Business-IT
03.01.2020
Digitale Vordenker
1. Teil: „Deutsche Start-ups als Treiber von Innovationen“

Deutsche Start-ups als Treiber von Innovationen

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theromb / shutterstock.com
Vom Land der Dichter und Denker zum Start-up-Mekka - die hiesige Gründerszene boomt. Besonders Berlin hat sich inzwischen als Hotspot für Jungunternehmer herauskristallisiert.
  • Quelle:
    Handelsblatt
Wenn es um Start-ups geht, dann liest man im Moment besonders häufig von der Bank N26. Dabei handelt es sich quasi um "das" deutsche Vorzeige-Start-up. Die 2013 gegründete Smartphone-Bank hat seit der Produkteinführung im Jahr 2015 nach eigenen Angaben weltweit mehr als 3,5 Millionen Kunden gewinnen können - und ist mit einer Bewertung von über 3 Milliarden Euro zum wertvollsten Start-up Deutschlands aufgestiegen. Damit spielen die Berliner Gründer mittlerweile in derselben Einhorn-Liga wie frühere Start-ups aus dem Silicon Valley wie Uber oder Facebook. Als Einhörner, sogenannte Unicorns, bezeichnet man junge Unternehmen, die mindestens eine Milliarde Dollar wert sind.
Auch wenn N26 das wohl bekannteste deutsche Einhorn-Beispiel ist, es ist mitnichten das einzige. So kommen etwa der Bekleidungsversender AboutYou und Celonis, ein Anbieter von Software für das Prozess-Management, ebenfalls auf eine Milliarden-Bewertung. Nicht nur im US-amerikanischen Silicon Valley entstehen also erfolgreiche Start-ups, sondern auch im deutschsprachigen Raum - von hier kommen immer öfter clevere Geschäftsideen.

Status quo in Deutschland

Vor allem Berlin hat sich in den letzten Jahren als wichtiger Standort für Start-ups etabliert. Und die Bundeshauptstadt hat beste Aussichten, sich zur führenden Gründermetropole in Europa zu entwickeln.
Laut dem "Start-up-Barometer Deutschland" der Unternehmensberatung Ernst & Young vom Juli 2019 entfielen rund 40 Prozent aller Finanzierungsrunden auf Gründer in der Bundeshauptstadt, gefolgt von Bayern und Nordrhein-Westfalen. Vor allem das Geld der Investoren landet in der Spree-Metropole: So erhielten die Berliner Start-ups satte 76 Prozent des gesamten in deutsche Start-ups investierten Risikokapitals des ersten Halbjahrs 2019 in Höhe von rund 2,8 Milliarden Euro. Bayern, Deutschlands Start-up-Standort Nummer zwei, folgt mit gerade einmal 7 Prozent der eingesammelten Investitionssumme.
  • Schlaue Algorithmen: Fast die Hälfte der branchenübergreifend tätigen Start-ups setzen auf Künstliche Intelligenz.
    Quelle:
    AppliedAI - "AI Startup Landscape 2019", rundungsbedingt nicht 100 Prozent
Wenn es um die Branchen geht, in denen besonders gerne gegründet wird, dann haben die Entrepreneure laut der aktuellen Studie "Deutscher Startup Monitor 2019" von Price­waterhouseCoopers eine ganz klare Präferenz: Knapp ein Drittel der Start-ups ist im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie tätig, gefolgt von Ernährung und Konsumgüter sowie Medizin beziehungsweise Gesundheitswesen. Erstaunlich: Die in Sachen Digitalisierung starke Landwirtschaft scheint für Gründer wenig interessant zu sein. Lediglich knapp 2 Prozent der Start-ups sind in diesem Bereich unterwegs.

Cloud- und KI-Boom

Unabhängig von der Branche setzen die meisten hiesigen Gründer bei ihren Geschäftsmodellen in erster Linie auf die Bereiche Software as a Service (SaaS) und Online-Plattformen, also Apps, Cloud-Dienste oder Webseiten. Fast zwei Drittel der von PricewaterhouseCoopers untersuchten deutschen Start-ups sind einem digitalen Geschäftsmodell zu­zuordnen.
Vor allem Künstliche Intelligenz (KI) eröffnet den Jung­unternehmern neue Möglichkeiten hinsichtlich ihres Geschäftsmodells. So geben über 40 Prozent der Befragten beim "Startup Monitor 2019" an, dass der Einfluss von KI auf ihr Geschäftsmodell "groß" bis "sehr groß" ist. Andere Boom-Technologien wie Augmented Reality (AR) beziehungsweise Virtual Reality (VR) sowie die Blockchain wirken sich bislang noch wenig auf die Geschäftsmodelle aus.
Diese Zahlen bestätigt auch UnternehmerTUM, das Zentrum für Innovation und Gründung an der Technischen Universität München. Dessen KI-Initiative appliedAI erstellt regelmäßig eine Liste mit Start-ups in Deutschland, die KI in signifikantem Umfang einsetzen. Während diese Liste 2018 noch 132 junge Unternehmen verzeichnete, waren es im vergangenen Jahr bereits 214 - ein Plus von 62 Prozent.
2. Teil: „Die heißesten Start-ups“

Die heißesten Start-ups

  • IT dominiert: Knapp ein Drittel der Start-ups gründet im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie.
    Quelle:
    PricewaterhouseCoopers - "Deutscher Startup Monitor 2019", n = 1888
Doch was sind eigentlich die interessantesten Start-ups hierzulande, die man unbedingt kennen sollte? com! professional stellt im Folgenden junge Unternehmen vor, die in den vergangenen Monaten oder Jahren in Deutschland an den Start gegangen sind und mit einer sehr guten Geschäftsidee und hoher Innovationskraft überzeugen.

KI analysiert Briefe

Das Start-up Evy Solutions aus Köln hat einen Algorithmus mit Künstlicher Intelligenz entwickelt, der das Dokumentenmanagement in Unternehmen vollständig digitalisieren soll. Die Software analysiert und verarbeitet hierfür sämtliche Dokumente - etwa Rechnungen, Quittungen, Bestellformulare oder Lieferscheine. Der Algorithmus trennt zum Beispiel mehrseitige PDF-Dateien in inhaltlich-logisch zusammenhängende einzelne Dateien. Zudem klassifiziert er Dokumente nach ihrem Inhalt und ihrer Form, um sie in den unternehmenstypischen Workflow zu überführen. Dabei werden form- und formatunabhängig typspezifische Inhalte aus Dokumenten ausgelesen, um sie dann an andere IT-Systeme wie Enterprise Resource Planning (ERP) oder Dokumentenmanagement (DMS) weiterzureichen. Die Software von Evy Solutions ist modular aufgebaut, sodass Unternehmen ein jeweils auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Programmpaket erhalten.
  • Quelle:
    Mobilunity
"Die Kernidee unserer Software war nicht nur, dem Kunden über einen digitalen Kanal Zugang zu seiner Post und seinen wichtigen Dokumenten zu ermöglichen, sondern die typischen Schritte für ihn zu automatisieren. Das heißt, das Klassifizieren, Verschlagworten, Erkennen wichtiger Inhalte sowie das sortierte Ablegen beziehungsweise die Archivierung erledigt unsere Software vollautomatisch", fasst Geschäftsführer Michael Vogel den Ansatz hinter Evy Solutions zusammen. Und was macht das Start-up dabei anders als andere Anbieter? "Die sind häufig auf eine Quelle beschränkt oder auf feste Positionen innerhalb der Dokumente. Unsere Künstliche Intelligenz ist sehr flexibel, kann Fließtexte auslesen und lernt ständig dazu."
Die Gründer haben die Software 2017 zunächst für Privatkunden entwickelt, "doch dann kamen plötzlich zahlreiche Unternehmen aktiv auf uns zu, weil sie diese Lösung für die Automatisierung ihrer Geschäftsprozesse benötigten", so Michael Vogel. Diese Unternehmen verfügten zwar über moderne Software für den allgemeinen Betrieb, Buchhaltung, Auftragsverwaltung oder das Personalwesen. "Jedoch stehen alle vor der Herausforderung, die relevanten Daten aus den zugrunde liegenden Geschäftsdokumenten in diese Systeme zu integrieren." Dieser Schritt erfolge vielfach noch immer manuell und bedeute deshalb einen riesigen Aufwand.
3. Teil: „Eine Plattform für alle Geräte“

Eine Plattform für alle Geräte

  • Quelle:
    Ernst & Young
Emnify aus Würzburg hat sich auf die Fahne geschrieben, alle möglichen M2M- (Machine to Machine) und IoT-Geräte zu verbinden und über eine gemeinsame Plattform zu verwalten und zu steuern. Das Netzwerk Linked­In zählt Emnify zu den 25 Top-Start-ups in Deutschland.
Die Vernetzung der Geräte erfolgt über das Mobifunknetz. Kunden erhalten für ihre Devices entsprechende SIM-Karten von Emnify. Hierfür betreibt das 2014 gegründete Jungunternehmen eine Art virtuelles Mobilfunknetz in der Cloud und mietet Mobilfunk-Kapazitäten bei mehr als 540 Netzbetreibern in über 180 Ländern. Die Software-Plattform des Start-ups bündelt dann die Informationen aller Geräte an einer Stelle. Ein Dashboard zeigt zum Beispiel Echtzeit-Informationen zu den einzelnen Geräten an, ermöglicht die Analyse aktueller Daten und der Datenhistorie und gibt Warnmeldungen bei relevanten Ereignissen aus. Hinzu kommt der Schutz der Geräte mit Firewalls und Virtual Private Networks. Die Lösung eignet sich unter anderem für die Baubranche, für Energieversorger, Logistikunternehmen oder Transportdienstleister.

Digitalisierte Maschinen

Die Digitalisierung erfasst immer mehr Bereiche. Insbesondere in der Produktion bietet sie zahlreiche Vorteile, Stichwort Industrie 4.0. Das Münchner Start-up Remberg (www.rem
berg.io) stellt Maschinenherstellern, -dienstleistern und -betreibern eine cloudbasierte Software-as-a-Service Lösung zur Verfügung, um die Serviceprozesse ihrer Maschinen zu digitalisieren und damit effizienter zu gestalten. Vor allem geht es um Wartungs- und Instandhaltungs-Services oder Bestellprozesse, die derzeit oft noch via Telefon, Fax, E-Mail oder sogar noch papierbasiert abgewickelt werden. "Über unsere Software können alle Services zentral verwaltet und ausgelöst werden - so kann der Hersteller dem Kunden mit wenigen Klicks Zugriff auf wichtige Informationen oder Dokumente ermöglichen oder über den Vertrieb seine Produkte und Dienstleistungen frühzeitig beim Kunden platzieren", beschreibt Hagen Schmidtchen, Co-CTO und Mitgründer von Remberg, die Vorteile seiner SaaS-Lösung.
Auch wenn die digitale Transformation in vielen Branchen schon weit fortgeschritten sei, hinkt sie im Maschinenbau laut Remberg-Gründer Schmidtchen noch hinterher. Er sieht daher für sein Start-up noch eine Menge Potenzial: "Der Trend Richtung Services macht vor dem Maschinenbausektor keinen Halt, sondern findet dort zeitlich 10 bis 15 Jahre versetzt statt, gerade auch beim Thema Digitalisierung. Da­rum haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, speziell das Servicegeschäft rund um Maschinen zu digitalisieren."
Wenngleich das momentan etwas abgekühlte Wirtschaftsklima an der ein oder anderen Stelle dazu geführt habe, dass Budgets deutlich enger geschnürt würden, "sind wir der festen Überzeugung, dass gerade die Unternehmen, die jetzt in die Digitalisierung ihres Servicegeschäfts investieren, als Gewinner aus dieser Phase hervorgehen", betont Schmidtchen.
Das 2018 gegründete Jung­unternehmen setzt dabei aber nicht auf Teufel komm raus auf das Internet of Things: Im Gegensatz zu anderen Unternehmen nutze Remberg IoT nur dann, wenn ein klarer Business Case in der Automatisierung eines Prozesses stecke.
"Mit dem schlichten Anzeigen von schönen Graphen in Dashboards hat noch keiner Geld verdient oder Kosten gesenkt. Dadurch, dass es nicht immer gleich IoT sein muss, sondern einfache Nutzbarkeit im Zentrum steht, ist es auch möglich, Serviceprozesse für ältere Maschinen mit unserer Software zu digitalisieren", unterstreicht Schmidtchen.
4. Teil: „Virtuelle Produktshow“

Virtuelle Produktshow

  • Digitale Spedition: Bei Carrypicker übernehmen Algorithmen die Frachtendisposition - und optimieren so die Lkw-Auslastung.
    Quelle:
    Carrypicker
Das Start-up Vuframe entwickelt seit 2015 eine App für Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR). Die Anwendung macht Produkte in der gewünschten Umgebung erlebbar. So sieht man zum Beispiel bereits vor dem Kauf, wie sich ein Sofa zu Hause im Wohnzimmer macht, oder man spaziert virtuell durch eine Wohnung, die man kaufen möchte, noch bevor sie überhaupt gebaut wurde.
Das Geschäftsmodell von Vuframe: Jeder darf die App kostenlos nutzen. Wer dort jedoch Produkte veröffentlicht, zahlt Lizenzgebühren. Zu den mehr als 100 Kunden zählen Branchengrößen wie Siemens, Continental und Krones. Auch der Flughafen München setzt auf die AR-/VR-App: Auf diese Weise lässt sich die Erweiterung von Ladenflächen im Terminal schon vor dem Bau virtuell besichtigen.
Das mit dem Innovationspreis "Handel im Wandel" des Bundeswirtschaftsministeriums ausgezeichnete Start-up sitzt übrigens nicht im einer der Start-up-Me­tropolen - sondern im oberpfälzischen Regensburg. Und hier fühlt sich Gründer Andreas Zeitler auch gut aufgehoben, wie er der "Mittelbayerischen Zeitung" sagte.  Als digitales Unternehmen könne man überall arbeiten. Der Vorteil in Regensburg seien überschaubare Lebenshaltungskosten und ein niedriger Gehaltsspiegel. Hinzu komme: nicht viel Konkurrenz durch andere Start-ups - was in Zeiten des Fachkräftemangels wichtig sei.

Rentablerer Shop mit KI

Das in Berlin ansässige Jungunternehmen AristanderAI hilft E-Commerce-Händlern dabei, ihre Produktpreise zu optimieren und so nach Angaben der Gründer bis zu 15 Prozent mehr Profit zu erzielen. "Wir machen dafür dynamisches Pricing in der Qualität von Amazon für jeden Online-Shop verfügbar, der eben kein Tech-Gigant ist", verspricht AristanderAI-Mitgründer Arne Reichelt.
Und so funktioniert das Ganze: Die Technologie von Aris­tanderAI trackt anonymisiert und datenschutzkonform Customer Journeys und Shop-Events und reichert diese Daten mit zusätzlichen Datenquellen an, zum Beispiel Schulferien, Wetter, Feiertagen, Tageszeiten oder Nachrichten. Ein eigenentwickeltes Deep-Learning-Modell verarbeitet diese Daten und aktualisiert so kontinuierlich die Preise im Shop. Dank Plug-and-play soll sich die AristanderAI-Technik binnen kürzester Zeit in bestehende Online-Shops integrieren lassen. Es müssen keine Daten bereinigt oder angepasst werden. Der Betreiber eines Online-Shops eröffnet lediglich ein Konto bei AristanderAI, installiert das Plug-in und sofort lernt das System und stellt dem Online-Shop optimierte Produktpreise zur Verfügung.
AristanderAI wurde 2018 gegründet und ist im vergangenen Jahr an den Start gegangen. Entstanden ist die Idee aus einem konkreten Projektauftrag. Ein großer deutscher Gesundheits-Shop war auf der Suche nach einer Technologie, die das Pricing innovativ automatisiert. "Dafür gibt es aktuell nur wenige sinnvolle Lösungen. Unsere Idee war es, konsequent die Möglichkeiten im Machine Learning auszuloten. Wir wollten ein System, das die Kaufbereitschaft der Shop-Besucher auf Basis ihres Verhaltens präzise ermitteln kann." Mit privatem Funding setzten die Gründer ein Pilotprojekt auf, das im Shop einen Gewinnanstieg von 5 Prozent realisierte - ohne den Umsatz negativ zu beeinträchtigen.
Doch es reiche nicht, als Gründer eine tolle, erfolgversprechende Technologie entwickelt zu haben, gibt Arne Reichelt anderen Start-ups mit auf den Weg. Vielmehr müsse alles passen: "Man braucht auch das richtige Branding, Marketing, eine durchdachte und funktionierende Sales-Strategie, einen effizienten Customer-Support, das richtige Networking und immer auch eine Portion Glück."
5. Teil: „Von A nach B über C“

Von A nach B über C

  • Vorzeige-Start-up: Die Smartphone-Bank N26 gehört mit einer 3-Milliarden-Euro-Bewertung zu den weltweit stärksten Jungunternehmen.
    Quelle:
    N26
Als der Gründer Andreas Karanas erfuhr, dass die auf den Straßen fahrenden Lkw durchschnittlich nur zu rund 70 Prozent beladen sind, war ihm schnell klar, dass er das ändern wollte. Das Problem in der Praxis: die komplexe manuelle Disposition - also die Bündelung von Teil- zu Komplettladungen. Da er sich bis zur Gründung seines Unternehmens
Carrypicker im Jahr 2017 bereits seit mehreren Jahren mit Geschäftsmodellen rund um Künstliche Intelligenz befasst hatte, nahm er die Herausforderung an. "Die ersten 18 Monate hat unser Team aus Mathematikern und Datenanalytikern an den Algorithmen gearbeitet und sie mit mehr als 300 Millionen historischen Frachtdaten ‚gefüttert‘." Herausgekommen ist eine KI-Technologie, mit der das Hamburger Unternehmen vergangenes Jahr auf den Markt kam.
Carrypicker bezeichnet sich selbst als die "erste digitale Spedition", bei der die Frachtendisposi­tion von intelligenten Computer-Algorithmen übernommen wird. Während sich andere digitale Speditionen auf dem Markt auf Komplettladungen konzentrieren, optimiert Carrypicker mit KI-Unterstützung auch den Transport von Teilladungen. Das soll die Auslastung der Lastwagen um mehr als 10 Prozent steigern. Und davon profitieren laut Karanas alle. Es gebe weniger Verkehrsaufkommen und Staus, Unternehmen würden profitabler arbeiten und der CO2-Ausstoß sinke.
Carrypicker funktioniert so: Kunden legen ihren Auftrag auf der Plattform an, das System erkennt von selbst alle relevanten Sendungsdetails und bündelt den Auftrag automatisch mit anderen Aufträgen zu optimalen Touren.
Bei Carrypicker sind derzeit 20 Mitarbeiter beschäftigt, von denen allein zwölf für die Optimierung des Algorithmus zuständig sind. Das Bundesverkehrsministerium hat die Entwicklung der KI-Technologie von Carrypicker mit 2,4 Millionen Euro unterstützt.

Laserteile per Mausklick

  • Quelle:
    Ernst & Young
Ob Kleinserien oder Prototypen - das im Jahr 2017 gegründete Jungunternehmen Laserhub aus Stuttgart vermittelt Aufträge für die Blechbearbeitung, speziell Laserschneiden, Biegen und Abkanten oder Pulverbeschichten. Unternehmen legen auf der Online-Plattform ihre Aufträge an - ein automatisierter Prozess prüft die CAD-Zeichnungen auf Machbarkeit, kalkuliert die Preise und identifiziert den passenden Produzenten. Laserhub übernimmt dabei das gesamte Lieferantenmanagement und sorgt dafür, dass die Teile in der gewünschten Qualität zum bestellten Termin beim Kunden eintreffen.
Dabei profitieren sowohl Metallverarbeiter als auch Kunden von der Plattform, Letztere von günstigen Kosten und hoher Flexibilität. Und das metallverarbeitende Gewerbe kann mit den kleineren Aufträgen über Laserhub eine ungleich verteilte Nachfrage seiner Produktionsanlagen ausgleichen. Denn auch in Zeiten voller Auftragsbücher sind die - meist hochpreisigen - Maschinen mal über- und mal unterausgelastet.
Die Idee zur Gründung kam Adrian Raidt nach neun Jahren als Angesteller im Maschinenbau. Bei der Entwicklung seiner Plattform hatte er zwei Fragen zu lösen: Wie kann man die technischen Hürden überwinden und den Kunden durch Automatisierung einen Mehrwert bieten? Und wie kann man die prozessuale Komplexität bewältigen und den Kunden gute Qualität sowie einen durchgängigen Prozess bieten - und vermeiden, von Reklamationen überschwemmt zu werden?
Nach mehreren Monaten Brainstorming ging er dann das Risiko ein und gründete Laserhub. Was er als Jungunternehmer dabei gelernt hat: Von der Idee bis zum funktionierenden Unternehmen - das sei eher ein Dauerlauf als ein Sprint. "Wir sind immer wieder auf Aufgabenstellungen gestoßen, die wir vorher nicht bedacht hatten", so seine Erfahrung. Zum Glück aber habe man noch stets eine Lösung gefunden.
Was der Erfolg auch mit sich bringt: Auf dem Markt tauchen immer mehr Wettbewerber auf. Hier profitiere man bei Laserhub aber von mehr als zwei Jahren Vorsprung. Und:  "Wir freuen uns über Marktbegleiter, die uns helfen, die Notwendigkeit für eine Digitalisierung der Beschaffung zu kommunizieren", resümiert Adrian Raidt.
6. Teil: „Digitaler Posteingang“

Digitaler Posteingang

  • Nur wenig Analoges: Ein Großteil der Start-ups sind einem rein digitalen Geschäftsmodell zuzuordnen.
    Quelle:
    PricewaterhouseCoopers - "Deutscher Startup Monitor 2019" n = 1.880
Auch in Zeiten des digitalen Wandels erhalten Unternehmen nach wie vor Unmengen von Briefen per klassischer Post. Das Berliner Start-up Caya hilft kleinen und mittelgroßen Firmen dabei, ihren Arbeitsalltag effizienter zu gestalten, indem es die tägliche Eingangspost digitalisiert.
Unternehmen leiten ihre Eingangspost entweder an das Scan-Center von Caya weiter oder sie lassen Post von Behörden und Unternehmen, von denen sie Rechnungen, Bescheide und Ähnliches digital empfangen möchten, direkt an Caya senden. Das seit drei Jahren auf dem Markt aktive Start-up öffnet die eingehende Post, scannt sie und legt sie dann digital in einem durchsuchbaren Online-Briefkasten ab. Die physische Post wird je nach Kundenanforderung archiviert und bei Bedarf zugesendet.
Die Geschäftsidee zu Caya kam dem Mitgründer Alexander Schneekloth nach einem Urlaub: "Der Briefkasten quoll über. Und ich habe mich gefragt, warum das im 21. Jahrhundert immer noch so ist. Wenn man sich mit dem Markt beschäftigt, dann stellt man schnell fest, dass Konzerne ihre Eingangspost bereits seit Jahren digitalisieren lassen. Für kleine und mittlere Unternehmen gibt es jedoch quasi kein An­gebot."
Man habe in den vergangenen Jahren laut Alexander Schneekloth besonders eines gelernt: "Das zu machen, was alle anderen machen, ist die falsche Strategie." Wer erfolgreich sein wolle, dürfe nicht andere kopieren, sondern müsse seinen eigenen Weg gehen. "Für uns waren die entscheidenden Punkte vor allem die Liebe zum Detail und zu datenbasierten Entscheidungen sowie auf unser Bauchgefühl zu hören, denn häufig weiß man eigentlich schon, was der richtige Weg ist."

Gutschein statt Bargeld

Das 2014 in Berlin gegründete und ein Jahr später livegegangene Start-up OptioPay hat sich zum Ziel gesetzt, die Art und Weise zu verändern, wie Menschen Rückerstattungen erhalten. Ob Schadensregulierungen von Versicherungen oder Entschädigungszahlungen von Fluggesellschaften - mit OptioPay kann sich der Kunde anstatt für Bargeld für eine höherwertige Entschädigung in Form eines Einkaufsgutscheins für Online-Shops wie Amazon, Otto oder Zalando entscheiden. So erhält man zum Beispiel anstatt einer Überweisung in Höhe von 100 Euro einen Einkaufsgutschein im Wert von 110 Euro. OptioPay arbeitet mit mehr als 120 Auszahlungspartnern zusammen. Der ursprüngliche Auszahlungswert lässt sich dabei je nach Partnerunternehmen um bis zu 100 Prozent steigern.
Die White-Label-Anwendung können Unternehmen unterschiedlichster Branchen in ihre Auszahlungsprozesse integrieren, etwa durch eine Plug-and-play-Lösung für die Unternehmens-Software von SAP.
Das Start-up hat mit OptioBanking zudem eine Technologie entwickelt, die Nutzern auf Basis von Bankdaten personalisierte Spar- und Finanzempfehlungen anzeigt. Konkret bedeutet dies: Wenn ein Nutzer gerne und oft online shoppt, dann erhält er dank OptioBanking anstatt Geld die Empfehlungen für einen Shopping-Gutschein.
Mit OptioPay sollen sowohl die Unternehmen, die Geld auszahlen müssen, als auch die Unternehmen, die Einkaufsgutscheine anbieten, profitieren. So können zum Beispiel Letztere neue Kunden gewinnen und auf diese Weise ihren Umsatz steigern. Darüber hinaus bietet OptioPay seinen Unternehmenskunden Analysen der Nutzer-Bankdaten an und generiert individualisierte finanzielle Gesamtauswertungen für einzelne Kunden oder Kundengruppen.
"OptioPay schafft gegenwärtig mit der Kombination aus OptioBanking und der Auszahlungslösung neue relevante Kundenkontaktpunkte, die Mehrwerte und Flexibilität für Nutzer gewährleisten sowie unternehmensseitig Kundenzufriedenheit und Wettbewerbsdifferenzierung erhöhen", erklärt Oliver Oster, COO und Mitgründer von OptioPay. "Open Banking ist ein auf Basis der Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 neu entstandenes Geschäftsfeld, in welchem wir uns mit persönlichen und vorteilhaften Spar- und Finanzempfehlungen differenziert von Mitbewerbern positioniert haben."
7. Teil: „Unternehmensnachfolger finden“

Unternehmensnachfolger finden

  • Metallverarbeitung per Mausklick: Laserhub vermittelt Kunden die passenden Verarbeiter - etwa für Kleinserien oder Prototypen.
    Quelle:
    Laserhub
Der deutsche Mittelstand, zu dem hierzulande rund 99 Prozent aller Firmen gehören, bildet mit seinen kleinen und mittelgroßen Unternehmen das Rückgrat der Wirtschaft. Doch ein Problem, vor dem viele Mittelständler stehen: Obwohl wirtschaftlich erfolgreich, fehlt ihnen ein Unternehmensnachfolger.
Und: Das Thema betrifft nicht nur das Unternehmen selbst, sondern auch die Volkswirtschaft, und im schlimmsten Fall sind Arbeitsplätze in Gefahr.
Die Gründer von CarL aus Berlin haben es sich vor drei Jahren zur Aufgabe gemacht, dieses Problem zu lösen. Sie unterstützen Eigentümer dabei, ihre Unternehmensnachfolge frühzeitig vorzubereiten und einen strukturierten Prozess durchzuführen, um ihr Unternehmen erfolgreich an die nächste Generation zu übergeben. "Dies geschieht einerseits klassisch durch die persönliche Beratung unserer Experten für Mergers & Acquisitions", erklärt Geschäftsführer und Mitgründer Kurosch D. Habibi. Das große Alleinstellungsmerkmal von Carl seien jedoch die digitalen Lösungen im Hintergrund, "denn diese ermöglichen einen wesentlich effizienteren und trotzdem individuell angepassten Verkaufsprozess. Die Technologie bietet unseren Beratern beispielsweise den Zugriff auf ein internationales Käufernetzwerk, wodurch wir Käufern und Verkäufern exklusive Deals bieten können."
Die Start-up-Gründer haben den gesamten Prozess eines Unternehmensverkaufs genau analysiert und zahlreiche Schritte identifiziert, die sich mit Software effizienter und besser umsetzen beziehungsweise unterstützen lassen.
Die Geschäftsidee zu Carl kam den beiden Gründern Kurosch D. Habibi und Pascal Stichler nach eigenen Angaben durch eine einfache Beobachtung: In ihrer Heimat, der Pfalz, seien viele Mittelständler ihre Unternehmensnachfolge entweder zu spät oder gar nicht angegangen - mit den entsprechenden Folgen. "Genau hier wollten wir mit unserem Konzept, das digitale Technologien nutzt, die Vertraulichkeit wahrt und auch für KMUs bezahlbar ist, ansetzen", so Pascal Stichler.

Geld sparen bei der Logistik

Die Online-Plattform Pamyra aus Leipzig hilft Unternehmen dabei, für sperrige oder große Ladungen passende Speditionen zu finden. Nach eigenen Angaben ist sie derzeit die einzige unabhängige Vergleichs- und Buchungsplattform für Transporte.
Die Idee für den Logistik-Marktplatz entstand 2015, die Gründung erfolgte ein Jahr später. In den darauffolgenden Monaten haben die Gründer einen Prototyp entwickelt und die ersten Partner und Kunden gewonnen. Dabei haben die Entrepreneure laut Felix Wiegand, CEO und Mitgründer von Pamyra, besonders eine Erfahrung gemacht: "Es dauert immer alles länger als geplant und die erste Idee zu einer Maßnahme ist oft nicht das, was am Ende auch wirklich funktioniert." Daher sei stets das Wichtigste, getroffene Entscheidungen und ihre Auswirkungen zu analysieren. "Ursprüngliche Annahmen müssen bestätigt werden und nicht ausreichend funktionierende Maßnahmen müssen überarbeitet oder eingestellt werden", betont Wiegand.
Pamyra vergleicht mittlerweile die Preise von mehr als 300 Logistikunternehmen. Und die Gründer haben noch einiges mehr vor: So soll laut Felix Wiegand das Angebot für einzelne Paletten und komplette Lkw innerhalb Deutschlands sowie für ganz Europa weiter verbessert werden - mit dem Ziel, dass Kunden, die viel versenden, noch bessere Preise bekommen. "Weiterhin entwickeln wir auf große Nachfrage hin derzeit Shop-Anbindungen für die gängigen E-Commerce-Systeme, um Pamyra als Versandart in Online-Shops zu bekommen."
8. Teil: „Digitaler Treuhänder“

Digitaler Treuhänder

  • KI, AR/VR und Blockchain: Diese neuen Technologien beeinflussen die Start-up-Geschäftsmodelle sehr unterschiedlich.
    Quelle:
    PrincewaterhouseCoopers - "Deutscher Startup Monitor 2019", n = 1.855, 1-831, 1.821, 1.790
Die Gründer von Paylax aus Stuttgart haben 2015 einen Treuhandservice entwickelt, der den Online-Handel sicherer machen soll, indem das Geld der Kunden erst einmal auf einem Treuhandkonto landet. So vermitteln laut Thomas Niemann, CEO und Mitgründer von Paylax, Online-Marktplätze wie Ebay Kleinanzeigen oder Autoscout24 lediglich den Kontakt zwischen Käufer und Verkäufer, die Art der Zahlungsabwicklung bleibe aber den Kunden überlassen.
Aus Angst vor einem Betrug kommen nach der Erfahrung von Niemann viele Geschäfte gar nicht erst zustande. Aus diesem Grund habe man den digitalen Treuhandservice Paylax entwickelt, mit dem Verbraucher eine sichere Bezahlmethode erhalten - auch über Ländergrenzen hinweg.
Doch was macht Paylax anders als andere Dienste? "Im Gegensatz zu anderen Payment-Dienstleistern wie Pay­pal ergreifen wir keine Partei für einen unserer Nutzer und zahlen ohne die Zustimmung der Gegenpartei keine Gelder aus." Der Ansatz des Stuttgarter Start-up sei es, das Geld der Nutzer so lange sicher zu verwahren, bis sich die Parteien geeinigt hätten oder im schlimmsten Fall ein Gericht über den Ausgang der Zahlung entscheide. "Vor allem bei hohen Transaktionsvolumen ist es wichtig, dass die Entscheidung über eine Freigabe des Geldes bei den Nutzern selbst und nicht bei dem Zahlungsanbieter liegt", betont Thomas Niemann. Der Treuhanddienst Paylax eignet sich nicht nur für die Zahlungsabwicklung zwischen Privatpersonen. Mit Paylax Business haben die Jungunternehmer auch eine Variante des Treuhanddienstes für Online-Shops, B2B- und Buchungsplattformen entwickelt.

Fazit

Die zahlreichen erfolgreichen Start-up-Gründungen der vergangenen Jahre und unserer Beispiele zeigen: Die Konjunktur für Gründer ist gut.
Auch wenn es nicht jeder Entrepreneur zu einem schillernden Einhorn bringen mag, so gibt es doch immer wieder Gründer, die ihr Start-up mit einer zündenden Idee zu beachtlichem Erfolg führen. Und auch so manche Copycats sind in Deutschland sehr erfolgreich - Start-ups, die intelligente Geschäftsideen aus anderen Ländern mehr oder weniger kopieren und an den hiesigen Markt anpassen.
Es ist also davon auszugehen, dass auch in den kommenden Jahren viele junge Unternehmen entstehen, die mit einer guten Geschäftsidee hierzulande und möglicherweise auch weltweit reüssieren.
An Gründern mangelt es jedenfalls nicht: Nach Angaben des Beratungsunternehmens Mobilunity sollen von den mehr als sieben Milliarden Menschen auf der Erde rund 400 Millionen Gründer sein. Und die bauen jedes Jahr rund 100 Millionen Start-ups auf. Natürlich sind nicht alle diese Jungunternehmen erfolgreich. Laut Mobil­unity machen jährlich weltweit 86 Millionen Start-ups auch wieder dicht.
9. Teil: „Im Gespräch mit Jenny Boldt vom Bitkom“

Im Gespräch mit Jenny Boldt vom Bitkom

  • Jenny Boldt: Leiterin Star-ups beim Bitkom
    Quelle:
    Bitkom
Wie steht es um die deutsche Gründerszene? Und was sind die Stärken und Schwächen hiesiger Jungunternehmer?
com! professional spricht darüber mit Jenny Boldt, Leiterin Start-ups beim Digitalverband Bitkom. Die ehemalige Gründerin fördert im Verband den Austausch von eta­blierten Unternehmen und Start-ups, behält die aktuellen Entwicklungen auf dem Markt im Auge und setzt sich für die politischen Inte­ressen von Start-ups ein.
com! professional: Frau Boldt, wie ist der aktuelle Stand in Deutschland in Sachen Start-ups? Und was hat sich in den letzten Jahren getan?
Jenny Boldt: Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren auf einen guten Weg zu einer Start-up-Nation gemacht. Wir haben eine große Zahl wirklich toller, innovativer Start-ups und eine ganze Reihe ist inzwischen auch international erfolgreich.
Allerdings stellen wir in den letzten Monaten fest, dass die Gründerinnen und Gründer skeptischer werden. Aktuell sagen nur noch 39 Prozent, dass sich in den vergangenen zwei Jahren die Lage für ihr eigenes Start-up verbessert hat. Vor einem Jahr lag der Anteil noch bei 44 Prozent, vor zwei Jahren sogar bei
54 Prozent. Diese negative Entwicklung in der Einschätzung der eigenen Lage ist ein Warnzeichen.
com! professional: Was brauchen Gründer in Deutschland Ihrer Ansicht nach denn am meisten - mehr Geld, mehr PR?
Boldt: Was viele Start-ups vor allem gerne hätten: mehr Kunden. Leider sind etablierte Unternehmen, aber auch die öffent­liche Hand häufig sehr zurückhaltend damit, Aufträge an Start-ups zu vergeben. Da wird zu oft aus Angst vor einem Risiko auf eine technologisch weniger innovative Lösung zurückgegriffen - worunter letztendlich auch der Start-up-Standort Deutschland leidet.
Und auch an Geld fehlt es, in der Regel dann, wenn es ums starke Wachstum und internationale Expansion geht. Die Gefahr ist, dass Start-ups ausgebremst werden, Marktchancen verlieren und eventuell sogar ihr Geschäft verkaufen, statt selbst groß zu werden.
com! professional: Vielen Start-ups fehlt es aber schlicht auch an Talenten, um weiter zu wachsen, oder?
Boldt: Es ist richtig, viele Start-ups erleben bereits einen gravierenden Fachkräftemangel, das wird sich in den kommenden Jahren verschärfen. Schon heute geben sechs von zehn Start-ups an, dass sie bereits einmal eine Stelle nicht besetzen konnten, weil es keine geeigneten Bewerbungen gab.
com! professional: Haben die jungen Unter­nehmen Ihrer Erfahrung nach genügend Unterstützung durch die Politik?
Boldt: Auf dem Papier: ja, zum Beispiel in Programmen und Koalitionsverträgen. In der Praxis: nein, immer noch werden zu wenige Versprechungen umgesetzt.
Fragt man die Start-ups selbst, so sagen drei Viertel, die Politik wolle sich nur mit der Start-up-Szene schmücken, habe aber gar kein Inte­resse an den Problemen der Gründerinnen und Gründer.
com! professional: Sie sind ja beruflich sehr dicht an jungen Gründern dran. Wie erleben Sie die deutsche Start-up-Szene, wo sind deren Stärken und Schwächen?
Boldt: Wir haben in Deutschland inzwischen wirklich viele und sehr gute Förderprogramme für die Startphase von Start-ups - aber immer noch zu wenig Kapital in der Wachstumsphase. Wir haben auch nicht zuletzt dank der de:hub-Initiative, einem Netzwerk aus zwölf Kompetenzstandorten in Deutschland, eine immer bessere Vernetzung zwischen Start-ups und der traditionell starken Industrie. Allerdings geben zwei Drittel der Manager in etablierten Unternehmen an, dass sie nicht mit Start-ups zusammenarbeiten - hier brauchen wir noch viel mehr Offenheit für Kooperationen.
com! professional: Dennoch wird zum Glück hierzulande weiter viel gegründet. Was sind momentan die größten Boom-Branchen?
Boldt: Echte Erfolgsgeschichten sehen wir gerade im Bereich Fintechs und Insurtechs, aber auch im Bereich Mobility. Hier gibt es erfolgreiche Start-ups im B2C- ebenso wie im B2B-Umfeld. Ebenfalls stark wächst weiterhin der Health-Bereich, obwohl er in Deutschland besonders reguliert ist. Und E-Commerce bleibt stark.

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