Cloud
13.02.2017
Cloud-Computing
1. Teil: „Hybrid- und Multi-Clouds liegen im Trend“

Hybrid- und Multi-Clouds liegen im Trend

Multi-CloudMulti-CloudMulti-Cloud
Rawpixel.com / Shutterstock.com
Hybrid- und Multi-Cloud-Lösungen sind im Vergleich zur reinen Private Cloud oft weit flexibler und kostengünstiger. An der Datensicherheit muss dabei nicht gespart werden.
Public Cloud, Private Cloud oder lieber eine Kombination aus beidem? Auf einen Anbieter setzen oder besser mehrere ins Boot holen? Beim Thema Cloud-Computing geht es schon lange nicht mehr darum, ob, sondern wie Unternehmen die IT-Wolke für sich nutzen.
Khaled Chaar, Managing Director Business Strategy bei der Cancom-Tochter Pironet, und Heiko Henkes, Director Advisor & Cloud Lead bei der von ISG übernommenen Experton Group, diskutieren aktuelle Trends.
com! professional: Herr Henkes, mit dem Cloud Vendor Benchmark nimmt Experton jedes Jahr den deutschen Cloud-Markt unter die Lupe. Welche Entwicklungen zeichnen sich ab?
Heiko Henkes: Cloud-Computing ist das Rückgrat der digitalen Transformation. Es gibt immer mehr relevante Cloud-Anbieter sowie diverse neue Marktsegmente. Neben der Public Cloud als Innovationstreiber liegen unter anderem Cloud-Storage ohne Compute-Power-Ressourcen, Cloud Analytics, Managed-Service-Provider für Public- und Hybrid-Cloud- Computing sowie Open-Stack-Distributions im Trend.
Sicherheitslösungen und Beratungsangebote sind ebenfalls wichtige Bereiche. Wir gehen davon aus, dass der Cloud-Markt 2030 über ein Drittel des gesamten ICT-Markts ausmachen wird. Schon 2020 werden in Deutschland voraussichtlich 30 bis 40 Prozent der Enterprise-Workloads in die Public Cloud gewandert sein.
com! professional: Welche Cloud-Modelle liegen im Trend?
Henkes: Während bisher die Private Cloud das bevorzugte Modell deutscher Firmen war, setzen inzwischen immer mehr Unternehmen auf Anwendungen aus der Public Cloud oder eine Kombination aus beiden Welten. Wir sprechen dann von hybriden Clouds.
Klar im Trend liegen außerdem Multi-Cloud-Strukturen, also der Bezug und die Integration von Services unterschied­licher Cloud-Provider. Zahlreiche Pro­gnosen besagen, dass diese in den kommenden Jahren eine zentrale Rolle bei der Transformation der Unternehmens-IT spielen werden.
com! professional: Herr Chaar, was ist der Vorteil einer hybriden Cloud?
Khaled Chaar: Wer auf hybride Cloud-Strukturen setzt, profitiert von den Vorzügen beider Konzepte: So steht bei einer Private Cloud ganz klar das Thema Datenschutz im Fokus. Wer seine Daten einem hiesigen Cloud-Anbieter anvertraut, dessen Firmensitz und Rechenzentren sich in Deutschland befinden, verfolgt dabei vor allem das Ziel, seine schützenswerten personenbezogenen Informationen gemäß dem deutschen Datenschutzrecht zu speichern. Services aus der öffentlichen Wolke bieten dagegen den großen Vorteil, dass sie kostengünstig zu haben und hochflexibel sind. IT-Ressourcen aus Public Clouds lassen sich bei Engpässen innerhalb kürzester Zeit aufstocken, was die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens im Einzelfall deutlich steigern kann.
com! professional: Heißt das im Umkehrschluss, dass meine Daten in der Public Cloud nicht ausreichend geschützt sind?
Chaar: Das stimmt so nicht. Fakt ist aber, dass beim Bezug von IT-Diensten aus dem öffentlichen Netz andere rechtliche Regeln gelten können – insbesondere hinsichtlich des Datenschutzes. Die USA sind dabei nur das prominenteste Beispiel. Unternehmen sollten sich daher genau überlegen, welche Daten und Prozesse sie in der privaten Cloud speichern möchten und welche in der öffentlichen IT-Wolke.
com! professional: Worauf sollten Unternehmen bei der Nutzung hybrider Clouds sonst noch achten?
Chaar: Eine hybride Architektur sollte auf jeden Fall einer klaren Strategie folgen. Viele Unternehmen haben bereits hy­bride Cloud-Strukturen, jedoch ohne es zu wissen. Denn Fachabteilungen buchen immer häufiger eigenmächtig Cloud-Anwendungen, ohne dies mit der IT abzustimmen. Vor allem Applikationen, die nicht registriert sind, können die Governance- und Compliance-Regeln im Unternehmen unterlaufen und bieten Angriffspotenzial für Hacker.
Außerdem besteht die Gefahr, dass bei der Nutzung von öffentlichen Cloud-Diensten vertrauliche Informationen nach außen dringen. Und schließlich greifen bei der unkontrollierten Nutzung von Public Software-as-a-Service-Lösungen auch die klassischen Backup-Konzepte in Unternehmen nicht mehr. Es besteht daher die Gefahr, dass Daten unwiederbringlich verloren gehen.
2. Teil: „Die Multi-Cloud als technische Herausforderung“

Die Multi-Cloud als technische Herausforderung

com! professional: Herr Henkes, der zweite große Trend sind Multi-Cloud-Strukturen. Wie können Unternehmen hier profitieren?
Henkes: Bei diesem Konzept verbinden Unternehmen Cloud-Infrastrukturen verschiedener Anbieter miteinander. Sie picken sich die Provider und die Services heraus, die am besten zu den Anforderungen der einzelnen Fachabteilungen passen. So kann ein Unternehmen beispielsweise seine besonders sensiblen Daten in die Hände eines lokalen Cloud-Anbieters legen, der die hiesigen Datenschutzanforderungen erfüllt. Weniger kritische Informationen speichert es dagegen in der Public Cloud eines amerikanischen Providers. Neben diesem Best-of-Breed-Ansatz kommt aber noch ein weiterer Aspekt zum Tragen: Die Unternehmen streuen durch die Buchung unterschiedlicher Dienstleister ihr Risiko und vermeiden so einen Vendor-Lock-in. Und auch in Sachen Disaster Recovery kann die Multi-Cloud von Vorteil sein: Fällt beispielsweise das Rechenzentrum eines Cloud-Anbieters aus, kann ein Unternehmen relativ leicht zu einem der anderen Provider wechseln.
com! professional: Das klingt alles sehr vernünftig. Warum setzen dann heute nicht schon viel mehr Unternehmen auf Multi-Cloud-Szenarien?
Henkes: Gute Frage. Ich denke, die Umsetzung ist ganz einfach eine sehr große technische und organisatorische Herausforderung. Schließlich muss die IT-Abteilung zahlreiche Systeme auf mehreren Plattformen unterschiedlicher Provider bereithalten. Insbesondere mittelständischen Unternehmen fehlte dafür bisher oft das notwendige Know-how, die richtigen Fachkräfte, der Überblick über die Prozesse sowie Erfahrung im Umgang mit modernen Organisationsstrukturen. Dazu kommt, dass sich die Angebote am Markt sehr schnell entwickeln und einen immer bunteren Strauß an Lösungen zu sehr attraktiven Konditionen bieten. Ich gehe daher davon aus, dass Multi-Cloud-Szenarien trotz ihrer Komplexität stark an Fahrt aufnehmen werden.
com! professional: Können sich Unternehmen hierbei Unterstützung von externen Partnern einholen?
Chaar: Ja, Cloud-Brokerage ist hier das Stichwort. Dabei setzen Unternehmen auf das Know-how eines Cloud-Anbieters, der für das Unternehmen als strategischer Partner die optimalen Pakete von unterschiedlichen Cloud-Anbietern verschiedener Ausprägungen wie IaaS (Infrastructure as a Service), PaaS (Platform as a Service) oder SaaS (Software as a Service) sowie Deployment-Modellen wie Public, Private oder Managed zusammenstellt. Schwerpunkte, zum Beispiel bei den Datenschutz- und Compliance-Bestimmungen, können sie dabei individuell setzen.
com! professional: Eine Lösung bietet Pironet mit dem Business Cloud Marketplace. Was ist das genau?
Chaar: Der Business Cloud Marketplace ist eine Plattform, über die Unternehmen sowohl Geschäftsanwendungen großer Software-Hersteller wie Microsoft oder Google, als auch spezialisierte Applikationen deutscher Software-Anbieter beziehen können. Der Vorteil für die Nutzer des Portals: Statt für jede Anwendung andere Zugangsdaten zu verwenden und Verträge mit mehreren Herstellern abzuschließen, können unsere Kunden mit einem Login sämtliche Anwendungen nutzen.
Zudem kümmern wir uns auch zentral um die Abrechnung der Leistungen und um den Support.

mehr zum Thema