Internet der Dinge
23.11.2017
Wenn das Handy muht
1. Teil: „Internet of Things im Kuhstall“

Internet of Things im Kuhstall

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Horizont Group
Das Internet der Dinge erreicht die Landwirtschaft: Das Ehepaar Lauter nutzt den Geburts­melder Moocall - und konnte damit die Sterberate bei seinen Kälbern drastisch reduzieren.
Sonntagabend in Bayern, in der Nähe von Günzburg: Das Ehepaar Sonja und Otto Lauter sitzt gemütlich auf dem Sofa und sieht fern – plötzlich ertönt ein lautes „Muuuuh“ aus dem Smartphone. Wer jetzt denkt, dies ist nur ein zu einem Landwirt passender Klingelton, der irrt, wenn auch nur zum Teil. In der Tat besitzen die beiden einen Bauernhof, und zwar in der fünften Generation. Das Muhen ist allerdings kein Klingelton, sondern ein Alarm, der anzeigt, dass eine Kuh im Stall bald ihr Kalb bekommen wird – Abkalben heißt das im Fachjargon.
  • Zufrieden: Das Ehepaar Lauter nutzt Moocall seit gut einem halben Jahr und hat bei 35 Kalbungen kein Tier verloren, obwohl zwei komplizierte Zwillingsgeburten dabei waren.
    Quelle:
    Horizont Group
Ausgelöst wird der Alarm von Moocall, einer IoT-Lösung für die Landwirtschaft. Moocall hat kein geringeres Ziel, als die Sterberate von Kälbern bei der Geburt zu verringern.
Sonja Lauter ist eine quirlige Mittvierzigerin und Landwirtin mit Leib und Seele. „Früher sind pro Jahr drei bis vier Kälber und ein bis zwei Kühe bei der Geburt gestorben“, erklärt sie. Neben dem wirtschaftlichen Verlust – ein Kalb ist beim Verkauf rund 500 Euro wert – ist sie auch emotional immer sehr betroffen. „Wir sind ein Familienbetrieb, jeder Verlust ist schrecklich“, sagt sie. Als sie deshalb in diesem Frühjahr über einen Werbeprospekt auf Moocall aufmerksam wurde, griff sie gleich zu.

So geht’s

Moocall ist ein digitaler Geburtsmelder, ein kleines grünes Gerät, das einige Tage vor dem errechneten Geburtstermin am oberen Teil des Kuhschwanzes mit einem Riemen befestigt wird. Im Inneren befindet sich ein Bewegungssensor, der über eine IoT-SIM-Karte von Vodafone Daten an die globale IoT-Plattform von Vodafone schickt.
  • Gleich ist es so weit: Der Moocall-Sensor am Kuhschwanz schickt kurz vor dem Abkalben einen Alarm an den Landwirt – wahlweise via App, SMS oder E-Mail.
    Quelle:
    Bild: Horizont Group
Der Sensor misst und bewertet die Schwanzbewegungen der hochträchtigen Kuh. Wenn sie den Schwanz zur Seite bewegt, um etwa Fliegen zu vertreiben, reagiert Moocall nicht. Die einsetzenden Wehen führen indes zu verstärkten Bewegungen des Schwanzes. Ab einem bestimmten Schwellenwert wird ein Alarm ausgelöst und ans Smartphone gesendet – entweder an die Moocall-App oder auch via SMS oder per E-Mail. Der Landwirt kann dann die Geburt überwachen.
Die IoT-SIM-Karte gewährleistet eine sichere Datenübertragung dank „National Roaming“ sogar dann, wenn das eigene Netz einmal kurzfristig von einer Störung betroffen sein sollte. Über die globale IoT-Plattform werden SIM-Karten per Webportal oder automatischer Schnittstelle einfach verwaltet. Via Fernzugriff können neue SIM-Karten aktiviert und bestehende Karten bei Verdacht eines technischen Fehlers der Datenübertragung oder bei Verdacht von möglichem Missbrauch gesperrt werden. Der Zugriff auf das Webportal erfolgt durch eine Autorisierung mit Kundenname und Passwort – somit ist sichergestellt, dass nur befugte Personen Zugriff auf die Daten haben.

Mehr Services für Bauern

„Das erleichtert unser Leben ungemein“, erklärt Sonja Lauter. Früher hätten sie und ihr Mann häufig nachts in den Stall gehen müssen, um nachzusehen, ob die Kuh kurz vor dem Abkalben steht. „Heute können wir viel ruhiger schlafen, da wir wissen, dass Moocall uns warnt“, freut sie sich. Aber auch wenn die Geburt während des Tages stattfindet, bringe Moocall einen deutlichen Mehrwert: „Die ständigen Kontrollen im Stall sind überflüssig, das verschafft uns viel mehr Flexibilität“, sagt sie. Und wenn Moocall vom Schwanz der Kuh fällt? „Auch dann werden wir von dem Gerät gewarnt und können es wieder befestigen“, so Sonja Lauter.
Doch Moocall kann noch mehr: In der Moocall-App ist beispielsweise eine Lösung zum Herdenmanagement enthalten. Darin können Landwirte unter anderem die Geburten von Kühen dokumentieren, aber auch den Zeitpunkt der letzten Befruchtung eingeben – um nur einige Beispiele zu nennen. Sonja Lauter nutzt diese Möglichkeit allerdings nicht, sie hat bereits seit Langem ein computergestütztes Fruchtbarkeitsprogramm im Einsatz. „Mein Mann und ich sind einfach sehr technikverliebt“, sagt sie lächelnd.
2. Teil: „Weltweite Moocall-Community“

Weltweite Moocall-Community

Rege Gebrauch macht sie aber von der Moocall-Community: Auf der Plattform tauschen sich Landwirte aus der ganzen Welt aus, geben sich gegenseitig Tipps und berichten über ihre Erfahrungen. „Einer hat einmal geschrieben, die Community ist wie Facebook, nur mit Kühen – und das stimmt letztlich auch“, grinst Sonja Lauter.
  • Moocall in der Praxis: Hier warnt die App den Landwirt, dass an einer Kuh der IoT-Sensor nicht angebracht ist.
Seitdem das Ehepaar Lauter den IoT-Sensor Moocall einsetzt – seit rund einem halben Jahr –, hat die Familie bei 35 Kalbungen kein Tier mehr verloren, obwohl sogar zwei schwere Zwillingsgeburten darunter waren.
„Wenn nur ein Kalb gerettet wird, hat sich der Kauf schon rentiert“, betont sie. Und das Plus an Flexibilität und Lebensqualität, vor allem in Bezug auf die früher oftmals schlaflosen Nächte, sei nicht in Gold aufzuwiegen.
Ein Gerät kostet 329 Euro brutto, nach zwölf Monaten fallen weitere 122 Euro netto pro Jahr für Updates, Services in der App und den unbegrenzten Versand der Alarmmeldungen an zwei Handynummern an. Vermarktet wird die IoT-Lösung in Deutschland über die Horizont Group GmbH aus Korbach.

Vorreiter der Digitalisierung

„Weltweit sind dank der Moocall-Lösung bereits über 242.000 Kälber gesund zur Welt gekommen, und täglich werden es mehr“, erklärt Jürgen Mohr, IoT Sales Manager bei der Voda­fone Group Services GmbH. Mehr als 30.000 Module hat der Hersteller, der seinen Hauptsitz in Irland hat, in der Zwischenzeit verkauft.
Für Mohr sind Projekte wie Moocall Paradebeispiele dafür, wie die Digitalisierung und das Internet der Dinge die Landwirtschaft verändern. „Global wachsen IoT-Verbindungen in der Landwirtschaft stark an“, berichtet er. Waren es im vergangenen Jahr noch 12,8 Millionen Verbindungen, so rechnen Experten von Vodafone im Jahr 2025 mit 224 Millionen weltweit.
Neben dem IoT-Sensor Moocall für das Abkalben gibt es etwa Lösungen, die dabei helfen, die Erträge bei der Milchproduktion zu steigern, Energiekosten bei der Bestellung der Felder zu sparen oder auch die Futterdosierung bei den Kühen zu optimieren. „Die Landwirtschaft ist im wahrsten Wortsinn eine grüne Wiese für die Digitalisierung“, schmunzelt Mohr.

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