Business-IT
26.07.2016
Patrick Wills von Earlymarket
1. Teil: „Mein Unternehmen ist 100% Cloud-basiert“

Mein Unternehmen ist 100% Cloud-basiert

CloudCloudCloud
everything possible / Shutterstock.com
Im Gespräch mit com! professional erläutert Patrick Wills von Earlymarket die Vor- und Nachteile von Cloud Computing und gibt einen Ausblick darauf, was auf künftige Umsteiger zukommt.
  • Patrick Wills: Gründer und Geschäftsführer des Start-up-Inkubators Earlymarket.
    Quelle:
    Earlymarket
Anfang dieses Jahres gab es gleich zwei spannende Umfragen zum Thema Cloud Adoption. Die eine wurde von Sungard AS durchgeführt und in ihrem Paper "The Cloud Hangover" zusammengefasst, die andere wurde im Rahmen der Präsentation "Digitization: Reality Check" von Professor Peter Buxmann auf den Hamburger IT-Strategietagen präsentiert. Bei beiden Umfragen ging es darum, die Unternehmen zu befragen die vor einiger Zeit auf Cloud Computing umgesattelt haben. Sind die Erwartungen an die Cloud erfüllt worden?
Die Umfragen ergaben, dass einige der Erwartungen wie etwa IT-Kostensenkung oder die Verringerung der IT-Komplexität nach der Cloud Adoption nur mäßig oder gar nicht eingetroffen sind. Haben Cloud-Pioniere ebenfalls mit diesen Problemen zu kämpfen?
Eine Antwort hierauf möchte Patrick Wills im Gespräch mit com! professional liefern. Wills ist Gründer und Geschäftsführer von Earlymarket LLP in London. Das Unternehmen ist auf den Aufbau von Start-ups spezialisiert. Diesen bietet Earlymarket unter anderem Startkapital, Führungs-Know-how, eine Finanzkontrolle und einen modernen Arbeitsplatz in der Londoner Innenstadt an.
com! professional: Guten Tag Herr Wills. Können Sie bitte kurz das Tätigkeitsfeld von Earlymarket erklären?
Patrick Wills: Kurz zusammengefasst unterstützen wir technologische Unternehmen mit Startkapital. Außerdem helfen wir bei der Erstellung einer kompletten Corporate Identity für ganz junge Unternehmen.
com! professional: Können Sie Ihre Firma als “born in the cloud”, in anderen Worten als 100% Cloud-basierend bezeichnen?
Patrick Wills: Ja, auf jeden Fall. Wir haben Cloud-basierte Software ab dem ersten Tag der Gründung unseres Unternehmens benutzt. Es geht sogar so weit, dass wir bei Software-Bedarf immer direkt nach einer Cloud-Lösung suchen. Ich würde keine Sekunde daran denken, eine Software zu implementieren, die ich herunterladen muss.
Alle unsere Services sind übrigens auch Cloud-basiert. Ich glaube, die wirklich einzige Ausnahme sind ein paar Programme für Graphic-Design, die lokal installiert sein müssen, weil sie eine sehr hohe System-Performance benötigen.
com! professional: Zuvor waren Sie im Bankensektor tätig, war die Cloud dort ein Thema?
Patrick Wills: Ich war unter anderem bei Banque Paribas (jetzt BNP) und der Deutsche Bank. Es war absolut gegen die Unternehmenskultur etwas aus der Cloud zu nutzen, nicht mal Google Docs oder Dropbox wurden erlaubt. Hauptsächlich aus Sicherheitsgründen.
2. Teil: „Pro und Contra Cloud

Pro und Contra Cloud

com! professional: Viele deutsche Unternehmen stehen der Cloud ebenfalls kritisch gegenüber. Vor allem Sicherheitsbedenken hemmen vor dem Umstieg. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Patrick Wills: Ehrlich gesagt sehe ich es ganz anders. Die Denkweise, dass Cloud quasi ein Synonym für Sicherheitsrisiken ist, ist eine Illusion für ein Unternehmen, bei dem die IT-Abteilung lediglich 50 Leute firmenintern beschäftigt.
Mein letzter Arbeitgeber hat 50 Millionen Dollar nur für IT im vergangenen Jahr ausgegeben. Amazon investiert in AWS jährlich 50 Milliarden Dollar. Ich will damit sagen, warum soll ein internes IT-Team besser für IT-Sicherheit sorgen können als AWS?
Meiner Meinung nach ist die Idee, dass ein Unternehmen sich von IT-Risiken besser absichern kann, indem es sich der Cloud-Bewegung abwendet, unvernünftig. Heutzutage ist es auch nicht mehr möglich, wenn wir ganz ehrlich sind.
Ich bin davon überzeugt, dass die Sicherheitsproblematik völlig missverstanden wird. Der überwiegende Teil der Sicherheitsrisiken entspringt der bewussten oder unbewussten Sabotage durch die eigenen Mitarbeiter, und nicht von den Software oder Cloud-Lösungen.
com! professional: Können Sie hierzu Beispiele nennen?
Patrick Wills: Es gibt mehr als nur ein Szenario, aber um ganz kurz zusammenzufassen: Entweder aus Rache im Fall von Entlassungen oder aus reiner Fahrlässigkeit. Sie können sensible Informationen an Drittpersonen entweder bewusst oder unwissend infolge eines Malware-Angriffs weitergeben.
com! professional: Welche Nachteile ergeben sich aus der Cloud-Nutzung?
Patrick Wills: Also, wenn wir auch nur einen ganz kurzzeitigen Serverausfall erleben, haben wir für diese Zeit einen kompletten Betriebsstillstand. Sogar unsere VOIP-Telefonanlage funktioniert nicht. Glücklicherweise dauert so ein Ausfall in der Regel nicht lange. In solchen Fällen gehen wir uns halt einen Kaffee holen, und nach der Kaffeepause läuft alles wieder wie gewohnt.

Kostenfalle Cloud

com! professional: Das Cloud-Lösungen auf eine stabile Internet-Verbindung angewiesen sind ist logisch. Gibt es weitere Tücken?
Patrick Wills: Das Kostenmanagement. All diese Cloud-basierten Systeme sind äußerst vorteilhaft wenn das Unternehmen klein ist. Sobald allerdings das Unternehmen wächst, führt die Nutzung von zahlreichen Cloud-Systemen zu rasant steigenden Ausgaben. Da das Preismodell von vielen SaaS-Anbietern auf der Nutzerzahl beruht, werden einige Software-Anwendungen plötzlich sehr teuer.
Hinzu kommen manchmal Kompatibilitätsprobleme. Wir hatten beispielsweise ein kleines Problem mit unseren Cloud-Webservern: Es gab da eine Anwendung die wir unbedingt haben wollten, aber diese benötigte Node.js Version 4.2 oder höher. Unser Cloud-Hoster wollte aber unser Paket nicht aktualisieren, weil es ein Shared Server war. Daher waren wir gezwungen, einen eigenen dedizierten Cloud-Server zu betreiben.

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