Internet der Dinge
10.11.2017
IoT-Plattformen
1. Teil: „Kommandozentrale für das Internet der Dinge“

Kommandozentrale für das Internet der Dinge

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Panchenko Vladimir / shutterstock.com
IoT-Plattformen verknüpfen Maschinen mit Anwendungen. Das Problem: Die Auswahl ist riesig.
Das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) ist auf dem besten Weg, eine der prägenden Technologien unserer Zeit zu werden. Das zeichnet sich bereits heute ab.
Dazu zwei Beispiele: Das italienische Eisenbahnunternehmen Trenitalia hat seine Züge mit Sensoren und Wartungsmodulen ausgestattet. Dadurch können Techniker in Echtzeit eine Fernanalyse von wichtigen Komponenten durchführen, etwa des Antriebs, der Radlager und der Bremsen. Das wiederum hilft dabei, Wartungsintervalle besser zu planen. Durch diese proaktive Instandhaltung sanken die Kosten bei Trenitalia um 8 bis 10 Prozent. Die IoT-Komponenten und die Plattform für die Auswertung der Daten steuerte SAP bei.
Beispiel zwei: Bosch Software Innovations (SI) hat eine IoT-Lösung entwickelt, mit der sich der „Gesundheitszustand“ von Brücken und Gebäuden überwachen lässt. Sensoren messen die Feuchtigkeit, Erschütterungen und Temperaturen, außerdem die Ausdehnung des Baumaterials bei Hitze und Kälte. Ingenieure können dadurch Brücken aus der Ferne überprüfen, zum Beispiel ob Materialermüdung auftritt oder ob sich nach einem Unfall Risse an der Brücke gebildet haben.
In Deutschland kommt das Intenet of Things derzeit vor allem in Indus­trie-4.0-Projekten zum Zuge: „Generell wird das Thema Indus­trie 4.0 ‚erwachsen‘ und die Kundengespräche werden inzwischen auf einer anderen Ebene geführt“, sagt beispielsweise Rolf Werner, Vorsitzender der Geschäftsführung Deutschland und Head of Central Europe von Fujitsu. „Noch vor Kurzem lag der Fokus auf dem Implementieren von Technologielösungen, inzwischen diskutieren wir da­rüber, gesamte Geschäftsbereiche zu verbinden, umzustellen oder einzubetten.“
Deshalb hat Fujitsu im Sommer dieses Jahres in München ein Industrie-4.0-Kompetenzzentrum eröffnet. Ein Schwerpunkt des Zentrums ist die Arbeit an Lösungen für das Indus­trial Internet of Things (IIoT). Eine wichtige Rolle spielen dabei IoT-Plattformen.
2. Teil: „Plattformen als Bindeglied“

Plattformen als Bindeglied

  • Quelle: PAC/ CXP Group
Sensoren allein reichen nicht aus, damit sich das Internet der Dinge nutzbringend verwenden lässt.
Zwischen den IoT-Endpunkten („Endpoints“) und den Anwendungen für die Analyse und Visualisierung der Daten, welche die Endpoints übermitteln, ist eine weitere Komponente erforderlich, nämlich die Plattform. Sie ist vereinfacht gesagt eine Datensammelstelle (Data Hub), bei der die Informationen von IoT-Endgeräten zusammenlaufen.
Zusätzlich stellen Plattformen weitere Funktionen bereit, beispielsweise für das Konsolidieren und die Integration von Daten sowie für die Analyse und Visualisierung.
Es handelt sich dabei um eine Art Middle­ware, die nach Angaben des Beratungshauses ISG/ Experton Group vier Bereiche miteinander verknüpft. Dazu zählen „Dinge“ wie Maschinen, außerdem Produkte aller Art sowie Endgeräte und Materialien. Die vierte Ebene sind Geschäftsanwendungen, etwa Software für das Kundenbeziehungsmanagement (CRM), das Enterprise Resource Planning (ERP) und die Verwaltung von Produktzyklen (Product Lifecycle Management, PLM). Hinzu kommen Webservices sowie Endgeräte wie PCs und Smartphones.
Detaillierter definieren die Marktforscher von IDC eine IoT-Plattform. Zwar unterscheiden sich die Lösungen der Hersteller stark voneinander, doch verfügen alle IoT-Plattformen nach Einschätzung von IDC über eine oder mehrere der folgenden Funktionen:
Device-Management: Damit lassen sich IoT-Endgeräte konfigurieren und verwalten.
Connectivity Management: Es ist für den Datentransfer von den Endpoints am Rand einer IoT-Infrastruktur in ein Rechenzentrum oder die Cloud zuständig. Dabei kommen IoT-Gateways zum Einsatz. Sie unterstützen die Protokolle IP, MQTT (Message Queue Telemetry Transport), AMWP (Advanced Message Queuing Protocol) und CoAP (Constrained Application Protocol).
Engines: Sie empfangen, überprüfen und bereiten Daten auf und leiten sie zu den „richtigen“ Speichersystemen, Applikationen und Webservices weiter.
Dashboards und Werkzeuge: Sie dienen dem Bearbeiten und Visualisieren von Daten, gegebenenfalls in Echtzeit.
Application Enablement: Über Schnittstellen (Application Programming Interfaces) können App-Entwickler, System­integratoren und Software-as-a-Service-Angebote IoT-Daten nutzen, um ergänzende Services und Software-Produkte bereitzustellen beziehungsweise zu entwickeln.
Analysefunktionen: Diese werten die Informationen aus, die IoT-Endgeräte liefern. Hier spielen Applikationen für Big Data & Analytics eine wichtige Rolle.
3. Teil: „Unterschiedliche Einsatzfelder “

Unterschiedliche Einsatzfelder

Je nach Nutzergruppen und Einsatzfeldern lassen sich vier Typen von IoT-Plattformen differenzieren, so das Beratungshaus PAC/CXP Group. Die erste Variante ist für Unternehmen relevant, die IoT-Systeme und entsprechende Endgeräte entwickeln (Device Development), insbesondere Embedded-Software für solche Komponenten.
Zu den Anbietern dieser Art Plattformen in Europa zählen Microsoft mit einer Plattform auf Basis der Cloud-Umgebung Microsoft Azure und Siemens (Mindsphere). Weitere führende Anbieter sind Intel (Windriver) und Amazon Web Services (AWS). Die Lösung AWS IoT nutzt Schnittstellen und Protokolle wie HTTP, Websockets und MQTT, um die Verbindung zwischen IoT-Systemen und der Amazon-Cloud herzustellen.
Eine Plattform für die Entwicklung von IoT-Systemen sollte es dem Fachmann ermöglichen, Sicherheits- und Managementfunktionen in die Software der Komponenten zu inte­grieren. Außerdem muss sichergestellt sein, dass die IoT-Komponenten die relevanten Datenformate und Kommunikationsprotokolle „verstehen“. Sie kommen beim Datenaustausch mit IoT-Gateways und den überwachten Endgeräten zum Einsatz, zum Beispiel einer Pumpe oder den Bremsen eines Zuges.

Endgeräte verwalten

  • Was die Umsetzung von IoT-Projekten betrifft, rangiert Deutschland nur im Mittelfeld. Unternehmen in Skandinavien, Italien und Frankreich sind schon weiter.
    Quelle:
    PAC / CXP Group
Die zweite Gruppe von IoT-Plattformen konzentriert sich auf die Datenintegration und die Verwaltung von IoT-Endgeräten wie Sensoren, Aktoren und Mess-Systemen. Eine He­rausforderung besteht darin, dass eine große Zahl unterschiedlicher Endgeräte gemanagt werden muss. Hinzu kommt, dass sich je nach Geschäftslage und Projektumfang die Anzahl der verwalteten IoT-Endpoints schnell ändern kann. Daher empfehlen so gut wie alle Fachleute, dass Unternehmen in diesem Fall auf cloudbasierte Lösungen zurückgreifen sollten. Sie haben den Vorteil, dass sie sich einfacher „nach oben und unten“ skalieren lassen: Bei Bedarf bucht ein Unternehmen weitere Ressourcen bei einem Anbieter wie Microsoft, SAP oder AWS. Sinkt die Zahl der IoT-Endgeräte, verringert man die Kapazitäten.
Wichtig beim Sammeln und Integrieren der Daten ist nach Angaben des Beratungshauses Boston Consulting Group (BCG), dass die IoT-Plattform Datenbanken unterstützt, die Informationen in unterschiedlichen Formen speichern können: als relationale Daten, Dokumente oder in Form von Schlüsselwerten und Grafiken. Zudem müssen IoT-Plattformen, die auf die Datenintegration und das Device-Management spezialisiert sind, Datenströme verarbeiten und speichern.
Angesichts der großen Datenmengen, die Dinge liefern, sollte außerdem die Anbindung an preisgünstige Storage-Systeme möglich sein, ganz gleich ob sich diese in einer Cloud oder im Rechenzentrum des Unternehmens befinden.
PAC/CXP stuft Microsoft, Bosch Software Innovations und SAP als führende Anbieter solcher IoT-Plattformen in Europa ein. Als Verfolger haben sich AWS sowie Cumulocity eta­bliert, eine Tochter der Software AG. Cumulocity IoT besteht aus vorkonfigurierten Produkten für spezielle Anwendungsfälle. Dazu zählt die Zustandsüberwachung von Systemen, die vo­rausschauende Wartung von Maschinen (Predictive Maintenance) sowie das Track & Trace, also die Bestimmung des aktuellen Aufenthaltsorts von Waren und Fahrzeugen. Hinzu kommen Funktionen für das Management von Geräten und Sensoren.
„Cumulocity IoT ist bereits bei führenden Technologie­unternehmen wie der Deutschen Telekom, Gardner Denver, Octo Telematics, NTT Communications und der Reliance Group im Einsatz“, so Wolfram Jost, Chief Technology Officer der Software AG. „Das gibt uns einen Vorsprung in unserem Bestreben, zum führenden Technologieanbieter für das Internet der Dinge zu werden.“
Kernfunktionen
Eine IoT-Plattform erfüllt im Idealfall die folgenden Funktionen:
  • Sie verknüpft unterschiedliche Hardware miteinander, vom Sensor bis hin zu einer Maschinensteuerung.
  • Sie unterstützt unterschiedliche Kommunikationsprotokolle. Im Bereich IoT und Industrie 4.0 spielt beispielsweise OPC UA eine wichtige Rolle. Speziell im Internet der Dinge sind MQTT (Message Queuing Telemetry Transport) und CoAP (Constrained Application Protocol) vertreten.
  • Eine IoT-Plattform schützt Systeme vor dem Zugriff Un­befugter. Dazu muss sie ein Identity-Management bereitstellen, das nur dazu autorisierte User zulässt. Außerdem sind weitere Sicherheitsvorkehrungen erforderlich, die beispielsweise das Einschleusen von Schad-Software auf IoT-Systemen verhindern.
  • Zu den wichtigsten Aufgaben zählt das Sammeln, Speichern, Visualisieren und Analysieren von Daten. Etliche Plattformen greifen dabei auf Lösungen anderer Anbieter zurück, die über Application Programming Interfaces angebunden werden.
4. Teil: „Analysieren und visualisieren“

Analysieren und visualisieren

  • Quelle: IoT Analytics
Vor dem Hintergrund der Digitalisierung von Angeboten und Geschäftsprozessen ist eine dritte Kategorie von Plattformen wichtig – solche, mit denen Software-Spezialisten IoT-Applikationen möglichst schnell und einfach entwickeln können.
Eine weitere Aufgabe dieser Plattformen besteht darin, Daten auf eine Weise zu visualisieren, dass auch „normale“ User damit etwas anfangen können, etwa ein Wartungstechniker von Werkzeugmaschinen. Anbieter, die sich auf solche IoT-Frameworks spezialisiert haben, sind unter anderen Ayla, Cumulocity und PTC sowie klassische Software-Häuser wie Microsoft und SAP. Auch Oracle fällt in diese Kategorie.
Eine vierte Variante von IoT-Plattformen konzentriert sich PAC/CXP zufolge da­rauf, Tools für die Analyse von IoT-Daten bereitzustellen. Zudem unterstützen solche Frameworks die Entwicklung und Integration von Anwendungen. Derzeit gelten GE Digital, Microsoft, IBM mit Bluemix und Watson sowie SAP zu den führenden Anbietern solcher Lösungen. Siemens und Oracle finden sich in der Position der Verfolger wieder.
„Mit Leonardo verbinden wir einerseits Dinge mit Geschäftsprozessen und machen diese damit unmittelbar und proaktiv. Andererseits bringen wir auch Dinge und Menschen zusammen“, sagt Tanja Rückert, Executive Vice President für Digital Assets & IoT bei SAP. Der Software-Konzern hat unter dem Namen Leonardo nicht nur seine IoT-Lösungen zusammengefasst, sondern auch angrenzende Angebote, etwa aus den Bereichen Machine Learning, Künstliche Intelligenz sowie Blockchain und Analytics.
Um Anwendern den Einstieg in die IoT- und Analytics-Welt zu erleichtern, bietet SAP – ebenso wie etliche seiner Konkurrenten – vorkonfigurierte Pakete an. Das ist für Unternehmen hilfreich, die eine Lösung aus einer Hand bevorzugen, um das Internet der Dinge möglichst schnell einsetzen zu können. Allerdings gilt es in diesem Fall sorgfältig abzuwägen, ob dadurch nicht eine zu starke Bindung an einen Anbieter entsteht. Die Alternative besteht darin, IoT-Plattformen mehrerer Anbieter einzusetzen beziehungsweise vorab in kleinem Rahmen zu testen. Zu diesem Vorgehen raten einige Markt­experten und Systemhäuser.
5. Teil: „Zersplitterter Markt“

Zersplitterter Markt

Die Auswahl einer IoT-Plattform ist in der Praxis eine wahre Sisyphusarbeit. Ein Problem ist die Fülle der Anbieter und Produkte.
Wie zersplittert der Markt gegenwärtig ist, zeigt ein Blick auf den Umsatz, den die einzelnen Plattformen erzielen. Nach Angaben des Hamburger Marktforschungsunternehmens IoT Analytics sind derzeit weltweit etwa 450 IoT-Plattformen verfügbar. Aber auf nur 7 Prozent davon, also etwas mehr als 30 Lösungen, entfiel 2016 ein Umsatz von mehr als zehn Millionen Dollar. IoT Analytics erwartet für 2021 einen Umsatz mit IoT-Plattformen von weltweit 1,6 Milliarden Dollar. Im Jahr 2017 beträgt er rund 600 Millionen Euro.
Von deutlich höheren Zahlen geht das amerikanische Beratungshaus BCG aus. Es schätzt, dass der weltweite Umsatz mit IoT-Komponenten im Jahr 2020 bei etwa 250 Milliarden Euro liegt. Davon entfallen BCG zufolge an die 15 Milliarden Euro auf IoT-Plattformen. Die Ausgaben für solche Plattformen steigen pro Jahr um rund 40 Prozent.
Diese Abweichungen zwischen den Marktforschungs­unternehmen sind darauf zurückzuführen, dass es keine verbindliche Definition des Begriffs IoT-Plattform gibt. Auch BCG konstatiert in einer Analyse, dass von den etwa 450 Frameworks, die sich als IoT-Plattform ausgeben, bestenfalls 15 Prozent diese Bezeichnung verdienen.
Die führenden Anbieter von Integrations-Services für IoT, die als Cloud-Dienst bereitgestellt werden: Mit der Telekom und SAP sind auch zwei deutsche Unternehmen darunter.
ISG / Experton Group
IoT-Komponenten integrieren
Plattformen sollen Unternehmen dabei helfen, ein zentrales Problem im Zusammenhang mit dem Internet der Dinge zu lösen: die Integration von IoT-Komponenten. „Im Jahr 2018 entfällt die Hälfte der Implementierungskosten von IoT-Lösungen darauf, diese Komponenten miteinander und mit Backend-
Systemen zu verknüpfen“, sagt Benoit J. Lheureux, Research Vice President beim Marktforschungsunternehmen Gartner.
Unternehmen, die IoT-Projekte starten wollen, sollten Lheureux zufolge daher eine Art Integrations-Check vornehmen, der vor allem die Funktionen von IoT-Plattformen analysiert. Wichtig sind dabei folgende Punkte:
  • APIs (Application Programming Interfaces) in den Vordergrund stellen. Der Grund: IoT-Projekte basieren in starkem Maß auf Cloud-Computing und unterschiedlichen Kommunikationstechniken. Nutzer sollten daher prüfen, welche IoT-Plattformen in der Lage sind, mit den eingesetzten IoT-Endgeräten, Gateways und Protokollen zusammenzuarbeiten.
  • Die optimalen Kommunikationstechniken identifizieren: Es gilt zu ermitteln, welche Kommunikationsprotokolle die einzelnen IoT-Komponenten verwenden, etwa Low-Power Wide Area Networks (LPWANs), Mobilfunk, Wireless LANs oder klassische lokale Netze. Davon ist abhängig, welche Gateways zum Einsatz kommen und welche IoT-Plattform eingesetzt werden kann.
  • Cloud-Lösungen für die Integration von Daten und Prozessen nutzen: Im ersten Schritt, so Kunden von Gartner, reichen IoT-Plattformen für die Integration von Daten aus. Wenn jedoch weitere IoT-Projekte hinzukommen oder komplexere Integrationsprozesse anstehen, ist der Einsatz einer Cloud-Plattform mit erweiterten Funktionen (Integration Platform as a Service, iPaaS) erforderlich.
  • Herkömmliche Software-Lösungen einbinden: Viele Unternehmen haben viel Geld in eigene Middleware investiert. Diese kann im Rahmen von IoT-Projekten zumindest teilweise weiterhin verwendet werden. Das ist vor allem dann der Fall, wenn eine IoT-Plattform auf Daten und Applikationen zugreift, die in Unternehmensrechenzentren vorliegen.
  • API-Managementwerkzeuge verwenden: Bei den meisten IoT-Projekten sind unterschiedliche Schnittstellen (Application Programming Interfaces) im Spiel, etwa zur Anbindung der IoT-Systeme an Anwendungen. Daher kann es hilfreich sein, diese APIs mit Hilfe spezieller Tools zu verwalten. Das ist vor allem dann der Fall, wenn über solche Schnittstellen sensible Daten laufen oder öffentlich zugängliche Netzwerke genutzt werden.
6. Teil: „Kooperationen nehmen zu“

Kooperationen nehmen zu

  • Die meisten IoT-Plattformen für den B2B-Sektor sind derzeit für den Einsatz in der Industrie ausgelegt.
    Quelle:
    IoT Analytics
Unternehmen und öffentliche Einrichtungen, die IoT-Projekte starten, müssen angesichts des heterogenen Marktes genau überlegen, welchem Anbieter sie ihr Vertrauen schenken. Denn es ist davon auszugehen, dass es zu einer massiven Bereinigung des Marktes kommen wird, sei es durch die Übernahme von IoT-Plattform-Anbietern durch Mitbewerber, sei es durch den Ausstieg von Unternehmen aus diesem Marktsegment.
Eine abgemilderte Form der Marktbereinigung hat bereits eingesetzt – und zwar in Form von Kooperationen zwischen den Anbietern unterschiedlicher IoT-Lösungen. Ein Beispiel dafür ist Bosch. Die IoT-Plattform von Bosch Software Innovations ist für die Integration von Daten und die Verwaltung von IoT-Komponenten ausgelegt. Im Bereich Analyse solcher Daten arbeitet Bosch mit IBM zusammen, bei der Entwicklung von IoT-Endgeräten mit dem chinesischen IT-Konzern Huawei. Und mit dem Konkurrenten PTC besteht eine Kooperation auf dem Gebiet Anwendungsentwicklung für IoT-Systeme.
Auch andere Unternehmen arbeiten in Sachen IoT-Plattformen mittlerweile zusammen. Dazu gehören Intel und SAP. Mit Leonardo bietet die deutsche Software-Firma eine Plattform und eine Reihe von Applikationen für das Internet der Dinge an. Intel wiederum steuert in der Kooperation die IoT-Gateways bei, welche die Verbindung zu den IoT-Endsystemen herstellen.

Beispiel: Pumpen und Ventile

Wie eine IoT-Plattform in der Praxis funktioniert, zeigt Reflex Winkelmann, ein Unternehmen, das sich auf moderne Gebäudetechnik spezialisiert hat. Zusammen mit Device Insight, dem Anbieter der IoT-Plattform Centersight, entwickelte Reflex Winkelmann eine Lösung, die Pumpen, Ventile und Ausgleichsgefäße in Heizungssystemen aus der Ferne überwacht. Mit Reflex Control Remote erledigen das Fachleute über ein IoT-Portal. Die Daten, die sie dort abrufen, stellen Sensoren an den Endgeräten bereit. Bei Störungen rufen die Komponenten selbstständig einen Techniker. Auch das Nachspeisen von Wasser oder die Entgasung eines Systems kann online durchgeführt werden.
„Reflex Control Remote ist nur eine mögliche Anwendung unserer IoT-Plattform Centersight“, erklärt Paul Martin Halm, Head of Product Management bei Device Insight. „Für alle unsere Kunden spielen Verfügbarkeit und Sicherheit eine große Rolle.“ Deshalb können Unternehmen die Plattform des Anbieters auch in einer privaten Cloud-Umgebung betreiben. „Zudem verwenden wir bei unseren IoT-Projekten bereits vorhandene und bewährte Software- und Systemkomponenten und setzen auf Security by Design. Dazu gehören zum Beispiel standardisierte IoT-Protokolle wie OPC UA, MQTT oder CoAP und eine durchgängige Ende-zu-Ende-Verschlüsselung der Anlagenkommunikation“, ergänzt Halm.
7. Teil: „Alternative: Open Source“

Alternative: Open Source

Neben proprietären IoT-Plattformen von Herstellern gibt es eine Reihe von Open-Source-Projekten. Dazu zählen beispielsweise Kaa, Site­Where, DeviceHive sowie ThingsBoard und ThingSpeak.
Auch bei den Anbietern von IoT-Komponenten und -Plattformen mehren sich die Zeichen, dass künftig verstärkt Open-Source-Lösungen zum Zuge kommen. Ein Beispiel eines IoT-Ansatzes auf Grundlage einer Open-Source-Lösung ist Eclipse Vorto. Es wird maßgeblich von Bosch unterstützt.
Ein Grund für die Unterstützung von Open-Source-Ansätzen durch Anbieter von IoT-Plattformen ist, dass nach Daten von Bosch annähernd 91 Prozent der Entwickler von IoT-Software Open-Source-Tools verwenden. Hinzu kommt, dass sich kein Nutzer von der proprietären Plattform eines einzigen Anbieters abhängig machen möchte.
Mehrere IoT-„Universen“ im Produktivbetrieb parallel einzusetzen, um diese Abhängigkeit zu vermeiden, ist eine kostspielige Angelegenheit. Zudem ist es für Entwickler einfacher, IoT-Applikationen zu erstellen, wenn sie es mit einer offenen Umgebung zu tun haben.

Fazit und Ausblick

In nicht allzu ferner Zukunft, so BCG, werden zwei bis drei IoT-Plattformen den Markt beherrschen. Dieser Trend ist bereits abzusehen. Entwickler, die das Beratungshaus befragte, gaben an, dass sie sechs Frameworks bevor­zugen. Diese Angebote zeichnen sich durch Offenheit sowie eine Vielzahl von Programmierschnittstellen und Entwicklungswerkzeugen aus.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist, dass die IoT-Plattform auf das Know-how der Anwender abgestimmt ist. Das reduziert den Einarbeitungsaufwand und ist die Voraussetzung dafür, eine Plattform schnellstmöglich einsetzen zu können.
Dennoch ist von der naheliegenden Taktik abzuraten, da­rauf zu warten, bis sich die zwei, drei Platzhirsche unter den Anbietern von IoT-Plattformen herauskristallisiert haben. Denn dadurch gewinnen wagemutigere Konkurrenten einen Zeitvorteil. Angesichts immer kürzerer Produkt- und Technologiezyklen kann das für ein Unternehmen fatale Folgen haben.
Die richtige IoT-Plattform finden
Bei der Auswahl einer IoT-Plattform sollten Unternehmen folgende Faktoren berücksichtigen, so das Beratungshaus BCG:
Funktionsumfang prüfen: Am wichtigsten ist, dass eine Plattform alle zentralen Funktionen bereitstellt. Dies sind ein Application Enablement, das Erfassen, Aufbereiten und Speichern von IoT-Daten sowie ein Connectivity-Management. Je nach
Einsatzgebiet können weitere Applikationen hinzukommen,
etwa im Bereich maschinelles Lernen und Analytics. Umgekehrt ist denkbar, dass ein Unternehmen nicht alle drei Kernfunktionen benötigt oder diese bereits von anderen Lösungen bereit­gestellt werden.
Risiken abwägen: Laut BCG tendieren derzeit 6o Prozent der Unternehmen dazu, eine IoT-Plattform bei einem renommierten Software-Anbieter oder etablierten Spezialisten aus dem Automatisierungs- und Industrie-4.0-Umfeld zu ordern. Dies bietet ein höheres Maß an Sicherheit als Lösungen von kleineren Anbietern. Dafür stellen Start-ups oft innovativere Plattformen bereit und weisen eine höhere Agilität auf. Diese Vor- und Nachteile sollten potenzielle Anwender berücksichtigen.
Plattform auf eigenes Know-how abstimmen: Wichtig ist, dass die Entwickler im eigenen Haus mit der IoT-Plattform zurechtkommen. Das gilt beispielsweise für die verwendeten Programmiersprachen. Java-Entwickler werden sich mit Python schwertun – und umgekehrt. Erschreckend ist, dass laut BCG
40 Prozent der Entwickler nicht in die Auswahl einer IoT-Plattform einbezogen werden. Die Folge sind Reibungsverluste und unzufriedene Mitarbeiter.
Offenheit und Integrationsfähigkeit prüfen: Die Plattform sollte sich möglichst nahtlos in die bestehenden IT-Infrastruk­turen und Geschäftsprozesse einbinden lassen. Das setzt ei­nen modularen Aufbau und offene Programmierschnittstellen voraus. Größere Anpassungen sollten aus Kosten- und Zeit­gründen nicht erforderlich sein. Allerdings ist es häufig auch aufwendig, IoT-Plattformen mit vorhandener Geschäfts-Software zu kombinieren.
Branchenlösung bevorzugen: Ein Großteil der Anbieter von IoT-Plattformen stellt branchenspezifische Pakete bereit, etwa für die Industrie, Smart Citys oder die Logistiksparte. Sie können dabei helfen, die Einführungsphase von IoT einfacher zu gestalten. Zudem stellen manche Anbieter IoT-Plattformen kostenlos zur Verfügung, wenn ein Anwender von ihnen IoT-Applika­tionen bezieht. Speziell Unternehmen mit kleinerem IT-Budget sollten zudem prüfen, ob eine IoT-Lösung auch im Rahmen eines Abonnement-Modells zur Verfügung steht, zum Beispiel als Cloud-Angebot. Das kann die Kosten reduzieren.
8. Teil: „Anbieter von IoT-Plattformen“

Anbieter von IoT-Plattformen

Tabelle:


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