Hardware
29.01.2018
Energieversorgung im Rechenzentrum
1. Teil: „Kosten senken durch eine USV mit Eco-Mode“

Kosten senken durch eine USV mit Eco-Mode

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Yentafern / shutterstock.com
Der Cloud-Boom macht unterbrechungsfreie Stromversorgungen (USVs) noch wichtiger. Modulare Systeme und Eco-Modi ermöglichen Betreibern von Rechenzentren Kostensenkungen.
Der Beitrag wurde erstellt von Andreas Bätschmann. Er ist Lead Representative Sales Power Quality beim Energiemanagement-Anbieter Eaton.
Zwei von drei Unternehmen in Deutschland (65 Prozent) haben dem Digitalverband Bitkom zufolge 2016 Cloud-Computing eingesetzt – ein Anstieg um 11 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Von diesem Cloud-Boom profitieren nicht nur die Betreiber von Rechenzentren, auch die angrenzenden Produktsegmente können sich über mehr Absatz und Umsatz freuen.
Zu diesen zählt auch der Markt für unterbrechungsfreie Stromversorgungen (USVs). Seit 2016 zeigt er laut Marktforschungsinstitut IHS einen deutlichen Aufwärtstrend. Die Analysten erwarteten danach für 2017 einen Umsatz von gut 7,5 Milliarden Dollar, 2018 soll der Umsatz sogar auf bis zu 7,8 Milliarden Dollar ansteigen. Der Grund: Die Hardware in den Rechenzentren – sowohl bei einem Dienstleister als auch im eigenen Unternehmen – muss durch Energiespeicher abgesichert werden. Denn kommt es zum Stromausfall, muss das Rechenzen­trum weiter seine Dienste leisten, schließlich garantieren die Betreiber ihren Kunden eine Verfügbarkeit von mehr als 99 Prozent. Deshalb kommt in den Rechenzentren immer mehr USV-Hardware zum Einsatz.
Obgleich größere Stromausfälle in Westeuropa relativ selten vorkommen, treten durch das Schalten großer Ströme immer häufiger Rückwirkungen auf das Stromnetz auf. Kurzschlüsse, die Einschaltströme von Schweißklemmen oder größere Elektromotoren führen zu Absenkungen der Spannung im Stromnetz. Umgekehrt gibt es auch Spannungsanhebungen, die beispielsweise durch das Abschalten großer Lasten oder durch entfernte Blitzeinschläge auftreten. Empfindliche Geräte wie Server in den Rechenzentren können dadurch in ihrer Funktion beeinträchtigt oder sogar beschädigt werden.
2. Teil: „Schwierige Planung“

Schwierige Planung

Zwar regeln die Energieversorger die Netzspannung und die Netzfrequenz beständig nach – doch dies geschieht auf der gesamten Netzebene und greift nur bedingt bei lokalen Schwankungen. Und hier kommt eine USV ins Spiel, die bei diesen Schwankungen und natürlich auch bei einem Ausfall einspringt und das angeschlossene Gerät mit elektrischer Energie aus ihrem Akku versorgt.
Allerdings ist die langfristige Planung einer USV-Struktur für Rechenzentrumsbetreiber schwierig: Die Auslastungen wechseln aufgrund der Nachfrageschwankungen, ein Online-Shop beispielsweise braucht im Weihnachtsgeschäft erheblich höhere Kapazitäten als in der Sommerflaute.
Vor allem aber sind USVs berüchtigte Stromfresser. Das liegt vor allem daran, dass die Geräte ja permanent zwischen dem Netzzugang und der angeschlossenen Last wie etwa den Servern geschaltet sind, um Stromausfälle und Stromschwankungen auszugleichen. Durch das erforderliche Redundanzniveau – die Server werden in der Regel doppelt abgesichert – liegt der Wirkungsgrad nur bei 50 Prozent.
Überdimensionierte USV-Systeme wiederum führen zu hohen Anschaffungskosten und steigern außerdem den Aufwand für die Klimatisierung. Ihre Verlustleistung wird vollständig in Wärme umgewandelt und abgestrahlt. So braucht man bei einem durchschnittlichen EER-Wert (Energy Efficiency Ratio) von 3,0 eine zusätzliche Klimatisierungsleistung von einem Watt, um drei Watt Verlustleistung herunterzukühlen.
Mehrfachauslegung, Dauerbetrieb und Doppelwandlertechnik machen USV-Systeme also zu Stromfressern. Ein Blick auf die Zahlen verdeutlicht die Dimensionen: 2013 gab es in Deutschland rund 51.100 Rechenzentren mit 1,6 Millionen physikalischen Servern. Der Strombedarf der Rechenzentren betrug 2015 rund 12 Milliarden Kilowattstunden. Davon wiederum entfallen 15 bis 20 Prozent auf USV-Anlagen. Deshalb gehört das Erschließen von Energiesparpoten­zia­len zu den größten Herausforderungen für Re­chen­zen­trums­betreiber.
Orientierung bietet der European Code of Conduct for Data Centres (CoC), ein Verhaltenskodex, der vom Joint Research Centre der Europäischen Union (JRC-EU) formuliert wurde und dem mittlerweile rund 75 international agierende RZ-Betreiber auf freiwilliger Basis folgen. Er bietet praxisnahe Empfehlungen für Planung, Datenmanagement, Klimatisierung und Senkung des Energieverbrauchs. Auch wer keine CoC-Zertifizierung anstrebt, kann sich an den Best-Prac­tice-Empfehlungen orientieren und so die Energie­effizienz seines Rechenzentrums kontinuierlich steigern.

Code of Conduct für RZs

Was sagt der CoC zum Thema USV? Er empfiehlt gegenzusteuern – und etwa durch den Aufbau einer modularen USV-Anlage mit Eco-Mode den Stromverbrauch zu senken. Solche Anlagen haben im Vergleich zu traditionellen Geräten einen höheren Wirkungsgrad und lassen sich leichter skalieren. Sie können mit dem Rechenzentrum mitwachsen, ohne je überdimensioniert zu sein.
Derzeit sieht die Realität in den Rechenzentren aber noch anders aus: Online-USV-Systeme sind nach wie vor die bevorzugte USV-Lösung, da sie neben Stromausfällen sowie Über- und Unterspannungen auch Frequenzschwankungen und Oberschwingungen abfangen können. Um das zu erreichen, sind die Gleich- und Wechselrichter bei Online-USV-Systemen zwischen Netzzugang und angeschlossener Last geschaltet. Die kontinuierliche Doppelwandlung schlägt sich in einer erhöhten Verlustleistung nieder.
3. Teil: „Effizienter im Eco-Modus“

Effizienter im Eco-Modus

Eine Alternative bieten Online-USV-Systeme, die nicht nur im Doppelwandler-Modus, sondern ergänzend auch im Eco-Mode betrieben werden können. Je nach Hersteller ist dieser Modus auch als Bypass-Modus oder in einer weiterentwickelten Form auch als Energy-Saver-System bekannt. Systeme mit Eco-Mode zeichnen sich durch nachhaltig optimierte Wirkungsgradwerte aus: Das von Eaton entwickelte Energy-Saver-System erreicht zum Beispiel bereits bei einer geringen Auslastung von 25 Prozent einen Wirkungsgrad von 99 Prozent. Herkömmliche Anlagen selbst der neuesten Genera­tion kommen bei vergleichbaren Auslastungen auf lediglich 90 bis 95 Prozent.
  • Der Umsatz mit unterbrechungsfreien Stromversorgungen könnte 2018 auf bis zu 7,8 Milliarden Dollar steigen.
    Quelle:
    IHS Markt, 2017
Möglich wird dieser Fortschritt, weil sich die Wandler im Eco-Mode im Ruhezustand befinden und der Netzstrom die angeschlossene Last über eine statische Umgehung direkt erreicht. Lediglich im Fall von Netzschwankungen sowie während der Lade- und Stützzeiten der Batterien schaltet das System in den Doppelwandler-Modus. Auf diesem Weg profitieren RZ-Betreiber von allen Vorteilen einer Online-USV, ohne die Verlustleistungen eines permanenten Doppelwandlerbetriebs in Kauf nehmen zu müssen. Auch die jährlichen Betriebskosten sinken durch den Einsatz des Eco-Modes.
Berechnungen zufolge können diese um etwa 2.000 Euro je 15-Kilowatt-Rack reduziert werden. Gleichzeitig lässt sich der Power-Usage-Effectiveness-Wert (PUE) um etwa 10 Prozent verbessern.

Betriebssicherheit bleibt

Anders als früher schränkt der Eco-Mode auch die Betriebssicherheit nicht mehr ein. Umschaltlücken, wie sie bei vergleich­baren Systemen älterer Bauart zu befürchten waren, sind hier durch gezielte technische Weiterentwicklung ausgeschlossen. Die für den Wechsel zwischen Eco-Mode auf Doppelwandler- oder Batteriebetrieb benötigte Zeit liegt innerhalb der vom Information Technology Industry Council definierten und international gültigen ITIC-Spezifikation. Deshalb bieten die neuen Eco-Mode-Systeme die gleiche Betriebssicherheit wie klassische Online-USV-Anlagen.
Netzteile müssen der ITIC-Spezifikation zufolge eine Versorgungsunterbrechung von circa 10 Millisekunden kompensieren können. Entsprechend klein ist die Zeitspanne für den Wechsel der Betriebsart. Modernste USV-Systeme mit Eco-Mode benötigen dafür nur noch 4 bis 6 Milli­sekunden. Dem Energy-Saver-System von Eaton gelingt der Transfer sogar in 2 Millisekunden. Erreicht wird dies durch spezielle Erkennungs- und Steueralgorithmen sowie das Anlegen einer permanenten Spannung an die Wandler. Die per­manente Spannung birgt überdies den Vorteil, dass eine Materialüberlastung durch thermischen Schock aus­geschlossen wird.
4. Teil: „Dezentrale USV “

Dezentrale USV

Neben modularen Anlagen gibt es noch eine zweite Möglichkeit, den Aufwand für USV-Lösungen zu reduzieren. Dabei werden die USVs jeweils in einzelne Server-Reihen implementiert. Dadurch ist keine zentrale USV mehr nötig, was einerseits den ohnehin äußerst begrenzten Platz im Server-Raum schont. Andererseits werden damit sogenannte Single Points of Failures vermieden; fällt also ein einzelner Server aus, kann dies nicht zum Ausfall der kompletten Server-Landschaft führen. Die Irritationen betreffen dann nur die jeweilige Server-Reihe.

Fazit und Ausblick

Zwar kommt der Aufbau einer modularen USV in der Gesamtschau noch immer etwas teurer als die Anschaffung eines Monoliths mit gleicher Nennleistung, der Zugewinn an Flexibilität und Betriebskosteneffizienz wiegt diesen Nachteil jedoch auf.
Der Umstieg auf energieeffiziente USV-Lösungen bringt für Rechenzentrumsbetreiber einen doppelten Vorteil. Erstens kommt eine solche Strategie der Klima­bilanz des Rechenzentrums und damit der Umwelt ins­gesamt zugute – wichtig auch in der Außendarstellung gegenüber dem Verbraucher. Zweitens können RZ-Betreiber mit Eco-Mode und modularen Systemen ihre Kosten senken. In Zeiten wachsender Rechenleistung und steigender Strompreise sollte allein schon dieses Ar­gument ausreichen, um den Kauf einer solchen Lösung ins Auge zu fassen.

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