Business-IT
24.11.2017
Data-Management-Plattformen (DMPs)
1. Teil: „In fünf Schritten zur eigenen DMP“

In fünf Schritten zur eigenen DMP

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Montri Nipitvittaya / shutterstock.com
Das Angebot an Data-Management-Plattformen (DMPs) ist groß. Ein Anforderungskatalog hilft Unternehmen, unter den vielen Anbietern die geeignete Lösung zu finden.
Dieser Artikel wurde von Daniel Wagner erstellt, Head of Martech Operations bei Analytics IQ.
Die richtige Software für erfolgreiches Marketing: Data-Management-Plattformen (DMPs) sind ein Kernelement für datenbasiertes Marketing. Doch die eine DMP, die für alle KMUs die perfekte Wahl ist, gibt es nicht. Jede Lösung hat Vor- und Nachteile – die Plattformen unterscheiden sich teilweise signifikant. Manche Unterschiede betreffen die Funktionen, andere wiederum beziehen sich auf die Sprachversionen oder den Standort des Services.
Auf dem Weg zur eigenen Data-Management-Plattform hat sich ein fünfstufiger Prozess bewährt. Der Weg führt über die Bestandsaufnahme und die Anforderungsanalyse sowie über einen Test zur Inbetriebnahme der Lösung. Wichtig ist – wie bei anderen IT-Projekten auch –, bei der Entscheidung nicht einfach dem Bauchgefühl zu vertrauen, sondern die Anbieter mit Hilfe einer Checkliste zu bewerten. In dieser Checkliste werden die unternehmenseigenen Anforderungen zusammengefasst und gewichtet. Es ist außerdem ratsam, die Anbieter bei einem Präsentationstermin persönlich kennenzulernen.

Bestandsaufnahme

Bevor der Anbietermarkt unter die Lupe genommen wird, ist es wichtig, zuerst im eigenen Unternehmen mit allen direkt und indirekt involvierten Abteilungen und Personen über konkrete Anforderungen und Anwendungsfälle zu sprechen.
Dies kann zum Beispiel in Interviewrunden geschehen. Die Marketingabteilung sollte die Produkt-, die Vertriebs- und die Business-Intelligence-Abteilungen in den Entscheidungsprozess einbeziehen. Mit diesen Abteilungen gibt es Berührungspunkte und Überschneidungen, die im Vorfeld berücksichtigt werden müssen.
Gemeinsam sollten die Beteiligten überlegen, wie jede Abteilung von einer DMP profitieren kann. In dieser Phase lassen sich auch potenzielle Hürden identifizieren, die aus dem Weg geräumt werden müssen, bevor der Auswahlprozess konkret wird.
Eine wichtige Aufgabe in der ersten Phase ist, die im Unternehmen relevanten Strategien (Digitalstrategie, Datenstrategie, Marketingstrategie) zu berücksichtigen. Sind diese bereits vorhanden? Müssen sie erst entwickelt werden? Gibt es Widersprüche? Der Datenstrategie kommt eine besondere Bedeutung zu. Folgende Fragen sind für sie hilfreich:
  • Über welche Daten verfügt das Unternehmen?
  • Wo sind diese Daten gespeichert – im Unternehmen oder bei Dienstleistern?
  • In welchen Mengen, in welchem Format und in welcher Qualität liegen dort welche Daten vor?
  • Für welche Unternehmensbereiche sind diese Daten verwendbar? Marketing, Reporting, Business Intelligence, Controlling und so weiter?
  • In welcher Reihenfolge sollen als relevant identifizierte Datensilos erschlossen, zusammengeführt und nutzbar gemacht werden?
  • Sind die Daten eventuell vermarktbar?
Auf Basis der in Phase 1 gesammelten Informationen werden alle relevanten Aspekte zusammengeführt.
2. Teil: „Request for Information“

Request for Information

Im nächsten Schritt erstellt das Unternehmen oder die damit beauftragte Agentur eine Anforderungsanalyse, in der alle benötigten Anforderungen des Unternehmens an eine Data-Management-Plattform priorisiert zusammengefasst werden.
  • So funktioniert eine Data-Management-Plattform
    Quelle:
    Analytics IQ
Diese Anforderungen können funktionaler (Funktion X, Integration Y), aber auch nicht funktionaler Natur sein, zum Beispiel Systemantwortzeiten, Verfügbarkeit von Servicepersonal, Bereitschaft des Anbieters zur Umsetzung von speziellen Funktionen oder die Positionierung des Anbieters.
Zu diesem Zeitpunkt entsteht aus dem Gesamtfeld der Anbieter bereits eine erste Auswahl (Longlist). Denn die Anforderungen enthalten Ausschlusskriterien, die es überflüssig machen, manche Anbieter weiter zu betrachten.
Die Ansprüche werden nun in eine Fragenliste für die DMP-Anbieter (Request for Information, kurz RFI) überführt. In solch einem RFI werden alle erforderlichen Fragen aufgeführt – das können schnell über hundert werden – und die Anbieter auf der Longlist um Beantwortung gebeten.

Vor-Ort-Präsentationen

Bei aller Anstrengung, Anbieter möglichst objektiv zu be­werten, ist es unerlässlich, die Anbieter persönlich bei Präsentationsterminen kennenzulernen. Am Ende arbeiten immer noch Menschen zusammen, deshalb sollte „die Chemie stimmen“.
Solche Präsentationen sind aufschlussreich. Manche Anbieter stellen ihr Produkt vor, ohne auf die konkreten Anforderungen des Unternehmens einzugehen. Manche haben keine deutschsprachigen Experten, sodass auf Englisch präsentiert wird. Andere wiederum haben keinerlei Branchen- oder Markterfahrung für den Kunden in Deutschland, sie können auch nicht auf Referenzkunden verweisen.
Die Präsentation hat das Ziel, herauszufinden, ob der Anbieter als Partner passt. Erfahrungsgemäß beeinflussen solche Termine stark das Ranking der Anbieter auf der Shortlist. Meist steht nach den Präsentationen schnell fest, welche Anbieter im Rennen bleiben und welche nicht.
3. Teil: „Proof of Concept“

Proof of Concept

Die Entscheidung für eine Data-Management-Plattform sollte nie ohne Testlauf (Proof of Concept) fallen. Wenn möglich, ist ein paralleler Test der beiden besten Anbieter auf der Shortlist empfehlenswert. In solch einem Test wird ein Szenario geschaffen, mit welchem dem Anbieter „auf den Zahn gefühlt“ werden soll. Das heißt, das Unternehmen testet nicht nur einfache Aufgabenstellungen.
So bietet sich die Möglichkeit herauszufinden, ob ein Anbieter etwa zu viel versprochen hat. Vom Sammeln der Daten über das Bilden von Marketingzielgruppen (Audiences) bis zum Anschluss und der Aussteuerung über Auslieferungssysteme: Mit dem Test lässt sich schnell zutage fördern, ob die Data-Management-Plattform so arbeitet wie gewünscht und benötigt.
Der Test zeigt außerdem, ob Antwortzeiten sowie zeitliche Verzögerungen (Latenzen) beim Datentransport von einem System ins andere entstehen. Das sind wichtige Entscheidungskriterien, die erst im Testbetrieb sichtbar werden. Bei einem Test kann festgestellt werden, ob relevante Messgrößen wie die Zahl der Unique User auf der Webseite von der Data-Management-Plattform korrekt erfasst werden, indem diese Größen mit dem Digital-Analytics-Tool abgeglichen werden.
So ein Test benötigt seine Zeit. Allein die Integration der DMP in die Website und in Drittsysteme kann Wochen dauern, da viele Abteilungen und externe Partner involviert sind. Für den gesamten Testlauf sollten Unternehmen rund drei Monate einplanen.

Inbetriebnahme

Ist nach dem Testlauf eine Entscheidung gefallen, stehen nun der Einkauf und die Integration bevor. Dafür sollte ebenfalls Zeit eingeplant werden. Gegebenenfalls kann das bereits im Testlauf teilintegrierte Tool in dieser Zeit weiter integriert werden, um Zeit zu sparen.
Es ist sinnvoll, nicht alle vorhandenen digitalen Präsenzen und Datensilos auf einmal anzuschließen, sondern nach einem Zeitplan vorzugehen. Gleiches gilt für die gewünschten Marketingzielgruppen. Sie sollten nicht alle gleichzeitig generiert werden, sondern nacheinander. Die Marketingverantwortlichen können schrittweise die zuvor priorisierten Marketingherausforderungen angehen. Die Komplexität wird schrittweise gesteigert, sodass die involvierten Personen die Chance haben, in einem anfangs noch übersichtlichen Szenario Erkenntnisse über die Funktionsweise der neuen Lösung zu gewinnen. Als Einstieg könnten Unternehmen beispielsweise versuchen, existierende Kampagnen mit eigenen Audiences zu optimieren.
Der beschriebene Auswahlprozess dauert im Schnitt mindestens sechs Monate. Wenn es an einer Stelle, beispielsweise im Einkauf, Verzögerungen gibt, kann auch ein Jahr da­raus werden. Der Auswahlprozess kann an einen Dienstleister ausgelagert werden. Im Unternehmen muss dennoch jemand den Dienstleister steuern, ihn mit Informationen beliefern, bei der Entscheidungsfindung mitwirken und schließlich die Data-Management-Plattform als neues Tool in die bestehende IT-Landschaft und die Webseite integrieren.
Wenn das alles erledigt ist, gilt es, die strategischen Ziele, die in Phase 1 festgestellt wurden, in eine Roadmap zu übersetzen. In dieser wird festgelegt, ab wann welche Daten an die DMP angeschlossen, zu Audiences verarbeitet und in welchen Marketingmaßnahmen verwendet werden. Langfristig müssen Unternehmen außerdem entscheiden, wer das Audience Management der DMP übernehmen soll. Audience Manager ist die Bezeichnung für die Person, die die DMP bedient – vom Erstellen von Tags über das Anlegen von Audiences bis hin zur Steuerung, welches System mit diesen Audiences arbeiten soll. Wichtig ist, das Potenzial der DMP auch zu nutzen, denn eine DMP ist nicht günstig. Die monatlichen Lizenzkosten beginnen je nach Anbieter und Traffic-Volumen bei ein paar Tausend Euro, können aber auch einen fünfstelligen Bereich erreichen.
Fragenliste für DMP-Anbieter
Die Anforderungen an eine Data-Management-Plattform werden in eine Fragenliste für die DMP-Anbieter (Request for Information, kurz RFI) überführt.
In solch einem RFI werden alle erforderlichen Fragen auf­geführt – das können schnell über hundert werden – und die Anbieter auf der Longlist um Beantwortung gebeten. Wichtig ist es, mittels der Fragenliste nicht nur das Produkt, sondern auch den Technologieanbieter dahinter abzuklopfen, zum Beispiel mit diesen Fragen:
  • Passt der Software-Anbieter zum eigenen Unternehmen?
  • Handelt es sich um einen Newcomer oder ist es ein eta­blierter Anbieter?
  • Wird es den Anbieter in drei Jahren noch geben oder steht zu vermuten, dass er vom Markt verschwunden sein oder akquiriert werden wird?
  • Welche anderen Unternehmen oder sogar Mitbewerber hat der Anbieter als Kunden?
  • Was kostet das Produkt?
  • Mit welchen Werbetechnologien (Adtech) existieren Integrationen, um Daten auszutauschen?
  • Wie ist es um den Datenschutz bestellt?
  • Wo liegen die Daten (Hosting) und über welche Zertifikate (zum Beispiel ISO 27001) verfügt der Anbieter?
Die Antworten lassen sich qualitativ und quantitativ als Nutzwertanalyse auswerten. Wenn die Fragen vorher gewichtet werden, entstehen kundenindividuelle Auswertungen. Im Ergebnis wird die ursprüngliche Longlist auf eine priorisierte Liste mit drei bis vier Anbietern reduziert, die
sogenannte Shortlist.

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