Business-IT
20.07.2017
Container-Lösungen & Mikro-Rechenzentren
1. Teil: „Rechenzentren aus der Box“

Rechenzentren aus der Box

Mikro-RechenzentrenMikro-RechenzentrenMikro-Rechenzentren
Mark Agnor / shutterstock.com
Kleine, vorkonfigurierte und schlüsselfertige Rechenzentren werden immer wichtiger. Die kompakten Lösungen stellen eine kostengünstige Alternative zu klassischen Rechenzentren dar.
  • Quelle: MarketsandMarkets
Cloud-Computing, Big Data und Künstliche Intelligenz – die Digitalisierung verändert die Wirtschaft in bislang unbekannter Geschwindigkeit und stellt völlig neue Anforderungen an die IT. Unternehmen müssen daher ihre IT-Infrastruktur flexibel an die neuen Gegebenheiten anpassen. Das betrifft auch die physischen Rechenzentren, die agil und skalierbar ausgelegt sein sollen. Doch niemand kann vorhersagen, wie schnell und in welchem Umfang ein Unternehmen wachsen wird und wie hoch die Ansprüche an Rechen- und Storage-Kapazität und die IT-Last in drei Jahren sein werden.
Viele neu gebaute Rechenzentren sind daher überdimensioniert, auch zu Lasten der Energieeffi­zienz. In bestehenden Rechenzentren ist der verfügbare Platz oft begrenzt oder sie lassen sich nur mit großem baulichen Aufwand erweitern.
Abhilfe schafft hier eine modulare Infrastruktur mit vorgefertigten Bestandteilen, mit der Unternehmen passgenau für den konkreten Bedarf planen können, beispielsweise in Form von Container-Rechenzentren. Diese enthalten alle Komponenten wie Server, Speicher, Kühlung und Stromversorgung in einem Container.
Ein weiterer wichtiger Trend sind Mikro-Rechenzentren, die im Prinzip aus einem vor Wasser und Feuer geschützten Server-Schrank bestehen. Sie liefern Rechenleistung und Services am Rand (Edge) eines Netzwerks, etwa zur Verarbeitung der Daten von Sensoren und anderen vernetzten Geräten direkt vor Ort. 

Extrem groß, extrem klein

Container- und Mikro-Rechenzentren stehen auf dem Markt für Datacenter für die eine Seite der Entwicklung, die andere bilden riesige Hyperscale-Rechenzentren für Cloud-Anwendungen. „Diese großen, standardisierten Rechenfabriken für die Massenverarbeitung von Daten werden weiter an Bedeutung gewinnen, da die Cloud enorm wächst“, sagt Peter Koch voraus, Vice President Solutions, Integrated Rack Systems EMEA beim Infrastrukturanbieter Vertiv. Doch vor allem kleine und mittlere Firmen lagern nur einen Teil ihrer Daten und Anwendungen in die Cloud aus. „Für ihre lokal gespeicherten Daten, die meist den Kern ihres Unternehmens abbilden, benötigen sie ein kleines Rechenzentrum vor Ort. Das kann dann ein Container- oder Mikro-Rechenzentrum sein“, so Koch weiter
Christian Steininger, Geschäftsführer der Cancom physical infrastructure GmbH, bestätigt diese Einschätzung mit Erfahrungen aus seiner täglichen Praxis. Sein Unternehmen regis­triert eine hohe Nachfrage sowohl nach großen Rechenzen­tren für Cloud oder Co-Location mit Flächen von mehreren 1.000 Quadratmetern als auch nach kleineren Rechenzentren, vorwiegend in Container-Bauweise: „Momentan erfolgt bei uns mehr als jede dritte Anfrage zu einem Rechenzentrum im Container, vor allem aus dem Mittelstand. Stark gesunken ist bei Cancom die Nachfrage nach mittleren Rechenzentren mit Flächen zwischen 40 und 150 Quadratmetern.“
Vom Marktvolumen her liegt der Anteil von Container-Rechenzentren im Segment Datacenter-Lösungen laut den Marktforschern von IHS Markit derzeit (noch) bei nur rund 4 Prozent. Bis 2020 soll der Markt für Container-Rechenzentren aber jährlich im Schnitt um 20 Prozent wachsen. Ähnliches gilt für die Mikro-Datacenter. Das Marktforschungsunternehmen Markets­andMarkets nennt für diesen Markt für das Jahr 2015 ein Volumen von 1,7 Milliarden Dollar, das sich bis 2020 auf 6,3 Milliarden Dollar erhöhen soll – das entspricht einer jährlichen durchschnittlichen Wachstumsrate von knapp 30 Prozent.
com! professional beschreibt im Folgenden zunächst die Eigenheiten von Container-Rechenzentren und geht der Frage nach, warum und wofür Unternehmen sie einsetzen sollten. Anschließend werfen wir einen Blick auf das Einsatzpotenzial von Mikro-Rechenzentren, speziell für das Internet der Dinge.
2. Teil: „Schlüsselfertige Lösungen“

Schlüsselfertige Lösungen

Ein Container-Rechenzentrum vereint alle Funktionen und Komponenten eines Datacenters in einem kompakten Container. Je nach Anforderung handelt es sich dabei um Standard-Industrie-Container im ISO-Format mit meist sechs oder 12 Metern Länge, 2,43 Metern Breite und 2,50 oder 2,90 Metern Höhe oder um individuelle Formate (zum Beispiel 6 x 3 oder 14 x 3,50 Meter). Der genormte Container lässt sich problemlos auf gängige Transportfahrzeuge laden oder mit Hilfe von Container-Schiffen über die Ozeane schippern.
  • Von außen: Da Container-Rechenzentren meist im Freien stehen, nutzen sie die Außenluft zur energieeffizienten Kühlung.
    Quelle:
    Cancom
Neben den Racks mit Servern sowie Speicher- und Netzwerksystemen umfasst ein Container-Rechenzentrum Kühlsysteme, unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV), Brandüberwachung mit Brandfrühsterkennung, Gaslöscheinrichtung, Zutrittskontrolle, Einbruchschutz, Blitzschutz und Erdung sowie auf Wunsch eine Lösung für Remote-Monitoring. Der Hersteller konfiguriert den Container gemäß der Kundenanforderung und liefert ihn schlüsselfertig aus.
„Die Varianten für Container-Rechenzentren sind vielfältig. So ist beispielsweise eine Kombi-Lösung aus zwei Containern möglich, die jeweils IT mit den Server-Racks beziehungsweise die Technik mit Kühlung oder die USV zur Stromversorgung enthalten. IT und Technik lassen sich aber auch in einen einzigen Container integrieren“, erläutert Bernd Hanstein, Hauptabteilungsleiter Produktmanagement IT bei Rittal, einem der führenden Systemanbieter für Schaltschränke, Stromverteilung, Klimatisierung und IT-Infrastruktur.
  • Von innen: Ein Container-Rechenzentrum enthält alle Komponenten wie Server, Speicher, Kühlung, USV und Brandschutz.
    Quelle:
    Cancom
Da Container-Rechenzentren im Außenbereich stehen, bieten sie ideale Voraussetzungen für den Einsatz energie­effizienter Klimatisierungsmethoden wie eine indirekte freie Kühlung, die die gefilterte Außenluft für die Klimatisierung nutzt. „Damit reduziert sich der Energieaufwand für die Klimatisierung gegenüber herkömmlichen Klimageräten erheblich“, so Bernd Hanstein. Die meisten Modelle verfügen über ein auf dem Dach oder an der Seite des Containers aufgestelltes Kühlaggregat (Chiller, Kaltwassersatz), das den internen Wärmetauscher zur Kühlung mit Kaltwasser oder Kühlmittel versorgt. Bei niedrigen Umgebungstemperaturen lässt sich das Kühlmittel ohne Einsatz der Kältemaschine mit Außenluft herunterkühlen (indirekte freie Kühlung). Die klare Trennung von Kalt- und Warmluft über Warmgang-/Kaltgang-Einhausung vermeidet zudem unnötige Luftströme im Container und steigert die Energieeffizienz.
Tabelle:

3. Teil: „Schnell verfügbare Module“

Schnell verfügbare Module

  • Quelle: MarketsandMarkets
„Das Innenleben des Containers besteht meist aus vorgefertigten, getesteten standardisierten Modulen, deren Komponenten aufeinander abgestimmt und optimiert sind. Daher ist das mobile Rechenzentrum meist innerhalb von sechs bis acht Wochen einsatzbereit“, erklärt Vertiv-Mann Peter Koch.  „Natürlich sind auch individualisierte Modelle möglich, bei denen der Kunde selbst über die Konfiguration und die Hersteller der Komponenten bestimmen kann.“
Dank herausnehmbarer Seitenwände ist es möglich, Container-Rechenzentren beliebig zu skalieren und Flächen von mehreren 100 Quadratmetern zu erreichen. Das Rechenzen­trum von T-Systems in Barcelona besteht beispielsweise aus rund 50 Containern, und im Großhafen von Doha entsteht ein Container-Rechenzentrum mit einer Fläche von etwa 1800 Quadratmetern. „Firmen sind mit den Containern flexibler, da ihr Rechenzentrum mit ihren Anforderungen sukzessive wachsen kann. Niemand kann vorhersagen, wie hoch die IT-Last in drei Jahren sein wird und welche Technologien bis dahin aktuell sind. Wenn ich die Infrastruktur aber modular aufbaue, kann ich passgenau für den konkreten Bedarf planen“, sagt Peter Koch.
Der Container lässt sich auf jeder geeigneten Fläche im Außen- und Innenbereich aufstellen und trotzt Hitze, Kälte, Regen oder Wind. Am Standort muss er noch an das Daten- und Energienetz sowie die Kaltwasserversorgung angeschlossen werden. Manche Anbieter liefern auch eine eigene Stromversorgung mit, um den Container autark zu betreiben.

Breites Einsatzspektrum

Die Einsatzszenarien von Container-Rechenzentren sind vielfältig. Sie eignen sich als dauerhaftes Haupt- oder Backup-Rechenzentrum, sind aber auch für temporäre Großveranstaltungen wie Olympische Spiele oder Fußball-Weltmeisterschaften interessant. Eine wichtige Zielgruppe sind auch Firmen, die ein temporäres Datacenter zur Überbrückung einiger Wochen oder Monate benötigen. Dies kann etwa bei Aus- oder Umbaumaßnahmen der Fall sein oder zum Auffangen von Belastungsspitzen oder Kapazitätsengpässen.
Da sich der genormte Container problemlos mit gängigen Lkws, Güterzügen oder Container-Schiffen transportieren lässt, ist das Rechenzentrum sehr mobil; es eignet sich daher sehr gut für den Einsatz in Roadshows oder auf Baustellen, die weiterziehen (wie im Straßenbau und bei Minen im Tagebau). Ein weiteres Szenario sind Unternehmen mit mehreren Standorten. „Wir haben viele Kunden, die an allen Niederlassungen weltweit eine einheitliche Plug-and-Play-Infrastruktur mit gleichen Standards aufbauen wollen. Aktuell sind das etwa ein Automobilzulieferer oder ein Gummihersteller, die Werke in Asien und Südamerika aufbauen“, so Christian Steininger von Cancom. Das Unternehmen produziert seine Container-Rechenzentren unter dem Label Mobile Data Center im bayerischen Kempten. 2016 verkaufte Cancom mehr als 50 davon,  hauptsächlich an mittelständische Unternehmen.
Mittlerweile gibt es neben Cancom, Vertiv und Rittal einige weitere Anbieter von Container-Rechenzentren. Sie alle bieten individuelle und Standard-Rechenzentren aus dem Container zum Kauf oder teilweise zur Miete an. Der Preis hängt von der Konfiguration und der Leistung des Containers ab sowie von der Mietdauer. Je nach Ausstattung ist für einen Standard-ISO-Container mit fünf Server-Racks mit je 42 Höheneinheiten, 20 KW USV, 20 KW Kühlung und Brandschutz mit 100.000 Euro aufwärts zu rechnen.

Umfassende Analyse

Doch ab wann lohnt sich für Firmen ein Container-Rechenzentrum mehr als der Bau eines eigenen, klassischen Rechenzentrums? „Sehr wichtig ist eine umfassende Analyse der eigenen IT-Infrastruktur. Das Unternehmen muss seine Wachstumsziele prüfen und wissen, wo es mit seiner IT hin will. Je größer die IT-Infrastruktur werden soll, umso eher ist der Bau eines eigenen Rechenzentrums anzuraten“, sagt Bernd Hanstein von Rittal. Letztendlich geben laut Hanstein auch die Analyse und Gegenüberstellung der Kosten den Ausschlag für die Entscheidung pro oder contra Container-Rechenzentrum.
Bei der Auswahl des Anbieters sollten Unternehmen neben den Kosten vor allem auf Referenzen achten: Sind die bisherigen Kunden zufrieden? Wie lange ist der Anbieter schon auf diesem Markt tätig? Auch TÜV-Zertifikate oder garantierte PUE-Werte (Power Usage Effectiveness) für Energieeffizienz bieten Orientierung. Der PUE-Wert setzt den gesamten Stromverbrauch eines Datacenters in Beziehung zur Energieaufnahme der eigentlichen IT-Komponenten; er sollte so nah wie möglich am optimalen Wert 1,0 liegen.
Weitere Kriterien sind die Betriebsvarianten (Leasing, Kauf, as a Service) und die Bedingungen für den Service-Fall: Beschäftigt der Anbieter eigene Leute für IT, Klimatisierung und Stromversorgung oder greift er auf Partner zurück?
4. Teil: „Mikro-Rechenzentren “

Mikro-Rechenzentren

Die Kriterien für die Auswahl eines Container-Rechenzen­trums gelten auch bei Mikro-Rechenzentren. Mikro-Rechenzentren stellen wie die Container eine schlüsselfertige, vorkonfigurierte Lösung auf Basis standardisierter Infrastruktur dar. Sie bestehen meist aus einem oder zwei Racks und werden in der Regel in einem Gebäude aufgestellt. Hinzu kommen Module für Energieverteilung, USV, Brandschutz, Monitoring und Zugriffsschutz. Die Klimatisierung erfolgt entweder durch Raumluft oder durch aktive Kühlung mit einem Split-Kühl­gerät. Die Racks und die Technik sind zudem über eine Art Safe vor Feuer, Einbruch und Wasser geschützt. Wegen des  relativ hohen Gewichts der Schränke (rund 800 Kilogramm) müssen Unternehmen allerdings die Statik im Blick behalten.
  • Rechenzentrum in einem Gehäuse: Mikro-Rechenzentren wie Smart Cabinet XP von Vertiv eignen sich besonders für Edge-Computing und Unternehmen mit Filialen.
    Quelle:
    Vertiv
Wie bei Container-Rechenzentren gibt es auch bei den Mikro-Rechenzentren eine Vielzahl von Varianten. Sie sind als halbhoher Schrank mit Racks aus 20 Höheneinheiten erhältlich, mit 42 oder 47 Höheneinheiten und einer Kühlleistung von 5, 10 oder 15 KW. Je nach Ausstattung kosten Mikro-Rechenzentren ohne schützenden Safe zwischen 5.000 und 20.000 Euro, mit Safe müssen Firmen mindestens 30.000 Euro auf den Tisch legen.
Da sich Mikro-Rechenzentren auch in Reihe schalten lassen, sind die Übergänge zum Container-Rechenzentrum fließend. „Ab sechs Racks ist es aber sinnvoller für Unternehmen, auf ein Container-Rechenzentrum zu setzen, da die Infrastrukturkosten günstiger werden. Zudem ist die Kühlung effizienter“, betont Peter Koch von Vertiv.

Edge-Computing im IoT

Als wesentliches Einsatzfeld für Mikro-Rechenzentrum hat Peter Koch das Internet der Dinge ausgemacht. „Mikro-Rechenzentren stehen vor allem für Edge-Computing im Internet der Dinge, wenn Rechenkapazität vor Ort am Rand des Netzwerks und niedrige Latenzzeiten erforderlich sind.“ Das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) verbindet heute Milliarden von Endgeräten miteinander – Windräder, Waschmaschinen, Fitness-Armbänder, Autos, Maschinen und Anlagen. All diese Aktoren und Sensoren erfassen eine Unmenge an Daten, die analysiert und ausgewertet werden müssen. Doch die Verarbeitung der Daten kann nicht ausschließlich in großen, zentralen Cloud-Rechenzentren erfolgen. Denn viele Vorgänge benötigen schnelle Entscheidungen ohne Verzögerungen, die etwa durch den Datentransfer, die Analyse im Rechenzentrum und die Rückübermittlung von Daten oder Steuerbefehlen entstehen können. Niedrige Latenzzeiten sind hier unabdingbar.
  • Zwei in einem: Die Systemzeile von dc-ce RZ-Beratung ist ein Mittelding zwischen fest gebautem Rechenzentrum und Container.
    Quelle:
    dc-ce RZ-Beratung
Beispiele dafür sind Industrie 4.0 und das autonome Auto. Unternehmen, die ihre Produktion vernetzen, um effizienter zu fertigen, brauchen in Echtzeit Daten über den Status des Produktionsprozesses oder die Infrastruktur der Produktionsumgebung. Und ein autonomes Fahrzeug würde rote Ampeln überfahren und Unfälle verursachen, wenn die Latenzzeit für die Datenübertragung zu hoch ist.
Ein weit entferntes Cloud-Rechenzentrum erfüllt diese Echtzeit-Anforderung nicht oder nur bedingt. Die Rechenleistung muss daher an den Rand des Netzes – an die „Edge“ in ein Mikro-Rechenzentrum. „Da das Internet der Dinge weiter wächst, wird auch die Nachfrage nach Mikro-Rechenzentren künftig stark steigen. Sollte sich das autonome Fahren weiter verbreiten, ist damit zu rechnen, dass man an den Straßen alle 15 Kilometer ein kleines Rechenzentrum braucht, um die Daten der Autos und der Verkehrsleitsysteme mit minimalen Latenzen zu verarbeiten“, sagt Christian Steininger von Cancom.
Mikro-Rechenzentren eignen sich auch für Unternehmen mit Filialen wie Handelsketten oder Banken, da mit der Digitalisierung die Ansprüche an die IT vor Ort steigern. Dazu Christian Steininger: „Mit Mikro-Rechenzentren erhalten Filialbetriebe eine schlüsselfertige, vorkonfigurierte Lösung, die sich zentral verwalten lässt und die spezifischen Anforderungen erfüllt.“
Container-Rechenzentren – Vorteile und Nachteile
Container-Rechenzentren sind zu Recht sehr im Kommen. Schließlich sprechen eine Reihe von Vorzügen für sie. Dem stehen allerdings auch einige Nachteile gegenüber:
Die Vorteile
  • Investitionskosten: Aufwendige Planung und Baumaßnahmen entfallen, benötigt werden ausreichend Platz sowie Anschlüsse für Strom, Wasser und Datenleitung. Damit sind die Investitionskosten niedriger als beim Bau eines klassischen Rechenzentrums.
  • Verfügbarkeit: Anders als traditionelle Rechenzen­tren sind Container-Rechenzentren in wenigen Wochen einsatzbereit.
  • Skalierbarkeit: Dank herausnehmbarer Seitenwände ist es möglich, Container-Rechenzentren beliebig zu skalieren. Wer mehr Kapazität benötigt, kann weitere Container bestellen.
  • Flexibilität: Container-Rechenzentren eignen sich für fast jeden Ort und sind mobil, da sie sich einfach transportieren lassen. Zudem lassen sie sich vielfältig einsetzen, etwa zur Miete als temporärer Ersatz, als Backup- oder Haupt-Rechenzen­trum oder als Standard-Lösung für verschiedene Standorte.
  • Kürzere Abschreibungszeiten bringen steuerliche Vorteile
  • Garantierter Leistungsumfang zum Festpreis
  • Kleine Grundflächen, meist keine Baugenehmigung nötig
Die Nachteile
  • Beengte Verhältnisse: Da beim Standard-ISO-Container der Platz beschränkt ist, kann sich das IT-Personal nur eingeschränkt bewegen. Größere Non-ISO-Container bieten im Inneren zwar mehr Platz, sind aber aufwendiger im Transport und erfordern oft Begleitfahrzeuge oder einen Schwertransport.
  • Vandalismus und Einbruch: Unternehmen müssen die Außengeräte des Containers (wie Kaltwassersatz) vor Vandalismus sowie ihre Server und Daten vor Einbruch schützen. Da die Daten oft auch unternehmenskritisch sind, gelten hier die üblichen Compliance-Regeln. Daher können Unternehmen auch bei einem Container nicht auf Sicherheitspersonal verzichten.
  • Bindung an Anbieter: Die Anbieter schreiben nicht selten die Ausstattung des Container-Rechenzentrums vor; daher ist die Auswahl der Hardware manchmal eingeschränkt.
5. Teil: „"Container-Rechenzentren sind maximal mobil"“

"Container-Rechenzentren sind maximal mobil"

  • Geschäftsführer dc-ce RZ-Beratung GmbH
Ulrich Terrahe ist Geschäftsführer der dc-ce RZ-Beratung GmbH & Co. KG, die Firmen bei der Planung der Infrastruktur von Rechenzentren berät. Im Interview erklärt er, warum schlüssel­fertige und/oder modulare Lösungen für Rechenzentren immer wichtiger werden und welche Rolle Container oder Systemzellen dabei spielen.
com! professional: Die dc-ce RZ-Beratung richtet den „Deutschen Rechenzentrumspreis“ aus. 2017 wurden auch Mikro-Rechenzen­tren ausgezeichnet. Warum?
Ulrich Terrahe: Mikro-Rechenzentren sind ideal auf kommende Anforderungen wie Edge-Computing vorbereitet und bieten eine schnell zu realisierende Lösung für dezentrale Standorte und Filialen. Sie stellen ein geschlossenes, vollkommen autarkes und hochsicheres Rechenzentrum auf kleinster Fläche dar, das die IT zuverlässig vor Brand, Wasser und Staub schützt – gleichgültig ob der Raum mit  Rohrleitungen für Heizung oder Wasser durchzogen ist, ob eine Sprinkleranlage im Gebäude installiert ist oder der Server-Schrank in der Produktionshalle aufgestellt wird.
com! professional: Geht der Trend hin zu diesen schlüsselfer­tigen, standardisierten Rechenzentren?
Terrahe: Schlüsselfertige Systeme sind vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen gefragt, die ihr Rechenzentrum nicht umfassend planen wollen oder können. Der Bedarf an modularen, skalierbaren Lösungen hält sich beim klassischen Mittelstand in Grenzen, da die Anforderungen an das Rechenzen­trum in zwei bis drei Jahren nicht extrem wachsen. Anders sieht es bei dynamischen Firmen aus, deren Kerngeschäft in der IT liegt. Sie brauchen standardisierte Module, mit denen sie ihr Rechenzentrum sukzessive erweitern können. Das können Container-Lösungen oder Systemzellen sein.
com! professional: Worin unterscheiden sich Container-Rechenzentren und Systemzellen?
Terrahe: Container-Rechenzentren sind maximal mobil, da sie meist im ISO-Format gestaltet sind und sich damit einfach im Komplettpaket transportieren lassen. Systemzellen hingegen sind freier in der Größe, enthalten neben Stahlbauteilen auch Elemente aus Beton und lassen sich sowohl als Block als auch in mehreren Einzelteilen liefern, die vor Ort aufgebaut werden. Sie passen sich optisch der vorhandenen Landschaft an (Fassade, Dach) und lassen sich auch in einem Gebäude aufstellen. Wie Container sind sie weitgehend vorkonfiguriert und mit Standard-Racks und -Klimageräten ausgestattet. Da das Bauwerk mit den Systemzellen mit höchster Wahrscheinlichkeit fest am Ort bleibt, stellen sie ein Mittelding zwischen einem fest gebauten Rechenzentrum und einem Container dar.
com! professional: Worauf sollten Unternehmen achten, wenn sie sich für ein Container-Rechenzentrum entscheiden?
Terrahe: Firmen sollten schon vor Planungsbeginn ihre Anforderungen an das Rechenzentrum mit Kriterien wie Größe, Leistung, Sicherheit und Verfügbarkeit festlegen und in einer Checkliste dokumentieren, bevor sie sich für oder gegen Container entscheiden. Das ist natürlich auch eine Frage des Grundstücks und der verfügbaren Stellfläche, die ja eingezäunt werden muss. Das Angebot der Hersteller sollte nicht zu weit von der Checkliste abweichen. Für die Auswahl des Anbieters sollten Firmen Zeit investieren, Referenzen einholen und bei bisherigen Kunden nachfragen, inwieweit sie zufrieden sind oder Probleme auftraten.

mehr zum Thema