Digitalisierung
04.08.2017
VDI und DaaS
1. Teil: „Arbeitsplätze in Zeiten der Digitalisierung“

Arbeitsplätze in Zeiten der Digitalisierung

Arbeitsplatz in Zeiten der DigitalisierungArbeitsplatz in Zeiten der DigitalisierungArbeitsplatz in Zeiten der Digitalisierung
Pressmaster / shutterstock.com
Der klassische Rechner auf dem Schreibtisch verliert an Bedeutung. An seine Stelle treten in vielen Unternehmen virtuelle Alternativen oder Service-Lösungen.
  • Quelle: Dell, Future Workforce, 2016 (Mehrfachnennungen)
Die Digitalisierung bringt allerorten tief greifende Veränderungen mit sich. So wandeln sich ganze Produktionsprozesse und viele Aufgaben werden schon heute von Künstlicher Intelligenz erledigt. Der Druck auf die Unternehmen steigt, auf sich verändernde Markt­situationen zu reagieren.
Zu überlegen, welche Konsequenzen die digitale Transformation für die Arbeitsplätze und die Arbeitsgeräte der Mitarbeiter haben, steht dabei nicht unbedingt ganz oben auf der Agenda.
Fest steht: Unternehmen haben die Aufgabe, den Arbeitsplatz der Zukunft so zu gestalten, dass er die Mitarbeiter bei ihren Aufgaben bestmöglich unterstützt. Dabei dürfte es – trotz der vielen mobilen Geräte und des Trends zum Homeoffice – den klassischen Büromitarbeiter am Schreibtisch auch künftig geben. Die Technikausstattung des Büromitarbeiters von morgen wird sich auf absehbare Zeit nur wenig von der heutigen unterscheiden: Ein Desktop-PC ist weiterhin das vorherrschende Arbeitsinstrument. „Smartphone und Tablet allein werden wohl schon wegen der Ergonomie auch in naher Zukunft den klassischen Arbeitsplatz mit Monitor und Tastatur nur ergänzen, aber nicht ersetzen“, so die Einschätzung von Benjamin Bayer, Product Manager Virtualisierung beim Server-Spezialisten Thomas-Krenn.
Ähnlich sieht es Knuth Molzen, Senior Director Client Computing Devices Central Europe und Mitglied der Geschäftsleitung bei Fujitsu: „Im Unternehmensumfeld sind nach wie vor alle Geräteklassen, inklusive stationärer Endgeräte, gefragt.“

Workstation, Desktop, Thin Client

Auf vielen Firmenschreibtischen steht ein Desktop-PC – oder ist es eine Workstation? Ein Desktop-Rechner und eine Workstation sind sich eigentlich recht ähnlich. Die Unterschiede liegen im Detail: Während ein Desktop-PC leistungsmäßig vor allem für die üblichen Büroaufgaben ausgelegt ist, kommt es bei Workstations mehr auf Performance an. Daher findet man üppig ausgestattete Workstations etwa im Bereich der Konstruktion oder der professionellen Bildbearbeitung.
Bei Thin Clients handelt es sich im kleine Rechner, die im Hinblick auf die Performance in der Regel weit hinter Desktop-PCs angesiedelt sind. Thin Clients sind funktional eingeschränkte Endgeräte ohne Software- und Speichersouveränität. Sie geben lediglich Images von Betriebssystemen mit einer Arbeitsumgebung wieder. Thin Clients sind speziell für den Einsatz mit Servern konzipiert und haben nur die Aufgabe, den Nutzern die Leistung zur Verfügung zu stellen, die ihnen vom zentralen Server zugeteilt wird.
2. Teil: „Virtual Desktop Infrastructure“

Virtual Desktop Infrastructure

Die Wirklichkeit sieht in vielen Unternehmen mittlerweile so aus, dass häufig Thin Clients zum Einsatz kommen – und zwar im Rahmen einer Virtual Desktop Infrastructure, kurz VDI. Alle Prozesse laufen dabei auf zentralen Unternehmens-Servern.
Die Erfahrung von Benjamin Bayer von Thomas-Krenn ist, dass „die Nachfrage von Servern und Storage für VDI beständig wächst“, Für den typischen Büroarbeitsplatz brauche es laut Produktmanager Bayer heute keinen PC mehr – „Hochwertige, spezialisierte Workstations, etwa für CAD oder professionelle Medienbearbeitung, haben zwar nach wie vor ihre Berechtigung. Aber auch hier gibt es mit virtualisierten Grafikkarten Alternativen, die für bestimmte Einsatzwecke zunehmend akzeptiert werden.“
Mit virtuellen Desktop-Infrastrukturen können Unternehmen die stationären Arbeitsplätze „mobilisieren“. Virtuelle Desktops laufen auf Geräten aller Art: „Bei virtuellen Desktops spielt es keine Rolle, ob sie auf einem Thin Client, einem PC, auf dem privaten Laptop oder dem Tablet des Mitarbeiters laufen“, so Benjamin Bayer.
  • Beispiel für Virtual Desktop Infrastructure: Der Cloud-Dienst VMware Horizon zur Bereitstellung von Windows-Desktops ermöglicht unter anderem den mobilen Zugriff via Smartphone und Tablet mit iOS oder – wie hier zu sehen – Android.
    Quelle:
    Google Play Store
Nach Meinung von Knuth Molzen von Fujitsu ist VDI für mobile Nutzer nicht immer das ideale Computing-Modell, „VDI ist beispielsweise besonders gut für Mitarbeiter geeignet, die ein fest definiertes Applikations-Set benötigen, um produktiv zu sein.“ Auf den vielen uneinheitlichen mobilen Geräten ist das oft nur eingeschränkt möglich.
Laut dem Server- und Rechnerhersteller Dell arbeiten nach wie vor die meisten Unternehmen mit herkömmlichen Desktop-PCs – trotz neuer Techniken wie VDI: „Auch wenn einige Kunden bereits auf diese sehr flexible Lösung setzen, würde ich nicht von einem generellen Trend sprechen“, so die Erfahrungen von Peter Beck, Field Product Marketing Manager Workstation & Rugged bei Dell Deutschland. „Viele Anwender vertrauen nach wie vor auf die klassischen physischen Systeme.“ Ein Grund seien etwa die ISV-Zertifizierungen (ISV, Independent Software Vendors). Diese Zertifizierungen stellen sicher, dass Applikationen für bestimmte Anwendergruppen flüssig und zuverlässig laufen. Laut Peter Beck hätten nur wenige der großen Software-Hersteller ihre speziellen Applikationen für virtuelle Umgebungen qualifiziert beziehungsweise zertifiziert.
Dennoch: Die Tendenz zu virtuellen Desktop-Infrastrukturen dürfte sich über kurz oder lang verstärken, weil sie auf zahlreiche Vorzüge verweisen können. Da die Einrichtung der Desktops bei VDI auf der Basis von geklonten Images erfolgt, braucht die IT-Abteilung lediglich die zentrale Vorlage zu warten und bei Bedarf anzupassen, etwa indem sie neue Updates einspielt. Damit benötigt eine VDI im Unterschied zu physischen Infrastrukturen lediglich einen Bruchteil der Ressourcen für Bereitstellung und Wartung.
3. Teil: „Vorteile von VDIs zu Desktop-PCs“

Vorteile von VDIs zu Desktop-PCs

Zusammenfassend lassen sich fünf Hauptvorteile von VDIs im Vergleich zu herkömmlichen Desktop-PCs festhalten:
1. Zentrale Verwaltung: IT-Mitarbeiter erledigen die Bereitstellung und Verwaltung der Desktop-Rechner von ihrem Büro aus – Vor-Ort-Einsätze sind nur noch bei Hardware-Defekten notwendig
2. Flexible Bereitstellung: Anwendungen stehen zentral für alle Mitarbeiter zur Verfügung. Neue Desktops sind ohne zeitraubende Installationen in wenigen Augenblicken einsatzbereit
3. Verfügbarkeit und Mobility: Der Desktop eines Mitarbeiters läuft im zentralen Rechenzentrum und steht unabhängig vom eingesetzten Endgerät zur Verfügung
4. Sicherheit: In Zeiten zunehmender Cyberangriffe sind Software-Updates wichtiger denn je. Die Aktualisierung einer zentralen virtuellen Desktop-Infrastruktur erfolgt innerhalb kuzer Zeit für alle Anwender
5. Compliance: Sämtliche Daten werden im zentralen Rechenzentrum abgelegt und verwaltet. So lassen sich Compliance-Anforderungen leichter umsetzen.
„Ein wesentlicher Pluspunkt der Virtualisierung ist sicherlich die Datensicherheit, denn sobald etwa die Konstruktions­daten nicht mehr auf lokalen oder mobilen Systemen gespeichert werden, sind sie weniger angreifbar“, resümiert Dell-Produktmanager Beck.
Bei einer virtuellen Desktop-Infrastruktur werden in der Regel alle Daten auf den Servern des Unternehmens abgelegt – wo sie sicher aufgehoben sind. Die benötigten Informationen werden bei Bedarf stets via Netzwerk abgerufen und Datensilos werden vermieden.
Werden Daten nicht zentral gespeichert und geht zum Beispiel ein Firmen-Notebook verloren, ob durch Diebstahl oder durch die Nachlässigkeit eines Mitarbeiters, dann kann das Abhandenkommen darauf abgelegter Unternehmens­inhalte immense Kosten verursachen. Bei den Daten kann es sich um vertrauliche E-Mails, aber auch um Zugangsdaten zu IT-Systemen handeln. Ein gestohlenes Gerät in den Händen eines technisch versierten Übeltäters öffnet trotz etwaiger Datenverschlüsselung Hackerangriffen, Lösegeldforderungen und sogar langfristig angelegter Industriespionage Tür und Tor.
Virtuelle Desktop-Infrastrukturen haben allerdings auch Nachteile. Eine VDI-Umgebung verursacht unter Umständen höhere Gesamt­kosten als eine herkömmliche Client-
Server-Topologie. Das liegt daran, dass virtuelle Desktop-Infrastrukturen typischerweise auf der On-Premise-Infrastruktur der Firmen-IT aufsetzen. Zwar lassen sich die Client-Rechner einfacher administrieren, nicht unerhebliche laufende Administrationskosten verursachen dagegen Bereitstellung und Instandhaltung der VDI-Server. So brauchen Administratoren laut Benjamin Beyer nicht nur das entsprechende Know-how für den Betrieb der Server, „es muss auch unbedingt die Ausfallsicherheit von Servern, Storage und Netzwerk sichergestellt sein.“
Hinzu kommen unübersichtliche und teure Lizenzmodelle. „Beim Implementieren von VDI müssen Unternehmen vergleichsweise hohe Lizenzierungskosten in der Ende-zu-Ende-Betrachtung einplanen, gerade bei kleinen und mittelgroßen Installationen“, so Knuth Molzen von Fujitsu.
Auch die Einrichtung einer VDI-Umgebung ist nicht unbedingt trivial. „Es gibt einige Punkte, die Administratoren bei der Auswahl und Einrichtung der Systeme beachten müssen“, meint Peter Beck von Dell. „So sollten die Server-Work­loads – speziell der GPU-Karten, der Netzwerkkarten und des Arbeitsspeichers – berücksichtigt werden. Bei CAD-Anwendungen spielt auch die richtige CPU eine entscheidende Rolle. Ebenso muss dafür Sorge getragen werden, dass ein geeignetes Speichersystem für die Umgebung bereitgestellt wird und dass die entstehenden Schreib-Lesezugriffe rasch verarbeitet werden können.“
Für viele Unternehmen geht daher die Rechnung mit virtuellen Desktop-Infrastrukturen – zumindest im On-Premise-Bereich – zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht auf.
4. Teil: „Desktop as a Service“

Desktop as a Service

  • Quelle: Dell, Future Workforce Study2016
Neben Virtual Desktop Infra­stucture bietet sich – vor allem für kleine und mittlere Unternehmen – eine weitere Möglichkeit an: Desktop as a Service, kurz DaaS. Dabei holt man sich die Desktops der Mitarbeiter kostengünstig aus der Cloud. DaaS-Dienste stellen eine Desktop-Arbeitsumgebung samt den benötigten Anwendungen als verwalteten Dienst bereit.
Die Technologien von VDI und DaaS sind sehr ähnlich, die eigentlichen Unterschiede liegen vielmehr in den Geschäftsmodellen: Während sich bei VDI die unternehmenseigene IT-Abteilung um die Bereitstellung und Instandhaltung der VDI-Server kümmert, erledigt das bei DaaS der Cloud-Anbieter. Damit erübrigen sich bei DaaS erst einmal hohe Anfangsinvestitionen. Dafür fallen aber monatliche Kosten für jeden Mitarbeiter an, für den ein Desktop aus der Cloud bezogen wird. Diese richten sich nach der Ausstattung des virtuellen Desktops, etwa der bereitgestellten Hardware und der Anwendungs-Software. Als Richtwert kann man von einem mittleren zweistelligen Betrag pro Nutzer und Monat ausgehen.

Blick in die Zukunft

Doch wie sieht er nun aus, der Arbeitsplatz der Zukunft? Laufen irgendwann alle Desktops in der Cloud? Oder arbeitet man nur noch mit Smartphone und Tablet und Desktops verschwinden in der Versenkung? Vielleicht irgendwann einmal: „Wenn wir über anspruchsvolle professionelle Anwendungen wie CAD-Applikationen sprechen, können wir klar sagen, dass es derzeit keine Alternative zu Workstations gibt“, so etwa die Einschätzung von Peter Beck von Dell. Im Moment sei es noch nicht möglich, diese komplett durch Tablet-PCs oder gar Smartphones zu ersetzen. „Workstations sind Arbeitstiere, bei denen es neben reiner Leistungsfähigkeit noch auf weitere Faktoren ankommt, wie zum Beispiel die Systemzertifizierung durch ISVs.“ Eine Ausnahme bilde die Media- und Entertainmentbranche, denn „dort entstehen Skizzen oder Ideen häufig auf kleinen mobilen Geräten. Die finale Bearbeitung wird dann jedoch auch wieder auf leistungsstärkeren, professionellen Systemen durchgeführt.“
Laut Beck werden wir aber bald Schreibtische haben, die ohne die klassische Peripherie, wie wir sie heute kennen, auskommen: „Wir werden gemeinsam, aber standortunabhängiger miteinander an Projekten arbeiten – Stichwort ,kollaboratives Arbeiten‘. Unsere Eingaben werden wir zukünftig immer seltener mit traditionellen Geräten wie Maus und Tastatur machen, sondern mehr und mehr über Gestensteuerung, also mit unseren Händen, Augen oder sogar anderen, neuen Werkzeugen.“
Ähnlich sieht das Benjamin Bayer von Thomas-Krenn: „,Den‘ Arbeitsplatz der Zukunft wird es nicht geben. Stattdessen wird sich die Arbeitsplatzausstattung viel mehr an den Aufgaben und Bedürfnissen des Mitarbeiters orientieren und dabei flexibel und mobil sein.  Basierend auf server- oder cloudgestützter Datenhaltung werden also ganz unterschiedliche Endgeräte – vom Tablet über den klassischen Bildschirmarbeitsplatz bis hin zu VR oder AR – im Einsatz sein.“
Nach Ansicht von Fujitsu-Manager Knuth Molzen werden „langfristig komplett kabellose Arbeitsplätze sicher eine gewichtige Rolle spielen“. Er sieht vor allem im USB-Typ-C-Standard noch  viel Potenzial für diverse Innovationen. „Ebenso wichtig werden Technologien, die Geräte und Daten aus unterschiedlichen Quellen für einen Nutzer aufbereiten und visualisieren.“
Tabelle:


mehr zum Thema