Digitalisierung
09.04.2018
Digitale Transformation
1. Teil: „Erfolgsgeschichten der Digitalisierung“

Erfolgsgeschichten der Digitalisierung

Digitaler WandelDigitaler WandelDigitaler Wandel
Alexander Limbach / shutterstock.com
In Deutschland gibt es viele Unternehmen, die die Digitalisierung bereitwillig angehen. Sie birgt Chancen und Risiken zugleich. Die Möglichkeiten, die durch die digitale Transformation entstehen, sind jedoch enorm.
  • Musterbeispiel: Der Fotodienstleister CEWE hat frühzeitig erkannt, dass eine Digitalisierung lebensnotwendig ist.
    Quelle:
    CEWE
Die Welt ist digital – und wird immer digitaler. Die digitale Transformation ist auch in diesem Jahr eines der zentralen Themen in der Wirtschaft. Und sie ist Chance und Risiko zugleich: Sie hat grundlegende Auswirkungen und bietet auf der einen Seite enorme Möglichkeiten. Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass Unternehmen den Absprung nicht rechtzeitig schaffen und Mitbewerber und Marktneulinge ihnen das Geschäft wegnehmen.
Die gute Nachricht: Die deutsche Wirtschaft hat die Bedeutung der Digitalisierung durchaus erkannt. 66,4 Prozent der CIOs gehen davon aus, dass sich aufgrund der Digitalisierung die Geschäftsmodelle ihrer Branche stark oder sehr stark verändern werden, darunter vor allem Banken und Finanzdienstleister, die Automobilbranche sowie Versicherungen. Die Industrie hingegen erwartet weniger starke Umwälzungen.
Den bisherigen Erfolg der Digitalisierung in ihrem Unternehmen schätzen die CIOs dabei sehr unterschiedlich ein. Während mehr als ein Drittel der Meinung sind, dass sie viel erreicht haben – gut 5 Prozent bezeichnen die Digitalisierung in ihrer Firma sogar als sehr erfolgreich –, empfinden fast 46 Prozent den Erfolg als mäßig. Knapp 14 Prozent sind unzufrieden mit ihren Digitalisierungs-Ergebnissen. Diese Zahlen gehen aus der aktuellen IT-Trends-Studie von Capgemini hervor, für die IT-Entscheider in größeren Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt wurden.
Auch wenn viele Unternehmen die Digitalisierung bereits in Angriff genommen haben, so drohen doch auch viele auf der Strecke zu bleiben. Die Studie „Beyond the Hype: Which Companies Are the Real Champions of Building the Digital Future“ der Boston Consulting Group kommt zu dem Ergebnis, dass hierzulande die Schere zwischen digitalen Vorreitern und Nachzüglern weit aus­einandergeht. Die Analysten haben 700 Unternehmen aus Deutschland nach dem digitalen Reifegrad ihres Unternehmens gefragt. Das Ergebnis: 21 Prozent der deutschen Unternehmen sehen sich als digitale Vorreiter, 31 Prozent als Nachzügler. Die Studie verrät auch, was die Vorreiter anders machen: Die Hälfte der Vorreiter hat ein digitales Investitionsvolumen von mehr als 5 Prozent der Betriebskosten und den meisten von ihnen ist es gelungen, den Anteil digitaler Jobs auf ein Zehntel zu erhöhen.
Doch wie schaffen es Unternehmen, umzudenken, ihre Geschäftsprozesse und Produkte auf den Prüfstand zu stellen und sich in Sachen Digitalisierung zu verändern? com! professional stellt Unternehmen vor, die die Digitalisierung in Kleinen wie im Großen bereitwillig und erfolgreich angegangen sind.

Digitale Bilder

Wie man das Thema Digitalisierung erfolgreich in Angriff nimmt, zeigt zum Beispiel der Oldenburger Fotodienstleister CEWE. Der frühere niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Olaf Lies, bezeichnete das 1961 gegründetes Unternehmen sogar als „Blaupause“ für die Umsetzung der Digitalisierung.
Lange Zeit war der Fotodruck eine analoge Angelegenheit: Geknipste Bilder wurden auf einer Filmpatrone belichtet. Diese wurde im Fotoladen abgegeben und in ein Fotolabor geschickt, wo die Bilder in einer Dunkelkammer entwickelt wurden. Die CEWE-Chefs haben mit dem Aufkommen von Digitalkameras rechtzeitig das Ende der analogen Fotografie abgesehen und ihr Unternehmen neu ausgerichtet. Bereits vor rund einem Vierteljahrhundert haben sie erkannt, dass man auf die Digitalisierung setzen muss, wenn man überleben will. 1997 stellte CEWE die weltweit erste Annahmestation für digitale Bilddaten in einem Fachgeschäft auf. Ein weiterer Schritt war 2005 die Einführung des Produkts Fotobuch auf dem deutschen Markt.
Mehr über die Erfahrungen von CEWE mit der frühen Digitalisierung und darüber, wie das Unternehmen dabei vorgegangen ist, lesen Sie im Interview mit dem CEWE-Vorstand Reiner Fageth auf Seite 40.
2. Teil: „Carrys, Exoskelette und Drohnen“

Carrys, Exoskelette und Drohnen

  • Mensch-Maschine-Systeme für das Lager: Der Logistiker BLG testet Exoskelette, die Mitarbeiter beim Heben unterstützen.
    Quelle:
    BLG Logistics
Die Bremer BLG Logistics ist ein global agierendes Logistikunternehmen. Die 1.877 von 65 Kaufleuten gegründete Bremer Lagerhaus-Gesellschaft beschäftigt heute als BLG-Gruppe rund 18.000 Mitarbeiter, etwa die Hälfte davon in Bremen und Bremerhaven. Der Logistikspezialist setzt bereits seit vielen Jahren auf digitale Technologien.
Im Frankfurter Lager gehen die Mitarbeiter nicht mehr zur Ware, sondern 75 Transportfahrzeuge, sogenannte Carrys, bringen die Ware zu den Mitarbeitern. Für diese entfallen damit lange Wege mit einem Kommissionierwagen. Nachdem ein Carry mehrere Regale mit Waren gebracht hat, zeigt ein Lichtsignal dem Mitarbeiter dasjenige Fach an, in dem die gewünschte Ware liegt. Das mindert unter anderem die Fehlerquote. Die elektronischen Kollegen hätten sich laut Jakub Piotrowski, Leiter Business Development im Geschäftsbereich Contract bei BLG Logistics, sehr gut in die laufenden Prozesse integriert: „Sie nehmen sich selbstständig Ruhepausen zum Aufladen und fahren die Wartungsstation an. Ein entsprechendes IT-Steuerungssystem sorgt dafür, dass alle logistischen Prozesse ausgeführt werden, auch wenn einige der Carrys sich gerade aufladen oder im Wartungsmodus befinden.“ Durch die frühzeitige Einbindung der Mitarbeiter in die Erprobungsphasen klappe die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine in der Regel reibungslos. BLG Logistics hat nach eigenen Angaben eine Innovationskultur auf den Weg gebracht, die Veränderungsbereitschaft und Offenheit fördert. „Das erleichtert es uns, innovative Technologien im Tagesgeschäft mit unseren Mitarbeitern zu testen. Dies erfolgt in sogenannten 100-Tage-Projekten, die innerhalb dieser 100 Tage eine Technologie im Fachbereich erproben, immer mit der Zielsetzung des Dauerbetriebs“, so Jakub Piotrowski.
Im BLG-Logistikcenter Emmerich kommen zur Unterstützung Drohnen zum Einsatz. Bislang musste etwa bei Regalkontrollen oder bei Inventuren im Lagerbereich ein Gabel-stabler die Kisten auseinanderfahren und Paletten auf den Boden stellen. Anschließend fuhr ein Mitarbeiter mit dem Hubwagen in die Höhe, um einen bestimmten Karton zu kontrollieren. Seit Kurzem minimiert eine Drohne den Aufwand, zum Beispiel bei der Inventur nicht direkt einsehbarer Bereiche des 80.000 Quadratmeter großen Lagers.
Im Rahmen des Projekts Exoskelett testete das Unternehmen im Lager tragbare Brust- und Rückenstützen. Das Mensch-Maschine-System Exoskelett kombiniert menschliche Intelligenz mit maschineller Kraft. Ein Federsystem im Exoskelett unterstützt Mitarbeiter beim Heben von Waren und soll den Rücken um bis zu 40 Prozent entlasten. Das Exoskelett wurde bereits an mehreren Standorten ausprobiert, in Bremen erfolgte ein Langzeittest.
Ein weiteres Projekt ist ein smarter Handschuh. An zwei Standorten testet BLG Logistics für die Kommissionierung intelligente Handschuhe mit integrierten Bedienelementen. Sie eignen sich für das Scannen von Waren auf kurzer Distanz. Die Kommissionierer erhalten über Vibrationen, Tonsignale oder ein LED-Licht eine unmittelbare Rückmeldung.
3. Teil: „Effiziente Müllentsorgung“

Effiziente Müllentsorgung

  • Bei Stillstand: Eine App ermöglicht den Experten des Maschinenbauers Schuler, rasch zu helfen.
    Quelle:
    Schuler Group
Die Müllabfuhr hat auf den ersten Blick mit Digitalisierung wenig zu tun: Der Müllwagen, gesteuert von einem Menschen, fährt die einzelnen Straßen ab und die Mülltonnen werden geleert – wiederum von Menschen.
Der Hausner Logistik Service (HLS) aus Passau hat bereits vor einigen Jahren registriert, dass Müllentsorgungsbetriebe viel Zeit und Geld verlieren, weil neue Fahrer oft lange brauchen, um sich in ihre Touren und deren Besonderheiten einzufinden. Das gelte vor allem auf dem Land, wo ein Fahrer rund 10 bis 20 verschiedene Tagestouren übernimmt. Die Lösung ist eine von HLS entwickelte branchenspezifische Plattform. Damit lassen sich Tagestouren schneller planen und die Fahrer mit allen relevanten Informationen versorgen – wo genau die Mülltonnen stehen oder wie man am besten zu einer bestimmten Adresse kommt.
Die Plattform greift über die Telematics-Schnittstelle Webfleet von TomTom auf die Positionsdaten der Müllwagen zu. Die Daten werden teilweise im 10-Sekunden-Takt auf Basis einer als Referenzroute gespeicherten Tour erhoben und an die Plattform übertragen. Die Disponenten in den Müllentsorgungsbetrieben können jede Tour bearbeiten und an das Navigationsgerät im Müllwagen senden. Ein unerfahrener Mitarbeiter braucht die Tour dann nur noch abzufahren.

Digitale Pressen

Das Maschinenbauunternehmen Schuler ist nach eigenen Angaben Technologie- und Weltmarktführer in der Umformtechnik. Das Unternehmen bietet unter anderem Pressen und Automationslösungen für die metallverarbeitende Industrie und den automobilen Leichtbau an. Schuler hat vor zwei Jahren die Umsetzung einer Digitalstrategie in Angriff genommen. „Ziel ist das vernetzte, intelligente Presswerk, in dem Big Data und das Industrial Internet of Things klug eingesetzt werden, um die Fertigung bei den Kunden besonders produktiv und stabil zu machen“, so das Unternehmen. Dazu gehören integrierte Webfunktionen und Apps, die stationär oder via Smart-Device nutzbar sind, genauso wie Standardschnittstellen für die ERP- und SAP-Systeme des Kunden, um die Produktion auf der Betriebsebene durchsichtiger und konsequent steuerbar zu machen. Wie viele Unternehmen setzt Schuler bei der strategischen Umsetzung der Digitalisierung auf einen externen Partner, in diesem Fall auf den Dienstleister Freudenberg IT.
Ein Beispiel für die Digitalisierung bei Schuler ist das Konzept des Smart Press Shops. Dreh- und Angelpunkt dieses digitalen Werkzeugkoffers ist ein Maschine-Monitoring-System. Es verfügt über mehrere Module, die die Betriebszustände der vernetzten Geräte erfassen, analysieren, speichern und auswerten. Das System soll sich sowohl für Neu- als auch für Altanlagen eignen. Die Kunden des Maschinenbauunternehmens erhalten Zugang zu einer Reihe von digital gestützten Analyse- und Optimierungs-Tools. Im Schulterschluss mit Schuler-Experten soll mittels gezielter Datenanalysen die Effektivität der eingesetzten Anlagen analysiert und gesteigert werden. Die Basis dafür bilden Kennwerte, die entlang der Prozesskette sowie durch Sensoren in der Anlage erhoben werden. Sie geben etwa Auskunft über Energieverbrauch, Belastungszyklen, Stillstände, Performance- oder Qualitätszustände beziehungsweise -verluste oder auch mögliche Bedienerfehler. „Künftig lassen sich zudem verlässliche Voraussagen machen, wann welches Bauteil repariert oder ausgewechselt werden muss, bevor es zu Unregelmäßigkeiten im Betrieb kommt“, so Schuler.
Ein Teil des Smart Press Shops ist die Schuler-Service-App. Kunden erhalten über die Smartphone-App Hilfe bei der Lösung eines Problems mit ihren Maschinen, indem Experten bei Schuler etwa Videos auswerten, die über die App eingeschickt wurden. Wenn eine Komponente ausgetauscht werden muss, dann kann sie der Anwender mit der Kamera seines Smartphones erfassen und mit Hilfe der Teilenummer gleich eine Anfrage an den Service senden.
Die Digitalisierung führt aber nicht nur zur Veränderungen bei den Kunden – sie hat auch Auswirkungen auf die internen Abläufe bei Schuler. So bildet der Machinenbauer zum Beispiel seinen jährlichen strategischen Planungsprozess mittlerweile vollständig auf einer zentralen IT-Plattform ab, „sie unterstützt die einzelnen Prozessschritte, sammelt alle relevanten Daten und stellt sie den beteiligten Akteuren im Unternehmen zur Verfügung.“
4. Teil: „Neue Kommunikationskanäle“

Neue Kommunikationskanäle

  • Quelle: Capgemini
Dass die Digitalisierung nicht nur ganze Geschäftsmodelle verändert, sondern auch Möglichkeiten für das vorhandene Business bietet, zeigt das Beispiel des Münchner Druckdienstleisters Wenzel. Das 1969 gegründete Familienunternehmen nutzt seit gut eineinhalb Jahren den Messenger-Dienst WhatsApp als zusätzlichen Weg zur Kundenkommunikation. Die Idee kam von Andreas Wollin, Leiter Kommunikation bei Wenzel. Er hatte für ein paar Monate den WhatsApp-Dienst der „Süddeutschen Zeitung“ abonniert, der regelmäßig die neuesten Schlagzeilen auf das Smartphone schickt. „Das Interessante an WhatsApp ist aus unserer Sicht, dass wir mit unseren Neuigkeiten und Rabattaktionen direkt auf dem Handy der User landen, ein sehr intimer Kanal, intimer beispielsweise als ein Newsletter.“ Die Druckerei informiert via Messenger hauptsächlich über Neues im Blog und über Aktionen. Aber auch Kundenanfragen werden beantwortet.
Ausschlaggend für die Einrichtung des neuen Kommunikationskanals war vor allem die extrem niedrige Anfangsinvestition: Wenzel investierte lediglich 50 Euro für ein gebrauchtes Smartphone.
Wer sich für den WhatsApp-Dienst von Wenzel anmeldet, erhält einen 5-Euro-Gutschein für den Online-Shop des Druckdienstleisters. „Zweifellos sind einige User auf den Gutschein aus, was uns aber recht ist, da diese im Zweifelsfall Umsatz generieren.“ Die genaue Zahl der WhatsApp-Nutzer, denen es nur um den Gutschein geht, kennt Wollin nicht. Er schätzt, dass es rund 5 Prozent sind.
Die Resonanz auf den neuen Service sei exzellent, wie Andreas Wollin betont. Das Unternehmen hatte sich 50 Dauerabonnenten innerhalb eines Jahres als Ziel gesetzt, nunmehr seien es schon mehr als 100 Nutzer. Darunter sind rund 10 Prozent Mitarbeiter von Wenzel, die sich auf diese Weise über Neuigkeiten im eigenen Haus informieren wollen. Derzeit melden sich drei bis fünf neue Nutzer pro Monat für den Dienst an, ein bis zwei Nutzer melden sich ab.
Im Moment erreichen den Druckdienstleister über WhatsApp zwei bis drei wöchentliche Anfragen. Darunter sind zum Beispiel Anfragen von Messeausstellern, die noch schnell ein Poster oder Roll-up benötigen oder wissen wollen, wo die nächste Filiale ist oder wie hoch die Kosten für ein bestimmtes Druckerzeugnis sind.
Ein automatischer Kundenservice über Chatbots ist bei der Druckerei nicht geplant. Laut Andreas Wollin würde eine solche Lösung sicher das Anrufaufkommen in den Filialen senken, für einen Mittelständler sei der Chatbot-Einsatz aber eine Kostenfrage: „Wäre WhatsApp fehlgeschlagen, wäre der Verlust verschmerzbar gewesen, bei einem Chatbot ist das Einschalten einer Agentur unumgänglich und eher mit höheren Kosten verbunden.“
Ein Punkt auf der digitalen Agenda des Druckdienstleisters ist in jedem Fall das Thema AdWords – das Schalten von Werbeanzeigen vor Google-Suchergebnissen: „Sofern sich eine Anzeige lohnt und sie mehr einbringt als kostet, ist Wenzel bereit, zu investieren.“ Dies ließe sich bei AdWords ganz einfach nachvollziehen.
5. Teil: „Digitale Lieferkette“

Digitale Lieferkette

  • Quelle: Boston Consulting Group
Das Duisburger Unternehmen Klöckner & Co gehört zu den weltweit größten werksunabhängigen Stahlhändlern und hat sich zum Ziel gesetzt, seine Liefer- und Leistungskette durchgängig zu digitalisieren. So ist die Digitalisierung des Geschäfts ein zentraler Pfeiler der Unternehmensstrategie „Klöckner & Co 2022“.
Die Liefer- und Leistungskette in der Stahlindustrie ist laut Klöckner & Co bis heute äußerst ineffizient – zahlreiche Transaktionen würden nach wie vor per Telefon, Fax oder E-Mail abgewickelt. Es fehle ein durchgängig digitales Bestell- und Produktionsmanagement. Der hierdurch mehrfach unterbrochene Informationsfluss führe dazu, dass auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette von zu vielen Marktteilnehmern unnötig viel Stahl gelagert werde. Die von Klöckner & Co entwickelte Digitalisierungsstrategie soll durch die Vernetzung aller Marktteilnehmer die Effizienz für alle Beteiligten deutlich erhöhen.
Schon vor rund drei Jahren begann der Stahlhändler damit, Online-Plattformen und -Shops aufzubauen, um darüber Bleche, Rohre und andere Stahlteile zu verkaufen sowie Dienstleistungen wie den passgenauen Zuschnitt anzubieten. Nach eigenen Angaben erzielte das Unternehmen Ende letzten Jahres bereits 18 Prozent seines Umsatzes über die digitalen Kanäle. Bis zum Jahr 2022 sollen 60 Prozent des Konzernumsatzes hierüber generiert werden.
Klöckner & Co hat außerdem das Start-up Kloeckner.i als Tochterunternehmen gegründet. Dort arbeiten rund 80 Leute in den Bereichen Pro­dukt­­innovation, Entwicklung, Online-Marketing und Business Analytics an neuen digitalen Lösungen.
Kodak Ditital Camera
Mahnendes
Beispiel Kodak:
Der einstige Technologieführer bei der analogen Fotografie hat den Trend zur Digitalfotografie verschlafen – und das, obwohl die Digitalkamera sogar bei Kodak erfunden wurde.
Eastman Kodak Company
Wer zu spät kommt …
Was passiert, wenn man die Digitalisierung vermasselt, zeigt das wohl bekannteste Opfer: die Eastman Kodak Company.
Der Ende des 19. Jahrhunderts gegründete Fotografie-Ausrüster Kodak war über Jahrzehnte Technologieführer und hat damit sehr viel Geld verdient. Den Sprung von der Analog- zur Digitalfotografie hat das Unternehmen aber verpasst – und ist mittlerweile nur noch ein Schatten seiner selbst.
Die Ironie des Schicksals: Die weltweit erste Digitalkamera wurde bei Kodak erfunden. Im Jahr 1975 baute der Kodak-Ingenieur Steven Sasson die weltweit erste Kamera dieser Art. Um aber das angestammte Geschäft mit den Fotofilmen und den Chemikalien zur Filmentwicklung nicht zu gefährden, verstauten die Unternehmensverantwortlichen die neue Errungenschaft lieber im Keller, anstatt auch hier wieder ihre Technologieführerschaft zu nutzen.
Beispiele wie Kodak gibt es viele. Schon zahlreiche Unternehmen haben sich auf ihren Lorbeeren ausgeruht und die Zeichen der Zeit nicht erkannt. So etwa auch der einstige Mobilfunk­riese Nokia. Das Unternehmen hatte bereits lange vor dem iPhone
mit dem Nokia 9000 Communicator ein Mobiltelefon im Port­folio, das nicht nur telefonieren konnte, sondern auch E-Mails empfing und sendete sowie per HTML-Browser auf Webseiten zugriff. Den späteren Smartphone-Boom hat das finnische Unternehmen dann jedoch verschlafen.
6. Teil: „Im Gespräch mit Dr. Reiner Fageth, CTO bei CEWE“

Im Gespräch mit Dr. Reiner Fageth, CTO bei CEWE

Der Fotodienstleister CEWE hat früh verstanden, dass die Zukunft des Unternehmens von der
Digitalisierung abhängt. com! professional spricht darüber mit Reiner Fageth, Vorstandsmitglied bei CEWE und zuständig für Technik, Forschung und Entwicklung.
com! professional: Herr Dr. Fageth, Ihr Unternehmen hat bereits vor rund 25 Jahren erkannt, dass es sich wandeln muss. Was hat den Ausschlag gegeben?
Reiner Fageth: Den Ausschlag gab das damalige Top-Management. Der CTO Wulf Schmidt-Sacht
  • Dr. Reiner Fageth: CTO bei CEWE
    Quelle:
    CEWE
erkannte früh, dass das Thema Digitalisierung in der Fotobranche nicht aufzuhalten war. Im sogenannten analogen Finishing musste sich der Kunde zur Nachbestellung die Negative an­sehen. Um dies zu ändern, hatte Wulf Schmidt-Sacht die Idee zum Foto-Index.
Mittels industrieller Kameras wurde das Bild bei der Belichtung auf das Fotopapier elektronisch invertiert und alle Negative eines Films als Positiv als Erstes auf ein Zusatzbild montiert. Da er für seine Idee keine Unterstützung durch die Maschinenhersteller bekam, implementierte CEWE dies in Eigenregie an vorhandenen Maschinen. Geholfen hat dabei, dass die Produktionssteuerung schon eine eigene Implementierung war und die Stückzahl 1 sicher produziert werden konnte. Dieses erste digitale Produkt schuf einen Wettbewerbsvorteil und die Offenheit für Neues wurde intern gefördert.
com! professional: Wie sind Sie bei der weiteren Digitalisierung vorgegangen?
Fageth: Die digitalen Aktivitäten wurden ausgegründet in die Cewe digital GmbH. Heute würde man dieses Gebilde einen internen Inkubator nennen. Dort wurden die neuen Bestellapplikationen für das Internet und die Kioske in den Läden der Handelspartner entwickelt, die digitalen Bilder produziert und der Kundendienst geleistet. Es wurden also fertige Lösungen entwickelt und an die Mutter übergeben.
com! professional: Und wie haben Ihre Mitarbeiter auf den für die damalige Zeit recht mutigen Schritt reagiert? Oftmals scheitert die Digitalisierung an deren fehlender Flexibilität.
Fageth: Weil wir die Kolleginnen und Kollegen im Fokus hatten, die uns die Entwicklungen durch ihren Einsatz im klassischen Filmbereich ermöglichten, haben wir nach der Transformation eine gute Akzeptanz gehabt. Natürlich musste zu Beginn das kleine Pflänzchen Cewe digital durch den Vorstand geschützt werden. Cewe digital bestand etwa zur Hälfte aus neuen Kollegen mit speziellen IT-Kenntnissen, aber auch zur Hälfte aus innovativen und wissensdurstigen Kolleginnen und Kollegen aus dem klassischen Fotofinishing.
com! professional: Den Durchbruch brachte Ihnen Ihr Produkt Fotobuch. Hat es das Überleben von CEWE gesichert?
Fageth: Der damalige CEO Rolf Hollander hat erkannt, dass das Fotobuch eine Möglichkeit ist, ein Produkt außerhalb der Commodity Bild anzubieten. Wir haben dieses Produkt federführend vermarktet und den Nutzen transportiert. Dies hat zu der erfolgreichen Transformation vom White-Label-Anbieter für Bilder zum Markenunternehmen im Bereich Foto geführt und damit maßgeblich zum Überleben beigetragen.
com! professional: Aber sind Sie andererseits heute nicht zu sehr vom Fotobuch abhängig?
Fageth: Das CEWE Fotobuch ist das erfolgreichste Einzelprodukt, allerdings sind viele andere Produkte wie der Kalender, Wandbilder oder unsere Handyhüllen ebenfalls wichtige und wachsende Kategorien. Aber auch das Bild hat noch einen entscheidenden Anteil am Erfolg, speziell vor Ort in den Läden unserer Handelspartner.
com! professional: Welche weiteren Veränderungen treiben Sie bei CEWE derzeit voran?
Fageth: CEWE wird immer kundenorientierter. Das Feedback und die Ideen unserer Kunden sind wichtig und Bestandteil unserer Produkt- und Feature-Roadmap.
Crowdsourcing ist für uns ein wichtiges Thema, aber auch die guten Ideen, die im Unternehmen generiert werden, sprengen die Kapazitäten der Entwicklung. Es ist also wichtig, agil zu arbeiten, mit MVPs (Minimum Viable Products) zu testen und die Motivation der Ideengeber hoch zu halten.
Smartphones ersetzen immer mehr klassische Kameras. CEWE muss also Methoden liefern, die wichtigen Bilder auf diesen Geräten zu identifizieren, die gedruckt werden können. Dazu beschäftigen wir uns mit Künstlicher Intelligenz.
Nach der frühzeitigen Digitalisierung der Produktion und der Bestellwege müssen wir nun auch noch den Rest des Unternehmens hier auf das gleiche Niveau bekommen.
com! professional: Wenn Sie sich andere Unternehmen in Deutschland anschauen – wo stehen wir Ihrer Einschätzung nach in Sachen Digitalisierung?
Fageth: Wir mussten digitalisieren, um zu bestehen, es war eine Notwendigkeit, keine Option. Auch hatten wir keine Möglichkeit, einen Zeitplan mit verschiebbaren Milestones zu definieren. Es half nur eines – je schneller, desto besser. Ich glaube, dass in vielen Unternehmen, wo es nicht so unerlässlich erscheint, Zeit verschenkt wird und damit die Projekte länger dauern, teurer werden und folglich die Akzeptanz sinkt.
7. Teil: „Im Gespräch mit Dr. Christopher Meinecke, Leiter Digitale Transformation beim Bitkom“

Im Gespräch mit Dr. Christopher Meinecke, Leiter Digitale Transformation beim Bitkom

Wie stehen deutsche Unternehmen in Sachen Digitalisierung da? com! professional spricht da­rüber mit Christopher Meinecke, Leiter Digitale Transformation beim Digitalverband Bitkom.
com! professional: Herr Meinecke, die Spiel­regeln auf dem Markt ändern sich. Wie ist Ihre Einschätzung – erkennen deutsche Unternehmen die Zeichen der Zeit?
Christopher Meinecke: Die übergroße Mehrheit der Unternehmen sieht die Digitalisierung als Chance für
  • Dr. Christoph Meineke: Leiter Digitale Transformation beim Digitalverband Bitkom
    Quelle:
    Bitkom
neue Geschäftsmodelle, neue Kunden und neue Umsätze. Die positive Grundstimmung dürfte dabei auch eine Folge der insgesamt guten wirtschaftlichen Lage sein. Aber noch immer haben drei von zehn nur eine Digitalstrategie in einzelnen Unternehmensbereichen und nicht für das gesamte Unternehmen. Und genauso viele haben überhaupt keine Strategie für den digitalen Wandel.
com! professional: Wenn ich mich jetzt noch nicht um die Digitalisierung gekümmert habe, ist es dann nicht schon viel zu spät?
Meinecke: Das Ziel muss sein, vom Getriebenen zum Gestalter des digitalen Wandels zu werden. Gerade weil die Digitalisierung so kurze Innovationszyklen hat, gibt es kein „Zu spät“. Jedes Unternehmen, das heute konsequent auf eine Digitalstrategie setzt und sie zur Chefsache macht, kann mit neuen Geschäftsmodellen erfolgreich sein.
Dazu muss die Digitalisierungsstrategie auch organisatorisch im Unternehmen verankert werden. Nur jedes fünfte Unternehmen aber hat eine Einheit, die sich mit der Digitalisierung beschäftigt. Sehr häufig handelt es dabei um eine Einheit, die in der IT-Abteilung verankert ist. Dort macht man das Digitalthema dann mit. Sinnvoll ist zum Beispiel die Einrichtung eines Chief Digital Officers oder einer vergleichbaren Position. Die gibt es aber nur in jedem zehnten Unternehmen.
com! professional: Und welche Branchen sind in Sachen Digitalisierung vorn dabei?
Meinecke: Quer durch die deutschen Leitbranchen sieht sich eine Mehrheit bei der Digitalisierung als Nachzügler. Ein entscheidender Grund dafür ist: Es gibt immer noch sehr viele Unternehmen, die gar keine Digitalstrategie haben. In den Medien und in der Touristik sind es gut ein Drittel, in der Auto- und Pharma-Branche jeweils ein Viertel und im Banking 17 Prozent.

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