14.02.2020
E-Commerce
1. Teil: „Marktübersicht von Software für B2B-Shops“
Marktübersicht von Software für B2B-Shops
Autor: Christiane Fröhlich
Daisy Daisy / shutterstock.com
B2B-Shops brauchen spezielle Funktionen für Online-Bestellungen. Bei der Wahl des Shop-Systems sollte deshalb einiges beachtet werden.
Kundenindividuelle Preise
Eine der wichtigsten Funktionen im Shop ist für Becker die Suche: Sie muss schnell und effektiv funktionieren und erkennen, was gemeint ist, wenn der Kunde Strapse (Kabelbinder), Schildkröten (vergitterte Schutzlampen) oder Bulleneier (geschlossene Schwimmschalter) sucht. Selbst der Innendienst von Zajadacz nutzt die Shop-Suche, „weil sie so viel besser ist als die im ERP-System“, so Becker. Bei Zajadacz ergänzen an die 30 Produktkonfiguratoren die Suche. Sie zeigen an, welches Zusatzmaterial bei der Verwendung eines Produkts nötig ist, und sorgen so dafür, dass der Kunde alle notwendigen Teile für eine Installation bestellt.
Weitere wichtige Funktionen in seinem B2B-Shop sind für Becker die Darstellung der kundenindividuell vereinbarten Preise und die Echtzeitanzeige von Verfügbarkeiten und Lieferzeiten - und das im Zentrallager wie auch in den Niederlassungen. Nur so kann der Kunde spontan entscheiden, ob es sich lohnt, dass ein Mitarbeiter die Ware schnell in der nächstgelegenen Niederlassung abholt. Dem Großhändler ist auch wichtig, dass sich der Kunde Waren zu einem individuell festgelegten Termin an einen bestimmten Ort, etwa direkt auf die Baustelle, liefern lassen kann.
Um all diese Daten performant bereitstellen zu können, hat Zajadacz den Shop ans selbst entwickelte ERP-System angeschlossen, in das ein Product-Information-Management-System (PIM) integriert ist. Der Shop selbst läuft auf der B2B-Variante von Oxid eSales. Ergänzend kommen zur Verwaltung und Synchronisation der Produktdaten die Content-Syndication-Lösung von Loadbee und das Produktdaten-Tool von Oxomi hinzu. Umgesetzt wurde der Shop von der Agentur Cgrd in Hamburg. Für Becker ist entscheidend, dass sein Unternehmen das Backend von Oxid mithilfe der eigenen Agentur selbst weiterentwickeln kann.
Von besonderer Bedeutung im B2B-Umfeld ist eine Rechte- und Rollenverwaltung im Online-Shop. Über sie kann der Kunde festlegen, welcher Mitarbeiter Produkte nur recherchieren, wer sie bis zu welcher Summe bestellen darf und wer größere Bestellmengen freigeben muss. „Im Idealfall kann der Kunde sogar festlegen, dass der Mitarbeiter X in den kommenden drei Wochen, in denen der eigentlich Berechtigte im Urlaub ist, Bestellungen tätigen darf“, verdeutlicht Becker.
2. Teil: „Gewohnheiten verändern“
Gewohnheiten verändern
Doch nicht immer sehen Kunden diese Vorteile sofort: „Die Eingewöhnung ist nach wie vor der anspruchsvollste Part“, erklärt Michel Kahrs, Geschäftsführer des Bremer Holzfachhandels Kahrs GmbH. Der Mensch sei als Gewohnheitstier Veränderungen gegenüber nicht immer aufgeschlossen. „Ein Kunde, der vorher per Mail oder Telefon bestellt hat, lässt sich deutlich leichter auf Online-Bestellungen umstellen als ein Kunde, der die Bestellung über das hauseigene ERP-System und per EDI vornimmt“, weiß Kahrs. Denn wer prinzipiell über das ERP-System und den elektronischen Datenaustausch EDI bestellt, muss bei einer Bestellung im Online-Shop alle Daten doppelt erfassen. Daher laufen bei dem Holzhändler noch immer viele Bestellungen über Telefon undDennoch überlegt Kahrs, mehr Kunden den Shop schmackhaft zu machen, etwa über How-to-Anleitungen zum Einrichten der Rechte- und Rollenverwaltung. Seiner Meinung nach ist die zentrale Anforderung an eine B2B-Shop-Software das Verständnis dafür, dass sich der Bestellprozess in einem Unternehmen aufgrund der Berechtigungen und Freigabeprozesse für den Einkauf von dem von Privatpersonen unterscheidet. Ohne diese Funktionen ließen sich die individuellen Bestellprozesse im Unternehmen schlicht nicht abbilden. Daneben schätzt Kahrs die Möglichkeit, dass Kunden schnell gleiche Artikel wiederholt bestellen können. Das sollte seiner Meinung nach auch in einer personalisierten Navigation berücksichtigt sein, damit der Einkauf so unkompliziert wie möglich ist. „Endverbraucher wollen ein aufregendes Shopping-Erlebnis, im B2B muss es kurz und knackig ablaufen“, betont er.
Insgesamt ist Kahrs zufrieden mit dem Shop, der vor rund eineinhalb Jahren mit 3.000 Artikeln plus Varianten online ging. Die meisten der 3.000 registrierten Shop-Kunden nutzen das Angebot, um Lagerbestände und Lieferzeiten zu prüfen. „Dadurch fallen die vielen telefonischen Rückfragen nach Lagerbeständen weg“, hebt Kahrs hervor.
Der B2B-Shop von Kahrs läuft auf einer 5er-Version von Shopware. Er ist mit dem ERP-System des Händlers, in diesem Fall Microsoft Dynamics NAV, bidirektional verknüpft, sodass sowohl Kunden- und Artikeldaten als auch Lagerbestände in Echtzeit synchronisiert werden.
Bei der Auswahl hatte sich Kahrs auch Systeme wie Oxid eSales und Magento angeschaut. Bei Magento hat ihn vor allem der Eigentümerwechsel von Ebay zu einer Investorengruppe und schließlich zu Adobe sowie der Wechsel von Magento1 zu Magento2 abgeschreckt. „Letztlich ist nobody perfect und ich kann nur schauen, wo ich mir die wenigsten Probleme einkaufe“, so Kahrs. An Shopware bemängelt er lange Reaktionszeiten und eine schlechte Qualität des Kundensupports. „Wenn wir einen Fehler finden, stehen wir öfter vor der Wahl, ob wir so lange warten, bis der Hersteller ihn behebt, oder ob wir selbst Geld in die Hand nehmen und das Problem lösen“, schildert Kahrs das Dilemma.
3. Teil: „Kriterien für ein Shop-System“
Kriterien für ein Shop-System
Zum Zweiten sollte ein B2B-Shop-System skalierbar sein, und zwar sowohl technisch über eine dynamische Anpassung in der Cloud als auch architektonisch. Das bedeutet, dass der Shop in einzelne Module unterteilbar ist, sodass zum Beispiel die Warenkorbfunktion oder das Kundenkonto isoliert verändert und dann in einer neuen Version in das Gesamtsystem reintegriert werden können.
Zum Dritten sollte das Shop-System headless sein, also Backend und Shop-Frontend trennen. Dadurch können an das Backend, das die Shop-Verwaltung und den Betrieb sicherstellt, verschiedene Frontends als Ausgabesystem angedockt werden, etwa ein Online-Shop, ein Amazon Skill und eine mobile Anwendung für den Außendienst. Ziel, so Lieser, sei die maximale Freiheit, alles abbilden zu können, was in Zukunft als Vertriebsweg entsteht.
Außerdem können über solche Shop-Systeme besondere Anforderungen im B2B-Handel besser umgesetzt werden, etwa kundenindividuelle Preise aus dem ERP-System an ein beliebiges Shop-Frontend weiterzureichen oder spezielle Lieferanforderungen. Gleichzeitig warnt Lieser vor einer Feature-Jagd: Nicht alle angepriesenen Funktionen seien in jedem Fall notwendig. „Die Frage sollte immer lauten: Ist das für mein Business sinnvoll? Erleichtert es meinen Kunden den Einkauf?“
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