme simulieren physische PräsenzHologramme simulieren physische PräsenzHologramme simulieren physische Präsenz
sdecoret / shutterstock.com
Forscher bringen ortsunabhängiges Arbeiten und direktes Gespräch unter einen Hut. Per Hologramm-Technik können Personen virtuell an einen Konferenztisch gesetzt werden.
  • Holografische Projektion mit Tablet: Im Vordergrund das über der Tablet-Kamera angebrachte kleine Prisma, das dem virtuellen Teilnehmer die Sicht nach vorn auf die Präsenzteilnehmer ermöglicht.
    Quelle:
    FFHS
Ort- und zeitunabhängiges Arbeiten ermöglicht höchste Flexibilität; doch das direkte Gespräch ist immer noch die beste, weil natürlichste Form des Austauschs. Mit Hologrammen versucht eine Forschergruppe, beides zu verbinden.
Meetings werden durchgeführt, um irgendetwas zu besprechen. Bei solchen Treffen geht es vielfach um Projekte, Ideen oder Wissensaustausch. Dazu kann man sich gemeinsam an einen Tisch setzen, sich komplett virtuell treffen (etwa via Skype oder Adobe Connect) oder eine Mischform wählen. Bekannt ist hier die Einbindung einer oder mehrerer Personen in die Präsenz­runde über virtuelle Plattformen wie Skype, indem diese an eine Wand oder via Bildschirm projiziert werden.
Eine Bedürfnisanalyse unter den Forschern der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) untersuchte den Grad der Zufriedenheit in Bezug auf eine Reihe von Faktoren wie:
  • eingesetzte Technologien
  • Work-Life-Balance
  • Flexibilität
  • Mobilität
  • Arbeitszeiten
  • Büroausstattung
  • Kommunikation
Wie die Analyse zeigte, benötigen die Forscher ein hohes Maß an Autonomie, um ihre unterschiedlichen Aktivitäten möglichst effizient durchführen zu können. Dies bedeutet, dass sich Ort und Zeit der Aktivität vor allem am Arbeitsinhalt ausrichten.
Zu den typischen täglichen Aktivitäten zählen auch Kommunikation und Zusammenarbeit, was vielfach mit E-Mail und Filesharing bewerkstelligt wird. Synchrone Kommunikations-Tools wie Skype werden vor allem als Ersatz für Telefongespräche und persönliche Treffen verwendet. Zeitersparnis gilt als Hauptvorteil dieser Art von Werkzeugen.

Die ideale Meeting-Form

Die Bedürfnisanalyse macht klar, dass eine Mischform von face to face und virtuell attraktiv wäre, sprich: Nicht physisch anwesende Teilnehmer sollen durch Virtual Presence (virtuelle Anwesenheit) in Präsenz-Meetings integriert werden. In der Praxis ist dieser Mix derzeit noch zu kompliziert und unnatürlich, sobald mehr als eine Person virtuell teilnehmen
Es existieren zwar bereits verschiedene Technologien, diese sind aber kostspielig und nicht leicht ins Gespräch der Präsenzteilnehmer zu integrieren. So werden die virtuellen Teilnehmer allenfalls per Beamer und Software (etwa Adobe Connect) an eine Wand projiziert, sind aber abseits des Geschehens und auf einen Moderator angewiesen, um am Gespräch teilzunehmen.
Virtuelle Teilnehmer würde man am liebsten direkt am Tisch sehen, um sie natürlicher anzusprechen und nicht von den Präsenzteilnehmern separieren zu müssen. Dabei soll der Betrieb einer solchen Tischintegration auf einfache Weise und ohne großen technischen Aufwand möglich sein. Dies war das Resultat einer Fokusgruppe, die sich mit möglichen Lösungsszenarien beschäftigte.

Virtuell am Tisch

Im Projekt Smart Office wurde daher ein Prototyp ent­wickelt, der es ermöglicht, dass die virtuellen Teilnehmer via räumlicher Projektion direkt am Meeting-Tisch teilnehmen können. Virtual Presence beschreitet damit einen neuen Weg: Die virtuellen Teilnehmer sollen mit Hilfe einer Projektion im Raum integriert werden. Sie befinden sich dadurch direkt am Tisch des Geschehens und werden von den anderen Teilnehmern auch räumlich wahrgenommen.
Der Raum spielt eine grundlegende Rolle im Denken. So sieht Kant zum Beispiel den Raum als notwendigen Begriff a priori, der allen Wahrnehmungen zugrunde liegt. Der Raum ist also in jedem Denkinhalt vorhanden; daraus folgt, dass räumliche Anhaltspunkte, wie sie die Virtual Presence aufweist, eine wichtige Hilfestellung bieten, um die Zusammenarbeit einfacher gelingen zu lassen, Interaktionen erfolgreicher zu machen und somit auch Gespräche mit dem holografischen Partner natürlicher und dem menschlichen Verhalten angemessener.
2. Teil: „Hologramme – erstaunlich einfach“

Hologramme – erstaunlich einfach

  • Prototyp: Konstruktion mit einem lichtstarken LED-Minibeamer.
    Quelle:
    FFHS
Die einfachste funktionelle Lösung, den virtuellen Teilnehmer direkt an den Tisch zu bekommen, bietet ein Tablet, das man mit einem Ständer hochkant auf den Tisch stellt. Der Teilnehmer ist per Skype eingebunden. Damit kann der virtuelle Teilnehmer die Verbindung selbst aufnehmen und im Gespräch benötigt man keinen Moderator, der den zugeschalteten Teilnehmer in irgendeiner Form weiter betreuen müsste.
In der Praxis stellt sich damit aber noch nicht der gewünschte Effekt ein, nämlich, dass der virtuelle Teilnehmer als Tischnachbar empfunden und entsprechend ins Gespräch integriert ist. Als physisch präsent wird viel eher das Tablet wahrgenommen als der Teilnehmer selbst.
Als Ausweg bietet sich die holografische Projektion an, die sich gerätetechnisch erstaunlich einfach herstellen lässt: Man kann die Kamerasicht einer Skype-Verbindung als Vollbild (Porträtsicht der virtuellen Person) auf eine transparente Glas- oder Plexiglasscheibe projizieren. Wenn diese ungefähr im 45-Grad-Winkel zur Projektionsquelle steht, sieht ein Betrachter die Projektion nicht etwa auf der Scheibe, sondern direkt hinter der Scheibe senkrecht im Raum stehen. Sitzt der virtuelle Teilnehmer bei der Aufnahme vor einem schwarzen Hintergrund, so sieht der Betrachter am Tisch die virtuelle Projektion freischwebend im Raum. Damit lassen sich auf einfache Art scheinbar dreidimensionale Raumprojektionen erstellen.

Die Prototypen im Test

  • Meeting mit einer virtuellen Kollegin: Direkt am Tisch statt an der Wand.
    Quelle:
    FFHS
Im Forschungsprojekt wurden zuerst Prototypen mit Smartphones und Tablets gebaut, da sich diese leicht transportieren und aufstellen lassen. Einsatztests haben dann aber gezeigt, dass die Qualität der holografischen Projektion stark von den Lichtverhältnissen und der Sitzgeometrie (Größe und Form des Tisches) im Zimmer abhängig ist. Diese Lösung ist daher nur in den Fällen praxistauglich, in denen man die Lokalität des Meetings vorher besichtigen und beeinflussen kann.
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor betrifft die Internet­verbindung der Smartphones/Tablets, die nur per WLAN eingebunden werden können. Diese Schwäche zeigte sich zum Beispiel bei einem Meeting anlässlich einer Konferenz: Die Skype-Verbindung konnte nicht stabil gehalten werden, da die vielen Konferenzteilnehmer das Netz zu stark belasteten.
Um die Lichtstärke der Projektion zu erhöhen, wurde ein weiterer Prototyp mit einem LED-Miniprojektor erstellt. Der holografische Effekt ist damit erstaunlich gut, jedoch von der Mobilität her eher umständlich. Der Einsatz in Meetings wird derzeit erprobt. Bei der Unter­suchung geht es vor allem da­rum, zu ergründen, ob der holografische Meeting-Partner bei den Anwesenden einen gewohnten und dadurch natürlicheren Eindruck schafft als bisherige Varianten der virtuellen Teilnahme abseits des Meeting-Tisches.
In Zukunft könnte der holografische Effekt auch mit elek­tronischen Brillen erzeugt werden, etwa mit der HoloLens-Brille von Microsoft.
Das Projekt Smart Office
Smart Office – das intelligente Büro – ist Gegenstand einer Forschungskooperation zwischen der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) und der Scuola Universitaria Professionale della Svizzera Italiana (SUPSI, Fachhochschule im Tessin). Ziel ist es, durch Smart-Office-Technologien die Zusammenarbeit räumlich getrennter Teilnehmer in Projekt-Meetings zu erleichtern.
Die Lösungen, die daraus entstehen, sind nicht nur für Forscher interessant, sondern auch für Unternehmen, die entsprechende Szenarien selbst einsetzen wollen.

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