02.06.2020
Arbeit 4.0
1. Teil: „New Work - arbeiten, wann und wo man will“
New Work - arbeiten, wann und wo man will
Autor: Konstantin Pfliegl
Dariko.art / shutterstock.com
Workshifting, Jobsharing oder Viertagewoche - die Möglichkeiten für eine moderne Gestaltung der Arbeitswelt sind vielfältig. Der Fokus liegt dabei vor allem auf der Mobilität.
anderen Ort. Was für viele Arbeitnehmer wohl ein Wunsch bleibt, ist bei Microsoft längst Realität. Wer in der Münchner Dependance des Konzerns arbeitet, entscheidet selbst, wann er ins Büro kommt und wann er wo seinen Job macht.
Das Software-Unternehmen bietet bereits seit 20 Jahren Vertrauensarbeitszeit an und seit einigen Jahren auch den Vertrauensarbeitsort. Rund 90 Prozent aller Mitarbeiter von Microsoft Deutschland nutzen die flexiblen Arbeitsbedingungen und sind nicht täglich im Büro.
Die Wandlungsfähigkeit von Unternehmen ist heute wichtiger denn je, und das nicht nur hinsichtlich der Technologien und Geschäftsmodelle, sondern auch der Unternehmenskultur. Und zu dieser gehören auch die Arbeitsmodelle. Themen wie Work-Life-Balance, also die Ausgewogenheit von Arbeits- und Privatleben, gewinnen an Bedeutung. Der klassische 9-to-5-Job an einem festen Arbeitsplatz, womöglich zusammengepfercht im Großraumbüro, lockt kaum mehr Bewerber an.
Microsoft setzt deswegen auf ganz neue Ideen von Büroarbeit: Das gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) entwickelte Konzept orientiert sich an den unterschiedlichen Bedürfnissen der Mitarbeiter und den individuellen Anforderungen ihrer Aufgaben. So entscheidet jeder selbst, wo er was erledigt. Hierfür stehen in der Deutschland-Zentrale vier verschiedene Arbeitsbereiche zur Verfügung - etwa für Teamarbeit oder wenn hochkonzentriertes Arbeiten erforderlich ist.
Dass Veränderungen in der Arbeitswelt notwendig sind, bestätigt auch Detlef Gerst, Ressortleiter „Zukunft der Arbeit“ in der IG Metall Vorstandsverwaltung: „Ein Aspekt, der bei den Themen Digitalisierung und Arbeit der Zukunft häufig zu wenig Beachtung erfährt, ist, dass es nicht allein um die technologische Modernisierung von Betrieben geht.“ Eine wesentliche Frage betreffe die Mitarbeiter und deren Arbeitsorganisation. „Es ist zentral, die zukünftigen Aufgaben der Beschäftigten, ihre Kompetenzen und Zuständigkeiten zu gestalten und zudem die Arbeitsabläufe festzulegen.“
Allerdings sollte man nicht alle Mitarbeiter pauschal betrachten, gibt Jens Wiesner zu bedenken. Er ist Gründer von WirksamSein, das Unternehmen hinsichtlich der modernen, agilen und vernetzten Arbeitswelt berät. Es gebe Menschen, die sich als freie Experten im Unternehmen einbringen könnten und wollten, „die also in agilen, zum Beispiel holokratischen Strukturmodellen aufblühen“. Andere schreckten aus verschiedenen Gründen genau davor zurück und bräuchten klare Strukturen und Handlungsanweisungen. Die Struktur- und Führungskonzepte der Unternehmen müssten dies berücksichtigen.
Markus Klups sieht wichtige Fragestellungen vor allem darin, ob Aufgaben in Zukunft projekthaft seien, ob sie physische oder virtuelle Zusammenarbeit mit anderen erforderten, ob eine dauerhafte Erreichbarkeit notwendig sei, ob der Zeitaufwand oder das Ergebnis zählten und auch, wie hoch beispielsweise der Individualisierungsgrad der Aufgaben sei. „Arbeit wird sich unweigerlich in nahezu allen Branchen und Berufsgruppen verändern, auch in Bereichen, in denen wir es uns heute vielleicht noch nicht vorstellen können“, so der Gründer und CEO der Strategieberatung Zukunftsagenten.
2. Teil: „Viertagewoche“
Viertagewoche
Microsoft gelebte Modell der New Work nennt sich Workshifting, meint also so viel wie die Verlagerung von Arbeit. Workshifting ist die Bereitstellung einer Arbeitsumgebung zur zeit- und ortsunabhängigen Zusammenarbeit von Mitarbeitern, externen Geschäftspartnern und Kunden. Dieses Arbeitsmodell basiert auf dem Vertrauen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern, die ihre Arbeitszeiten und den Arbeitsort weitgehend selbstständig gestalten. Workshifting eignet sich in erster Linie für Wissensarbeiter, bei denen eine konstante physische Anwesenheit nicht unbedingt erforderlich ist.
Das von Doch es müssen nicht gleich - wie bei Microsoft - komplett neue Büroräume sein oder eine vollständige Freiheit in Sachen Arbeitszeit und -ort. Mitarbeiter wünschen sich häufig einfach nur genügend Zeit für Familie, Freunde und Hobbys und möchten gleichzeitig ihren Beruf erfüllend ausüben. Und dafür reichen oft schon neue Arbeitsmodelle oder die Anpassung vorhandener Arbeitszeiten.
Ein Beispiel ist die Bielefelder Digitalagentur Rheingans. Deren Mitarbeiter arbeiten seit gut zwei Jahren nur noch fünf Stunden pro Tag - bei vollem Gehalt. Um 8 Uhr morgens geht es los und gegen 13 Uhr ist in der Regel Feierabend. Während der Arbeit sind die Kollegen hochkonzentriert und verzichten auf ablenkende Dinge wie Hintergrundmusik. Besprechungen fokussieren sich auf das Wichtigste, E-Mails werden nur zweimal täglich gecheckt.
Ein solches Modell lässt sich sicherlich in vielen Betrieben nicht so ohne Weiteres umsetzen. Ein ähnliches, nicht ganz so radikales Konzept, das immer beliebter wird, ist die Viertagewoche. Ob in der App-Schmiede Bike Citizens oder in der PR- Agentur Frische Fische - hier erledigen die Mitarbeiter ihren Job in vier anstatt fünf Tagen.
die Mitarbeiter an den verbleibenden vier Tagen nicht zu viel arbeiten, und gleichzeitig ergibt sich für die Firma eine Kostenersparnis.
Und wie funktioniert ein Betrieb, der in der Woche nicht nur einen ganzen Tag weniger arbeitet, sondern dazu auch noch weniger Stunden? Laut Bike Citizens zeigt sich, dass am Ende nicht allein die Arbeitszeit über die Resultate entscheidet - man sei mit dem neuen Konzept zufrieden.
„Eine Viertagewoche ist ein durchaus umsetzbares Modell. Anreize für Arbeitnehmer sind eine verbesserte Work-Life-Balance, mehr Zeit für die Familie und Hobbys. Arbeitgeber profitieren, weil Mitarbeiter effizienter arbeiten und mehr Zeit für die Beschäftigung mit neuen Denkansätzen und kreativen Ideen haben, die sie dann im Unternehmen einbringen können“, resümiert Zukunftsagenten-CEO Markus Klups.
3. Teil: „Teilzeit“
Teilzeit
Viele möchten allerdings gerne noch weniger arbeiten - und sind bereit, dafür auf den ein oder anderen Euro zu verzichten. Sie entscheiden sich für ein Teilzeitmodell. „Der Wunsch nach einer verkürzten oder flexiblen Arbeitszeit ist weit verbreitet - auch unter Führungskräften“, konstatieren die Experten der Personalberatung Robert Half. Die Erwartungshaltung, dass erfolgreiche Mitarbeiter rund um die Uhr erreichbar sein müssten und nur dann produktiv seien, wenn sie an fünf Tagen jeweils acht Stunden arbeiten, sei nicht mehr zeitgemäß: „Unternehmen müssen umdenken und anerkennen, dass Teilzeitkräfte gemessen an ihrer Arbeitszeit nicht weniger leisten als ihre Kollegen in Vollzeit.“
Lange war in vielen Unternehmen zwar ein Wechsel in eine Teilzeitstelle möglich, doch für den Weg zurück zu Vollzeit war man auf was Wohlwollen des Arbeitgebers angewiesen. Das seit Anfang vergangenen Jahres geltende Brückenteilzeitgesetz bietet hierfür eine Lösung: Es liefert die Grundlage, dem Wunsch eines Angestellten nach weniger Arbeitszeit zu entsprechen, ohne dass dieser dabei in der Teilzeitfalle gefangen ist. Angestellte können für einen begrenzten Zeitraum mit reduzierter Stundenzahl arbeiten und anschließend in eine Vollzeitstelle zurückkehren. Der Hauptgrund für die Rückkehr in Vollzeit ist laut der „Arbeitsmarktstudie 2018“ von Robert Half übrigens für 60 Prozent der Teilzeitler das höhere Gehalt, gefolgt von Veränderungen der persönlichen Lebenssituation.
Jobsharing
Im Zusammenhang mit dem Thema Teilzeit ist häufig auch von Jobsharing die Rede. Wie der Begriff bereits andeutet, teilen sich bei diesem Modell zwei oder mehr Arbeitnehmer in Teilzeit einen Vollzeitjob. Die reduzierte Arbeitszeit für den Einzelnen ist allerdings auch schon die einzige Gemeinsamkeit von Teilzeit und Jobsharing. Beim Jobsharing arbeiten die Kollegen als Team sehr eng zusammen und legen ihre Arbeitszeiten und Aufgaben individuell untereinander fest. Durch die enge Zusammenarbeit sind ganz andere Arbeitsweisen möglich, weswegen sich Jobsharing für mehr Jobs eignet als das klassische Teilzeitmodell. So werden zum Beispiel Führungstätigkeiten, die in Teilzeit nur schwer realisierbar sind, durch Jobsharing teilzeittauglich.
Eine besondere Form des Jobsharings ist das sogenannte Hybrid Jobshare - ein Modell, wie es zum Beispiel die Spitzen von SPD und Grünen für sich entdeckt haben: Hier delegiert man einen Arbeitsplatz an zwei Mitarbeiter, die diesen beide in Vollzeit besetzen. Was erst einmal nur nach doppelten Kosten klingt, kann sich durchaus auszahlen: Die Kollegen nehmen ihrem Wissen und ihrer Stärken gemäß die anfallenden Aufgaben wahr.
Schwierige Umsetzung
Markus Klups sieht die Gründe dafür auf verschiedenen Ebenen: „Fehlendes Vertrauen, Unkenntnis bezüglich der bestehenden technischen Möglichkeiten, die Überzeugung, dass bestimmte Aufgaben einfach nicht von zu Hause aus gehen, sowie das Grundverständnis, dass die Arbeit im Büro, im Werk oder wo auch immer vor Ort stattfinden muss.“
Laut Detlef Gerst von der IG Metall liegt einer der Gründe darin, dass wir es gewohnt seien, uns während der Arbeit persönlich zu begegnen. „Das hat auch viele Vorteile: beispielsweise die vielen zufälligen Begegnungen, die sich als sehr hilfreich für die eigene Arbeit herausstellen und die einen Nährboden bilden für Innovationen.“ Dies sei auch der Grund dafür, dass heute viele Unternehmen über Raumkonzepte nachdächten, die solche Begegnungen gezielt fördern. Wenn Beschäftigte in größerem Umfang aus dem Homeoffice arbeiten wollten, dann bräuchten sie organisatorische und auch technische Voraussetzungen, um persönliche Begegnungen und Gespräche trotzdem zu ermöglichen. Hier fehle vielen Unternehmen noch die Erfahrung, „aber teilweise auch schlicht die Fantasie“. Darüber hinaus ist es Gerst zufolge immer noch so, dass in vielen Betrieben ein tief verwurzeltes Misstrauen gegenüber der Disziplin und der Ehrlichkeit der Mitarbeiter im Homeoffice herrsche. Es sei aber davon auszugehen, dass diese „Misstrauenskultur“ durch die wachsende Erfahrung mit mobiler Arbeit weiter schwinden werde.
Das Corona-Virus sorgt momentan dafür, dass sich viele Unternehmenslenker neuen Arbeitsmodellen öffnen (müssen) und die Vorteile, die Homeoffice mit sich bringen kann, erleben. „Eine Kundin hat mir vor Kurzem davon berichtet, dass es plötzlich relativ normal sei, eine Telefonkonferenz mit Kollegen am späteren Abend abzuhalten. Dann nämlich sind die Kinder im Bett und man kann sich noch einmal voll auf den Job konzentrieren“, berichtet WirksamSein-Inhaber Jens Wiesner. Zukünftig würden Arbeitszeiten und -orte vermehrt den Anforderungen der Menschen folgen. Jedoch: „Der selbstverständliche Wille, Leistung zu erbringen, spielt hierbei eine wichtige Rolle. Wer diesen nicht mitbringt, wird sich schwertun.“ Ebenso müsse das Zusammenspiel der jeweils beteiligten internen und externen Mitarbeiter ergebnisorientiert gestaltet werden. Eine Disziplin, in der viele Unternehmen noch dazulernten, so Jens Wiesner.
4. Teil: „Neue Arbeitsmodelle einführen“
Neue Arbeitsmodelle einführen
Unternehmen rüsten sich für anstehende Veränderungen, indem sie sich verstärkt mit ihrer strategischen Ausrichtung auseinandersetzen. Hier kann das Ergebnis aber auch lauten: „Wir brauchen nichts zu verändern.“ Dann könnte es laut Gerst etwa auch falsch sein, zu digitalisieren, weil dies vermeintlich alle machen. „In den meisten Fällen wird eine Überprüfung der eigenen Produkt- und Produktionsstrategien sowie der Geschäftsmodelle allerdings ergeben, dass eine Neuausrichtung in absehbarer Zeit erforderlich wird.“
Detlef Gerst hält eine sorgfältige Analyse und Planung in Abstimmung mit allen Beteiligten für zentral. Übereilte Entscheidungen, die in der Praxis nicht funktionieren und dann wieder ersetzt werden müssten, könnten die Veränderungsbereitschaft dauerhaft schädigen. Das solle nicht heißen, dass Dinge nicht ausprobiert werden sollten - „es sollte dann aber klar kommuniziert werden, es handelt sich gerade um ein Experiment“, so Gerst.
Je klarer das Zukunftsbild sei, desto besser, denn so könnten Unternehmen und Menschen entscheiden, wo und wann welches neue Arbeitsmodell am meisten Sinn ergebe, erklärt Markus Klups. Unternehmen hätten dadurch die Möglichkeit, orientiert und sicher mit dem Wandel umgehen zu können. „Durch die Erarbeitung möglicher Zukunftsszenarien respektive Zukunftsbilder werden neue Wege und Perspektiven für die Gegenwart erarbeitet und aufgezeigt. Dies hilft Unternehmen, sich auf das Kommende vorzubereiten.“ Dafür sei ein methodischer Ansatz nötig, bei dem Veränderungen gemeinsam mit Menschen stattfinden und nicht über Menschen
hinweg.
hinweg.
Fazit & Ausblick
Der Trend ist klar erkennbar: Für Arbeitnehmer wird das Leben neben der Arbeit immer wichtiger. „Die Karriereleiter ist dem Wunsch nach persönlicher Entfaltung gewichen“, fasst Jens Wiesner zusammen. „Ein Personalleiter erzählte mir kürzlich von einem Mitarbeiter, der sich partout nicht von der Möglichkeit locken ließ, auf die nächste Hierarchiestufe aufzusteigen. Er hätte dazu in eine andere Niederlassung wechseln müssen und der damit verbundene Fahrtaufwand von
30 Minuten war ihm das höhere Gehalt nicht wert.“ Arbeitnehmer würden immer mehr die für sie gelungene Gesamtlösung anstreben. Mit purem Mehrverdienst oder gar höherer Verantwortung werde man sie nicht zu einem Mehr an Leistung bewegen können.
30 Minuten war ihm das höhere Gehalt nicht wert.“ Arbeitnehmer würden immer mehr die für sie gelungene Gesamtlösung anstreben. Mit purem Mehrverdienst oder gar höherer Verantwortung werde man sie nicht zu einem Mehr an Leistung bewegen können.
Vor allem für viele junge Arbeitnehmer ist laut Markus Krups eine ausgeglichene Work-Life-Balance heute wichtiger als die nächste Gehaltserhöhung. „Und dennoch dürfen wir nicht vergessen, dass wir Menschen alle Individuen sind: auch in Zukunft wird es mit Sicherheit Menschen geben, denen Geld, Macht und Status wichtig sind.“ Durch die Einführung flexibler Arbeitseinheiten könnten, so Krups, Menschen und Aufgaben passgenau zusammengebracht werden, auf diese Weise würden individuelle Karrierewege möglich und Aufgaben mit der größtmöglichen Effizienz ausgeführt.
5. Teil: „Im Gespräch mit Jan Eppers von Frische Fische“
Im Gespräch mit Jan Eppers von Frische Fische
com! professional: Herr Eppers, wie lange arbeiten Sie pro Woche?
Jan Eppers: Exakt 41,5 Stunden. Natürlich nicht in jeder Woche genau gleich viel, aber das ist der Durchschnittswert. Ich habe zwei lange Arbeitstage pro Woche mit acht Stunden, zwei mittlere mit sechs und einen kurzen mit vier Stunden. Hinzu kommen normalerweise drei Abende mit noch einmal rund drei Stunden. Und eine heimliche halbe Stunde am Wochenende.
com! professional: Sie haben als eines der ersten Unternehmen in Deutschland die Viertagewoche eingeführt? Was war der Auslöser?
Eppers: Ich fand mich unverschämt. Jede Woche sind in meinem Leben mit drei Kindern, selbst verwaltetem Kindergarten, elternorganisierter Schule und arbeitender Partnerin so viele Dinge passiert, dass ich meine Arbeitszeiten wahnsinnig flexibel gestalten musste.
Und dann hatte ich den Gedanken: Warum nur ich? Okay, ich gestatte den Mitarbeitern ohnehin sehr viele Freiheiten, und wenn sie mich nach freien Tagen, späterem Morgenstart oder ausgedehnter Mittagspause fragen, dann stimme ich immer zu. Doch das Gefühl, um Erlaubnis fragen zu müssen, wollte ich ihnen nehmen und ihnen das vertraglich zusichern.
com! professional: Ihre Mitarbeiter halten Sie wahrscheinlich für den besten Chef der Welt - oder waren gar nicht alle begeistert? Die Arbeit wird deswegen ja nicht weniger …
Eppers: Unsere Viertagewoche ist ja optional, sodass zunächst schon alle Mitarbeiter begeistert waren, weil niemand zu einer Festlegung gezwungen wird. Es eröffnet einfach eine vorher unbekannte Wahl, das Wochenende für Familie, Freunde, Soziales oder Spaß auszudehnen bei gleichzeitig heftigeren vier Arbeitstagen.
Der beste Chef der Welt bin ich garantiert nicht, weil ich mich ja auch selbst intensiv um mein nicht berufliches Leben kümmere - also Privatleben vor Chefsein kommt.
com! professional: Wie sieht die Umsetzung in der Praxis aus? Gibt es einen festen Tag, an dem Kunden nur den Anrufbeantworter erreichen? Arbeitet Ihr Team nun an den anderen Tagen mehr, oder schenken Sie ihm die 20 Prozent Arbeitszeit?
Eppers: Die Wochenarbeitszeit bleibt identisch. Als Agentur brauchen wir Kreativität und Zeit für Spinnereien. Das lässt sich nicht wirklich verkürzen, sondern wir brauchen die Brainstormings, die Gespräche in der Küche, die manchmal zu nichts führen, und die Verfolgung von Ideen, die nach einem Tag doch verworfen werden.
Der Viertage-Ansatz bedeutet bei uns nicht Effizienzmaximierung, sondern persönliche Flexibilität. Die allermeisten Kollegen nehmen den Freitag frei, aber beide Büros sind auch freitags besetzt und dank allerlei digitaler Tools gibt es immer jemanden, der weiterhelfen kann.
com! professional: Wie lange arbeiten Sie schon mit dem neuen Modell und wie lautet Ihr Fazit? Würden Sie heute die Viertagewoche noch einmal einführen?
Eppers: Seit 2015, und ich würde die Viertagewoche definitiv wieder einführen und die Kollegen würden sie wieder haben wollen. Es ist ein wichtiges, aber auch nur ein kleines Mittel auf dem Weg zur Selbstorganisation und Selbstbestimmung von Arbeitsverhältnissen, die die Menschen hoffentlich glücklicher machen.
com! professional: Gibt es weitere Pläne im Bereich Arbeit 4.0?
Eppers: Es gibt so vieles, was Arbeitsumgebungen für uns alle noch angenehmer gestalten würde. Die meisten meiner Gedanken drehen sich dabei um Flexibilität: Wie wäre es, wenn wir die Art und Menge der Arbeit und die Zeit ihrer Erledigung noch stärker ganz nach tagesaktueller Laune bestimmen könnten? Da unser Job ein ausgesprochenes People Business ist, ist das jedoch alles andere als trivial, und wir tasten uns mit viel Digitalisierung und Automatisierung in diese Richtung.
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